Spectrum (Rakete)
Die Spectrum ist eine in Entwicklung befindliche Trägerrakete des bayerischen Raumfahrtunternehmens Isar Aerospace. Sie ist für den Start von Kleinsatelliten vorgesehen. Ein erster Flug wurde für 2022 angekündigt.[1]
Aufbau und Daten
Geplant ist eine zweistufige Rakete, die bis zu 1000 kg Nutzlast in niedrige Erdumlaufbahnen und 700 kg in sonnensynchrone Umlaufbahnen bringen kann. Sie soll 27 m lang sein und einen Durchmesser von 2 m haben. Es werden zwei verschieden große Nutzlastverkleidungen angeboten.[2]
Die erste Raketenstufe soll von neun Flüssigkeitstriebwerken namens „Aquila“ mit insgesamt 675 kN Schub angetrieben werden. Sie soll engine-out-capability haben, das heißt bei Ausfall eines Motors ist das Missionsziel nicht gefährdet. Für die zweite Stufe ist eine Vakuumversion des Triebwerks mit 94 kN Schub und Mehrfachzündfähigkeit geplant. Letzteres ermöglicht komplexe Bahnmanöver, um zum Beispiel mehrere Satelliten in verschiedene Umlaufbahnen zu bringen. Die Triebwerke werden mit „leichten Kohlenwasserstoffen“ und Flüssigsauerstoff betrieben.[2] Laut älterer Herstellerangaben arbeiten sie mit dem Gasgeneratorverfahren.[3]
Hersteller
Isar Aerospace wurde im März 2018 von den Raumfahrtingenieuren Daniel Metzler, Markus Brandl und Josef Peter Fleischmann gegründet.[4] Das Unternehmen hat seinen Sitz in Ottobrunn bei München. Die Gründungsmitglieder waren zuvor in der Wissenschaftlichen Arbeitsgemeinschaft für Raketentechnik und Raumfahrt (WARR) aktiv, einer Studentengruppe an der Technischen Universität München, die bereits eigene Antriebe und eine Suborbitalrakete entwickelt hatte. Isar Aerospace wird vom Start-Up-Förderprogramm der ESA unterstützt.[5][6][7]
An einer ersten Finanzierungsrunde im Sommer 2018 beteiligten sich der Heizungshersteller Viessmann und der Wagniskapitalgeber UVC Partners, ein Unternehmen von zwei ehemaligen Mitarbeitern des Raumfahrtkonzerns SpaceX.[4] Ende 2019 erhielt Isar Aerospace 17 Millionen US-Dollar unter anderem von Airbus. Ende 2020 konnten weitere 75 Millionen Euro eingeworben werden.[8] Im Juni 2021 sammelte Isar Aerospace weitere 57 Millionen Euro von Investoren ein.[9] Nach mehreren Finanzierungsrunden stehen im Oktober 2021 140 Mio.€ zur Verfügung.[10]
Im April 2019 hatte das Unternehmen etwa 20 Mitarbeiter,[7] im Oktober 2021 waren es 180[11] und Ende Dezember 2021 waren es 220.[12]
Geplante Starts
Die Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) kündigte Anfang 2019 die Entwicklung eines Forschungssatelliten an, der 2026 mit der Spectrum starten soll.[13] Als mögliche Standorte für den Startplatz waren zunächst Norwegen und Schweden im Gespräch.[14] Konkrete Vereinbarungen für mögliche Starts traf Isar Aerospace mit den Betreibern des europäischen Raumfahrtzentrums Guayana[15] und des geplanten Weltraumbahnhofs Andøya Spaceport auf der norwegischen Insel Andøya.[16]
Einen ersten kommerziellen Startauftrag für die Spectrum erhielt Isar Aerospace im April 2021 von Airbus Defence and Space. Er betrifft den Start eines Erdbeobachtungssatelliten. Ein Termin für diese Mission wurde nicht genannt.[17]
Zunächst sind für die Jahre 2022 bis 2023 zwei Demonstrationsflüge geplant. Die dafür nötige Qualifikation der Rakete und die beiden Starts selbst werden von der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) mit elf Millionen Euro gefördert. Diese Subvention erfolgt im Rahmen des ESA-Programms Commercial Space Transportation Services and Support (C-STS, „Kommerzielle Weltraumtransportdienste und - unterstützung“). Isar Aerospace erhält sie als Gewinner des „deutschen Wettbewerbs für Mikrolauncher“ (Kleinst-Trägerraketen) des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).[18]
Am 8. September 2021 wurde bekannt, dass Isar Aerospace eine Startvereinbarung mit OroraTech unterzeichnet hat. Geplant ist der Start von mindestens zehn Satelliten in den sonnensynchronen Erdorbit. Sie sollen im Zeitraum von 2022 bis 2026 stattfinden.[19]
Im Oktober 2021 wurde eine Startvereinbarung mit EnduroSat geschlossen. Diese sieht den Start mehrerer Satelliten im Zeitraum von 2022 bis 2025 vor. Die Satelliten werden mit Rideshare-Missionen vom norwegischen Weltraumbahnhof Andøya aus in die Umlaufbahn gebracht.[20]
Datum | Startplatz | Mission / Nutzlast | Orbit | Anmerkungen |
---|---|---|---|---|
2022 | Andøya[21] | MSAE-OTTERS CyBEEsat 3× Tom FRAMSat-1 TRISAT-S |
SSO[21] | gefördert von der ESA |
2023 | Demonstrationsflug | LEO | ||
2022 bis 2026[19][22] | mindestens 10 OroraTech-Satelliten (Buschfeuerüberwachung) |
SSO[19] | mehrere Starts | |
2022 bis 2025 | Andøya[20] | Kleinsatelliten von EnduroSat
(Rideshare-Mission) |
? | Rideshare |
Q1 2024 | Andøya | Astrocast - IoT-Network[23] | SSO | Rideshare-Mission |
2026 | LMU-Forschungssatellit | LEO | Stand 2019 | |
? | Erdbeobachtungssatellit | LEO |
Weblinks
- Website von Isar Aerospace
- Isar Aerospace: High-performance rocket engines. ESA, 23. Januar 2019 (englisch)
Einzelnachweise
- Eric Berger: A German rocket startup seeks to disrupt the European launch industry. In: Ars Technica. 21. September 2020, abgerufen am 26. November 2020.
