St. Anna (Pöggstall)
Die römisch-katholische Pfarrkirche St. Anna in der niederösterreichischen Ortschaft Pöggstall im Dekanat Maria Taferl ist eine zweischiffige, apsidenlose, spätgotische Hallenkirche mit geradem Schluss und neugotischem Südturm. Die denkmalgeschützte Kirche (Listeneintrag) ist mit dem angrenzenden Schloss durch eine Brücke verbunden. Sie wurde 1480 als Schlosskirche und herrschaftliche Begräbnisstätte unter Kaspar von Rogendorf erbaut. Nach Auflassung der Pfarrkirche St. Anna im Felde wurde sie 1810 zur Hauptkirche der Pfarre erhoben und der hl. Anna geweiht. Davor stand sie unter dem Patrozinium des hl. Ägydius.
Äußeres
Der rechteckige Bau ist von einem Doppelwalmdach gedeckt. Sein umlaufender Sockel ist im Osten gestuft, im Westen sehr hoch und springt in den Burggraben ein. Das Äußere ist durch Strebepfeiler und zwei-, drei- und fünfbahnige Spitzbogenfenster mit Vierpass- und Fischblasenmaßwerk gegliedert. Vom westlichen Rechteckportal führt eine gemauerte Verbindungsbrücke über den Graben zum Schloss. Früher gab es außerdem eine Holzbrücke zur Empore. Der neugotische, zweigeschoßige Südturm mit Spitzbogenfenstern wurde 1810 erbaut, hat im Obergeschoß eine spitzbogige Blendbalustrade sowie zweibahnige Schallfenster mit hölzernem Maßwerk und wird von einem Zeltdach bekrönt. Im Norden liegt ein pultgedeckter zweigeschoßiger Sakristeianbau aus der Zeit um 1480 mit vergitterten Rechteckfenstern und im Nordwesten ein ebenerdiger Anbau mit Pultdach aus dem dritten Viertel des 20. Jahrhunderts. An der Südwand wurde 1964 eine Wandmalerei hl. Christophorus vom Anfang des 16. Jahrhunderts freigelegt. Seitlich sind zwei Wappen zu sehen. In der Eingangshalle im Turmerdgeschoß befindet sich ein schulterbogiges Portal mit durchkreuzter Stabrahmung aus der Zeit um 1480.
Inneres
Der zweischiffige und dreijochige Hallenraum verfügt über Netzrippengewölbe auf zwei mächtigen Bündelpfeilern über niedrigen Sockeln mit profilierten, spitzbogigen Scheidebögen, die an der Ost- und Westwand konsolartig abgestuft sind.
Die gemauerte, netzrippenunterwölbte Empore aus dem Jahr 1480 nimmt das halbe Westjoch ein. Sie ist in vier gleich breiten, auf Achtseitpfeilern ruhenden, profilierten Spitzbogenarkaden zur Halle hin geöffnet. Ihre gemauerte Brüstung ist in quadratische Felder unterteilt. In der Mitte erhebt sich ein niedriger Aufsatz mit Blendmaßwerk. Über dem Mittelpfeiler befindet sich eine profilierte, polygonale Konsole und eine seichte Rechtecknische. Oberhalb der seitlichen Pfeiler liegen ausschwingende Konsolen mit Stabprofil. Die entlang der Seitenwände des Langhauses verlaufenden Holzemporen sind durch Rechteckfelder gegliedert und im Norden mit reichem, unterschiedlich durchbrochenem, geschnitztem Blendmaßwerk und einem gemalten Wappenschild Rogendorf aus dem vierten Viertel des 15. Jahrhunderts versehen. Die Emporen im Süden sind mit stilisierten Pflanzenornamenten und zwei Wappen versehen. In der Mitte der Westwand erhebt sich ein vorspringender Wandpfeiler. Daran ist nördlich oberhalb der Empore ein runder Treppenturm mit Rechteckportal in durchkreuzter Stabrahmung angesetzt.
