Sebastianstraße (Berlin)
Die Sebastianstraße befindet sich in den Berliner Ortsteilen Mitte (Hausnummern 1–61) und Kreuzberg (Hausnummern 69–88). Sie ist nach der Sebastiankirche (später Luisenstadt-Kirche) benannt, die im ehemaligen Köpenicker Viertel (später Luisenstadt) bis 1965 stand. Durch den Verlauf der Berliner Mauer lagen Teile der Straße sowohl in Ost- als auch in West-Berlin.
Sebastianstraße | |
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Sebastianstraße in Richtung Alfred-Döblin-Platz | |
Basisdaten | |
Ort | Berlin |
Ortsteil | Kreuzberg und Mitte |
Angelegt | 27. Februar 1839 |
Hist. Namen | Kirchgasse (um 1699 bis um 1723), Kirchstraße (um 1723 bis Mitte 18. Jh.), Sebastiankirch-Gasse (Mitte 18. Jh. bis 1839) |
Anschlussstraßen | Alte Jakobstraße (nördlich), Dresdener Straße (südlich) |
Querstraßen | Heinrich-Heine-Straße, Prinzenstraße, Luckauer Straße |
Plätze | Alfred-Döblin-Platz |
Nutzung | |
Nutzergruppen | Fußverkehr, Radverkehr, Autoverkehr |
Technische Daten | |
Straßenlänge | 840 Meter |
Verlauf und Geschichte
Der Straßenverlauf beginnt im Norden an der Alten Jakobstraße und verläuft und südöstlicher Richtung bis zur Dresdener Straße. In Höhe der Alten Jakobstraße wurde 1694 auf Initiative des Kirchenvorstehers Sebastian Nethe der Grundstein für eine Kirche gelegt. Ihm zu Ehren erhielt sie den Namen Sebastiankirche mit der angrenzenden Kirchgasse (die heutige Sebastianstraße). Um 1723 wurde sie in Kirchstraße und Mitte des 18. Jahrhunderts in Sebastiankirch-Gasse umbenannt. 1839 erfolgte die bis heute verwendete Bezeichnung Sebastianstraße, während die Kirche zwei Jahre zuvor zu Ehren von Luise von Mecklenburg-Strelitz in Luisenstadt-Kirche umbenannt worden war.
Mit dem Bau der Berliner Mauer im Jahr 1961 wurde die Straße geteilt: Die Häuser mit den Hausnummern 1–3 gehörten zu Ost-Berlin, während die Häuser 81–87 auf der gegenüberliegenden Seite zu West-Berlin gehörten. Dessen Bewohner durften den Gehweg, der bereits zum Sowjetischen Sektor zählte, jedoch benutzen.[1]
- Gehweg entlang der Berliner Mauer, 1961
- Gehweg entlang der Mauer, 1965
- Berliner Mauer, dahinter die Häuserzeile Sebastianstraße 1–3, 1965
Fluchttunnel Sebastianstraße 82
Während der Zeit der Teilung sind für die Jahre 1961–1982 insgesamt 70 Tunnelbauten bekannt, mit denen versucht wurde, Angehörige und Freunde nach West-Berlin zu bringen. Im Haus Sebastianstraße 82 hatten im Frühjahr/Sommer 1962 Arbeiten an einem derartigen Fluchttunnel begonnen. Unter Leitung der Fluchthelfer Siegfried Noffke und Dieter Hötger entstand so ein rund 30 Meter langer und rund 75 Zentimeter breiter Tunnel, der bis unter das Kellerfundament des Gebäudes in der Heinrich-Heine-Straße 45–49 reichte. Geplant war, am 28. Juni 1962 Angehörige nach West-Berlin zu bringen. Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) war jedoch seit dem 4. Juni durch den Inoffiziellen Mitarbeiter „Pankow“ über das Projekt informiert und observierte die Arbeiten. Unter dem Decknamen „Maulwürfe“[2] wurde zunächst auf West-Berliner Seite nach Spuren von Erdarbeiten gesucht. Man entdeckte dabei neben den Erdarbeiten in Haus 82 ein rund zwei Meter tiefes Loch, welches jedoch zu einem nicht weiter verfolgten Tunnelbauwerk aus Haus Nummer 81 gehörte. Am 28. Juni durchbrachen die Fluchthelfer mit Hilfe eines Wagenhebers den Kellerboden und liefen um 12:15 Uhr in die vorbereitete Falle. Kurz nach dem Einsatzsignal eröffnete ein MfS-Offizier das Feuer auf Noffke und Hötger, die unbewaffnet waren. Noffke starb an seinen Schusswunden, Hötger wurde schwer verletzt. Durch Querschläger wurden jedoch auch der Offizier sowie der IM „Pankow“ verwundet. Hötger wurde wie die elf Fluchtwilligen wegen sogenannter „Republikflucht“ zu einer hohen Haftstrafe verurteilt. Der Inoffizielle Mitarbeiter wurde von Erich Mielke mit der Verdienstmedaille der Nationalen Volksarmee in Gold ausgezeichnet.[3] Seit 2009 erinnert eine Informationstafel in der Straße an das Geschehen.[4]
Künstlerische Darstellung
- Eine künstlerische Darstellung des Mauerverlaufs der Sebastian-/Luckauer Straße entstand 1977 unter dem Titel Gelbe Mauer vom deutschen Maler und Bildhauer Rainer Fetting. Das Werk ist in der Berlinischen Galerie zu sehen.[5]
- Seit September 2012 befindet sich am Checkpoint Charlie ein Panoramagemälde der Sebastianstraße zur Zeit der Berliner Mauer. Es wurde vom Künstler Yadegar Asisi gestaltet.
Sonstiges
- Das Haus mit der Nummer 87 ist ein Schauplatz in dem Film Possession mit Sam Neill und Isabelle Adjani.
Siehe auch
Weblinks
- Sebastianstraße. In: Straßennamenlexikon des Luisenstädtischen Bildungsvereins (beim Kaupert)
- Fotostrecke der Sebastianstraße zur Zeit der Berliner Mauer. Webseite des Tagesspiegel, abgerufen am 15. Januar 2017.
Einzelnachweise
- Chronik der Mauer: 29. August 1961, Webseite von Chronik der Mauer, abgerufen am 26. Januar 2013.
- Udo Baron: Die Todesopfer an der Berliner Mauer 1961–1989: ein biographisches Handbuch. Ch. Links Verlag, 2009, ISBN 978-3-86153-517-1, S. 99 (Abgerufen am 28. Januar 2013).
- Informations- und Gedenktafel der Berliner Unterwelten e. V. in der Sebastianstraße
- Eliese Berresheim: Erinnerungstafel enthüllt – eine gescheiterte Tunnelflucht. In: Berliner Morgenpost, 13. August 2009, abgerufen am 27. Januar 2013. (Link kostenpflichtig)
- Gelbe Mauer. Webseite der Berlinischen Galerie, abgerufen am 26. Januar 2013.