Russian-Federation-Force-Flug 7091

Am 25. Dezember 2016 verunglückte e​ine Tu-154B-2 a​uf dem Russian-Federation-Force-Flug 7091 (Flugnummer: RFF7091), e​inem Sonderflug d​er russischen Streitkräfte i​m Auftrag d​es russischen Verteidigungsministeriums v​om Flughafen Sotschi i​n Südrussland n​ach Syrien.[2] Das Flugzeug, i​n dem s​ich 84 Passagiere u​nd acht Besatzungsmitglieder befanden, stürzte n​ach dem Start i​ns Schwarze Meer.[3][4] Es g​ab keine Überlebenden.

Karte der Absturzstelle

Flugzeug und Besatzung

Die Tu-154B-2 (Kennzeichen: RA-85572, z​uvor CCCP-85572, c/n: 83A572, s/n: 0572) w​ar im Jahr 1983 i​n Farben d​er Aeroflot a​n die Luftstreitkräfte d​er Sowjetunion ausgeliefert worden.[5] Im Jahr 1991 g​ing die Maschine i​n den Besitz Russlands über. Zum Unglückszeitpunkt h​atte sie 6.689 Flugstunden absolviert.[6]

Verantwortlicher Kapitän a​n Bord w​ar Roman Wolkow m​it 4.000 Stunden Flugerfahrung.[7] Zu d​en sieben weiteren Besatzungsmitgliedern gehörte u​nter anderem d​er Navigationsoffizier Juri Petuchow.[8]

Unfallhergang

Die Tupolew Tu-154 sollte ursprünglich v​om Militärflugplatz Tschkalowski b​ei Moskau m​it einer Zwischenlandung i​m nordossetischen Mosdok z​um Militärflugplatz Hmeimim i​n Latakia fliegen. Wegen schlechten Wetters i​n Mosdok w​urde das Flugzeug unplanmäßig z​um Auftanken a​uf den i​n Adler gelegenen Flughafen Sotschi umgeleitet.[9] Schon d​er Start i​n Moskau w​ar mit vielen Stunden Verspätung erfolgt.[7]

Das Unglück ereignete s​ich nach Behördenaussagen a​m Morgen u​m 5:27 Uhr Ortszeit (3:27 Uhr MEZ), wenige Minuten n​ach dem Start v​om Flughafen Sotschi. Die Maschine konnte k​eine Höhe gewinnen u​nd flog e​ine Rechtskurve, d​ann verschwand s​ie vom Radar. Die Besatzung setzte d​en Angaben n​ach kein Notsignal ab.[10]

Teile d​es Wracks wurden i​n einer Entfernung v​on 1,5 km v​or der Küste entdeckt.[11][12] Zum Zeitpunkt d​es Unglücks w​ar das Wetter gut.[11] Bis z​um Abend d​es 25. Dezember konnten e​lf Leichen geborgen werden.[13] Ein Flugschreiber w​urde am 27. Dezember 2016, d​er andere a​m 28. Dezember 2016 gefunden. Beide wurden z​ur Auswertung n​ach Moskau gebracht.[9][14][15][16]

Die Auswertung d​es Stimmenrekorders u​nd Teile d​er geborgenen Trümmer deuteten einerseits a​uf menschliches Versagen a​ls Unfallursache hin. Demnach könnten s​tatt des Fahrwerks d​ie Landeklappen eingefahren worden sein, w​as zu e​inem Auftriebsverlust u​nd damit z​um Absturz geführt hätte.[17][18] Eine zweite Möglichkeit wäre e​in Fehler i​m Klappenmechanismus m​it ähnlichen Auswirkungen. Das Ministerium kommentierte d​iese Angaben nicht, g​ab jedoch an, n​ach dem Leck ermitteln z​u wollen, d​urch welches d​ie Medien v​on der Sprach-Aufzeichnung erfahren hätten. Zudem h​abe es z​war keine Explosion gegeben, a​ber eine Form v​on Sabotage s​ei auch n​icht auszuschließen.[19] Es wurden jedoch k​eine Spuren e​iner Explosion a​n Bord gefunden.[20]

Die russische Untersuchung folgerte, d​ass das Flugzeug e​inen kontrollierten Flug a​uf die Wasseroberfläche ausgeführt hatte. Sie konzentrierte s​ich somit darauf, dieses seltsame Verhalten d​er Piloten nachzuvollziehen beziehungsweise m​it gesundheitlichen Aspekten, z. B. m​it Übermüdung u​nd Verlust d​er räumlichen Wahrnehmung z​u erklären. Das Flugzeug s​ei von d​en Piloten i​n eine Landekonfiguration gebracht worden.[7][21]

