Was hab’ ich?
Was hab’ ich? ist eine Website, auf der Patienten ihre medizinischen Befunde anonym und unentgeltlich in eine für sie leicht verständliche Sprache übersetzen lassen können. Dazu senden die Nutzer ihre Arztbriefe, Ausschnitte daraus oder lediglich einzelne Fachbegriffe zunächst elektronisch oder per Fax ein. Das ehrenamtlich tätige „Was hab’ ich?“-Team, das sich aus Medizinstudierenden und Ärzten zusammensetzt, erläutert diese medizinischen Dokumente dann in einer für Laien leicht verständlichen Sprache. Jede dieser Befund-Erläuterungen wird individuell erstellt und ist meist sehr umfangreich, sie enthält Hintergrundinformationen zu Untersuchungsverfahren und untersuchten Körperregionen. Interpretationen oder Behandlungsempfehlungen werden nicht abgegeben.
Was hab’ ich? | |
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Übersetzung medizinischer Befunde in eine für Patienten leicht verständliche Sprache | |
Sprachen | Deutsch |
Sitz | Dresden |
Betreiber | „Was hab’ ich?“ gGmbH, Dresden |
Benutzer | (Alexa Rank 2.435.284) |
Online | 15. Jan. 2011 |
https://washabich.de/ |
Gleichzeitig bildet „Was hab' ich?“ alle ehrenamtlichen Mediziner zu Beginn ihres Engagements in patientenfreundlicher Kommunikation aus. Diese Ausbildung wird seit 2014 auch im Rahmen eines Universitätskurses an verschiedenen Universitäten angeboten. Seit 2015 erstellt das Sozialunternehmen im Projekt „Patientenbrief“ außerdem leicht verständliche Entlassbriefe nach Krankenhausaufenthalten.
Ziele und Wirkungsbereich
Patientenmündigkeit
Im Sinne einer partizipativen Entscheidungsfindung möchte „Was hab’ ich?“ Patienten in ihrer Mündigkeit unterstützen. Durch die individuelle und schriftliche Befunderläuterung soll der Nutzer seine Erkrankung und die Hintergründe dazu besser verstehen können. In der Folge kann dieser im Gespräch mit seinem behandelnden Arzt gezielte Fragen stellen und Therapieentscheidungen gemeinsam mit dem Arzt treffen.
Medizinische Kommunikationsausbildung
Neben der verständlichen Erläuterung von Arzt-Berichten ist das Ziel der Website, einen nachhaltigen Effekt auf Seite der beteiligten Mediziner zu erreichen. Die Studierenden und Ärzte sollen dafür sensibilisiert werden, wie wichtig eine gut verständliche Sprache in der Kommunikation mit Patienten ist. Dem ehrenamtlichen Engagement bei „Was hab’ ich?“ geht daher eine intensive, persönliche Einarbeitung voraus. Dazu erhält jeder Medizinstudierende und Arzt zu Beginn und während seines Engagements eine strukturierte Ausbildung in leicht verständlicher Kommunikation unter individueller Supervision eines hauptamtlich bei „Was hab' ich?“ angestellten Arztes.
Seit 2014 etabliert „Was hab’ ich?“ diese medizinische Kommunikationsausbildung auch universitär. Medizinstudierende am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf,[1] der Technischen Universität Dresden,[2] der Philipps-Universität Marburg und der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg konnten bereits an dem Kurs teilnehmen. Die Kurse werden als E-Learning-Übung im internen Medizinernetzwerk der Website durchgeführt und teilweise durch Präsenzveranstaltungen an den einzelnen Fakultäten umrahmt.
Leicht verständliche Entlassbriefe
Mit dem Projekt „Patientenbrief“[3] setzt das Unternehmen erstmals einen leicht verständlichen Entlassbrief nach dem Krankenhausaufenthalt um. Patienten erhalten damit nach der Entlassung aus dem Krankenhaus zusätzlich zum Arztbrief einen Patientenbrief, der individuell für den Patienten und seine Angehörigen erstellt wird und patientengerechte Informationen über das Krankheitsbild, durchgeführte Untersuchungen sowie gesundheitsförderliches Verhalten nach der Entlassung enthält. Seit Herbst 2015 läuft ein Pilotprojekt an einer Klinik, die Evaluation wird vom Bundesministerium für Gesundheit (Deutschland) gefördert.[4]
Anbieter
Das Projekt „Was hab’ ich?“ wurde im Januar 2011 von den Gründern Anja Bittner (geb. Kersten), Johannes Bittner – beide damals noch Medizinstudenten, mittlerweile approbierte Ärzte – und Ansgar Jonietz, IT-Spezialist, ins Leben gerufen,[5] Herausgeberin der Seite war zu diesem Zeitpunkt die Netzmanufaktur GmbH mit damaligem Sitz in Trier. Seit der Ausgründung am 12. Januar 2012 ist die „Was hab’ ich?“ gemeinnützige GmbH mit Sitz in Dresden Projektträgerin sowie Herausgeberin der Website. Seit 1. Januar 2016 ist der Mitgründer Ansgar Jonietz alleiniger Geschäftsführer.
