Schwarzer Turm (Regensburg)
Der Schwarze Turm (auch: Heinrichsturm) war einer der drei Wehrtürme der Steinernen Brücke. Er erhob sich auf dem nördlichen noch zu Regensburg gehörigen Widerlager der Brücke und sicherte den nördlichen Zugang zur Steinernen Brücke, die Regensburg mit der damals bayerischen Ortschaft Stadtamhof verband. Der Turm erlitt 1809 im Verlauf des Fünften Koalitionskrieges in der Schlacht bei Regensburg schwere Beschädigungen und wurde in der Folge abgebrochen.
Turmbau
Der Bau des Schwarzen Turmes begann 1246, einige Jahrzehnte nach Fertigstellung der Steinernen Brücke, deren Baubeginn um 1135 lag. Der Baubeginn des Turmes lag damit vor dem Beginn der Baumaßnahmen zur Errichtung der übrigen Stadtbefestigungsanlagen, die erst gegen Ende des 13. Jahrhunderts begannen. Der Bau des schwarzen Turmes war vor 1307 abgeschlossen, denn ein Siegel aus diesem Jahr zeigt bereits alle drei Türme der Steinernen Brücke.[1]
Der Name des Turmes stammt angeblich von den durch Patina geschwärzten Quadern, die beim Bau verwendet wurden und unter denen auch ein römischer Grabstein gewesen sein soll. Als Krönung trug der Turm die überlebensgroße Figur eines Kaisers oder Königs, wahrscheinlich die Figur von Kaiser Friedrich II., der im 13. Jahrhundert der Stadt Privilegien gewährt hatte. Von der Nordseite des Turmes blickte ein riesiger schwarzer Reichsadler in einem gelben Feld auf das bayerische Stadtamhof.
Als Brückturm am Nordufer der Donau war die Toranlage durch Angriffe von Norden stark gefährdet und musste besonders geschützt werden. Bereits 1383 im Zuge der Errichtung der allgemeinen Stadtbefestigungsanlagen erhielt der Schwarze Turm eine ihn auf drei Seiten umgebende Wehranlage. Diese Anlage wurde 1388 im Städtekrieg und 1429 wegen der von Norden her drohenden Angriffe der Hussiten zu einem Mauergeviert mit Wehrgang und Schießscharten erweitert. Zusätzlich wurden noch zwei runde Begleittürme gebaut und ein vorgelagerter Graben mit einer Fallbrücke errichtet.[2]
Geschichte des Turmes
Als während des 30-jährigen Krieges ein schwedisches Heer Regensburg besetzt hatte, wurde die Toranlage zusätzlich durch ein Hornwerk abgeschirmt und erwies sich während der Kämpfe um Regensburg über mehrere Wochen hinweg als ein auch einer großen Übermacht kaiserlich-bayerischer Truppen trotzender Brückenkopf. Er konnte gut über die Steinerne Brücke mit Nachschub versorgt werden und musste erst geräumt werden als nach der Eroberung der Donauinsel Oberer Wöhrd durch bayerische Truppen ein Zugang zur Steinernen Brücke von der Donauinsel aus möglich wurde. Danach konnte der Brückenkopf am Nordende der Brücke von Süden aus angegriffen und erobert werden, was zur sofortigen Niederlage der Schweden führte.
Auch in der Zeit nach dem Krieg wurde die am Schwarzen Turm bestehende Zollgrenze zum Kurfürstentum Bayern und späteren Königreich Bayern streng bewacht. Gesichert wurde sie durch doppelte reichsstädtische und bayerische Schlagbäume, die mit Eisenstacheln nach oben und unten gespickt waren, um sowohl das Durchschlüpfen als auch das Übersteigen zu verhindern.
