SV Sodingen
Der Sport-Verein von 1912 Sodingen ist ein Fußballverein aus dem Herner Stadtteil Sodingen, der in den 1950er Jahren in der Oberliga West erstklassig spielte. Die Vereinsfarben sind Grün-Weiß. Seit 2019 spielt die Mannschaft in der sechstklassigen Westfalenliga.
SV Sodingen | |
Basisdaten | |
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Name | Sport-Verein von 1912 Sodingen e. V. |
Sitz | Herne-Sodingen, Nordrhein-Westfalen |
Gründung | 14. September 1912 |
Farben | grün-weiß |
Präsident | Klaus Tissarek |
Website | www.sv-sodingen.de |
Erste Fußballmannschaft | |
Cheftrainer | Timo Erkenberg |
Spielstätte | Am Holzplatz |
Plätze | n.b. |
Liga | Westfalenliga 2 |
2020/21 | Saison annulliert |
Entstehung
Gegründet wurde der Verein am 14. September 1912 in dem Bergbaustädtchen Sodingen, das 1928 nach Herne eingemeindet wurde. Er gehörte insbesondere in den 1950er Jahren (wie z. B. auch die SpVgg Erkenschwick, die Sportfreunde Katernberg oder die SpVgg Herten) zu den Bergarbeitervereinen, denen man nachsagte, beim reputierlichen DFB nicht sonderlich wohl gelitten zu sein. Das Stadion Glück-Auf mit 30.000 Plätzen wurde 1928 auf dem Gelände der Zeche Mont Cenis errichtet und 1975 abgerissen.
Die „große Zeit“
Der SV Sodingen spielte jahrelang nur in unteren Ligen, bis er nach dem Zweiten Weltkrieg mehrmals in Folge aufstieg, so dass er 1950 in der 2. Liga West und ab 1952 in der Oberliga West spielte. Dieser an die frühere Schalker Entwicklung erinnernde Aufstieg trug ebenso dazu bei, dass der Verein nicht nur im Ruhrgebiet außerordentlich beliebt wurde, wie die Tatsache, dass sich hier ein „David“ anschickte, nach den Sternen zu greifen. Praktisch sämtliche Spieler arbeiteten auf der Zeche Mont Cenis und stammten ausnahmslos aus der näheren Umgebung. Auch die Konkurrenz zum „bürgerlichen“ Lokalrivalen Westfalia Herne nährte das Bild vom „Sodinger Underdog“ – und zumindest in den 1950er Jahren hatte dieser auch tatsächlich die Nase vorn. Die Mannschaft spielte einen kompromisslosen Kick-and-Rush-Stil, gepaart mit unbedingtem Einsatzwillen aller Akteure, verfügte dabei durchaus über technische Qualitäten, was den Bundestrainer Sepp Herberger zu der Aussage veranlasst haben soll, Sodingen sei „die einzige deutsche Elf, die englisch spielt“.[1]
Am Ende der Saison 1954/55 belegten die Schützlinge von Trainer Ludwig Tretter den 2. Platz in der Oberliga West und qualifizierten sich damit für die Endrunde der Deutschen Meisterschaft, wo sie zunächst den SSV Reutlingen 05 in einem Ausscheidungsspiel mit 3:0 besiegten und dann in den Gruppenspielen auf den 1. FC Kaiserslautern, den Hamburger SV und den zweifachen Deutschen Meister Viktoria 89 Berlin trafen.
Die Ergebnisse dieser Spiele:
- gegen Kaiserslautern 2:2 und 2:2
- gegen Hamburg 0:1 und 1:1
- gegen Berlin 5:1 und 3:2
Insbesondere das Heimspiel gegen die mit all ihren „Berner Weltmeistern“ antretenden Lauterer am 22. Mai 1955 zeigt, wie stark die Unterstützung für diesen Stadtteilverein war – auch wenn Sodingen von Ortsfremden gelegentlich mit Solingen verwechselt wurde und noch heute wird –: wegen des erwarteten Besucheransturms war das Heimspiel in die Schalker Glückauf-Kampfbahn verlegt worden, wo es schon Stunden vor Spielbeginn zu chaotischen Zuständen kam, weil etwa 80.000 Menschen in das nur 40.000 Plätze bietende Stadion drängten. Am Ende waren es etwa 55.000, die Einlass gefunden hatten, und das Spiel musste mehrfach unterbrochen werden, weil die Zuschauermassen meterweit auf dem Spielfeld standen.