An der Nordseite führt ein Rechteckportal zur tonnengewölbten Sakristei. Darüber wurden um 1900 drei spitzbogige Oratoriumsfenster mit einer gemeinsamen Sohlbank eingebaut. In einem der südlichen Langhausfenster sind zwei mittelalterliche Glasfenster erhalten, die 1984/1985 restauriert wurden. Die Darstellung der beiden Apostel (rechts ist der hl. Johannes erkennbar) stammt von 1415, die des hl. Wolfgang wurde nach Mitte des 15. Jahrhunderts geschaffen.
- Empore mit Orgel
- Nördliche Empore
Einrichtung
Der Hochaltar ist ein bemerkenswerter spätgotischer Dreiflügelaltar vom Ende des 15./Anfang des 16. Jahrhunderts. Er hat einen rechteckigen Schrein mit neugotischen Rankenschnitzereien von 1841. Im Schrein befindet sich eine gotische Kreuzigungsgruppe, bestehend aus dem Gekreuzigten, sowie aus Maria und Johannes unter dem Kreuz. Die drei knienden Engel, die Christi Blut in Kelchen auffangen, stammen aus dem zweiten Viertel des 18. Jahrhunderts. Diese Kreuzigungsgruppe war früher als Altarbekrönung oben am Schrein angebracht. Auf bemalten Doppelflügeln sind innen die acht Heiligen Georg, Vitus, Sebastian, Mauritius sowie Florian, Ägydius, Leonhard und Achatius stehend abgebildet. Die Bilder außen zeigen vier Szenen der Passion Christi: Christus vor Pilatus, Dornenkrönung, Geißelung und Ecce Homo. An der bemalten Predella sind links und rechtes Wappen der Familie Rogendorf zu sehen; auf den Tabernakeltüren außen Maria und Johannes, innen Maria Magdalena und Maria Salome.
Die zwei einander entsprechenden, neugotischen Seitenaltäre mit Tabernakel wurden 1847 urkundlich erwähnt und 1966 verändert.
Auf Konsolen stehen Statuen aus verschiedenen Epochen. Im Osten, rechts neben dem Hochaltar, steht eine gotische Anna-selbdritt-Gruppe aus der Zeit um 1480, die vom Aufsatz des Hochaltars der ehemaligen Pfarrkirche St. Anna im Felde stammt. Links des Altares steht eine ebenfalls gotische Statue der Madonna mit Kind auf der Mondsichel, die um 1500 entstanden ist. Auf der Mittelkonsole der Westempore befindet sich eine Herz-Jesu-Statue vom Anfang des 20. Jahrhunderts; unter der Empore die Hll. Antonius Eremita und Wendelin aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, renoviert 1842.
Zur weiteren Ausstattung zählen unter anderem Bruderschaftsstäbe vor den Seitenpfeilern der Empore, mehrere (Kreuzweg-)Bilder, das Chorgestühl aus dem Jahr 1492, ein Weihwasserbecken aus dem Jahr 1659, zwei Vortragestangen aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und eine Glocke aus dem 14. Jahrhundert.
Die Orgel wurde 1996 von Sebastian Blank neu gebaut. Sie besitzt 2 Manuale (Rückpositiv und Hauptwerk) und Pedal mit insgesamt 20 Registern und wurde 2010 nach Pilzbefall saniert.[1]
- Detail des Flügelaltars: der Gekreuzigte
- Detail des Flügelaltars: hl. Johannes
- Anna-selbdritt-Gruppe
- Maria mit Kind auf der Mondsichel
Literatur
- DEHIO Niederösterreich nördlich der Donau. Berger, Wien 2010, ISBN 978-3-85028-395-3, S. 890f.
- Marianne Mehling (Hrsg.): Knaurs Kulturführer in Farbe – Wachau, Nibelungengau, Waldviertel. Droemer Knaur, München 1985.
Weblinks
- Eintrag zu Pfarrkirche Pöggstall im Austria-Forum (Kapitel Sakralbauten)
Einzelnachweise
- Pöggstall (A). In: roesel-orgelbau.com. Abgerufen am 28. September 2021 (Information zu Disposition und Restaurierung).