Schloss Altenklingen
Das Schloss Altenklingen ist ein Schloss im Spätrenaissance-Stil im Kanton Thurgau in der Schweiz. Es liegt auf dem Gebiet der Gemeinde Wigoltingen und ist in Privatbesitz.
Ältere Geschichte
Das älteste Schloss der Herren von Klingen in der Nähe war die um 1200 verlassene und heute ruinöse Altenburg bei Märstetten. Am Standort des heutigen Schlosses entstand damals eine neuere Burg, auf die sie übersiedelten und bis 1395 den Herren von Klingen als Wohnsitz diente. Als eines der ältesten Freiherrengeschlechter des Thurgaus gründeten diese mehrere Ortschaften und Klöster, so zum Beispiel das Dorf von Klingenzell, die Klöster von Feldbach bei Steckborn am Bodensee und Sion bei Klingnau im Aargau sowie das Priorat Klingenzell bei Eschenz. Vom 11. Jahrhundert bis 1396 übten die Freiherren von Klingen die niedere Gerichtsbarkeit von Märstetten und Illhart aus. Zudem erhielten sie vom Domkapitel die Gerichtsbarkeit über Wigoltingen.
Im 13. Jahrhundert standen die von Klingen im Dienst der Habsburger. Walther von Klingen (1240–1286), dessen Name in den Dokumenten ab 1240 erscheint, war ein Vertrauter des Grafen Rudolf, des zukünftigen Königs Rudolf I. von Habsburg. Walther von Klingen war Minnesänger, der Codex Manesse enthält acht seiner Kompositionen. Weiter wird dort von Klingen als siegreicher Turnierritter erwähnt. Er hatte seinen Wohnsitz zuerst im Städtchen Klingnau, später in Basel, wo er auch starb.
Die Schlosskapelle des Schlosses Altenklingen wurde im 16. Jahrhundert vom reformierten St. Galler Ratsherrengeschlecht Zollikofer der Heiligen Wiborada von Klingen gewidmet. Eine Statue von ihr befindet sich noch heute in der Schlosskapelle. Wiborada war Aebtissin des Klosters St. Mangen in St. Gallen. Sie erlitt bei der Verwüstung von St. Gallen durch die Magyaren in ihrer Zelle den Märtyrerinnentod. Sie wurde deshalb 1047 von Papst Klemens II als erste Frau überhaupt heiliggesprochen. Dank ihr wurde damals die berühmte Stiftsbibliothek des Klosters St. Gallen vor der Zerstörung bewahrt, indem sie dem damaligen Abt des Klosters die Evakuierung der Bibliothek auf die Insel Reichenau aufgrund einer Vision des Magyareneinfalls dringend empfohlen hatte. Sie wird deshalb heute als Schutzpatronin der Bibliotheken verehrt.
Das Wappen des Herrn von Klingen, ein silberner Löwe auf schwarzem Grund, ist heute das Wappen von Engwang, einem Dorf in der Gemeinde von Wigoltingen. Auch dessen Wappen führt den silbernen Löwen.
Die von Klingen starben 1395 aus, nachdem mehrere von ihnen als Soldaten an der Seite von Leopold von Österreich den Tod bei der Schlacht von Sempach gefunden hatten.
Im Laufe der folgenden Zeit wechselte die Burg mehrmals ihre Besitzer. So gehörte das Schloss einst den Bussnangs und den von Enne. Diese hatten das Schloss durch Ehe erworben und konnten es 1407 während 14 Tagen bis zum Abzug der Belagerer erfolgreich verteidigen, als es während der Appenzellerkriege von den Appenzellern und den Bürgern von Sankt Gallen angegriffen wurde. Dann gelangte Altenklingen in den Besitz der von Muntprat von Konstanz und der von Breitenlandenberg.
1559, nach dem Tod von Hans Ulrich von Landenberg, kam das Schloss in den Besitz seiner Schwester Rosina, Ehefrau von Eberhard Brümsi. Ihr Sohn Berthold, Gerichtsherr in Berg TG verkaufte das Schloss 1585 an den Sankt Galler Stadtrichter, Ratsherrn und Seckelmeister Leonard Zollikofer für den Preis von 25.500 Gulden.
Der Neubau der Zollikofer
Leonard Zollikofer (1529–1587) liess die alte Anlage abreissen und beauftragte den Architekten Mathäus Höbel aus Kempten mit dem Aufbau eines neuen Schlosses. 1586 stiftete der kinderlose Junker Leonard Zollikofer Schloss und die Freiherrschaft Altenklingen als Fideikommiss für die vier Söhne seines verstorbenen ältesten Bruders Laurenz und die sechs Söhne seines zweiten Bruders Georg. Diese hatten für die Äufnung der Herrschaft eine Summe von 22.000 Gulden beigetragen und dafür die Bezeichnung „Mitstifter“ erhalten. 1585 wurde Leonhard von den Acht Alten Orten ein Landsässenbrief erteilt, wonach Altenklingen sämtliche Freiheiten, Rechte und Gerechtigkeiten des adligen Standes im Thurgau, u. a. die niedere Gerichtsbarkeit und damit die Zugehörigkeit zum Gerichtsherrenstand im Thurgau, erhielt.
