Unwetter in Japan 2018
Das Unwetter in Japan 2018 (jap. 平成30年7月豪雨 Heisei 30-nen 7-gatsu Gōu;[2] etwa „Schwere Regenfälle im Juli des Jahres Heisei 30“) führte im Westen des Landes aufgrund von Überschwemmungen zu schwersten Schäden und forderte mehr als 200 Todesopfer. Besonders betroffen waren die Präfekturen Hiroshima, Okayama und Ehime; insgesamt wurden über 8 Millionen Bewohner aufgefordert, ihre Häuser zu verlassen und Notunterkünfte aufzusuchen. Verursacht wurden die Überschwemmungen teilweise durch den Taifun „Prapiroon“ (平成30年台風第7号 Heisei 30-nen Taifū dai-7-gō; etwa „7. Taifun des Jahres Heisei 30“), der Westjapan am 3. Juli erreicht und schwere Regenfälle ausgelöst hatte. Kombiniert mit den ohnehin schon starken und andauernden Niederschlägen in dieser Region liefen viele Bäche, Flüsse und Seen über und führten zu Sturzfluten, die Gebäude durch die Wassermassen und Erdrutsche zerstörten.
Unwetter in Japan 2018 (jap. 平成30年7月豪雨) | |
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Unwetter | Starkregen mit folgenden Überschwemmungen und Erdrutschen |
Daten | |
Beginn | 28. Juni 2018 |
Niederschlagsmaximum | 6./7. Juli 2018 |
Ende | 9. Juli 2018 |
Folgen | |
Betroffene Gebiete | Ryūkyū, Kyūshū, Shikoku, Chūgoku, Kinki, Chūbu |
Opfer | >215 Todesopfer[1] |
Schadenssumme | >119,8 Milliarden ¥ landwirtschaftliche Schäden |
Bei diesem Unwetter handelt es sich in Japan gemessen an der Opferzahl um das schwerste seit 1982, als in der Präfektur Nagasaki 299 Personen starben. Die Meteorologische Behörde (kurz JMA) hatte schon im Voraus vor „noch nie dagewesenen Regenfällen“ gewarnt[3] und ab 5. Juli über 100.000 Bewohnern der Präfekturen Osaka und Hyōgo empfohlen, ihre Häuser zu verlassen.[4] Ähnliche Überschwemmungen hatten bereits 2017 auf der Insel Kyūshū zu 40 Toten geführt.[5]
Verlauf
Die Anfänge der starken Niederschläge reichen bis zum 28. Juni 2018 zurück, als es im Norden Kyūshūs ungewöhnlich lange geregnet hatte. Ebenfalls am 28. Juni entstand in der Nähe des Atolls Okinotorishima im Pazifik, östlich von Taiwan, der Taifun „Prapiroon“, der etwa am 3. Juli die Präfektur Okinawa im Süden Japans erreichte. Infolgedessen wurden in mehreren Regionen die höchsten Niederschlagswerte seit Beginn der Aufzeichnungen gemessen, so z. B. 1800 mm auf Shikoku und 1200 mm in Tōhoku.[6] Für die betroffenen Präfekturen mit Niederschlagswerten von teilweise über 1000 mm erteilte die JMA am 6. Juli nacheinander „Notfall-Unwetterwarnungen“ (特別警報 Tokubetsu Keihō; eng. Emergency Warning); dies waren Okayama, Hiroshima, Tottori, Fukuoka, Saga, Nagasaki, Hyōgo, Kyōto, Gifu, Kōchi und Aichi. Die Wassermassen erreichten am 5. und 6. Juli Höhen von bis zu 5 m und zwangen viele Bewohner, die ihre Häuser nicht rechtzeitig verlassen hatten, auf deren Dächern auszuharren. Die starken Regenfälle endeten allmählich am 9. Juli und wurden anschließend von einer Hitzewelle abgelöst, welche die Rettungsarbeiten zusätzlich erschwerte und auch für Evakuierte und freiwillige Helfer aufgrund des Risikos für Hitzschläge gefährlich wurde.[7][8]
Ausmaße
Opfer und Sachschäden
