Tragöß
Tragöß ist ein Ort im Nordwesten von Bruck an der Mur in der Steiermark (Gerichtsbezirk Bruck an der Mur und im politischen Bezirk Bruck-Mürzzuschlag). Bis 31. Dezember 2014 war Tragöß eine selbständige Gemeinde mit 933 Einwohnern (Stand: 31. Jänner 2019). Im Rahmen der Gemeindestrukturreform in der Steiermark wurde sie mit der Gemeinde Sankt Katharein an der Laming zusammengeschlossen.[1] Die dadurch entstandene neue Gemeinde trägt den Namen Tragöß-Sankt Katharein. Grundlage dafür war das Steiermärkische Gemeindestrukturreformgesetz – StGsrG.[2]
Tragöß (Ehemalige Gemeinde) | |||
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Basisdaten | |||
Pol. Bezirk, Bundesland | Bruck-Mürzzuschlag (BM), Steiermark | ||
Pol. Gemeinde | Tragöß-Sankt Katharein | ||
Koordinaten | 47° 30′ 0″ N, 15° 4′ 0″ O | ||
Höhe | 793 m ü. A. | ||
Einwohner der stat. Einh. | 933 (1. Jänner 2019) | ||
Fläche | 110,57 km² (31.12.2018) | ||
Postleitzahl | 8612 Tragöß-Sankt Katharein | ||
Vorwahl | +43/3868 (Tragöß) | ||
Adresse | Bürgerservicestelle Tragöß Oberort 45 | ||
Offizielle Website | |||
Statistische Kennzeichnung | |||
Zählsprengel/ -bezirk | Tragöß (62148 001) | ||
Tragöß (bis 2012 im Bezirk Bruck an der Mur) | |||
Tragöß Oberort am Fuß der Meßnerin (unterhalb des Gipfels sichelförmig nach links gewandt die Abrisskante des prähistorischen Bergsturzes) | |||
Gemeinde bis Ende 2019; KG: 60035 Oberort, 60055 Schattenberg, 60059 Sonnberg; OS: 14442 Oberort, 14443 Pichl-Großdorf, 14444 Tal, 14445 Unterort Quelle: STAT: Ortsverzeichnis; BEV: GEONAM; GIS-Stmk |
Eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof gegen die Zusammenlegung war nicht erfolgreich. Der Verfassungsgerichtshof wies die Beschwerde zurück.[3]
Geografie
Tragöß liegt im Tal der Laming, die bei Bruck an der Mur in die Mürz mündet. Bruck an der Mur ist 24 Straßenkilometer entfernt. Tragöß-Oberort liegt am Talschluss; die umgebenden Berge Trenchtling (2081 m ü. A.), Pribitz (1579 m ü. A.) und Meßnerin (1835 m ü. A.) gehören zur Hochschwab-Gruppe.
Gliederung der ehemaligen Gemeinde
Die ehemalige Gemeinde bestand aus drei Katastralgemeinden (Fläche: Stand 31. Dezember 2018[4]):
- Oberort (1.778,56 ha)
- Schattenberg (8.233,85 ha)
- Sonnberg (1.044,51 ha)
Das ehemalige Gemeindegebiet gliederte sich in vier Ortschaften (in Klammern Einwohnerzahl Stand 1. Jänner 2021[5]):
- Oberort (385)
- Pichl-Großdorf (390)
- Tal (13)
- Unterort (124)
Nachbargemeinden und -orte
Wildalpen, Sankt Ilgen, Etmißl, Sankt Katharein an der Laming, Trofaiach, Vordernberg und Eisenerz (im Uhrzeigersinn).
Geschichte
Vermutlich war Tragöß bereits von den Kelten bewohnt. Nach der Völkerwanderung wurde das Gebiet im 6. Jahrhundert durch Slawen besiedelt, die ihre Häuser nicht auf dem Talboden, sondern an den Hängen darüber errichteten. Auch der Name ist vermutlich slawischen Ursprungs: „tre“ für drei und „gozd“ für Wald; „Dreiwald“ bezieht sich möglicherweise auf die drei markanten Gipfel von Trenchtling, Meßnerin und Pribitz. Bis in das 19. Jahrhundert wurde das Gebiet von Tragöß-Oberort In der Lasnitz genannt. Dieser Name kommt aus dem Slawischen und wird mit „Waldbach“,[6] „Wiesenbach“ oder als Hinweis auf Gewässer in einem Rodungsgebiet übersetzt.[7][8][9]
Die im 9. Jahrhundert folgenden deutschen Stämme der Baiern und Franken besiedelten dagegen hauptsächlich den Talboden.
