Binsen
Die Binsen (in Deutschland und teilweise der Schweiz und Liechtenstein übliche Bezeichnung) bzw. Simsen (in Österreich übliche Bezeichnung)[1] (Juncus) sind die namengebende Gattung der Binsengewächse bzw. Simsengewächse (Juncaceae), die mit weltweit etwa 300 Arten, in Deutschland 29 Arten, verbreitet ist. Kennzeichnendes Merkmal dieser ausdauernden Gräser sind die starren, rundlichen und borstig zugespitzten Blattspreiten. Diese sind meist hohl oder mit einem schwammartigen Sternparenchym (Durchlüftungsgewebe, Aerenchym) erfüllt, welches der Versorgung mit Sauerstoff dient.
Binsen | ||||||||||||
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Dreiblatt-Binse (Juncus trifidus) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Juncus | ||||||||||||
L. |
Beschreibung
Die stängelähnlich rundlichen, seltener abgeflachten Blattspreiten sind in der Regel unbehaart – im Gegensatz zu den ebenfalls zu den Binsengewächsen gehörenden Hainsimsen (Luzula). Diese Blattspreiten setzen den Stängel oft in gerader Linie fort, so dass der Blütenstand seitenständig erscheint. Stängel und Blätter sind mit einem schwammartigen, weißen Mark gefüllt oder hohl und dann nur etagenweise durch Markschichten quer gegliedert. Die Blattscheiden sind offen, geschlitzt und oben oft geöhrt.
Der Blütenstand der Binsengewächse ist eine Spirre, eine abgewandelte Form der Rispe. Die randlichen beziehungsweise unteren Blüten sind am längsten gestielt, die zentralen oder oberen stehen dagegen gestauchter. Auf diese Weise entsteht ein fast trichterförmiges Gebilde. Mehrere Blüten können zusätzlich knäuelig zusammengefasst sein. Die einhäusigen Blüten der Binsen sind klein und im Grundaufbau ähnlich jenen der Liliengewächse. Die Blütenorgane – sechs Blütenhüllblätter (Tepalen), sechs Staubblätter (Stamen) und drei Fruchtblätter (Karpellen) – sind regelmäßig und meist vollständig ausgebildet. Die Blütenhüllblätter (Perigon) sind zu spelzenartigen Schuppen umgewandelt. Sie sind grün bis braun, purpurn oder schwarz gefärbt, zuweilen auch transparent. Die Fruchtknoten sind immer oberständig und enden in drei relativ langen, papillösen, oft eingedrehten Narbenästen. Die Zahl der Staubblätter ist selten auf drei reduziert. Die Pollenkörner sind immer in Viererpaketen zusammengefasst. Der Fruchttyp der Binsen ist eine mehrsamige Kapsel. Sie ist durch innere Rippen (Plazenten) dreiteilig gegliedert.
Binsen sind oft wintergrün. Ihre vegetative Vermehrung erfolgt in der Mehrzahl über Ausläufer (Rhizome). Etliche Arten sind horstwüchsig.
- Spirren der Flatter- (Juncus effusus) und der Knäuel-Binse (Juncus conglomeratus)
- Gämsen-Binse (Juncus jacquinii) mit charakteristisch gedrehten Narbenästen
- Blattspreite mit Mark der Blaugrünen Binse (Juncus inflexus)
- Sternparenchym im Mark einer Binse
Ökologie
Binsen verfügen im Mark über ein Sternparenchym. Es handelt sich dabei um ein Durchlüftungsgewebe (Aerenchym). Die Zellen erhalten durch örtlich begrenztes Wachstum der Zellwand armartige Auswüchse und erscheinen so sternförmig. Die großen Interzellularen und Lakunen erleichtern den Gasaustausch bei untergetauchten Organen und erhöhen die Schwimmfähigkeit des Pflanzenkörpers.
Binsen sind windblütig (Anemogamie). Die Blütenhülle ist unscheinbar, Nektar und Duftstoffe fehlen. Die Narben sind oft korkenzieherartig eingedreht, um so die Oberfläche zu vergrößern und möglichst viel Pollen aufnehmen zu können.