Als 1809 im Fünften Koalitionskrieg das Gebiet um Regensburg und auch die Stadt selbst nördlich und südlich der Donau erneut zum Schlachtfeld wurde, gerieten die Steinerne Brücke, der Schwarze Turm und ganz Stadtamhof erneut in den Mittelpunkte der Kämpfe diesmal zwischen französischen und österreichischen Truppen. Letztere flüchteten nach Niederlagen südlich von Regensburg und nach hinhaltendem Widerstand auf den Stadtmauern von Regensburg von Süd nach Nord über die Steinerne Brücke nach Stadtamhof und wurden von französischen Truppen verfolgt. Österreichischer Artillerie – stationiert oberhalb von Stadtamhof auf dem Dreifaltigkeitsberg – beschoss die Verfolger und zerstörte den Baubestand von Stadtamhof. Auch der Schwarze Turm wurde so stark beschädigt, dass er samt allen zugehörigen Wehranlagen 1810 abgebrochen und beseitigt wurde. Anstelle der geschleiften Anlagen entstanden nach 1824 die biedermeierlich, bürgerlich anmutenden heutigen erdgeschossigen Basarbauten am ehemaligen Stadtamhofer Brückenkopf. Auch wenn fast alle Basargebäude nachträglich verändert wurden, haben sie noch heute eine idyllische Wirkung und umschließen einen rechteckigen Platz, den ehemaligen Standort des Schwarzen Turms.[3][4]
Nachwirkungen
Im Zusammenhang mit dem künstlerischen Projekt „Danubia Art LAB Hidden places, hidden spaces“ wollte die Künstlerin Klara Orosz den 1810 zerstörten Schwarzen Turm als eine 20 m hohe, je 7,50 m breite und lange Installation neu darstellen und interpretieren. Sie wollte den Turm aus weichem Schaumstoff und für Besucher begehbar wieder erstehen lassen. Sie hatte die Absicht, dieses historische Objekt mit zeitgenössischen Mittel den Regensburger Bürgern wieder näher zu bringen. Die eingereichten Plänen wurden von der Baubehörde abgelehnt, weil die Vorstellungen der Künstlerin aus Sicherheitsgründen nicht realisierbar seien. Eine Baugenehmigung wurde nicht erteilt.[5]
Literatur
- Lutz Michael Dallmeier und Gerhard Meixner: Der nördliche Brückenkopf der Steinernen Brücke im Spiegel der jüngsten archäologischen Ausgrabungen.
In : enkmalpflege in Regensburg Bd. 9 (2004) S. 54 – 82
Einzelnachweise
- Lutz Michael Dallmeier und Mathias Hensch: Geheimnisse der Steinernen Brücke. Neue archäologische Aufschlüsse zur mittelalterlichen Bebauung des südlichen Brückenkopfes. In: Stadt Regensburg, Amt für Archiv und Denkmalpflege (Hrsg.): Denkmalpflege in Regensburg. Band 12. Friedrich Pustet, Regensburg 2011, ISBN 978-3-7917-2371-6, S. 6.
- Karl Bauer: Regensburg Kunst-, Kultur- und Alltagsgeschichte. 6. Auflage. MZ-Buchverlag in H. Gietl Verlag & Publikationsservice GmbH, Regenstauf 2014, ISBN 978-3-86646-300-4, S. 220 f.,545, 722.
- Karl Bauer: Regensburg Kunst-, Kultur- und Alltagsgeschichte. 6. Auflage. MZ-Buchverlag in H. Gietl Verlag & Publikationsservice GmbH, Regenstauf 2014, ISBN 978-3-86646-300-4, S. 697, 221, 705.
- Eugen Trapp: Der Bazar zu Stadtamhof. Zur Geschichte eines biedermeierlichen Einkaufszentrums. In: Stadt Regensburg, Untere Denkmalschutzbehörde (Hrsg.): Denkmalpflege in Regensburg. Band 14. Friedrich Pustet, Regensburg 2015, ISBN 978-3-7917-2708-0, S. 77 ff.
- Das Kunstwerk "The Black Tower" ist an Sicherheitsbedenken gescheitert. So hätte sich die Künstlerin den Turm vorgestellt. Abgerufen am 14. November 2019 (deutsch).