Die JMA hatte seit dem 5. Juli ausdrücklich vor lebensbedrohlichen Regenfällen gewarnt und Bewohner der betroffenen Regionen zu besonderer Vorsicht aufgefordert. Insgesamt wurde 8 Millionen Menschen empfohlen, sich in Sicherheit zu bringen. Etwa 70 % der Todesopfer sind über 60 Jahre alt.[9] Mit Stand 20. Juli 2018 hatten die Regenfälle laut dem Innenministerium je nach betroffener Präfektur folgende Auswirkungen:[1]
Präfektur | Opfer | Sachschäden | ||||||||
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Tote | Vermisste | Verletzte | Wohngebäude | Andere Gebäude | ||||||
Schwer | Leicht | Unbekannt | Vollständig zerstört |
Teilweise zerstört |
Leicht zerstört |
Öffentliche Gebäude |
Andere | |||
Hokkaidō | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 1 | 0 | 3 |
Akita | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 1 | 0 | 0 |
Fukushima | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 9 | 0 | 0 |
Fukui | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 3 | 0 | 0 |
Nagano | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 1 | 0 | 0 |
Gifu | 1 | 0 | 2 | 1 | 0 | 3 | 4 | 112 | 0 | 1 |
Shiga | 1 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
Kyōto | 5 | 0 | 1 | 6 | 1 | 13 | 10 | 55 | 0 | 0 |
Osaka | 0 | 0 | 2 | 0 | 0 | 1 | 0 | 9 | 0 | 8 |
Hyōgo | 2 | 0 | 2 | 9 | 0 | 6 | 7 | 23 | 0 | 0 |
Nara | 1 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 1 | 0 | 0 |
Wakayama | 0 | 0 | 0 | 1 | 0 | 0 | 2 | 1 | 0 | 11 |
Tottori | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 3 | 0 | 0 |
Shimane | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 2 | 0 | 2 |
Okayama | 61 | 3 | 8 | 152 | 0 | 2530 | 26 | 50 | 0 | 0 |
Hiroshima | 106 | 8 | 29 | 79 | 0 | 260 | 293 | 463 | 0 | 0 |
Tokushima | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 4 | 0 | 0 |
Kagawa | 0 | 0 | 0 | 3 | 0 | 0 | 0 | 8 | 0 | 0 |
Ehime | 26 | 0 | 3 | 6 | 2 | 29 | 164 | 20 | 0 | 0 |
Kōichi | 3 | 0 | 0 | 1 | 0 | 10 | 42 | 32 | 0 | 0 |
Fukuoka | 4 | 0 | 6 | 14 | 0 | 9 | 17 | 122 | 3 | 8 |
Saga | 2 | 0 | 1 | 4 | 0 | 1 | 3 | 14 | 0 | 3 |
Nagasaki | 0 | 0 | 0 | 10 | 0 | 1 | 0 | 4 | 1 | 0 |
Kumamoto | 0 | 0 | 1 | 0 | 0 | 0 | 3 | 4 | 2 | 4 |
Ōita | 0 | 0 | 1 | 3 | 0 | 2 | 1 | 3 | 0 | 1 |
Miyazaki | 1 | 0 | 1 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
Kagoshima | 2 | 0 | 0 | 1 | 0 | 1 | 0 | 5 | 0 | 1 |
Okinawa | 0 | 0 | 0 | 5 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
Gesamt | 215 | 11 | 57 | 295 | 3 | 2866 | 572 | 950 | 6 | 42 |
Infrastruktur
Die Überschwemmungen und Erdrutsche beschädigten weite Teile der Infrastruktur im Westen Japans und führten zwischenzeitlich aufgrund von Stromausfällen und blockierten Transportwegen zu Lebensmittelknappheit. In einigen Orten mangelte es vor allem an sauberem Trinkwasser, welches aufgrund der Hitzewelle ab dem 9. Juli dringend nötig war. Das Energieversorgungsunternehmen Chūgoku Denryoku meldete am 8. Juli, dass in deren Betrieb in 18.800 Häusern der Strom ausgefallen sei;[10] laut NTT West seien im Zeitraum von 7. bis 8. Juli etwa 12.400 Stromleitungen aufgrund von Beschädigungen nicht zu gebrauchen gewesen.[11] Viele Straßen, darunter auch mehrere Autobahnen, sowie Eisenbahnstrecken wurden mit Schlamm überschwemmt und mussten für mehrere Tage gesperrt werden.