Zum ersten Mal wird der Ort in einer Urkunde vom 16. Mai 1023 erwähnt, die eine Schenkung des Kaisers Heinrich II. an das Frauenkloster Göß betrifft.
1210 wurde Tragöß eine eigene Pfarre. Es handelte sich um eine Lehenspfarre des Stiftes Göß; der Pfarrer war zugleich Verwalter für die Grundherrschaft. Die Konflikte, die sich daraus mit der Bevölkerung häufig ergaben, gipfelten 1493 in der Ermordung des Pfarrers Melchior Lang. Diese Tat wurde zur Grundlage des Romans „Der Gottsucher“ von Peter Rosegger. Der Totenschädel des Priesters mit der Wunde der Mordwaffe war auch noch nach 2000 in einem Glaskasten im Pfarrhof zu sehen. Die Säulen des Galgens, an dem die Täter hingerichtet wurden, sind im Galgenwald zwischen Großdorf und Tragöß/Oberort noch erkennbar.[10]
1654 erwarb das Stift Göß auch das Landgericht von der Stadt Bruck. Im 17. Jahrhundert wurde Tragöß von der Pest heimgesucht.
Im Hungerjahr 1816 und 1817 kam es zu schweren Missernten. Um Hilfe zu leisten, besuchte auch Erzherzog Johann das Lamingtal.
Religion
92,0 % der Bevölkerung sind römisch-katholisch, 3,2 % evangelisch, 4,2 % ohne religiöses Bekenntnis. Tragöß ist Sitz einer römisch-katholischen Pfarre.
Bevölkerungsentwicklung
Nach 1869 nahm die Bevölkerung (damals 1033 Personen) kontinuierlich ab und erreichte 1910 mit nur 856 ihren niedrigsten Stand. Bis zur darauf folgenden Volkszählung 1923 erfolgte dagegen ein Zuwachs um 29,3 % auf 1107, auf den bis 1934 ein weiterer Zuwachs um 7,0 % auf 1184 folgte. Danach pendelte die Bevölkerung zwischen 1100 und 1180. Seit der Volkszählung 1991 ist ein Rückgang zu verzeichnen.
Kultur und Sehenswürdigkeiten
- Antoniuskapelle in Oberort
- Ein spätgotischer Bau, datiert 1518 und 1524, der auf den Grundmauern eines romanischen Karners errichtet wurde. Ende des 17. Jahrhunderts wurde die Kapelle um ein Joch Richtung Kirchhofmauer erweitert.
- Katholische Pfarrkirche Tragöß-Oberort hl. Magdalena sowie Pfarrhof in Oberort
- Eine ehemalige Wehrkirche, die teilweise von spätmittelalterlichen Mauern umgeben ist. Das gekappte Spitzhelmdach des dreigeschoßigen spätgotischen Turmes stammt aus dem Jahr 1923.
- Filialkirche in Pichl
- Eine frühgotische Kirche, die im 17. Jahrhundert erweitert wurde.
- Ehemaliger Galgen im Galgenwald zwischen Pichl-Großdorf und Oberort-Tragöß
- Heimatmuseum
- Naturdenkmale
Bildung
- Gemeindekindergarten
- Volksschule
- Öffentliche Bücherei der Pfarre und Gemeinde
Politik
Bürgermeister war bis 31. Dezember 2014 Rudolf Treutler von der Liste „Gemeinsam für Tragöß“ (GfT).