Verbreitung
Das Angebot der Website ist aktuell für den deutschsprachigen Raum verfügbar. Seit Anfang 2017 gibt es eine eigene Website für die Schweiz.
Mehr als 1.500 Medizinstudierende und Ärzte haben sich bereits für das Projekt engagiert und konnten gleichzeitig in patientenfreundlicher Kommunikation ausgebildet werden. Insgesamt wurden weit über 30.000 medizinische Befunde individuell für Patienten übersetzt.
Seit Juni 2021 werden mehr als 10.000 laienverständliche Erklärungen von "Was hab' ich?" zu medizinischen Diagnosen nach dem ICD-Schlüssel über des Gesundheitsportal des Bundesministeriums für Gesundheit gesund.bund.de verbreitet.[6]
Partner
Was hab' ich? wird von zahlreichen Organisationen unterstützt. Hierzu gehören unter anderem AOK, Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin, Weisse Liste, Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland, Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin, Deutsche Krankenhausgesellschaft, Deutsches Netzwerk Gesundheitskompetenz, Hartmannbund, Insel Gruppe, Kassenärztliche Bundesvereinigung, Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums, Marburger Bund, NAKOS, Schweizer Stiftung für Konsumentenschutz, Stiftung Gesundheitswissen, Swiss Medical Student's Association, Unabhängige Patientenberatung Deutschland.[7]
Auszeichnungen
- Startsocial-Bundessieger 2011
- GENERATION-D-Bundessieger in der Kategorie „Soziale Gesellschaft“ 2011
- deGUT Gründerchampion Rheinland-Pfalz 2011
- Goldene Bild der Frau 2012[8]
- Ausgewählter Ort beim Wettbewerb Deutschland – Land der Ideen 2012[9]
- Janssen Zukunftspreis 2012[10]
- Kulturpreis Deutsche Sprache: Auszeichnung „Initiativpreis Deutsche Sprache“ 2012
- seif Award: Auszeichnung in der Kategorie „Prevention“ 2013[11]
- Aspirin Sozialpreis der Bayer Cares Foundation: Publikumspreis 2014 und 2. Jurypreis 2014[12]
- Medizin-Management-Nachhaltigkeitspreis 2015[13]
- Querdenker-Preis 2016 der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin[14]
- Social Innovator of the Year 2016, Auszeichnung durch die Technology Review für Gründer Ansgar Jonietz[15]
- Manager des Jahres 2016, Auszeichnung durch Kma – Das Gesundheitswirtschaftsmagazin für Gründer Ansgar Jonietz[16]
Prominente Unterstützung erhält die Website unter anderem durch die ehemaligen Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe und Daniel Bahr, den Arzt, Komiker und Autor Eckart von Hirschhausen und durch die sächsische Staatsministerin für Soziales und Verbraucherschutz Barbara Klepsch.
Organisation
Der Projektbetrieb und die Weiterentwicklung der Website erfolgen durch derzeit sechs hauptamtliche Mitarbeiter sowie vier studentische Hilfskräfte (Stand: 24. März 2017), Sitz des Projektbüros ist Dresden. Das zugehörige ehrenamtlich tätige Medizinerteam arbeitet dezentral und organisiert sich über das interne Medizinernetzwerk von „Was hab’ ich?“, einem administrativen, passwortgeschützten Bereich der Website.
Technik
Die Website mit dem integrierten administrativen Backend für das ehrenamtliche Team ist eine PHP-/MySQL-basierte Eigenentwicklung der Gründer.
Medienecho
Seit seiner Veröffentlichung wurde mehr als 300 Mal in Printmedien, Hörfunk und Fernsehen über „Was hab’ ich?“ berichtet.[17] Zu den öffentlichkeitswirksamsten Berichterstattungen gehörten Artikel der Süddeutschen Zeitung,[18] auf Spiegel Online[19] und Zeit Online,[20] sowie zwei Talkshowauftritte bei Tietjen und Hirschhausen und Markus Lanz.[21]
Wissenschaft
In einer von Juli bis Oktober 2012 durch den Herausgeber selbst durchgeführten Studie wurden unter anderem 521 „Was hab’ ich?“-Nutzer ausführlich zu ihrer Nutzungsmotivation sowie zu ihren Erfahrungen bezüglich der Arzt-Patient-Kommunikation befragt. Die anschließende statistische Auswertung ergab, dass 77 % der Teilnehmer schon häufiger eine medizinische Erläuterung eines Arztes nicht oder nicht vollständig verstanden hatten.[22] Weiterhin gaben 85 % der Teilnehmer an, die Befundübersetzung durch „Was hab’ ich?“ hätte ihnen Mut gemacht, ihrer Erkrankung mit mehr Entschlossenheit entgegenzutreten.[23] Eine weitere Befragung von 1.805 Nutzern von „Was hab' ich?“ im August 2015 ergab, dass 95 % der Befragten ihre Erkrankung nach der Übersetzung besser verstanden hatten. 76 % derjenigen, die vorher Angst hatten, hatte die Übersetzung viel von ihrer Angst genommen und 47 % derjenigen, die Medikamente nehmen mussten, nahmen diese nach der Übersetzung regelmäßiger. 97 % der Befragten wünschten sich außerdem eine schriftliche Befund-Erläuterung nach dem Krankenhausaufenthalt.