[12] Der San’yō-Shinkansen wurde am 7. Juli stillgelegt, sodass vom Bahnhof Tokio kommende Tōkaidō-Shinkansen-Züge nur bis Shin-Osaka fuhren,[13] die dadurch ungenutzten Shinkansen-Züge wurden von der West Japan Railway Company (kurz JR West) als temporäre Übernachtungsmöglichkeiten für Evakuierte zur Verfügung gestellt.[14] 10 Strecken der JR West mussten für mehrere Monate außer Betrieb genommen werden, darunter auch die San’yō-Hauptlinie.[15] Der Flughafen Hiroshima selbst wurde zwar nicht beschädigt, jedoch mussten von 6. bis 8. Juli insgesamt 1500 Menschen im Flughafengebäude übernachten, da die Zufahrtswege überschwemmt waren.[16]
Folgende Autobahnen der West Nippon Expressway Company (西日本高速道路株式会社 Nishi Nihon Kōsoku-dōro kabushiki-gaisha) wurden infolge des Unwetters schwer beschädigt:[17]
- San’yō-Autobahn zwischen Hiroshima und Mihara
- Chūgoku-Autobahn zwischen Niimi und Maniwa
- Kōchi-Autobahn zwischen Shikokuchūō und Ōtoyo
- Kyūshū-Autobahn um Kitakyūshū
Absage geplanter Ereignisse
Im Sport wurden u. a. mehrere Spiele der Central League (Baseball), die z. B. im Nagoya Dome stattfinden sollten, sowie der J2 League, J3 League und des Kaiserpokals (Fußball) infolge des Unwetters abgesagt. Die Unterzeichnung des Freihandelsabkommens EU-Japan wurde von Brüssel nach Tokio verlegt und um mehrere Tage verschoben, da Premierminister Shinzō Abe seine geplante Europa-Reise absagte, um die Rettungsmaßnahmen für das Unwetter koordinieren und das Katastrophengebiet besuchen zu können.[18] Bei der Militärparade zum französischen Nationalfeiertag in Paris, zu der Abe eingeladen worden war, wurde er durch Außenminister Tarō Kōno vertreten.[19]
Wirtschaftliche Schäden
Mitsubishi Motors, Mazda, Daihatsu, Panasonic und andere Unternehmen schlossen ihre Produktionsstätten zwischenzeitlich aufgrund von Lieferungsschwierigkeiten und zu hohen Risiken für ihre Mitarbeiter.[20] Allein die landwirtschaftlichen Schäden beliefen sich am 22. Juli auf insgesamt 119,8 Milliarden ¥ (etwa 92,1 Milliarden €, Kurs von Juli 2018).[21]
Rettungsmaßnahmen
Premierminister Shinzō Abe berief am 8. Juli erstmals seit dem Kumamoto-Erdbeben 2016 eine Katastrophen-Kabinettssitzung ein und sprach von einem „Wettlauf gegen die Zeit“.[22] Chefkabinettssekretär Yoshihide Suga verkündete am 10. Juli, dass die Regierung 2 Milliarden ¥ (etwa 15,3 Millionen €) zur Verbesserung der Transportwege und Lebensmittelversorgung sowie einen Notfonds von 400 Milliarden ¥ (etwa 3,1 Milliarden €) zur allgemeinen Katastrophenbewältigung bereitgestellt habe. Rund 54.000 Einsatzkräfte der Selbstverteidigungsstreitkräfte, Polizei, Feuerwehr und Küstenwache suchten nach Vermissten und räumten Trümmer auf.[23] Trotz des sehr schwülen Wetters mit Temperaturen von bis zu 40 °C halfen tausende Freiwillige bei den Aufräumarbeiten.[24]
Internationale Hilfe
Mehrere Staaten wie Taiwan, China, die Philippinen oder die Vereinigten Staaten unterstützten die japanischen Einsatzkräfte bei den Rettungsmaßnahmen und stellten auch finanzielle Mittel zur Katastrophenbewältigung zur Verfügung.[25]
Weblinks
Einzelnachweise
- fdma.go.jp – 平成30年7月豪雨による被害状況及び消防機関等の対応状況について(第36報), abgerufen am 20. Juli 2018
- jma.go.jp – 今般の豪雨の名称について, abgerufen am 20. Juli 2018
- 記録的大雨 高知で800mm超 台風7号は温帯低気圧に. In: Fuji News Network. 4. Juli 2018, abgerufen am 20. Juli 2018 (japanisch).
