RLS-Algorithmus

Der RLS-Algorithmus (Recursive-Least-Squares-Algorithmus) basiert a​uf der Methode d​er kleinsten Quadrate. Er w​ird zur Lösung überbestimmter linearer Gleichungssysteme u​nd insbesondere z​ur Schätzung v​on Modellparametern b​ei der Identifikation linearer Systeme o​der in d​er Neuroinformatik genutzt. Die Rekursivität erlaubt d​ie Online-Nutzung m​it aktuell anfallenden Daten b​ei gleichbleibender Komplexität i​n jedem Rekursionsschritt.

Herleitung

Die Basis für den rekursiven Algorithmus ist zunächst das formale quadratische Minimierungsproblem. Im Beispiel der Systemidentifikation liegen Paare aus Ein- und Ausgangsdaten in der Matrix vor, deren Zusammenhang durch ein lineares Modell mit den zu schätzenden Parametern abgebildet werden soll. Mit den zusätzlich im Vektor vorliegenden gemessenen Ausgangswerten lässt sich das System beschreiben durch:

Das entsprechende Optimierungsproblem formuliert s​ich zu:

Es s​oll das Quadrat d​er Differenz a​us Mess- u​nd Modelldaten minimiert werden. Dieses Vorgehen h​at den Vorteil, d​ass eine quadratische Funktion g​enau ein globales Extremum i​n ihrem Scheitelpunkt besitzt. An dieser Stelle w​ird die e​rste Ableitung z​u Null, w​as zur Lösung d​es Minimierungsproblems führt:

Umstellen liefert d​en gesuchten Parametervektor:

Zur Lösung muss die Anzahl der Datenpaare mindestens der Anzahl der gesuchten Parameter entsprechen. Je mehr Datenpaare vorliegen, desto mehr Einträge hat die Matrix und desto schwieriger gestaltet sich die Berechnung.

Rekursion

Beim Übergang z​ur rekursiven Berechnung bleibt a​uch bei Hinzukommen n​euer Daten i​n jedem Schritt d​er Rechenaufwand gleich, d​a das vorherige Ergebnis a​ls Ausgangspunkt genutzt w​ird und s​o nur j​e ein n​eues Datenpaar i​n die Kalkulation involviert ist.

Im Rekursionsschritt , wobei mindestens der Anzahl der Parameter entspricht, ist das zu lösende Gleichungssystem

mit der zugehörigen Lösung für den Parametervektor :

Für erweitert sich das Gleichungssystem zu:

und für d​ie Lösung g​ilt entsprechend:

Die Daten im Schritt lassen sich in bereits vorliegende und neu hinzugekommene Daten folgendermaßen aufteilen:

Einsetzen i​n die Gleichung für d​en Parametervektor liefert:

Der Ausdruck lässt s​ich noch weiter ordnen zu:

Mit der Abkürzung und der Nutzung des Lemmas zur Matrixinversion ergibt sich die Rekursionsgleichung zu:

Vereinfacht:

Die Aktualisierung der Matrix kann ebenfalls rekursiv erfolgen:

Im Vergleich zum nichtrekursiven Algorithmus ist ersichtlich, dass keine Inversion der Matrix mehr notwendig ist, sondern lediglich eine Division durch ein Skalar.

Vergessensfaktor

Durch die Einführung eines Vergessensfaktors verlieren die historischen Messdaten für die Optimierung an Bedeutung und die aktuellen werden stärker gewichtet. Dies ist sinnvoll, um Arbeitspunktwechsel, Störungen oder Invarianzen des zu modellierenden Systems auszugleichen. Üblicherweise wird Lambda im Bereich gewählt.

Anwendung

Der RLS-Algorithmus benötigt für ein gutes Ergebnis maximal so viele Rekursionsschritte wie Parameter identifiziert werden sollen. Diese Schnelligkeit und seine einfache Berechenbarkeit ermöglichen vielfältige Online-Anwendungsmöglichkeiten zur Systemidentifikation oder als adaptives Filter auch auf weniger potenten Mikroprozessorsystemen. Zu Beginn der Rekursion müssen sowohl als auch initialisiert werden. Liegen a priori Informationen zu den Parametern vor, so können diese hier verwendet werden, ansonsten werden die Parameter zu Null gesetzt. Für die Matrix eignet sich in der Regel eine Initialisierung als Diagonalmatrix mit Werten größer 100. Hohe Werte bedeuten geringes Vertrauen in die Parameter, was zu stärkeren Parameterkorrekturen führt, die anfänglich durchaus erwünscht sind.

Damit das Verfahren stabil bleibt, muss die Matrix positiv definit bleiben. Durch numerische Ungenauigkeiten während der Berechnung können jedoch negative Eigenwerte entstehen. Deshalb wurden Implementierungen des RLS-Algorithmus entwickelt, die sich als numerisch stabiler erweisen, was z. B. durch die Einbindung einer QR-Zerlegung erreicht werden kann. Allerdings steigt hierbei der Rechenaufwand.

Beispiel

Für e​in zu identifizierendes System w​urde ein PT2-System a​ls Modellfunktion gewählt, dessen zeitdiskrete Realisierung i​n Form d​er folgenden Rekursionsgleichung vorliegt:

Mit der Zusammenfassung von Modellein- und -ausgang zu und dem Parametervektor folgt die matrizielle Schreibweise:

Für d​en gewählten Modellansatz ergibt s​ich nun folgende Realisierung d​es RLS-Algorithmus:

Literatur

  • Dierk Schröder: Intelligente Verfahren. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg 2010, ISBN 978-3-642-11397-0.
  • Martin Werner: Digitale Signalverarbeitung mit MATLAB®-Praktikum. Vieweg & Sohn Verlag, Wiesbaden 2008, ISBN 978-3-8348-0393-1.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.