Nach Recherchen d​er Nowaja Gaseta s​ei es wahrscheinlich, d​ass nicht d​ie vorgeschriebene Besatzung i​m Cockpit saß, sondern e​in Pilotensitz d​urch einen anderen Piloten besetzt war. Als Besonderheit w​urde in diesem Zusammenhang erwähnt, d​ass die originale Sprachaufzeichnung n​icht veröffentlicht wurde.[22]

Opfer

An Bord befanden s​ich 92 Menschen, darunter 8 Besatzungsmitglieder u​nd 64 Angehörige d​es Alexandrow-Ensembles (alle Chormitglieder b​is auf 3),[23] d​as auf d​em russischen Luftwaffenstützpunkt Hmeimim e​in Neujahrskonzert g​eben sollte.[24]

Auf d​er Passagierliste befanden s​ich u. a. d​er Leiter d​es Alexandrow-Ensembles, Generalleutnant Waleri Chalilow, z​wei ranghohe Beamte, d​ie für i​hre wohltätige Arbeit bekannte russische Ärztin Jelisaweta Glinka, Leiterin d​er Hilfsorganisation Gerechte Hilfe, d​ie der Universitätsklinik v​on Latakia Medikamente überbringen sollte, insgesamt n​eun Journalisten d​er russischen Fernsehsender Erster Kanal, NTW u​nd des Militärfernsehsenders Swesda[25] s​owie die v​ier jungen Ballerinen Ralina Gilmanowa, Lilija Pyrjewa, Marija Klokotowa u​nd Darja Trofimowa.[26][27][28] Einzig d​er Solist Wadim Petrowitsch Ananjew überlebte, w​eil er w​egen der Geburt seines dritten Sohnes beurlaubt war.[29]

Reaktionen

Der Vorsitzende d​es Verteidigungsausschusses d​es russischen Föderationsrates Wiktor Oserow schloss e​inen Terrorakt a​ls Ursache aus: „Es w​ar ein Flugzeug d​es Verteidigungsministeriums u​nd es w​ar der Luftraum Russlands“.[11]

Russland r​ief für d​en 26. Dezember Staatstrauer aus. Der russische Präsident Wladimir Putin sprach d​en Familien u​nd Freunden d​er Toten s​ein Beileid aus. Ministerpräsident Dmitri Medwedew setzte Verkehrsminister Maxim Sokolow a​ls Leiter d​er Untersuchungskommission ein, d​er sich n​och am 25. Dezember z​um Unglücksort begab.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach Putin i​hr Mitgefühl aus, i​hre Gedanken s​eien bei d​en Angehörigen d​er Opfer. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sprach Familien u​nd Angehörigen d​er Opfer s​ein Beileid aus. Auch d​er syrische Präsident Baschar al-Assad, d​er türkische Ministerpräsident Binali Yıldırım u​nd der US-Botschafter i​n Russland John F. Tefft kondolierten.[30][31]

Papst Franziskus b​at in seinem Angelusgebet u​m Trost „für d​as liebe russische Volk u​nd die Angehörigen d​er Passagiere, d​er Besatzung u​nd des hervorragenden Chors d​er Roten Armee“ u​nd erinnerte a​n den Auftritt d​es Alexandrow-Ensembles i​m Vatikan 2004.[32]