Die Herrschaft Altenklingen blieb über Jahrhunderte erhalten. Erst im Jahre 1798, mit der Befreiung des Thurgaus, löste sich die Herrschaft Altenklingen auf. Da der von Leonhard Zollikofer mit seinen Neffen der Georg- und Laurenz-Linien begründete Fideikommiss Schloss Altenklingen weiter bestehen blieb, ist das Schlossgut bis heute im Besitz der Familie Zollikofer von Altenklingen verblieben (Stand 2014), verwaltet von einem Familienrat.
Der erste nachgewiesene Zollikofer, Hans, lebte im 14. Jahrhundert in der Freien Reichsstadt Konstanz. Ein Konrad Zollikofer starb dort 1443 als Zunftmeister und Metzger. Im 15. Jahrhundert wanderten die Zollikofer nach St. Gallen aus, wo sie ab dem Ende des 15. Jahrhunderts Leinewebereien und Handelshäuser für Leinwand gründeten und diesen Sektor über wenigstens 200 Jahre dominierten. Sie verbreiteten sich im In- und Ausland. Schon 1471 hatten beide damalige Zweige (der "rothaarige" und der "schwarzhaarige") von Kaiser Friedrich III. einen Wappenbrief erhalten und am 19. Oktober 1578 wurde Leonhard mit seinen Brüdern und Neffen vom "roten Zweig" in den erblichen und turnierfähigen Reichsadelsstand erhoben; 1594 erfolgte dasselbe für die "schwarzen" Zollikofer. Im 17. Jahrhundert ergingen auch dänische und französische Adelsbriefe.[1]
Freiherren von Klingen | 11. Jahrhundert bis 1395 |
Freiherren von Busnang | 1395–1396 |
Freiherren von Enne | 1396–1419 |
Muntprat von Spiegelberg | 1419–1441 |
Landenberg von Breitenlandenberg | 1441–1559 |
Familie Brümsi | 1559–1585 |
Familie Zollikofer von Altenklingen | seit 1585 |
Einrichtung
Das Schloss von Altenklingen umfasst das Grosse Schloss (den Nordflügel) mit drei Stockwerken und dreizehn Zimmern, das im rechten Winkel dazu stehende Kleine Schloss (den Südflügel) und eine Kapelle, die der heiligen Wiborada (der Schutzpatronin der Bibliotheken) gewidmet ist. Die Umfriedungsmauer und ihre Ecktürmchen, die früher dem Schloss einen defensiven Charakter verliehen, wurden im 19. Jahrhundert abgerissen. Betreten wird das Schloss über eine Brücke, die in den Torbau des Kleinen Schlosses mündet, von wo man in den Innenhof gelangt. Das Portal des Grossen Schlosses ist umrahmt von einem Renaissancefresko und gekrönt von einem Allianzwappen Zollikofer-Klingen.
Im 19. Jahrhundert fiel ein grosser Teil der inneren Ausstattung einer Restaurierung zum Opfer und die etwa zwanzig Meter tiefe und zu einem grossen Teil in den Fels gebohrte tiefe Zisterne wurde zugeschüttet. Die heute vorhandenen Einrichtungsgegenstände, Öfen, Möbel, Bilder, Bücher usw. sind im Laufe der vier letzten Jahrhunderte gesammelt worden. Räume verschiedener Epochen sind der Ahnensaal, die Schaffhauser Stube, die Reutterstube und die Kapellstube. In jedem Stockwerk des Treppenhauses sind grosse Dielen, von denen die verschiedenen Säle und Stuben zu erreichen sind.
Das Schloss von Altenklingen und die dazugehörigen Bauernhöfe sind bis heute im Besitz der Familie Zollikofer. Das Archiv der Gerichtsherrschaft Altenklingen befindet sich im Staatsarchiv Thurgau (Hauptfond StATG C).
Bilder
- Nordseite Schloss Altenklingen
- Teich beim Eingang zu den Schlossgütern
- Blick vom Schlosseingang auf Brücke und Schlossgut
- Schlosseingang mit Familienwappen
Siehe auch
Weblinks
Einzelnachweise
- Vgl. Konrad Falko Wutscher: Schloss Altenklingen im Thurgau. In: ARX. Burgen und Schlösser in Bayern, Österreich und Südtirol. Jg. 35, Nr. 2, 2013, ISSN 0394-0624, S. 10–14.