Schloss Pretzsch
Das denkmalgeschützte Schloss Pretzsch befindet sich in Pretzsch, einem Ortsteil der Stadt Bad Schmiedeberg im Landkreis Wittenberg in Sachsen-Anhalt. Schon im Jahr 981 befand sich an Stelle des Schlosses eine Burgstelle, welche ab 1325 ein Lehen des Magnus von Rehfeld-Löser war.
Geschichte
Im Jahr 1380 erfolgte auf der alten Burgstelle der Neubau einer Burganlage, von welcher heute keine sichtbaren Reste mehr zu finden sind. Unter Hans Löser wurde zwischen 1571 und 1574 anstelle der Burg ein zweiflügeliges Renaissanceschloss errichtet. Zum Ende des Dreißigjährigen Krieges, den das Gebäude fast unbeschadet überstand, erfolgte 1647 der Verkauf der Anlage an Wolf Christoph von Arnim. Dessen Söhne tauschten den Besitz 1689 mit dem damaligen Kurfürst Johann Georg III. gegen drei Rittergüter ein.
In den Jahren 1694 bis zu ihrem Tod 1696 war das Schloss Sitz der Witwe von Johann Georg IV., Eleonore von Sachsen-Eisenach, die hier mit ihren drei Kindern aus erster Ehe lebte. Ihr Schwager, August der Starke, gab das Schloss 1697 seiner Frau Christiane Eberhardine als Leibgedinge, nach der Geburt des Kurprinzen Friedrich August. Christiane Eberhardine, welche den Konfessionswechsel ihres Mannes und später ihres Sohnes nicht akzeptierte, lebte fortan meist auf Schloss Pretzsch. Obgleich sie polnische Königin war, betrat sie nie polnischen Boden. Die räumliche Trennung vertiefte die eheliche Entfremdung zum Kurfürsten und führte zu einer Kluft zum einzigen Sohn. Sie widmete sich in der Einsamkeit von Pretzsch den Werken der Nächstenliebe und einem asketischen Dasein, um zu sühnen, was sie als Unrecht ihres Hauses ansah.[1] Im Volk erhielt Christiane Eberhardine den Beinamen „die Betsäule Sachsens“, von Protestanten als Ehrennamen und von Katholiken als Spott. So ließ sie aus Angst vor einer Rekatholisierung der Sachsen protestantische Gebetbücher drucken und kostenlos verteilen. In den Augen ihrer Untertanen avancierte sie zur Bewahrerin des lutherischen Glaubens.[2] Bis zu ihrem Tod 1727 erfolgten zahlreiche Baumaßnahmen an der Schlossanlage. Bis 1717 lebte ihre Schwiegermutter Anna Sophie, ebenfalls gläubige Protestantin, mit der sie sich gut verstand, gemeinsam mit ihrer Schwester Wilhelmine Ernestine von der Pfalz, nur einige Kilometer elbeaufwärts auf Schloss Lichtenburg.
Ab dem Jahr 1783 diente das Schloss als Wohnung für den damaligen Oberforst- und Wildmeister. Zwischen 1829 und 1923 wurde das Gebäude als Mädchenwaisenhaus genutzt und war Teil des Großen Militärwaisenhauses Potsdam. Danach wurde das Schloss als Orgel- und Harmoniumfabrik, Gaststätte und Unterkunft für Kurgäste des Moorbades genutzt. Während des Zweiten Weltkrieges diente es bis 1941 als Grenzpolizeischule, dann als Lazarett und Aufnahmelager für Umsiedler. Seit 1947 befindet sich hier ein Kinderheim.[3]
Baubeschreibung
Gebäude
Das Schloss ist ein verputzter Backsteinbau in den Formen der Sächsischen Renaissance, der in der Epoche des Dresdner Barock ergänzt und umgebaut wurde. Das heutige Aussehen stammt aus der Zeit um 1700, in welcher auch ein Ausbau des Dachgeschosses erfolgte. Die ursprünglich von Wassergräben umgebene Schlossanlage besteht aus zwei Flügeln und verfügt über drei Geschosse. Westlich angeschlossen befindet sich ein zweigeschossiges Torhaus mit einem zweiteiligen dorischem Säulenportal. Die Säulen stehen auf diamantierten Postamenten. Zwischen geflügelten Putti sind die Wappen des damaligen Bauherren Hans Löser und seiner Frau Agnes von Bünau angebracht. Mittig davon befindet sich das aus dem Jahr 1647 stammende Allianzwappen von Wolf Christoph von Arnim und Catharina Dorothea, geborene Gräfin von Hoym. Ein quadratischer Treppenturm befindet sich zwischen Nord- und Ostflügel. Über dem Zugang zum Turm ist eine Bauinschrift angebracht.
Ausstattung
Durch die ab dem Jahr 1829 erfolgte Nutzung der Anlage als Waisenhaus befinden sich nur noch wenige Stücke der Originalausstattung im Gebäude. Dazu zählen unter anderem aus dem Jahr 1574 stammende ornamentierte Konsolen, eine Stuckdecke aus den Jahren 1720 oder 1727 und einige beschlagene Türen. Im Heimatmuseum des Ortes sind drei, mit Arabeskenmalerei versehene Kassetten einer Holzdecke des Schlosses ausgestellt. Diese werden auf das Jahr 1574 datiert. Ebenso befindet sich eine gusseiserne Ofenplatte mit einer Ansicht von Dresden im Heimatmuseum. Ein weiterer Ofen des Schlosses befindet sich heute in der Lutherstube des Lutherhauses in Wittenberg.
Schlosspark
Der Entwurf des im Jahr 1702 angelegten, und als barocker Lustgarten ausgeführten Schlossparks stammt vermutlich von Matthäus Daniel Pöppelmann. Ab 1727 wurde der unvollendete Park als Obst- und Küchengarten genutzt. Die ehemals langgestreckten Parkgebäude sind heute nur noch in Resten erhalten. Hier handelt es sich um eingeschossige Massivbauten, welche die Gartenflächen umrahmten. Die vier, heute einzeln stehenden Gebäude waren ursprünglich jeweils paarweise in der Mitte durch Pavillons verbunden und dienten als bewohnbares Gartenhaus und Orangerie. Von den ehemals im Park befindlichen Skulpturen ist nur noch ein aus Sandstein gefertigter, Flöte spielender Putto im Narrenkostüm erhalten geblieben. An der ehemaligen Anlegestelle an der Elbe sowie am Eingang von der Stadt zum Schlosshof befinden sich Sandsteinportale zum Park. 1798 erfolgte eine Umgestaltung zum Landschaftspark.[4]
Literatur
Hans-Joachim Böttcher: Pretzsch – Das Schloss liegt gar lieblich ..., in: Still und voll herber Schönheit ... Schlösser und ihre Gärten in der Dübener Heide, Bad Düben 2006, S. 187–206, ISBN 978-3-00-020880-5.
Weblinks
Einzelnachweise
- Udo von Alvensleben, Besuche vor dem Untergang, Adelssitze zwischen Altmark und Masuren, Aus Tagebuchaufzeichnungen zusammengestellt und herausgegeben von Harald von Koenigswald, Frankfurt/M.-Berlin 1968, S. 20
- Pretzscher Chemiker: Geschichte Schloss Pretzsch, abgerufen am 26. September 2013.
- Schloss Pretzsch Geschichte (Memento des Originals vom 22. Juni 2017 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Georg Dehio: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Sachsen Anhalt II, Regierungsbezirke Dessau und Halle. Deutscher Kunstverlag, München 1999, ISBN 3-422-03065-4, Seiten 682 und 683.