Die Auswertung eines universitären Wahlfachs an der Technischen Universität Dresden, das von „Was hab’ ich?“ durchgeführt wurde, ergab zudem, dass die Medizinstudierenden im Laufe des Kurses ihre Kommunikationsfähigkeiten signifikant verbessern konnten. Im Rahmen des Wahlfachs mussten sie, wie auch die neuen ehrenamtlichen Mitarbeiter bei „Was hab’ ich?“, fünf Befunde unter intensiver, persönlicher Supervision übersetzen.[24]
Derzeit wird die Evaluation des Projekts „Patientenbrief“ mit Unterstützung der Technischen Universität Dresden durchgeführt.[25]
Einzelnachweise
- Frage der Woche an Prof. Sigrid Harendza im Deutschen Ärzteblatt, abgerufen am 5. Februar 2015
- Pressemitteilung der TU Dresden zum Wahlfach „Was hab’ ich?“, abgerufen am 5. Februar 2015 (Memento vom 5. Februar 2015 im Internet Archive)
- http://patientenbriefe.de/
- Patrick Junker: ÖKO-TEST Online. Archiviert vom Original am 25. März 2017; abgerufen am 24. März 2017.
- „Was hab’ ich?“ in der Gründerszene-Datenbank, abgerufen am 4. Februar 2015
- Verständliche ICD-Codes: Nationales Gesundheitsportal veröffentlicht 10.000 patientengerechte Erklärungen von „Was hab‘ ich?“ Abgerufen am 14. Juli 2021.
- Partner. Abgerufen am 2. Februar 2021.
- Portrait von „Was hab’ ich?“-Mitgründerin Anja Bittner (geb. Kersten) auf www.goldenebildderfrau.de, abgerufen am 4. Februar 2015 (Memento vom 5. Februar 2015 im Internet Archive)
- Projektseite auf www.land-der-ideen.de, abgerufen am 4. Februar 2015 (Memento vom 23. Juni 2014 im Internet Archive)
- Preisträger des Janssen Zukunftspreises, abgerufen am 4. Februar 2015
- Preisträgerwebsite der seif Awards 2013, abgerufen am 4. Februar 2015 (Memento vom 22. Februar 2014 im Internet Archive)
- Die Gewinner des Aspirin Sozialpreises 2014, abgerufen am 4. Februar 2015 (Memento vom 5. Februar 2015 im Internet Archive)
- Medizin-Management-Preis – Gewinner 2015. In: medizin-management-verband.de. Abgerufen am 24. März 2017.
- Anna Julia Voormann: Internetplattform „Was hab ich“ mit Querdenker-Preis ausgezeichnet. Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e. V., Pressemitteilung vom 14. April 2016 beim Informationsdienst Wissenschaft (idw-online.de), abgerufen am 14. April 2016.
- Technology Review: Preisvergabe an die besten „Innovatoren unter 35“. Abgerufen am 24. März 2017.
- Ansgar Jonietz ist „Manager des Jahres“. (kma-online.de [abgerufen am 24. März 2017]).
- Pressespiegel auf washabich.de
- Kim Björn Becker Leipzig: Klartext statt Arztsprech. In: sueddeutsche.de. 1. August 2016, ISSN 0174-4917 (sueddeutsche.de [abgerufen am 24. März 2017]).
- Artikel „Übersetzer für Ärzte-Latein: Pulmo, beidseits belüftet“ auf spiegel.de vom 26. Juli 2013, abgerufen am 4. Februar 2015
- Artikel „Fachbegriffe: Was hab ich?“ auf zeit.de vom 14. November 2014, abgerufen am 4. Februar 2015
- Newsbeitrag zum Talkshowauftritt bei Markus Lanz auf washabich.de, abgerufen am 4. Februar 2015
- Meldung des AOK-Medienservice, abgerufen am 5. Februar 2015 (Memento vom 5. Februar 2015 im Internet Archive)
- Stiftung Gesundheit Blog, abgerufen am 5. Februar 2015 (Memento vom 5. Februar 2015 im Internet Archive)
- Evaluation des Wahlfachs „Was hab’ ich?“, abgerufen am 4. Februar 2015
- Patientenbriefe. Abgerufen am 14. Juli 2021.