Tautologie (Sprache)
Tautologie (von altgriechisch ταὐτό = τὸ αὐτό to autó „dasselbe“ sowie λόγος lógos „Sprechen, Rede“)[1] bezeichnet in der Stilistik und Rhetorik eine rhetorische Figur, bei der mit einer inhaltlichen Wiederholung, also einer semantischen Redundanz, gearbeitet wird. Ein Gegenbegriff zur Tautologie ist das Oxymoron. Bewusste Tautologien werden in sogenannten „Zwillingsformeln“ geprägt.
Ein verwandter Begriff ist der Pleonasmus. Die Ausdrücke „Tautologie“ und „Pleonasmus“ werden teils synonym, teils in unterschiedlicher Bedeutung verwendet. Die Abgrenzung hängt weitgehend von terminologischen Entscheidungen ab und ist dem jeweiligen Zusammenhang (Kontext) zu entnehmen.
Sprachliche Verwendung
„Tautologie“ kann zum einen bedeuten, dass dasselbe (dieselbe Sache, derselbe Sachverhalt) mit einem sinngleichen oder sinnverwandten Ausdruck noch einmal gesagt wird.[2]
- Beispiele: „bereits schon“, „still und leise“, „voll und ganz“, „nie und nimmer“,[3] „[…] diente so auf diese Weise einer Ameise als Speise“.[4]
Tautologie in diesem Sinne einer „Wiedergabe des gleichen Sachverhalts durch mehrere Synonyme“ dürfte dabei der Regelfall sein.[5]
Zum anderen ist es aber auch möglich, dass in einem Satz bewusst derselbe Ausdruck verwendet wird.[3]
- Beispiele: „Spiel ist Spiel“, „Krieg ist Krieg“, „Geschäft ist Geschäft“
- Beispiel: „Die Rose ist eine Rose ist eine Rose“
Einen Sonderfall stellt das Sprichwort „Dienst ist Dienst, und Schnaps ist Schnaps“ dar. Hierbei werden zwei Tautologien verwendet, um die Gesamtbedeutung darzustellen, nämlich die Auffassung, dass Arbeit und Privatleben möglichst getrennt bleiben sollten. Insofern stellt das Sprichwort ein aus zwei Tautologien bestehendes Hendiadyoin dar. Was auf den ersten Blick wie eine simple Tautologie (im logischen Sinn) aussieht – und mitunter auch auf einem Versprecher beruht – kann, eingesetzt als stilistisches oder rhetorisches Mittel, der Verstärkung und Hervorhebung der Bedeutung (Emphase) dienen. Man spricht dann auch von scheinbaren Tautologien.[6][7]
Tautologie und Pleonasmus
In der Rhetorik werden normalerweise auch Wendungen als Tautologien bezeichnet, in denen einem Substantiv ein Adjektiv beigefügt wird, dessen Bedeutung schon im Substantiv enthalten ist.[2][8] Beispiele sind „schwarzer Rappe“, „alter Greis“ und „tote Leiche“. In einer anderen terminologischen Tradition werden solche Wendungen als Pleonasmen bezeichnet und von Tautologien wie folgt abgegrenzt: Tautologien "sind gleichbedeutende Wörter derselben Wortart, also Wortpaare wie "angst und bange", "ganz und gar", "immer und ewig", "nie und nimmer"...".[9] Entsprechend sind Ausdrücke wie „tote Leiche“ oder „vorläufiges Provisorium“ keine Tautologien, sondern Pleonasmen. Der Ausdruck „weißer Schimmel“ ist das klassische Schulbeispiel für einen Pleonasmus.[7][10][2] (Allerdings ist dieses Beispiel weniger geeignet, da „Schimmel“ auch für junge Pferde beliebiger Fellfarbe verwendet wird, die aber aufgrund genetischer Bestimmung später weiß werden.) Ähnlich unterscheidet man, wenn man nicht auf die Identität der Wortart, sondern auf eine Unter- bzw. Überordnung (dann Pleonasmus) oder Beiordnung (dann Tautologie) abstellt.[11]
Von solchen Beispielen ausgehend werden „Tautologie“ und „Pleonasmus“ auch stilistisch wertend unterschieden: Die Tautologie ist dann eine „Verdopplung zum Zwecke der rhetorischen Verstärkung“, der Pleonasmus hingegen eine „überflüssige Häufung, die zum Teil als abweichend empfunden wird“.[5] Tautologien im Sinne „gleichbedeutender Wörter derselben Wortart“ („angst und bange“ etc.) „gelten als rhetorische Stilmittel und sind daher über jede sprachliche Kritik erhaben.“[9] Es lässt sich allerdings kein fester Sprachgebrauch ausmachen, welche Bezeichnung für welchen der beiden Fälle zu gelten hat.