Der Kicker schrieb anschließend: „Wir sahen heute eines der packendsten und schönsten Spiele seit langem, würdig einem Endspiel. Ohne Fritz Walters Spielgenie wäre Lautern von den Sturmfluten der offensiven Westfalenelf überwältigt worden.“[2] Nach Abschluss der Runde war Sodingen mit 7:5 Punkten hinter dem 1. FCK (9:3) und dem HSV (8:4) achtbarer Gruppendritter geworden. In der Folgesaison erreichte der SV Sodingen, der auch mehrere Nationalspieler in seinen Reihen hatte, nochmals einen einstelligen Tabellenplatz. 1956/57 entging man dem Abstieg nur knapp: wegen unerlaubter Bargeldzahlungen an die Spieler wurden dem SV Sodingen sechs Punkte abgezogen.
Ligazugehörigkeit
In der höchsten Spielklasse, der Oberliga West, spielte der SV Sodingen 9 Jahre, und zwar:
- 1952–1959 (Plätze: 11, 14, 2, 9, 14, 13, 15)
- 1960–1962 (Plätze 14 und 15)
In der 2. Liga West war der Klub von 1950 bis 1952, 1959/60 und 1962/63 vertreten. Seither spielte der Verein nur noch im Amateurbereich.
Für den Verein wesentliche Spieler
- „Hännes“ Adamik (1925–2005)
- Hans Cieslarczyk (1937–2020), 5 A-Länderspiele (1957 und 1958; 3 Tore) für Sodingen; WM-Teilnehmer 1958, danach bei Borussia Dortmund
- Willi Demski (1929–2012), 1 B-Länderspiel (1955)
- „Gerdi“ Harpers (1928–2016), 6 A- und 4 B-Länderspiele (1952–1956)
- Leo Konopczynski (1927–2003), 2 B-Länderspiele (1956 und 1957)
- Josef Marx (1934–2008), 1 A-Länderspiel (1960; 1 Tor)
- Alfons Nowak
- Günter Sawitzki (1932–2020), 2 A- und 1 B-Länderspiel (1956) für Sodingen, danach beim VfB Stuttgart, WM-Teilnehmer 1958
- Harry Linka
- Alfred Schmidt (1929– ?), langjähriger Torhüter der Oberligamannschaft
- Lothar Hensel (1942–2013), 3 Junioren-Länderspiele
- Bernd Thiele
- Christos Orkas
- Michael Esser (Fußballspieler)
Literatur
- Hans Dieter Baroth: Jungens, Euch gehört der Himmel! Die Geschichte der Oberliga West 1947–1963. Klartext, Essen 1988, ISBN 3-88474-332-5.
- Hardy Grüne: Vom Kronprinzen bis zur Bundesliga. In: Enzyklopädie des deutschen Ligafußballs. Band 1. AGON, Kassel 1996, ISBN 3-928562-85-1.
- Hardy Grüne: Enzyklopädie der europäischen Fußballvereine. Die Erstliga-Mannschaften Europas seit 1885. 2., komplett überarb. Auflage. AGON Sportverlag, Kassel 2000, ISBN 3-89784-163-0.
- Hartmut Hering (Hrsg.): Im Land der tausend Derbys. Die Fußball-Geschichte des Ruhrgebiets; Die Werkstatt, Göttingen, 2002; ISBN 3-89533-372-7
- Harald Landefeld, Achim Nöllenheidt (Hrsg.): Helmut, erzähl mich dat Tor... Neue Geschichten und Porträts aus der Oberliga West 1947–1963. Klartext, Essen 1993, ISBN 3-88474-043-1.
- Günter Mydlak: Junge, das waren Törchen. 75 Jahre SV Sodingen. Gronenberg, Gummersbach 1987. ISBN 3-88265-143-1.
- Ralf Piorr (Hrsg.): Der Pott ist rund. Das Lexikon des Revierfußballs, 2 Bände; Klartext, Essen;
Band 1: Die Chronik 1945–2005; 2005; ISBN 3-89861-358-5
Band 2: Die Vereine; 2006; ISBN 3-89861-356-9 - Eugen Georg Schwarz, Ernst W. Neumann: 1912–1962 Sportverein Sodingen 1912. Koethers Röttsches KG, Herne 1962
- Ralf Piorr (Hrsg.): Der Komet des Westens – Die Geschichte des SV Sodingen; adhoc Verlag
Weblinks
Einzelnachweise
- Baroth, S. 81
- Piorr, Band 1, S. 257