Siechenhof (Luxemburg)
Siechenhof (luxemburgisch Sichenhaff, auch: Sichegronn, Seechengrund oder Val des Bons-Malades[1] genannt) ist ein Teil des Stadtviertels Pfaffenthal (luxemburgisch Pafendall) in der Stadt Luxemburg im Großherzogtum Luxemburg. Siechenhof liegt im Tal der Alzette zwischen dem Altstadt-Zentrum Luxemburgs und dem Kirchberg-Plateau.
Siechenhof beginnt im Pfaffenthal am Porte des Bons-Malades (auch: luxemburgisch Sichepaart;[2] deutsch Siechentor ) und grenzt an den Stadtteil Eich. Val des Bons-Malades ist auch der offizielle Name der Straße, die vom Friedhof zum Kirchberg führt.
Name und Geschichte
Der Name Siechenhof geht auf ein Siechenhaus (französisch Leproserie, siehe auch: Leprosorium) zurück, das vom Beginn des 13. Jahrhunderts bis etwa 1770 außerhalb der Festung Luxemburg existierte. Das genaue Datum, an dem die Lepra in Luxemburg erstmals festgestellt wurde, ist unbekannt. In einem Dokument der Gräfin Ermesinde von Luxemburg von 1238 wurde der Aussatz genannt. Ab dem 13. Jahrhundert kann daher davon ausgegangen werden, dass Lepra (Aussatz) in Luxemburg jedenfalls bekannt war. Auch in Luxemburg bestand Jahrhundertelang die Angst vor den Aussätzigen und wurde die einzige Möglichkeit des Schutzes vor Ansteckung darin gesehen, kranke Menschen vom Rest der Bevölkerung dauerhaft zu isolieren. Neben dem Siechenhof (Leprosorium) standen weitere Gebäude beim Friedhof und um die heutige Friedhofs-Kapelle (Chapelle Saint-Pierre Martyr).[3] Es wird heute davon ausgegangen, dass diese ebenfalls Wohnstätten der Aussätzigen waren.[4] Ab 1514 begann eine Bruderschaft sich um die Aussätzigen zu kümmern und übernahm die Verwaltung der Gemeinschaftsgüter, die vor allem aus Schenkungen stammten. Hilfsbereite Menschen begannen am Fliederchersdag zugunsten der Aussätzigen selbstgebackene Eiertörtchen zu verkaufen.
Von diesem Siechenhauskomplex ist heute noch der Friedhof (französisch Cimetière Sichenhaff oder auch Cimetière des Bons Malades) und die Kapelle erhalten, die heute als Leichenhalle auf dem Friedhof Siechenhof dient. Die Friedhofs-Kapelle wurde 1982 renoviert.[5] Auf der anderen Seite der Alzette befand sich die Siechenhof-Mühle (französisch Moulin de Siechenhof). Der Friedhof Siechenhof wird durch die Eisenbahnlinie geteilt. Im westlichen Teil, in der Nähe der Kapelle, befinden sich z. B. das Grabmal von Laurent Menager und von zwei im luxemburgischen Exil verstorbenen Mitgliedern der Pariser Kommune: François SORDET und Auguste Joseph MARTIN. Es waren dies zwei Kommunarden, die nach den Blutwochenmassakern aus Frankreich geflohen sind. Im östlichen Teil des Friedhofs befindet sich ein Grabdenkmal zum Gedenken an die französischen Soldaten, die im Deutsch-Französischen Krieg (1870/1871) in Luxemburg ums Leben kamen.
2015 wurde in Siechenhof, an der Rue Saint-Mathieu (Descherwee), der neue Bahnhof Kirchberg-Pfaffenthal (neben der Großherzogin-Charlotte-Brücke) auf der Eisenbahnstrecke Luxemburg – Ulflingen (französisch Troisvierges, luxemburgisch Ëlwen), zusammen mit der Talstation der Standseilbahn Pfaffenthal-Kirchberg errichtet und 2017 in Betrieb genommen.
Neben dem Friedhof Siechenhof, sind daher heute die Großherzogin-Charlotte-Brücke, die Standseilbahn auf den Kirchberg mit der neuen Eisenbahnstation die dominierenden Bauwerke im bzw. über dem Ortsteil Siechenhof.
Fliederchersdag
Am dritten Sonntag nach Ostern wird in Siechenhof und Pfaffenthal der Fliederchersdag gefeiert. Die Organisatoren der Veranstaltung, der Interesseveräin Pafendall-Sichenhaff, verteilen am Vortag, am Samstag, nach einer Messe in der Friedhofskapelle auf dem Friedhof, Eeërfliedercher.[6][7] Diese Tradition wurde in den 1970er Jahren wiederbelebt.[8]
Literatur
- M. Pauly (Hrsg.): De l'Hospice Saint-Jean à l'Hospice bürgerlich. 700 Jahre Krankenhausgeschichte in der Stadt Luxemburg, 2009, Edition mediArt, ISBN 978-99959-635-1-4.
- E. Friedrich: Siechenhof, Tageblatt, Nr. 20. vom Januar 1978, S. 10.
- Jean Thoma: Kirchberg: Kirchberg-Seechengrund in früheren Zeiten: eine Dokumentation zur Geschichte des Dorfes und seiner Bewohner, 2001, ISBN 2-87996-936-0
Weblinks
Einzelnachweise
- französisch Malade iSv krank.
- Paart im Sinne von: Pforte, Tor, Stadttor (veraltet lt. Luxemburger Wörterbuch (LWB), Webseite der Universität Luxemburg).
- [https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Wikipedia:Defekte_Weblinks&dwl=http://geo.uni.lu/joomla/index.php?option=com_content&task=view&id=1398&Itemid=484 Seite nicht mehr abrufbar], Suche in Webarchiven: [http://timetravel.mementoweb.org/list/2010/http://geo.uni.lu/joomla/index.php?option=com_content&task=view&id=1398&Itemid=484 Geschicht vun der Leproserie um Sichenhaff], Webseite der Universität Luxemburg.
- Deventerplang von 1581.
- B. Weicherding-Görgen: La chapelle du Siechenhof, ons stad 13, 1983, S. 8–9.
- Fernand Theato: Fliederchesdag um Sichenhaff, Luxemburger Wort vom 27. April 2012, S. 26.
- Fernand Théato: Siechenhof, Fliederchesdag und Eydtmühle, Luxemburger Wort Nr. 107 vom 9. Mai 1981, S. 10.
- Martine Feller: Eine Tradition lebt wieder auf, Tageblatt vom 10. Mai 2017.