Lexikalisierte Tautologien
Die stilistische Unbedenklichkeit von Tautologien hat aber anscheinend Grenzen. Oft gehen Tautologien auf nicht verstandene Begriffe oder Fremdwörter zurück: „die La-Ola-Welle“, „der Guerillakrieg“, „der Düsenjet“, „die Salsa-Sauce“ oder „die Frontlinie“. Im „Synodalen Weg“ der Deutschen Bischofskonferenz ist ebenfalls eine Tautologie versteckt: Synode heißt schon „gemeinsamer Weg“, worauf die Kardinäle Walter Brandmüller[12] und Gerhard Müller[13] hingewiesen haben. Als verwandte Erscheinung werden Tautologien in Form redundanter Akronyme verwendet, wie bei „HIV-Virus“ (HIV steht für Human Immunodeficiency Virus), „ABM-Maßnahme“ (ABM = Arbeitsbeschaffungsmaßnahme), „ABS-System“ (ABS = Antiblockiersystem), „ISBN-Nummer“ (ISBN = Internationale Standardbuchnummer), „LCD-Display“ (LCD = Liquid Crystal Display) oder „IGeL-Leistungen“ (IGeL = Individuelle Gesundheitsleistung). Sofern man diese Ausdrücke als Tautologien qualifiziert, dürfte die in ihnen enthaltene Redundanz eigentlich auf Un- oder Missverständnissen beruhen, aber sie sind in vielen Fällen durch eine weitgehende Lexikalisierung (Aufnahme in den Wortschatz) stilistisch unschädlich geworden.
Siehe auch
- Epimone, mehrfache abgewandelte Wiederholung eines Gedankens
- Perissologie, Häufung synonymer Wörter zur Betonung eines Begriffs
- Redundanz (Kommunikationstheorie)
- Tautologie (Logik), Aussage, die aus logischen Gründen immer wahr ist
- Zirkelschluss (Diallele, hysteron proteron), Beweisfehler, bei dem die Voraussetzungen das zu Beweisende schon enthalten
Literatur
- Elmar Besch: Wiederholung und Variation. Untersuchung ihrer stilistischen Funktionen in der deutschen Gegenwartssprache. Lang, Frankfurt am Main / Bern u. a. 1989, ISBN 3-631-41620-2 (= European university studies. Series I, German language and literature, zugleich Dissertation an der Universität Saarbrücken 1988).
Weblinks
Einzelnachweise
- Wilhelm Gemoll: Griechisch-Deutsches Schul- und Handwörterbuch. Gustav Freytag Verlag/Hölder-Pichler-Tempsky, München / Wien 1965.
- Regenbogen, Meyer: Wörterbuch der philosophischen Begriffe. 2005, ISBN 3-7873-1738-4
- Winfried Ulrich: Linguistische Grundbegriffe. 5. Auflage, 2002 - Vgl. Hendiadyoin
- Heinz Erhardt: Die Made, V. 5–6.
- Dietrich Homberger: Sachwörterbuch zur Sprachwissenschaft. 2000.
- dtv-Lexikon. 1992, ISBN 3-423-05998-2.
- Hadumod Bußmann (Hrsg.): Lexikon der Sprachwissenschaft. 3., aktualisierte und erweiterte Auflage. Kröner, Stuttgart 2002, ISBN 3-520-45203-0.
- Vgl. auch Duden - Das Fremdwörterbuch. 5. Auflage, 1990, ISBN 3-411-20915-1.
- Bastian Sick: Zweifach doppelt gemoppelt, in Der Spiegel, am 28. September 2005, abgerufen am 31. Dezember 2009.
- Duden – Deutsches Universalwörterbuch, 5. Auflage, 2003, ISBN 3-411-05505-7.
- Verzeichnis der grammatikalischen Fachbegriffe. Ein Glossar zu Grammatik, Stilistik und Linguistik. In: http://www.menge.net/glossar.html#alphe, zitiert nach Lexikon der Linguistik (Memento vom 11. Februar 2009 im Internet Archive)
- vom 27. Juli 2019
- vom 23. Dezember 2019