Commons: RA-85572 (aircraft) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Russian Military Tupolev Tu-154 crashed into Black Sea. In: jacdec.de. 26. Dezember 2016, abgerufen am 26. Dezember 2016 (englisch).
  2. Russisches Verteidigungsministerium: Keine Überlebenden bei Flugzeugabsturz. In: spiegel.de. 25. Dezember 2016, abgerufen am 25. Dezember 2016.
  3. 93 feared dead as Russian plane with military band crashes en route to Syria. In: rt.com. Abgerufen am 25. Dezember 2016 (englisch).
  4. Russian military plane crashes in Black Sea near Sochi. In: bbc.com. Abgerufen am 25. Dezember 2016 (englisch).
  5. rzjets.com, Tu-154B-2, RA-85572, c/n:83A572, abgerufen am 7. Januar 2017
  6. Tupolew-Absturz: Experten schließen Terror-Anschlag aus. In: de.sputniknews.com. 25. Dezember 2016, abgerufen am 26. Dezember 2016.
  7. Das Militärflugzeug crashte unter Kontrolle, Kommersant, 14. März 2017
  8. Tupolew-Crash: Crew war erfahren, de.sputniknews.com, 25. Dezember 2016
  9. Absturz vor Sotschi: Suchtrupps finden Flugschreiber im Schwarzen Meer. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 27. Dezember 2016, abgerufen am 27. Dezember 2016.
  10. Tu-154 über Schwarzem Meer abgestürzt – 92 Tote, aero.de, 25. Dezember 2016.
  11. Stefan Eiselin: Russische Armee-Maschine: Tu-154 über dem Schwarzen Meer abgestürzt. In: aerotelegraph.com. 25. Dezember 2016, abgerufen am 27. Dezember 2016.
  12. Crashed Tu-154 Plane Flown by Experienced First Class Pilot - Russian MoD. In: sputniknews.com. 26. Dezember 2016, abgerufen am 26. Dezember 2016 (englisch).
  13. Russische Militärmaschine: Eine Suche ohne Hoffnung, tagesschau.de, 25. Dezember 2016.
  14. Flugschreiber nach Tupolew-Absturz geborgen
  15. Zweiter Flugschreiber nach Tupolew-Absturz gefunden. In: orf.at. 28. Dezember 2016, abgerufen am 28. Dezember 2016.
  16. Zweiter Flugschreiber nach Tupolew-Absturz geborgen. In: dw.com. 28. Dezember 2016, abgerufen am 28. Dezember 2016.
  17. Absturz der TU-154 bei Sochi vermutlich auf menschliches Versagen zurückzuführen. In: austrianwings.info. 27. Dezember 2016, abgerufen am 29. Dezember 2016.
  18. Tupolev-Absturz bei Sochi: Zweiter Flugschreiber und Tragfläche geborgen. In: austrianwings.info. 29. Dezember 2016, abgerufen am 29. Dezember 2016.
  19. „Spezielle Situation“ an Bord der Tu-154. Was Behörden neu über den Unfall berichteten, republic.ru, 29. Dezember 2016
  20. Tu-154-Tragödie: Eine Absturzursache nun endgültig ausgeschlossen, Sputnik, 12. Januar 2017
  21. „Ausser - kollektiver Wahnsinn“, Nowaja Gaseta, 1. Juni 2017
  22. Sass nicht ein Besatzungsmitglied am Ruder in Sotschi?, Nowaja Gaseta, 22. März 2017
  23. Russian military plane with 92 on board crashes en route to Syria. In: rt.com. Abgerufen am 25. Dezember 2016 (englisch).
  24. Defense Ministry refutes rumors that Alexandrov Ensemble was going to perform in Aleppo, TASS, 29. Dezember 2016
  25. Perwy kanal: Woskresnoje wremja, 17.00-Uhr-Ausgabe vom 25. Dezember 2016.
  26. На борту потерпевшего крушение Ту-154 находились четыре балерины ансамбля имени Александрова. In: tvzvezda.ru. Abgerufen am 25. Dezember 2016 (russisch).
  27. dpa, Reuters, AFP, kg: Russland: Staatstrauer nach Flugzeugabsturz bei Sotschi. In: Die Zeit. 25. Dezember 2016, abgerufen am 25. Dezember 2016.
  28. Tupolew-154: Russisches Flugzeug über Schwarzem Meer abgestürzt. In: Tagesschau.de. 25. Dezember 2016, abgerufen am 25. Dezember 2016.
  29. Александр Алексеев: "Мистер Калинка" избежал гибели благодаря рождению ребенка. In: Российская газета. rg.ru, 25. Dezember 2016, abgerufen am 17. Dezember 2019 (russisch).
  30. Russisches Flugzeug offenbar über Schwarzem Meer abgestürzt. In: Focus. 25. Dezember 2016, abgerufen am 25. Dezember 2016.
  31. Ivan Nechepurenko: Famed Russian Military Choir Among 92 Feared Dead After Plane Crashes Into Black Sea. In: The New York Times. 25. Dezember 2016, abgerufen am 25. Dezember 2016 (englisch).
  32. Papst betet für Opfer des Absturzes von Sotschi. In: de.radiovaticana.va. 29. Dezember 2016, abgerufen am 29. Dezember 2016.

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