Schloss und Park Ettersburg
Schloss und Park Ettersburg liegen beim thüringischen Ettersburg auf dem Ettersberg (474 m), einem lang gestreckten Höhenzug nördlich von Weimar. Seit 1998 gehören sie als Teil des Ensembles „Klassisches Weimar“ zum UNESCO-Welterbe.
Geschichte
Errichtung
Herzog Wilhelm Ernst von Sachsen-Weimar, der gern in den Wäldern des Ettersbergs jagte, ließ sich das Schloss unmittelbar westlich des Dorfes Ettersburg in den Jahren 1706–1712 als dreiflügliges, schmuckloses Gebäude errichten. 1722 fügte er das dreigeschossige, sogenannte Neue Schloss hinzu. Sein Neffe und Nachfolger Ernst August ließ 1728–1740 das Schloss umbauen und eine Freitreppe davorsetzen. Die Geschichte des Schlosses ist wie seine ursprüngliche Ausstattung trotz des guten Erhaltungszustandes nur schwer zu rekonstruieren, da die frühen Akten verbrannt sind.[1]
Nach dem Regierungsantritt Herzog Carl Augusts benutzte die Herzoginmutter Anna Amalia das Schloss 1776–1780 als Sommersitz. Hier traf sich ihr literarisch-musischer Kreis, dem u. a. Wieland, Goethe, Herder, der Märchenerzähler Johann Karl August Musäus und die Schauspielerin Corona Schröter angehörten; auch das Weimarer Liebhabertheater trat hier auf. Ab 1780 verlagerte sich dieser Sommersitz nach Schloss Tiefurt, wo der Gutshof umgebaut worden war. Danach wurde das Ettersburger Schloss nur noch sporadisch besucht. Friedrich Schiller vollendete dort im Jahre 1800 sein Werk Maria Stuart.
Erst im 19. Jahrhundert nahmen Großherzog Carl Alexander und Großherzogin Sophie die musische Tradition hier wieder auf. 1842 heiratete Carl Alexander die niederländische Prinzessin Sophie; die Freitreppe am Neuen Schloss war ein Hochzeitsgeschenk des niederländischen Königshauses. Ettersburg wurde erbgroßherzogliche Sommer-Residenz und beherbergte in den nachfolgenden Jahren wieder namhafte Gäste, so Hans Christian Andersen, Emanuel Geibel, Friedrich Hebbel, Franz Liszt und andere. 1845 entstand eine Parkanlage im Stil eines Englischen Landschaftsgartens nach Plänen des Landschaftsarchitekten Eduard Petzold und des „Parkfürsten“ Hermann von Pückler-Muskau.[2]
1918 ging das Schloss Ettersburg in den Besitz des Landes Thüringen über. Ab 1923 wurde Ettersburg von Alfred Andreesen gepachtet und als Hermann-Lietz-Schule der Stiftung „Deutsche Landerziehungsheime“ von Hermann Lietz für 30 Jahre geführt. Etwa 80 Schüler und Lehrer bewohnten in der Folgezeit die Schlossanlage, unter ihnen Wernher von Braun.[3]
Schloss Ettersburg gehört zu den komplexesten und größten Jagdschlössern Thüringens.[4]
In der Nachbarschaft entstand ab 1937 das KZ Buchenwald. Die Lietz-Schule wurde zunächst durch die SS beschlagnahmt und im Jahre 1945 geschlossen.
In den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Schloss Ettersburg vernachlässigt und verfiel. Zuerst diente es als Schulungsstätte für Justizangestellte und Staatsanwälte, nach einem Umbau in den 1960er und 1970er Jahren als Altersheim. Durch Studenten, Kinder des Ortes Ettersburg, Freiwillige und kulturell interessierte Menschen wurden Schloss und Kirche während der DDR-Zeit vor dem gänzlichen Verfall bewahrt. Erhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten an der Stiftskirche wurden seit 1984 durchgeführt. Das Kirchenschiff wurde 1985–1988 unter schwierigsten Bedingungen rekonstruiert. Noch während dieser Bauzeit war die Kirche ein Treffpunkt für vielfältige kulturelle Veranstaltungen und stand unter ständiger Beobachtung der Staatssicherheit.
Sanierung
Zwar wurden am Schloss Maßnahmen zur Sicherung der Bausubstanz ergriffen, doch eine umfassende Sanierung war aus finanziellen Gründen bis 2006 nicht möglich. Ein 1990 gegründeter Förderverein Kuratorium Schloss Ettersburg hatte das Ziel, das vom Verfall bedrohte Schloss nahe Weimar zu retten, und organisierte ein vielfältiges Veranstaltungsprogramm mit unterschiedlichsten künstlerischen Mitteln und unter Bezugnahme auf den Ort. Im Oktober 2009 löste sich der Verein auf. Ausstellungstafeln zur Schlossgeschichte sind ganzjährig zu besichtigen.
