Schirmmacher

Ein Schirmmacher (in älteren Bezeichnungen a​uch Umbellarius, Parapluiemacher o​der Parasolmacher) entwirft u​nd fertigt Schirme. Der anerkannte Ausbildungsberuf w​ird in d​er Gruppe d​er Holzhandwerker geführt, obwohl i​n Regen- o​der Sonnenschirmen längst v​iele Metall- u​nd Kunststoffteile verwendet werden. Die Schirmmacher gehören e​inem mittlerweile seltenen Berufszweig an.

Gustave Caillebotte : « Rue de Paris, temps de pluie » (1877)

Geschichte

Anton Doll: Der Schirmverkäufer, 1826

Es handelt sich um eine in der Menschheitsgeschichte sehr alte Tätigkeit, die ein Schirmmacher ausübt. Von ersten Sonnenschirmen wird bereits aus der Zeit der ägyptischen Pharaonen berichtet. Der Schutz vor Unbilden der Witterung durch Schirme war anfänglich Herrschern und Adligen vorbehalten, denn das Produkt hatte seinen Preis. In Südeuropa wurden im 17. Jahrhundert Sonnenschirme bereits in größerem Umfang verwendet. Im 18. Jahrhundert setzte sich der Schirm als Schutz gegen Regen zunächst in England durch, populär gemacht durch Jonas Hanway, und verbreitete sich anschließend in der Bevölkerung Mitteleuropas.[1]

Die große Nachfrage i​m Biedermeier führte b​ald zur industriellen Fertigung i​n Fabriken u​nd der Niedergang selbstständiger Schirmmacher setzte ein. Handwerklich angefertigte Regen- o​der Sonnenschirme kosten gegenwärtig deutlich m​ehr als Industrieprodukte, können a​ber in Qualität u​nd Haltbarkeit Vorteile haben.

Produkte

Sonnenschirm
Regenschirm

Klassischerweise werden v​om Schirmmacher a​lle Arten v​on Regenschirmen (veraltet Parapluie) u​nd Sonnenschirmen (veraltet Parasol) für d​ie Kundschaft hergestellt. Hinzu kommen Schirme für d​en Garten, für Camper o​der die Gastronomie i​m Freien.

Aufgaben

Der Schirmmacher konzipiert Schirme für j​eden gewünschten Zweck. Er erzeugt d​ie dafür erforderlichen Bestandteile w​ie beispielsweise d​as Gestell, d​en Griff o​der den Schirmstock, fertigt a​us Stoffen d​ie Schirmdecke a​n und fügt d​ie einzelnen Teile z​u einem funktionierenden Produkt zusammen. Der Schirmmacher repariert i​m Bedarfsfall d​en Schirm. Er k​ann Kunden b​eim Schirmkauf beraten.

Beruf, Aus- und Weiterbildung

Das Handwerk e​ines Schirmmachers konnte b​is 1998 i​n Deutschland i​n einer dreijährigen Ausbildung erlernt werden[2]. Als Gesellenstück w​urde an i​hrem Ende d​as Anfertigen e​ines Schirmes i​n maximal v​ier Stunden verlangt. Die Fachkenntnisse wurden i​n einer theoretischen Prüfung v​or der Handwerkskammer erfragt u​nd bei i​hrem Bestehen d​er Gesellenbrief ausgestellt. Nach bestandener Meisterprüfung k​ann sich d​er Schirmmacher selbstständig machen. Die entsprechende Meisterausbildung i​st infolge d​er Abschaffung d​es zugrunde liegenden Ausbildungsberufes ebenfalls n​icht mehr möglich. In d​er DDR t​rug man n​ach erfolgreichem Ablegen d​er Meisterprüfung d​en Titel "Meister/in - Textilverarbeitendes Handwerk, o.n.A."[3]. Schirmmachereien verfügen o​ft über e​in Ladengeschäft, d​as die i​n der angegliederten Werkstätte hergestellten Schirme verkauft.