Der Gemeinderat bestand bis dahin aus 15 Mitgliedern und setzte sich seit der Gemeinderatswahl 2010 aus Mandaten der folgenden Listen zusammen:
- 7 GfT – „Gemeinsam für Tragöß“
- 5 Österreichische Volkspartei (ÖVP)
- 2 Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ) und
- 1 Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ)
Wappen
Die amtliche Wappenbeschreibung (Blasonierung) lautete:
- „Im blauen Schild über grün geflutetem Schildfuß ein dreispitziger silberner Berg, belegt mit einem schwarzen Kesselhaken.“
Der Schildfuß mit seiner grünen Flutung (Wellen) bezeichnet den Grünen See, der dreizackige Felsen den Gebirgsstock der Meßnerin. Der Kesselhaken stammt aus dem Wappen des Kanonissenstiftes Göß bei Leoben, dem das Tragößtal seit dem Mittelalter bis zur Aufhebung der Grunduntertänigkeit im Jahre 1848 zugehörte.
Historische Landkarten
- Oberort in der Josephinischen Landesaufnahme, um 1780
- In der Lasnitz, Ende 18. Jahrhundert (Atlas von Innerösterreich)
- um 1760, in der Darstellung des damaligen Brucker Kreises
- In der Karte von Georg Matthäus Vischer 1678
Literatur
Peter Rosegger: Roman „Der Gottsucher“. Auch sein Roman „Jakob der Letzte“ beschreibt die Gegend.
Weblinks
Einzelnachweise
- Steiermärkische Gemeindestrukturreform.
- § 3 Abs. 1 Z 6 des Gesetzes vom 17. Dezember 2013 über die Neugliederung der Gemeinden des Landes Steiermark (Steiermärkisches Gemeindestrukturreformgesetz – StGsrG). Landesgesetzblatt für die Steiermark vom 2. April 2014, Nr. 31, Jahrgang 2014, ZDB-ID 705127-x, S. 2.
- Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 8. Oktober 2014, G 65/2014-9.
- CSV-Datei aus REGIONALINFORMATION.zip (1.221 KB); abgerufen am 12. Jänner 2019
- Statistik Austria: Bevölkerung am 1.1.2021 nach Ortschaften (Gebietsstand 1.1.2021), (xlsx)
- Werner Tscherne: Von Lonsperch zu Deutschlandsberg. Herausgeber und Verleger: Stadtgemeinde Deutschlandsberg 1990. Keine ISBN. Seite 40. (ursprünglich z. B. „Lieznica“, „Luosniza“).
- An den Beispielen („Gereutbach“, „Rodebach“ usw.): Manfred Trummer: Slawische Steiermark = Leicht erweiterte Fassung des gleichnamigen Vortrags am Symposium „Fremd sein – beinander bleiben. Die slowenische Volksgruppe in Österreich“ im Rahmen der „Slowenischen Tage“ an der Karl-Franzens-Universität in Graz, 25.–28. März 1996. Aus: Christian Stenner (Hg.): Slowenische Steiermark. Verdrängte Minderheit in Österreichs Südosten. Schriftenreihe Zur Kunde Südosteuropas II/23. Herausgegeben vom Institut für Geschichte der Universität Graz, Abteilung Südosteuropäische Geschichte, Univ.-Prof. Dr. Karl Kaser. Böhlau Verlag, Wien-Köln-Weimar 1997, S. 15–34 (Beispiele: S. 21, 22 und 24). ISBN 3-205-98690-3.
- Eberhard Kranzmayer: Ortsnamenbuch von Kärnten. Teil I: Die Siedlungsgeschichte Kärntens von der Urzeit bis zur Gegenwart im Spiegel der Namen. Klagenfurt 1956. Herausgegeben vom Geschichtsverein für Kärnten in der Reihe Archiv für vaterländische Geschichte und Topographie, Band 50. Abgeleitet aus altslowenisch *lo(n)č(i)níca. S. 113, 158. Zitiert nach: Monika Voggenberger. Die slawischen Ortsnamen in Osttirol. Stichwort „Lasnitzen“.
- Monika Voggenberger. Die slawischen Ortsnamen in Osttirol. Salzburg 1983. Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades an der Geisteswissenschaftlichen Fakultät der Universität Salzburg. Kein Verlag, keine ISBN. Stichwort „Lasnitzen“.
- Willi Senft: Pfarrermord in Tragöß. In: Wochenzeitung Neues Land („Österreichische BauernZeitung“) vom 4. April 2003. 63. Jahrgang Nr. 14, ZDB-ID 1055514-6, S. 21.