Hans Grässel
Hans Grässel (* 8. August 1860 in Rehau; † 10. März oder 11. März 1939 in München) war ein deutscher Architekt und Baubeamter in München. Unter anderem galt er als bedeutender Friedhofs- und Schularchitekt.
Leben und Werk
Von 1877 bis 1881 studierte Grässel Architektur an der Technischen Hochschule München. 1877 wurde er Mitglied des Corps Rheno-Palatia München, das ihn bis heute besonders ehrt.[1]
Nach dem Studium war er zunächst von 1881 bis 1885 als Staatsbaupraktikant in Nürnberg und Bad Kissingen tätig, bevor er 1885 die Prüfung für den Bayerischen Staatsbaudienst ablegte. Danach war er bis 1886 Mitarbeiter im Büro von Georg von Hauberrisser. Ab 1886 bis 1888 war er im Staatsbaudienst beim Königlichen Landbauamt München angestellt, wurde 1888 Bezirksingenieur der Lokalbaukommission, 1890 Bauamtmann für Hochbau und 1900 Stadtbaurat am Stadtbauamt München, ab 1920 bis 1928 dann Stadtbaudirektor von München. 1902 erhielt er auf der Großen Berliner Kunstausstellung eine kleine Goldmedaille. Von 1912 bis 1930 war Grässel außerdem Dozent an der Technischen Hochschule München.
Für München entwickelte er ein völlig neues Friedhofskonzept. Ab 1890 plante er vier große Friedhöfe (Nordfriedhof, Ostfriedhof, Westfriedhof und Waldfriedhof), jeden einzelnen davon als Gesamtkunstwerk: dezentral und in jeder Himmelsrichtung einen[2]. Unter anderem entwarf ab 1896 die Leichen- und Trauerhalle des Münchner Nordfriedhofs. Dazu kam 1904–1908 der Neue Israelitische Friedhof.
Er verfasste darüber hinaus zahlreiche Schriften über die Münchner Architektur und die Friedhofsgestaltung. Bereits 1914 hatte er erste Pläne für den Bau einer U-Bahn in München. Als Stadtbaudirektor ließ er Fotografien von Gebäuden anfertigen, die abgerissen werden sollten, um so die alte Bausubstanz Münchens zu dokumentieren. 1999 erschien eine Sammlung dieser Bilder in Buchform.
Sein Leichnam wurde auf dem Alten Teil vom Waldfriedhof (München) in einem Ehrengrab gegenüber der Aussegnungshalle beigesetzt.
Ehrungen
Grässel wurde 1914 der Orden Pour le mérite für Wissenschaft und Künste verliehen; nach ihm ist zudem der Hans-Grässel-Weg am Münchner Waldfriedhof benannt. Auch wurde ihm eine Ehrendoktorwürde (Dr.-Ing. E. h.) verliehen. Der Bayerische Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst wurde ihm 1907 verliehen.
Werk (Auswahl)
- 1893: Ehemaliges Zollhaus an der Englschalkinger Straße 161. Im Jahr 1964 abgebrochen.[3] Im Jahr 1928 Bez. mit Zollhaus, Haus Nr. 161, Bolzennummer #1861.[4][5]
- 1894: Ehemaliges Brausebad, später Öffentliche Bedürfnisanstalt am Bavariaring
- 1894: Ehemaliges Zollhaus (kleines Wohnhaus mit Portikus) in München, Geiselgasteigstraße 1
- 1894–1900: Friedhofsgebäude des Ostfriedhofs in München
- 1896–1899: Münchner Waisenhaus
- 1898: Corpshaus des Corps Rheno-Palatia in München, am Platzl 8 (1944 kriegszerstört; heute dort Schuhbecks Südtiroler Stuben)
- 1899–1900: Schule in München, Dom-Pedro-Platz
- 1901–1902 – 1903–1904: Volksschule an der Fürstenrieder Straße 30
- 1904–1907: Altersheim in München, Dom-Pedro-Platz
- o. J.: Gewerbeschule in München, Liebherrstraße 13
- 1904–1908: Neuer Israelitischer Friedhof München, Garchinger Straße 37
- 1905–1907: Waldfriedhof München, Schloss Fürstenried
- 1905–1907: Grundschule am Agilolfingerplatz, München-Untergiesing
- 1906–1908: Sanatorium am Hausstein in Schaufling
- 1907–1908 Königliche Lehrerinnen-Bildungsanstalt München an der Frühlingstraße
- 1911: Volksschule an der Implerstraße in München
- 1913–1914: Waldfriedhof Schaffhausen (Schweiz)
- 1912–1914: „Städtisches Verwaltungsgebäude für Arbeiterangelegenheiten“ (ehemaliges Arbeitsamt) in München
- 1912–1913: Ehemaliges Wehramt in München, heutiges Stadtarchiv
- o. J.: Münchener Friedhofsbauten am Westfriedhof, Nordfriedhof, Ostfriedhof und Waldfriedhof (alter Teil)
- 1920: Waldfriedhof in Memmingen
- o. J.: Maria-Probst-Realschule in München
- 1924–1927: Altenheim St. Josef in München Sendling
- 1926–1927: Lutherkirche in München
- 1927–1928: Grundschule in München, Fröttmaninger Straße
- 1929: Galerieflügel am Lenbachhaus in München
Literatur
- Lioba Betten, Thomas Multhaup: Die Münchner Friedhöfe – Wegweiser zu Orten der Erinnerung. MünchenVerlag, München 2019, ISBN 978-3-7630-4056-8.
- Hans Grässel: Das neue städtische Sparkassen- und Stadtbauamts-Gebäude an der Sparkassenstraße in München. Kastner & Callwey, München 1911.
- Hans Grässel, Peter M. Bode: Ansichten und Einsichten. Hans Grässels Fotosammlung zur Architekturgeschichte Münchens 1860–1945. Hrsg. von Richard Bauer. Hugendubel, München 1994, ISBN 3-88034-749-2.
- Nina A. Krieg: „Schon Ordnung ist Schönheit.“ Hans Grässels Münchner Friedhofsarchitektur (1894–1929), ein ,deutsches‘ Modell? (= Miscellanea Bavarica Monacensia. Bd. 136). Stadtarchiv München, München 1990, ISBN 3-87821-286-0 (zugleich Dissertation, Ludwig-Maximilians-Universität München, 1989).
- Rudolf Pfister: Grässel, Hans Georg. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 6, Duncker & Humblot, Berlin 1964, ISBN 3-428-00187-7, S. 716 f. (Digitalisat).
- Heinz Thiersch (Hrsg.): Hans Grässel. 100 Jahre. Reithmeier, München 1960.
- Edelgard Vogelmaier: Hans Grässel. Architekt und städtischer Baubeamter in München. Herbert Utz, München 1994, ISBN 978-3-87821-292-8 (zugleich Dissertation, Ludwig-Maximilians-Universität München, 1993).
- Hans Grässel: Band I – Bauten und Entwürfe. Seyfried, München 1917.
Weblinks
Einzelnachweise
- Kösener Corpslisten 1960, 113, 149
- Lioba Betten – Thomas Multhaup: Die Münchner Friedhöfe – Wegweiser zu Orten der Erinnerung, Abschnitt "Ein Glücksfall für München", S. 24–29
- München Nordostkultur, Abschnitt Zollhäuser.
- Höhen-Festpunktnetz, Hochbauamt, München 1929, S. 262.
- In Hans Grässel, Bauten und Entwürfe, Zollstationsgebäude Blatt 3, S. 9, Zollhaus an der Engelschalkingerstrasse 161, erbaut im Jahr 1893, Foto und Plan.