- Mehr als 100.000 Japaner sollen wegen Taifun Prapiroon evakuiert werden. In: Sputnik. 5. Juli 2018, abgerufen am 20. Juli 2018.
- Nearly 1,300 live in makeshift housing six months after Kyushu deluge. In: The Japan Times. 5. Januar 2018, abgerufen am 20. Juli 2018 (englisch).
- jma.go.jp – 平成30年7月豪雨について, abgerufen am 20. Juli 2018
- Japan floods: Heat wave adds to misery in devastated areas. In: CNN. 16. Juli 2018, abgerufen am 20. Juli 2018 (englisch).
- Extreme Hitzewelle in Japan. In: scinexx. 18. Juli 2018, abgerufen am 12. August 2018.
- Elderly account for 70% of victims of floods in west Japan. In: Japan Today. 16. Juli 2018, abgerufen am 20. Juli 2018 (englisch).
- energia.co.jp – 大雨による停電情報について (Memento vom 8. Juli 2018 im Internet Archive), abgerufen am 20. Juli 2018
- NTT西、12万回線で一時通信障害 高知など5県. In: Mainichi Shimbun. 7. Juli 2018, abgerufen am 20. Juli 2018 (englisch).
- Scenes of chaos after floods and landslides wreak havoc in western Japan. In: The Japan Times. 7. Juli 2018, abgerufen am 20. Juli 2018 (japanisch).
- 山陽新幹線が全線で運転再開 こだま中心に1時間に1本. In: Asahi Shimbun. 7. Juli 2018, abgerufen am 20. Juli 2018 (japanisch).
- 10 buried alive in Hiroshima as heavy rain hits wide areas of Japan. In: Mainichi Shimbun. 7. Juli 2018, archiviert vom Original am 8. Juli 2018; abgerufen am 20. Juli 2018 (englisch).
- 10 rail sections out of service for over a month in flood-hit region. In: Asahi Shimbun. 12. Juli 2018, abgerufen am 20. Juli 2018 (englisch).
- 広島空港の利用者急減 水不足、交通アクセスも寸断. In: Nihon Keizai Shimbun. 11. Juli 2018, abgerufen am 20. Juli 2018 (japanisch).
- w-nexco.co.jp – NEXCO西日本管内の高速道路の被災状況 (Memento vom 7. Juli 2018 im Internet Archive), abgerufen am 20. Juli 2018
- Unterzeichnung des neuen Freihandelsabkommens zwischen der EU und Japan wegen Unwetter verschoben. In: Neue Zürcher Zeitung. 9. Juli 2018, abgerufen am 20. Juli 2018.
- GSDF joins Bastille Day parade in Paris as Japan and France mark 160th anniversary of bilateral ties. In: The Japan Times. 15. Juli 2018, abgerufen am 20. Juli 2018 (englisch).
- Rescuers race to find survivors after Japan floods kill at least 114. In: CNBC. 8. Juli 2018, abgerufen am 20. Juli 2018 (englisch).
- Government estimates cost of damage across nation by weather-related events this month at almost ¥120 billion. In: The Japan Times. 22. Juli 2018, abgerufen am 24. Juli 2018 (englisch).
- kantei.go.jp – 平成30年7月豪雨非常災害対策本部会議(第1回), abgerufen am 20. Juli 2018
- Rescuers in flood-hit Japan search for the missing as death toll tops 150. In: CBS News. 10. Juli 2018, abgerufen am 20. Juli 2018 (englisch).
- Volunteers brave heat to help deluge victims in western Japan. In: Asahi Shimbun. 15. Juli 2018, abgerufen am 20. Juli 2018 (englisch).
- Foreign aid rushes into Japan after deadly rains. In: Asahi Shimbun. 19. Juli 2018, abgerufen am 20. Juli 2018 (englisch).