Tropfen
Ein Tropfen bezeichnet zum einen eine Form – zum anderen einen kleinen Flüssigkeitskörper. Eine ruhende homogene Flüssigkeit nimmt durch die Oberflächenspannung in der Schwerelosigkeit eine Kugelform ein. Nur im Moment der Ablösung eines Tropfens, also der Tropfenentstehung, bildet sich kurzfristig die Tropfenform als instabiler Zustand aus.
Tropfenform
Eine einseitig spitz zulaufende Kugel wird als tropfenförmig bezeichnet. Entgegen der allgemeinen Annahme hat ein Wassertropfen jedoch nur kurz vor der Ablösung von einem Körper annähernd eine „Tropfenform“.
Die Tropfenform steht oft als Symbol für Tränen, Blut- und Wassertropfen. Siehe auch Tränen (Heraldik)
In der Knotenkunde wird ein Sackstich als „tropfenförmig“ bezeichnet, wenn die beiden losen Enden bei belasteten festen Enden einen Winkel von 90° zu diesen bilden. Die Alternative zur Tropfenform wird als Ringform bezeichnet.
Physikalische Eigenschaften
Ein Tropfen ist ein flüssiger Körper, der durch eine Phasengrenzfläche von der Umgebung getrennt und dessen Form wesentlich durch die Grenzflächenspannung bestimmt ist.
Da die Grenzflächenspannung relativ gering ist, treten idealtypisch ausgeformte Tropfen nur in der Schwerelosigkeit auf oder unter irdischer Schwerkraft, wenn das Volumen im Verhältnis zur Oberfläche klein ist und die Größe der Tropfen im Millimeterbereich liegt. Die Umgebung kann aus Vakuum, Gas oder Flüssigkeit bestehen. Ein teilweise ausgeformter Tropfen kann in einem Teilraum auch an einen Festkörper grenzen, soweit dieser vom Tropfen nur unvollständig benetzt wird. Innerhalb umgebender Flüssigkeit bilden sich Tropfen nur, wenn die beiden Flüssigkeiten nicht mischbar sind. Dabei kann auch eine Emulsion vorliegen.
Ein von einer einzigen Phase umgebener Tropfen ist in Ruhe zur Umgebung aufgrund der Oberflächenspannung kugelförmig, da die Oberfläche vermindert wird, um die Oberflächenenergie zu verringern. Ein zwischen zwei fluiden Phasen liegender Tropfen wird aus demselben Grund durch zwei Kugelkalotten begrenzt, so etwa ein auf der Oberfläche von Quecksilber schwimmender Tropfen. Störungen wie die Ablösung eines Tropfens von einem größeren Flüssigkeitskörper führen zu Schwingungen um die Gleichgewichtsform, z. B. zwischen einer abgeplatteten und einer langgezogenen Abweichung von der Kugelform, die durch innere Reibung gedämpft werden.
Ein sich durch ein umgebendes Medium bewegender Tropfen wird an der in Bewegungsrichtung liegenden Seite durch den Strömungswiderstand abgeplattet. Mit zunehmender Geschwindigkeit kehrt sich die konvexe Abplattung in eine konkave Eindellung um, so dass ein nierenförmiger Querschnitt entsteht. Bei weiterer Geschwindigkeitszunahme nähert sich die vordere Grenzfläche der hinteren an, bis ein schirmförmiges Gebilde mit einem verdickten Saum entsteht, das bald darauf instabil wird: Der Schirm reißt auf und der säumende Torus teilt sich in mehrere kleinere Tropfen.
Tropfenbildung
Wenn sich ein Tropfen von einem Flüssigkeitskörper abzulösen beginnt, bildet sich zunächst eine Einschnürung. Diese zieht sich die Länge und nimmt die Form eines Fadens an, an dessen Ende ein fast kugelförmiger Tropfen anknüpft. An der Kontaktstelle zwischen „Faden“ und Tropfen verjüngt sich die Einschnürung weiter. Wenn die Viskosität der Flüssigkeit hoch genug ist (höher als die von Wasser), zieht sich auch diese zweite Einschnürung wieder in die Länge. Je höher die Viskosität, desto häufiger wiederholt sich dieser Prozess. Irgendwann wird die Einschnürung instabil und der Tropfen löst sich vom Faden. Aus dem Faden bilden sich teilweise weitere, kleinere Tropfen.
Für den Fall einer extrem verlangsamten Tropfenbildung bei hoher Viskosität siehe unter Pechtropfenexperiment.
Auch aus einem Wasserstrahl bilden sich Tropfen. Ein Wasserstrahl zieht sich beim Fallen in die Länge und es entsteht eine Kette von Einschnürungen und Ausbuchtungen, die sich dann zu einzelnen Tropfen zusammenziehen.
