Typ (Modelltheorie)

In der Modelltheorie bezeichnet ein Typ eine Menge erst-stufiger Formeln in einer Sprache mit freien Variablen , die keinen Widerspruch implizieren. Anschaulich gesprochen legt ein Typ bestimmte Eigenschaften fest, die ein Element haben soll. Ein solches Element muss nicht unbedingt existieren, aber die Eigenschaften dürfen nicht im Widerspruch zueinander stehen, damit zumindest in einer größeren Struktur ein solches Element gefunden werden kann. Auch drückt ein Typ aus, welche Elemente sich nicht durch erst-stufige Formeln unterscheiden lassen.

Definition

Sei eine Struktur für eine Sprache und ihr Universum. Für alle Teilmengen bezeichne die Sprache, die man aus erhält, wenn man für jedes ein Konstantensymbol hinzufügt, also .

Die Konstantensymbole werden in durch das Element interpretiert, auch diese erweiterte Struktur werde mit bezeichnet.

Ein 1-Typ (von ) über ist eine Menge von Formeln in mit höchstens einer freien Variablen (daher 1-Typ), sodass für jede endliche Teilmenge ein Element existiert mit , für das also alle Formeln in in erfüllt werden, wenn man für das Element einsetzt.

Analog ist ein -Typ (von ) über eine Menge von -Formeln, sodass zu jeder endlichen Teilmenge Elemente existieren mit .

Ein Typ heißt vollständig, falls er maximal bezüglich der Inklusion ist. Für einen vollständigen Typ gilt also für jedes entweder oder . Ein Typ, der nicht vollständig ist, heißt partieller Typ. Partielle Typen können nach dem Satz von Lindenbaum (bzw. dem Lemma von Zorn) immer zu vollständigen Typen ergänzt werden.

Begriffe

Ein -Typ wird in realisiert, falls es ein Element gibt mit . Nach dem Kompaktheitssatz gibt es zu jedem Typ eine elementare Erweiterung von , in der eine solche Realisierung existiert. Wird ein vollständiger Typ von in realisiert, so bezeichnet man ihn als , den vollständigen Typ von über .

Ein Typ wird isoliert durch , falls die Formel zum einen konsistent mit der zugrundeliegenden Theorie ist ( ist also ein (partieller) Typ) und zum anderen die Eigenschaft hat, alle Formeln in zu implizieren: . Da eine Realisierung in besitzt, gibt es ein Element , sodass in gilt, also realisiert den gesamten isolierten Typ. Insbesondere haben isolierte Typen in jeder elementaren Unterstruktur oder Erweiterung eine Realisierung.

Beispiele

Unendlich große natürliche Zahlen

Sei ein Modell der natürlichen Zahlen mit Universum und der Sprache , wobei als die gewöhnliche Ordnung interpretiert wird. Dann ist ein Typ von über : Nach Definition gilt ohnehin . Für eine nichtleere endliche Teilmenge bestimmen wir die größte natürliche Zahl , die in vorkommt und erhalten .

Die Menge ist ein partieller Typ und sagt: „ ist größer als jede beliebige natürliche Zahl.“ Innerhalb des Universums von existiert kein solches Element, der Typ ist also nicht realisierbar in . Es gibt jedoch Strukturen , in denen er realisiert wird: Wir können etwa als Universum nehmen, wobei eine zu disjunkte Kopie von ist und . Also sind alle Zahlen aus kleiner als alle Zahlen aus und innerhalb der beiden Mengen gilt die übliche Ordnung.

ist eine elementare Erweiterung von und . Daher realisiert 0' den Typ . Auch in kann der Typ nicht isoliert werden, denn sonst wäre er bereits in der elementaren Unterstruktur isoliert und müsste somit dort realisiert werden.

Wir hätten auch einfach ein weiteres Element zu hinzufügen können und dieses zum größten Element machen können. Auch in dieser Struktur hätte eine Realisierung. Aber in diesem Fall würde durch isoliert. Damit kann diese Erweiterung nicht elementar sein.

Typ der natürlichen Zahl 2

Der vollständige Typ der Zahl 2 über der leeren Menge in der Theorie der natürlichen Zahlen ist die Menge aller Formeln mit höchstens einer freien Variablen , die für wahr sind. Diese Menge enthält Formeln wie , , , und . Dies ist ein Beispiel für einen isolierten Typ, da die Formel alle anderen Formeln impliziert, die für die Zahl 2 gelten.

Hyperreelle Zahlen

Der Typ wird innerhalb der reellen Zahlen nach dem archimedischen Axiom nicht realisiert. Eine Erweiterung, in der dieser Typ realisiert wird, bilden die hyperreellen Zahlen. Wenn dieser Typ durch realisiert wird, wird automatisch der Typ der unendlich kleinen Zahlen durch realisiert.

Stone-Raum

Auf der Menge der vollständigen -Typen über lässt sich eine Topologie definieren:

Bezeichnet man mit die Menge aller vollständigen -Typen, die die Formel als Element enthalten, und stehen und für eine wahre bzw. falsche Aussage, so gilt

  1. ,

Insbesondere bilden die die Basis einer Topologie. Dies liefert den Stone-Raum. Dieser ist kompakt, hausdorffsch und total unzusammenhängend. Isolierte Typen entsprechen dabei gerade den isolierten Punkten.

Beispiel

Die vollständige Theorie algebraisch abgeschlossener Körper d​er Charakteristik 0 besitzt Quantorenelimination, sodass m​an leicht a​lle 1-Typen (über d​er leeren Menge) bestimmen kann:

  • Typen algebraischer Zahlen: Diese Typen sind offene Punkte im Stone-Raum. Die isolierende Formel ergibt sich aus dem Minimalpolynom. Zwei algebraische Zahlen haben genau dann den gleichen Typ, wenn sie konjugiert sind, also das gleiche Minimalpolynom besitzen.
  • Der Typ der transzendenten Elemente: Dieser Typ ist als Punkt im Stone-Raum nicht offen. Alle transzendenten Elemente haben denselben Typ, dieser besagt für jedes Polynom außer dem 0-Polynom, dass das Element keine Nullstelle des Polynoms ist.

Realisierungen von Typen in Modellen

Während isolierte Typen i​n jedem Modell e​ine Realisierung besitzen, hängt e​s bei d​en anderen Typen v​om Modell ab, o​b sie realisiert werden o​der nicht. Es i​st daher naheliegend Modelle z​u untersuchen, i​n denen besonders v​iele oder besonders wenige Typen realisiert werden.

Ein Modell, das alle Typen über endlichen Mengen realisiert, heißt -saturiert. Allgemeiner kann man den Begriff für beliebige unendliche Kardinalzahlen definieren: Ein Modell heißt -saturiert, falls alle Typen über Mengen mit Mächtigkeit kleiner realisiert werden. Ein Modell heißt saturiert, falls es -saturiert ist.

Umgekehrt macht das Omitting Types Theorem (im Deutschen selten auch als Typenvermeidungssatz bezeichnet) die Aussage, dass es Modelle gibt, in denen ein vorgegebener Typ keine Realisierung besitzt. Man sagt, dass der Typ vom Modell ausgelassen oder vermieden wird: Sei ein nicht isolierter Typ in einer abzählbaren Sprache. Dann gibt es ein abzählbares Modell, in dem nicht realisiert wird. Allgemeiner kann man auch zeigen, dass sogar eine abzählbare Menge nicht isolierter Typen ausgelassen werden kann.

Literatur

  • Wilfrid Hodges: Model theory, Cambridge University Press, 1993, ISBN 0-521-30442-3.
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