West-Nil-Fieber
Das West-Nil-Fieber ist eine durch das West-Nil-Virus hervorgerufene Infektionskrankheit, die hauptsächlich bei Vögeln, gelegentlich aber auch bei Säugetieren (einschließlich des Menschen) auftritt. Das Vorkommen bei Vögeln oder Pferden ist in Deutschland eine anzeigepflichtige Tierseuche, die dort erstmals 2018 in Sachsen-Anhalt an einem Bartkauz aus Halle nachgewiesen werden konnte.[1]
Symptome
Mensch
Beim Menschen ergeben sich in 80 % der Fälle keine Symptome durch die Infektion. In anderen Fällen ergeben sich Grippe-ähnliche Symptome. Das Virus ist in der Lage, die Blut-Hirn-Schranke zu passieren, und kann dadurch eine Enzephalitis (Entzündung des Gehirns), Meningitis (Entzündung der Hirnhäute) oder akute schlaffe Lähmung (Paralyse) auslösen; dies geschieht bei unter 0,67 % der Fälle. Beide Formen können tödlich enden, wobei die Letalität bei Beteiligung des Zentralnervensystems („neuroinvasive Formen“) bei bis zu 10 % liegt.[2] Neueren Erkenntnissen zufolge kann das Virus auch Nierenversagen auslösen.[3]
Die neuroinvasiven Infektionen führen darüber hinaus häufig zu schweren bleibenden Behinderungen. Personen über 50 Jahren haben ein höheres Risiko, eine schwere Form der Krankheit zu entwickeln. Die Symptome entwickeln sich nach 3 bis 14 Tagen Inkubationszeit.
Tiere
Bei Pferden verhält sich die Erkrankung ähnlich wie beim Menschen, das heißt, in der Mehrzahl der Fälle verläuft die Erkrankung symptomlos. Selten kann sich auch bei Pferden eine Gehirnentzündung (Enzephalitis) entwickeln. Dabei treten Verhaltensänderungen wie Schreckhaftigkeit, Berührungsüberempfindlichkeit, Muskelzittern im Bereich der Kopf- und Halsmuskulatur sowie Gangstörungen (Ataxien und Lähmungen) auf.[4]
Behandlung
Eine wirksame Behandlung gibt es zur Zeit noch nicht. Allerdings sind aktuell Forscher der Washington University School of Medicine in St. Louis dabei, einen bei Mäusen entdeckten, gegen das Virus wirksamen Antikörper für die Anwendung beim Menschen weiterzuentwickeln[5]. Es ist ihnen gelungen, diesen Antikörper E16 so umzubauen, dass er vom menschlichen Immunsystem nicht mehr als fremd erkannt und abgestoßen wird. Dieser so entstandene monoklonale Antikörper E16 hat sich schon bei den Mäusen als genauso wirksam in der Virusabwehr erwiesen wie sein Ursprungsmodell. Wenn sich in weiteren Studien die Wirksamkeit und Sicherheit des neuen Antikörpers bestätigen sollte, soll er danach beim Menschen getestet werden.
Prophylaxe
Beim Pferd gibt es die Möglichkeit prophylaktisch gegen das West-Nil-Virus zu impfen. Die ständige Ständige Impfkommission Veterinärmedizin (Stiko Vet) empfiehlt, die Pferde in den betroffenen Gebieten zu impfen. Die Grundimmunisierung der Pferde sollte vor Beginn der nächsten Mückensaison abgeschlossen sein. In Abhängigkeit vom weiteren Seuchengeschehen ist mittelfristig eine flächendeckende Impfung von Pferden im gesamten Bundesgebiet anzustreben.[6]
Für den Menschen ist keine Impfung verfügbar.[7]
Meldepflicht beim Menschen
In Deutschland ist der Nachweis der Erreger West-Nil-Virus nach § 7 Absatz 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) namentlich zu melden, soweit der Nachweis auf eine akute Infektion hinweist. Meldepflichtig sind die Leitungen der Labore usw. (§ 8 IfSG).
In Österreich ist West-Nil-Fieber eine anzeigepflichtige Krankheit gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 Epidemiegesetz 1950. Meldepflichtig sind Erkrankungs- und Todesfälle. Zur Anzeige verpflichtet sind unter anderen Ärzte und Labore (§ 3 Epidemiegesetz).
In der Schweiz besteht Meldepflicht für West-Nil-Fieber in Bezug auf einen positiven laboranalytischer Befund durch den behandelnden Arzt. Zudem bei positiven Laborbefund für die Erreger West-Nil-Virus durch das untersuchende Labor. Dies ergibt sich aus dem Epidemiengesetz (EpG) in Verbindung mit der Epidemienverordnung und Anhang 1 bzw. Anhang 3 der Verordnung des EDI über die Meldung von Beobachtungen übertragbarer Krankheiten des Menschen.
Statistik
Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldete 2020 20 Fälle des West-Nil-Fiebers, darunter einen Todesfall.[8] Betroffen waren die Bundesländer Sachsen, Berlin und Sachsen-Anhalt.[9]
Weblinks
- West-Nil-Fieber – Informationen des Robert Koch-Instituts
- West Nile fever – (engl.) Informationen des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC)
Einzelnachweise
- FLI stellt erstmals West-Nil-Virus-Infektion bei einem Vogel in Deutschland fest.
- Lyle R. Petersen, Marc Fischer: Unpredictable and Difficult to Control – The Adolescence of West Nile Virus. In: New England Journal of Medicine. Band 367, Ausgabe 14 vom 4. Oktober 2012, doi:10.1056/NEJMp1210537, S. 1283–1285.
- Gefährliches Urlaubsmitbringsel bei der Sprechstunde des Deutschlandfunks vom 6. August 2013.
- West Nil Infektionen, LMU München
- Development of a human live attenuated West Nile infectious DNA vaccine: Identification of a minimal mutation set conferring the attenuation level acceptable for a human vaccine. In: Virology. Band 500, 1. Januar 2017, ISSN 0042-6822, S. 122–129, doi:10.1016/j.virol.2016.10.012 (sciencedirect.com [abgerufen am 30. August 2018]).
- Stellungnahme zur Immunisierung von Pferden gegen das West-Nil-Virus. Abgerufen am 11. Oktober 2019.
- Christina Frank, Klaus Stark, Hendrik Wilking et al.: Risiko autochthoner Infektionen: West-Nil-Virus in einheimischen Vögeln nachgewiesen. In: Deutsches Ärzteblatt. 2018, Band 115, Nr. 41, Artikel: A-1808/ B-1519/ C-1505; Auf: aerzteblatt.de; zuletzt abgerufen am 2. Juni 2021.
- https://www.berliner-zeitung.de/gesundheit-oekologie/muecken-werden-als-uebertraeger-von-krankheitserregern-immer-gefaehrlicher-li.145061
- https://www.berliner-zeitung.de/gesundheit-oekologie/muecken-werden-als-uebertraeger-von-krankheitserregern-immer-gefaehrlicher-li.145061