Das Ablösen eines Tropfens kann gut an einer Lavalampe beobachtet werden, bei der zwei nicht mischbare Flüssigkeiten mit ähnlicher Dichte flüssig/flüssig-Phasengrenzflächen ausbilden.
Regentropfen
Regen ist eine Form des Niederschlages, also kondensierter Wasserdampf. Auch Regentropfen haben keine „Tropfenform“. Bei einer Tropfengröße bis zu 0,5 mm sind sie kugelförmig. Normale Regentropfen von 2 bis 3 mm Durchmesser und einem Gewicht von etwa 0,005 bis 0,03 g sind oben halbkugelförmig und unten durch den Luftwiderstand eingedellt. Als Zwischenstadium findet man Tropfen, die unten abgeflacht sind. Große Tropfen aus Gewitterregen (max. 9 mm) werden instabil und zerreißen durch den Luftwiderstand. Bei einem Tropfenradius von 0,05 bis 0,25 mm spricht man von Nieselregen. Die Tropfengröße innerhalb des Niederschlags ist statistisch verteilt, wobei sich verschiedenen Regenintensitäten ein jeweiliges Maximum zuordnen lässt.
Treffen Regentropfen auf feinkörnige Lockersedimente, bilden sich kleine geomorphologische Strukturen, die sogenannten Regentropfeneinschlagkrater.
Druck
Der Tropfeninnendruck hängt von der Oberflächenspannung (oder allgemeiner Grenzflächenspannung) der Flüssigkeit (eigentlich der Flüssig/Gas-Grenzfläche) und dem Radius , sowie dem Luftdruck ab. Genaugenommen ist die Differenz zwischen dem kapillaren Krümmungsdruck und dem von außen wirkenden statischen Druck . Der kapillare Krümmungsdruck ergibt sich zu
- .
Kleine Tropfen haben also einen hohen Innendruck. Ist der Tropfen nicht kugelförmig, muss man die zwei zueinander senkrechten und extremalen Radien und des Oberflächenelements, an welchem wirkt, betrachten und erhält
- .
Die Oberflächenspannung des Wassers beträgt bei 0,5 °C (bzw. 20 °C) ca. 0,0754 N/m (bzw. 0,0728 N/m).[1] Bei einer Temperatur von 0,5 °C hat ein typischer Wolkentropfen mit einem Durchmesser von 20 µm damit einen Überdruck von ca. 151 hPa = 0,151 bar, während ein Niesel-Regentropfen mit einem Durchmesser von 0,5 mm nur einen Überdruck von ca. 6 hPa hat.
Der Tropfen als Maßeinheit
Ein Tropfen, der sich von einer Kanüle oder Pipette löst, ist als Maßeinheit eine ungenaue, aber weit verbreitete Angabe für kleine Flüssigkeitsmengen, zum Beispiel bei Medikamenten oder Gewürzen, da hier keine weiteren Instrumente zur Messung vonnöten sind. Die tatsächliche Größe eines sich ablösenden Tropfens hängt (s. o.) stark von der Grenzflächenspannung zwischen Kanüle und Flüssigkeit (herabgesetzt z. B. durch Tenside), von der Kohäsion der Flüssigkeit (z. B. Geliermittel) sowie von der Form der Öffnung während einer Dosierung und von der Adhäsion des Tropfens an das Material der Spitze des Dosierungsgeräts ab. Ein Regentropfen kann so bis zu einem Milliliter Wasser enthalten.[2]
Für wässrige Lösungen werden jedoch i. a. 15 bis 20 Tropfen als einem Milliliter entsprechend angegeben. Auch in der Pharmazie ist der gtt Metric (von lateinisch gutta, Plural guttae) mit 50 Mikroliter (50 µl) definiert, sogenannte Tropfenzähler zum Dosieren von Medikamenten ergeben somit ebenfalls 1 Milliliter pro 20 Tropfen. Auch bei Apothekern wird historisch ein Tropfen mit rund 0,05 Gramm (50 mg),[3] entsprechend der Masse von 50 µl Wasser angegeben.
Siehe auch
Literatur
- Ian Stewart: Die Tränenform. In: Spektrum der Wissenschaft, 03/1996, S. 10.
Weblinks
Einzelnachweise
- Dortmund Data Bank: Surface Tension of Water www.ddbst.com, abgerufen am 20. August 2019
- Emmanuel Villermaux, Benjamin Bossa: Single-drop fragmentation distribution of raindrops. In: Nature Physics. Band 5, Nr. 9, 2009, S. 697–702. bibcode:2009NatPh...5..697V, doi:10.1038/NPHYS1340
- Jörg Mildenberger: Anton Trutmanns „Arzneibuch“. Teil II: Wörterbuch. Würzburg 1997, S. 2708.