Im November 2005 wurde das Schloss von der Klassik Stiftung Weimar mittels Erbbaurechtsvertrag für zunächst 55 Jahre an das Bildungswerk BAU Hessen-Thüringen e.V., einen gemeinnützigen Bildungsverein, übergeben.
Im Juli 2006 begann die bauliche Revitalisierung des Objekts. Die reine bauliche Sanierung kostete knapp 9 Mio. EUR und war zum Jahreswechsel 2007/2008 abgeschlossen.
Schloss Ettersburg bietet Gastronomie (Restaurant) und hochwertige Übernachtungsmöglichkeiten für individuelle Gäste (Hotel). Der Schlosskomplex kann darüber hinaus als Tagungsort und für Veranstaltungen/ Feiern gebucht werden.
2008 hat die Bauhaus Akademie Schloss Ettersburg gGmbH ihre Arbeit aufgenommen. Die Bauhaus Akademie bietet Fortbildungen für Architekten, Ingenieure, Sachverständige, Absolventen sowie alle am Bau Beteiligten mit namhaften Referentinnen und Referenten an.
Schloss Ettersburg lädt ganzjährig zu Kulturveranstaltungen ein. Höhepunkt ist seit 2011 das fast zweiwöchige Pfingst.Festival Schloss Ettersburg; das – die Kulturgeschichte wie die Aura des Ortes aufgreifende – Cross-over-Programm bietet jährlich gut 30 Veranstaltungen: Klassik-, Jazz- und Pop-Konzerte, Konzertante Lesungen (Eigenproduktionen), Theateraufführungen und die Ettersburger Gespräche. 2019 wurde 4.500 Tickets verkauft, zu Gast waren u. a. Al Di Meola, NOA, Anna Ternheim, Sophie Zelmani, Viktoria Tolstoy und Ragna Schirmer. Stammgäste der Lesungen sind Petra Schmidt-Schaller, Claudia Michelsen und Thomas Thieme.
Das Ensemble aus Schloss und Park wurde 2009 vom Bundesverkehrsministerium mit dem Nationalen Preis für integrierte Stadtentwicklung und Baukultur ausgezeichnet.
1999 wurde eine vor 250 Jahren geschlagene Schneise im Park wieder freigelegt: diese „Zeitschneise“ führt vom Schloss zur heutigen Gedenkstätte auf dem Gelände des KZ Buchenwald.
Literatur
nach Autoren alphabetisch geordnet
- Werner Deetjen: Auf den Höhen Ettersburgs. (= Weberschiffchen-Bücherei. 17). Verlagsbuchhandlung J.J. Weber in Leipzig, Leipzig o. J. um 1936.
- H. v. Hintzenstern, J. Schüffler, P. Heller, H-D. Loew, E. Fischer: „Fundamente“. Dreißig Beiträge zur Thüringischen Kirchengeschichte. Evangelische Verlagsanstalt, Berlin 1987, ISBN 3-374-00213-7.
- Angelika Pöthe: Schloss Ettersburg. Weimars Geselligkeit und kulturelles Leben im 19. Jahrhundert. Böhlauverlag, Weimar 1995, ISBN 3-412-09094-8.
- Angelika Schneider: Fürst Hermann von Pückler Muskau als Gartenkünstler in Weimar – Der „Große Aushau“ auf dem Ettersberg. In: Die Gartenkunst 2020/2, S. 387–394.
- Thomas A. Seidel, Justus H. Ulbricht, Heinrich-Dieter Hischer (Hrsg.): Schloss Ettersburg. Ein Laboratorium europäischer Kultur. Glaux-Verlag, Jena 2006, ISBN 3-931743-98-5.
- Günther Thimm: Die Allee von Weimar nach Ettersburg. Ihre Gestaltung durch Carl Eduard Petzold um 1845 im Sinne der Landesverschönerung. In: Die Gartenkunst. Band 18, Nr. 2, 2006, S. 331–337.
- Werner Vollrath: Die Schlossanlagen bei Weimar. Naumburger Verlagsanstalt, 2010, ISBN 978-3-86156-205-4.
Weblinks
Einzelnachweise
- Heiko Laß: Jagd- und Lustschlösser des 17. und 18. Jahrhunderts in Thüringen. Michael Imhof Verlag, 2006, ISBN 3-86568-092-5, S. 298.
- Stefanie Krihning, Angelika Schneider: Von fürstlichen Wünschen und gärtnerischen Realitäten. Carl Alexander von Sachsen-Weimar-Eisenach, Eduard Petzold, Hermann von Pückler-Muskau und der Ettersburger Schlosspark. In: Die Gartenkunst. Band 24, Nr. 2, 2012, S. 169–189.
- Michael J. Neufeld: Wernher von Braun. Visionär des Weltraums, Ingenieur des Krieges. Aus dem Englischen von Ilse Strasmann. Siedler Verlag, München 2009, ISBN 978-3-88680-912-7, S. 38 f.
- Heiko Laß: Jagd- und Lustschlösser des 17. und 18. Jahrhunderts in Thüringen. Michael Imhof Verlag, 2006, ISBN 3-86568-092-5, S. 302.