- Spectrum. Isar Aerospace, abgerufen am 11. Januar 2021.
- Aquila. Isar Aerospace, archiviert vom Original am 26. Juni 2019; abgerufen am 26. Juni 2019.
- Ehemalige SpaceX-Manager finanzieren Münchner Raketen-Startup. In: NGIN Mobility. 27. September 2018, abgerufen am 26. Juni 2019.
- Michael Förtsch: Raketen aus Bayern sollen die Raumfahrt revolutionieren. In: wired.de / GQ. 20. Juli 2018, abgerufen am 26. Juni 2019.
- Dieter Sürig: Gipfelstürmer: Höllenfeuer für Satelliten. In: Süddeutsche Zeitung. 23. Mai 2018, abgerufen am 26. Juni 2019.
- Isar Aerospace in Oberbayern: Die erste bayerische Rakete im All. Antenne Bayern, 4. April 2019, abgerufen am 26. Juni 2019.
- Germany’s Isar Aerospace raises $91M to get its satellite launch vehicle off the ground. TechCrunch, 8. Dezember 2020.
- #EXKLUSIV Forto wird mit Softbank-Millionen zum Unicorn - Isar Aerospace bekommt 57 Millionen - Sanity Group sammelt 35 Millionen ein. In: deutsche-startups.de. 14. Juni 2021, abgerufen am 15. Juni 2021 (deutsch).
- Sarah Heuberger: Isar Aerospace erweitert Runde auf 140 Millionen Euro – Porsche steigt ein. 28. Juli 2021, abgerufen am 31. Oktober 2021 (deutsch).
- Engineering the future of space flight. Abgerufen am 31. Oktober 2021 (englisch).
- U30 Summit 2021: Josef Fleischmann, Mitgründer und COO, Isar Aerospace "The 21st Century Space Race". In: YouTube. Forbes DACH, 21. Dezember 2021, abgerufen am 14. Februar 2022.
- Patrick Bernau: In sieben Jahren: Bayern will eine Rakete ins All schicken. In: FAZ.NET. 19. Januar 2019, abgerufen am 26. Juni 2019.
- Münchner Start-up will Rakete ins All schicken. In: BR24. 23. Januar 2019, abgerufen am 26. Juni 2019.
- Isar Aerospace prepares the launch of its rockets from space centre CSG. Space Daily, 16. Oktober 2020.
- Peter de Selding: Norway’s Andoya spaceport signs multi-year exclusive-access deal with German rocket startup Isar Aerospace. Space Intel Report, 14. April 2021.
- German startup Isar Aerospace signs first launch contract. Spacenews, 26. April 2021.
- Isar Aerospace Technologies GmbH gewinnt die Hauptrunde des deutschen Wettbewerbs für Mikrolauncher. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, 30. April 2021, abgerufen am 2. Mai 2021.
- Isar Aerospace and OroraTech announce partnership to launch satellites for tackling global wildfire crises. Abgerufen am 31. Oktober 2021 (englisch).
- European space companies Isar Aerospace and EnduroSat sign firm launch agreement. Abgerufen am 31. Oktober 2021 (englisch).
- ESA Commercial Space Transportation Services Program: Isar Aerospace and German Space Agency at DLR announce payloads for first test flight of Spectrum launch vehicle. Abgerufen am 22. Januar 2022 (englisch).
- Isar Aerospace to launch OroraTech wildfire monitoring cubesat constellation. Spacenews, 8. September 2021.
- Isar Aerospace signs firm launch contract with Swiss IoT network company Astrocast. Abgerufen am 22. Januar 2022 (englisch).