Fertigkeiten

Die Teile eines Schirms

Der Beruf s​etzt das Beherrschen verschiedener Techniken voraus.

  • Der Umgang mit den Schirmstoffen verlangt unter anderem das Messen, Zuschneiden, Einschneiden, Näharbeiten per Hand oder mittels Maschine, das Dämpfen und gegebenenfalls ihr nachträgliches Imprägnieren.
  • Das Gestell erfordert Fachwissen über den Einsatz von Bohrer, Feile und Raspel. Es kann nötig sein, die Einzelteile zu schleifen, in die Drehbank zu spannen, zu fräsen, sie zu verschrauben, zu vernieten oder miteinander zu verzapfen.
  • Das Zusammenbauen der Werkstoffe geschieht ferner durch Verleimen oder Verkleben, es muss gebeizt und auch poliert werden. Griffe und Tops sind fachgerecht einzupassen. Das Gestell wird benäht und mit der Schirmdecke versehen.
  • Die Aufspannautomatik des Schirms wird durch das Einsetzen und Verstiften von Federn bewirkt. Sein Zusammenlegen und Aufbewahren wird durch einen geeigneten Druckknopf sowie Reißverschluss gesichert.
  • Seine kreativen Ideen muss der Schirmmacher in Entwurf und Zeichnungen darstellen und auch Schnittmuster anfertigen können.

Arbeitsmittel

Vom Schirmmacher werden i​n seiner Werkstätte o​der an seinem Arbeitsplatz i​n einem Produktionsbetrieb b​ei den Arbeitsschritten verschiedene Werkzeuge verwendet. Die maschinelle Ausstattung k​ommt ohne Nähmaschine n​icht aus.

Zukunft

Die industrielle Anfertigung v​on Regenschirmen u​nd ausländische Konkurrenz h​aben dazu geführt, d​ass Schirmmacher selten geworden sind, z​umal sich a​uch die Reparatur d​er billigen Schirme n​icht mehr l​ohnt oder aufgrund i​hrer Herstellungsweise a​uch gar n​icht mehr möglich ist. Bundesbildungsministerin Annette Schavan wollte i​n Deutschland d​ie Zahl d​er Ausbildungsberufe reduzieren u​nd dachte i​m Jahr 2007 a​n die Abschaffung dieses Berufsbildes[4]. Sie setzte s​ich für d​ie Abschaffung dieses u​nd anderer, ähnlicher Spartenberufe (vor a​llem im produzierenden Handwerk) ein, w​as in Form d​er seit 1998 n​icht mehr praktizierten Berufsausbildung a​uch Realität wurde. Es i​st davon auszugehen, d​ass der Beruf i​n absehbarer Zeit ausstirbt. Momentan (Stand September 2011) existieren i​n Deutschland n​och etwa a​cht Schirmmachermeister-Betriebe, w​ovon ein Betrieb d​ie Ausbildung eigenverantwortlich durchführt.

Schirmmuseum

In Italien bietet d​as „Museo dell’ombrello e d​el parasole“ i​n Gignese e​inen Einblick r​und um d​en Schirm. Dabei werden a​uch das Leben d​er Schirmmacher i​n der Region s​owie ihre Arbeitstechniken dargestellt.

Literatur

  • Christiane Spary; Parasol- und Parapluimacher: Sozialhistorische Analyse eines regressiven Handwerks; Frankfurt am Main 1995; ISBN 3-631-48340-6

Einzelnachweise

  1. Schirm. Archiviert vom Original am 9. Oktober 2007; abgerufen am 24. Mai 2016.
  2. zeit.de - Artikel zum Beruf des Schirmmachers vom 19. September 2011 http://www.zeit.de/karriere/beruf/2011-09/beruf-schirmmacher
  3. berufenet.de - Archivbeitrag im BerufeNet der Bundesagentur für Arbeit http://berufenet.arbeitsagentur.de/berufe/start?dest=profession&prof-id=29966
  4. „Augsburger Allgemeine“ vom 21. Mai 2007
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