Römisches Dodekaeder
Als Römische Dodekaeder („Zwölfflächner“) werden archäologische Fundstücke aus der Zeit der Galloromanischen Kultur bezeichnet. Sie datieren aus dem 1. bis 4. Jahrhundert n. Chr.
Beschreibung
Die Dodekaeder sind etwa faustgroß, hohl und bestehen meist aus Bronze, wenige sind mit Silber überzogen. Die zwölf fünfeckigen Außenflächen des regelmäßigen Pentagondodekaeders besitzen jeweils eine kreisförmige Bohrung in der Mitte, wobei jedes Loch des ansonsten symmetrischen Gegenstands einen anderen Durchmesser hat. Es gibt kein festes Maß der Löcher, die zwischen etwa 6 und 40 Millimetern variieren, und auch keine festen Verhältnisse zwischen den Lochdurchmessern.[1]
Fundorte
Bisher wurden über hundert der Artefakte gefunden – ausschließlich in Römersiedlungen in Gebieten, die vorher von Kelten besiedelt waren. Das Fundgebiet erstreckt sich von England bis Ungarn, die meisten jedoch stammen aus Deutschland und Frankreich. Erstmals erwähnt wurde der Fund eines Dodekaeders 1739 in Aston (England).[2]
Im Römermuseum Schwarzenacker ist ein Original und im Außenbereich eine große Nachbildung ausgestellt.[3] Im belgischen Tongern (Limburg) wurde ein Dodekaeder mit acht unterschiedlich großen Bohrungen gefunden. Es wurde der gallorömischen Besiedelung (150–400 n. Chr.) zugeordnet und ist im örtlichen Museum ausgestellt. Auf einem 1982 in Genf gefundenen, in Blei gegossenen und mit Silberblech überzogenen Exemplar ist auf jeder Fläche eines der zwölf Sternkreiszeichen in lateinischer Sprache beschrieben.
Weitere Fundorte:
- Augst
- Aventicum
- Gelduba
- Trier
- Vindonissa (1897)
Verwendungszweck
Trotz zahlreicher Veröffentlichungen und Spekulationen ist der genaue Verwendungszweck der Artefakte weiterhin unbekannt.[2] Der Genfer Fund deutet erstmals auf einen astrologisch-astronomischen Zusammenhang.[4] Unter anderem wurden folgende Funktionen der Dodekaeder vorgeschlagen:
- Kerzenständer
- Vermessungsinstrument
- Knauf eines Zepters
- magisches Objekt der keltischen Religion
- Astronomisches Instrument
- Verbindungsstück von Metall- oder Holzstangen
- Strickwerkzeug speziell für Handschuhe[5]
Für eine profane Nutzung spricht die Häufigkeit und Gleichartigkeit der Artefakte. Ein überzeugender Vorschlag muss alle Merkmale erklären, die die römischen Dodekaeder aufweisen. Unter diesen Gesichtspunkten erscheint eine Funktion als Handschuhstricker als plausible Erklärung:
- Um die Noppen herum wird Faden gewoben; durch das Loch in der Mitte entsteht ein Stoffschlauch (Technik wie bei einer Strickliesel).
- Die unterschiedlich großen Öffnungen sind angepasst an verschiedene Fingerdurchmesser.
- Die nördliche Verbreitung des Werkzeugs stützt die Theorie zusätzlich, da im Süden keine wärmenden Handschuhe erforderlich waren.[6]
Literatur
- Bernhard A. Greiner: Römische Dodekaeder. Untersuchungen zur Typologie, Herstellung, Verbreitung und Funktion. In: Carnuntum Jahrbuch 1995 (1996), S. 9–44.
- Michael Guggenberger: Etwas Gewisses hievon zu bestimmen waere ein Gewagtes. 260 Jahre Dodekaeder-Forschung. In: Veröffentlichungen des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum. 80/2000, Innsbruck 2000, S. 67–84 (zobodat.at [PDF]).
Weblinks
Einzelnachweise
- Michael Guggenberger: Etwas Gewisses hievon zu bestimmen waere ein Gewagtes. 260 Jahre Dodekaeder-Forschung. In: Veröffentlichungen des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum. Band 80/2000, Innsbruck 2000, S. 67, 71 (zobodat.at [PDF]).
- Michael Guggenberger: Etwas Gewisses hievon zu bestimmen waere ein Gewagtes.
- saarland.digicult-museen.net Museen im Saarland
- Alfons Kolling: Die Römerstadt in Homburg-Schwarzenacker. Hrsg.: Stiftung Römermuseum Homburg-Saarpfalz. Ermer Verlag, Homburg 1993, ISBN 3-924653-13-5.
- TheMartinhallett: The Roman Dodecahedron – An ancient mystery solved? 26. Mai 2014, abgerufen am 14. November 2017.
- Nicolas Freund: Das Rätsel um die Dodekaeder. Abgerufen am 25. September 2020.