Provinzialisierung
Unter Provinzialisierung versteht man einen geopolitischen Entwicklungsprozess, bei dem ein ehemals eigenständiges, bedeutendes Gebiet einer neuen Herrschaft unterstellt wird und damit an Bedeutung verliert.
Beispiele
1) Beispielsweise bildete die Stadt Mainz bis 1803 das Zentrum des mächtigen Erzbistums Kurmainz, wurde aber danach durch Säkularisation dem Großherzogtum Hessen-Darmstadt unterstellt und verlor dadurch seine Funktion als politisches Zentrum und geriet im neuen Staat in Randlage.[1]
2) Am 23. August 1946 verlor die Stadt Münster durch die Auflösung der Provinz Westfalen und deren Eingliederung in das neue Land Nordrhein-Westfalen ihren Status als Hauptstadt einer nationalen Subentität.
3) Ein weiteres aktuelles Beispiel ist die Stadt Suhl in Thüringen, die bis 1990 als Bezirksstadt in der DDR den gleichen Rang wie etwa Erfurt oder Dresden hatte, nach der Wende aber ihre politische und wirtschaftliche Bedeutung verlor und wieder eine „normale“ kreisfreie Stadt wurde, wobei die Einwohnerzahl erheblich zurückging.
4) West-Berlin und Bonn sind weitere Beispiele für den Prozess der Provinzialisierung. Berlin war bis 1945 das politische Zentrum Deutschlands, verlor jedoch danach durch die deutsche Teilung diese Funktion und „versank in der Bedeutungslosigkeit“ (West-Berlin). Allerdings kehrten die Behörden und die Politischen Institutionen nach der Wiedervereinigung nach Berlin zurück, womit die Provinzialisierung wieder umgekehrt wurde und jetzt den bisherigen Regierungssitz Bonn betrifft, wenngleich in geringerem Ausmaß, da viele Institutionen noch mit Zweitstellen in der Bundesstadt Bonn verblieben sind.