Die Kurzflüglige Schwertschrecke (Conocephalus dorsalis) ist aufgrund ihrer Fortpflanzungsbiologie überwiegend an Feuchtgebiete gebunden. Die Weibchen legen ihre Eier vor allem in die markhaltigen Stängel der Binsen. Die Eier verbleiben bis zum nächsten Frühjahr in den Pflanzenstängeln. Die Raupen etlicher Arten der Sackträgermotten (Coleophoridae) insbesondere jene der Gattung Coleophora ernähren sich ausschließlich von Juncus-Arten.
Binsen tragen zur Wasserreinigung bei, indem sie Schadstoffe abbauen. Einige Arten können Phenole aus dem Wasser aufnehmen und werden in sogenannten Pflanzenkläranlagen eingesetzt.
Verbreitung und Standort
Die Gattung ist weltweit verbreitet, ihren Verbreitungsschwerpunkt besitzt sie vor allem in den gemäßigten Breiten der Nordhalbkugel, strahlt aber aus bis in die gemäßigten Breiten der Südhalbkugel. In den Tropen fehlen die Binsen im Tiefland, finden sich aber ab rund 2000 Meter. Von den rund 315 Arten sind knapp über vierzig in der Neotropis heimisch, sieben im tropischen Afrika und vier im tropischen Asien.[2]
Die Arten bevorzugen feuchte bis nasse, zum Teil überflutete Standorte in Feuchtgebieten an Gewässern, in Mooren, Feuchtwiesen und in Sümpfen.
Systematik und Taxonomie
Der Gattungsname Juncus wird u. a. durch altirische wie altgriechische Begriffe auf eine gemeinsame indogermanische, rekonstruierte Stammform mit eben der Bedeutung „Binse“ zurückgeführt. Ein Zusammenhang mit dem lateinischen iúngere = zusammenbinden liegt nicht vor.[3]
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Verwendung
Die Kombination aus dem weichen Mark und der festen, aber nicht starren, biegsamen Rinde macht Binsen zu einem geschätzten Flechtmaterial für Körbe, Schuhe, Taschen, Matten oder Reusen. Von dem französischen Wort für Binsen ist der Begriff Jonc-Geflecht für eine spezielle Art der Verarbeitung abgeleitet. Im Volksmund werden aber auch andere Süßgrasartige (Poales) wie die Teichbinsen (Schoenoplectus) als „Binsen“ bezeichnet. Sie alle werden als Flechtmaterial genutzt.
Sonstiges
Der Begriff Binse ist Bestandteil in Phraseologismen: in die Binsen gehen (missglücken, verloren gehen); kurz auch „eine Binse“ für eine Binsenweisheit (eine Weisheit, die jeder kennt und die folglich keine ist).
Literatur und weiterführende Informationen
Literatur
- J. Grau, B. P. Kremer, B. M. Möseler, G. Rambold & D. Triebel: Gräser, Mosaik-Verlag, München 1996, ISBN 3-576-10702-9
- Henning Haeupler, Thomas Muer: Bildatlas der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands (= Die Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands. Band 2). Herausgegeben vom Bundesamt für Naturschutz. Ulmer, Stuttgart 2000, ISBN 3-8001-3364-4.
- Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora. Ulmer, Stuttgart 1994. ISBN 3-8252-1828-7.
Einzelnachweise
- Manfred A. Fischer, Karl Oswald, Wolfgang Adler: Exkursionsflora für Österreich, Liechtenstein und Südtirol. 3., verbesserte Auflage. Land Oberösterreich, Biologiezentrum der Oberösterreichischen Landesmuseen, Linz 2008, ISBN 978-3-85474-187-9, S. 1091, 1102.
- Henrik Balslev & Alejandro Zuluaga: Flora de Colombia - Juncaceae. 2009, S. 14, Bogotá, ISSN 0120-4351
- Helmut Genaust: Etymologisches Wörterbuch der botanischen Pflanzennamen. 3., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Birkhäuser, Basel/Boston/Berlin 1996, ISBN 3-7643-2390-6 (Nachdruck ISBN 3-937872-16-7).
- Rafaël Govaerts (Hrsg.): Juncus. In: World Checklist of Selected Plant Families (WCSP) – The Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew, abgerufen am 17. August 2018.