Poetica
Die Poetica ist ein internationales Literaturfestival unter dem Motto Festival für Weltliteratur. Es findet seit 2015 jährlich in Köln während einer Woche im Januar statt. Das Festival für Weltliteratur wird vom Internationalen Kolleg Morphomata in Kooperation mit der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung mit wechselnden Themen ausgerichtet und bringt Autoren und Geisteswissenschaftler bei öffentlichen Lesungen und Debatten zusammen.[1] Das nächste Poetica Festival findet vom 2. bis zum 7. Mai 2022 statt.[2]
Geschichte und Konzept
Die Poetica wurde im Jahr 2015 von Günter Blamberger (Direktor des Internationalen Kollegs Morphomata) und Heinrich Detering (Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung) begründet und findest seitdem jährlich in Köln während einer Woche im Januar statt.[3] Es rückt im Besonderen die Lyrik als marginalisierte Gattung der Weltliteratur in den Blickpunkt.[4] Die Poetica möchte den „öffentlichen Diskurs über Themen der Weltliteratur“ fördern,[5] die deutsche mit der internationalen Literatur in Beziehung setzen. Ein Autor bzw. eine Autorin kuratiert und moderiert das Festival und lädt zu einem Leitthema bis zu zehn prominente Dichter aus aller Welt ein.
Das Konzept für die Poetica entstammt dem Internationalen Kolleg Morphomata der Universität zu Köln, das die Poetica bis zum Förderende des Kollegs 2021 auch organisiert hat. Die Ausgangsidee war, dass Literatur ebenso Wissen formt wie die Wissenschaften und der Vergleich ästhetischer Ideen im Dialog von Dichtern und Wissenschaftlern einen hervorragenden Zugang zum Verständnis fremder Kulturen und ihrer potentiell unterschiedlichen Antworten auf zentrale Daseinsfragen ermöglicht.
Eine Besonderheit der Poetica ist deshalb die intensive Verbindung von Literatur, Wissenschaft und Öffentlichkeit[6] durch die Präsenz aller Autoren bei allen Veranstaltungen der Festivalwoche sowie die Vielfalt ihrer Veranstaltungsorte und Formate, von der Diskussion mit Wissenschaftler der Philosophischen Fakultät über Lesungen, Schreibwerkstätten für Studierende bis zur szenischen Umsetzung von Poesie durch Schauspieler und Autoren im Schauspiel Köln.[7][8] Die literarischen Texte werden stets in der jeweiligen Originalsprache durch die Verfasser und in deutscher Sprache durch Schauspieler vorgetragen. Die Haupttexte und Essays dokumentiert eine Buchpublikation, die am Beginn jeder Poetica vorliegt. Die Verkehrssprachen sind englisch und deutsch, Veranstaltungen außerhalb der Universität werden in der Regel durch Simultandolmetschern unterstützt.[9]
Institutionelle Anbindung
Die Poetica ist eine Einrichtung der Universität zu Köln. Bis zur Poetica 6 wurde das Festival durch Mittel des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unterstützt.[10] Die Poetica 7, die aufgrund der Pandemie auf Anfang Mai 2022 verschoben wurde, wird je zur Hälfte von der Universität zu Köln sowie dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen und der Kunststiftung NRW finanziert. Beteiligt sind an der Poetica außerdem städtische Kooperationspartner wie das Kulturamt der Stadt Köln, das Schauspiel Köln, das Literaturhaus Köln, die Kunsthochschule für Medien Köln, die Stadtbibliothek Köln, das Wallraf-Richartz-Museum, das Rautenstrauch-Joest-Museum oder das Historische Archiv der Stadt Köln.
Öffentlichkeitsarbeit, Rezeption bei Presse und Publikum
Die Poetica verfügt neben Auftritten in sozialen Netzwerken über eine ausführliche Website,[11] die sämtliche Veranstaltungen der Vergangenheit in Podcasts, Videos, Fotos, Info-Broschüren etc. dokumentiert und die jeweils neueste Poetica ankündigt. Zu jeder Poetica gibt es eine umfangreiche Begleitbroschüre (mit Biographien und Veranstaltungstexten), eine Buchpublikation mit den Haupttexten, Flyer, städtische Plakate etc. Die Öffentlichkeitsarbeit wird unterstützt durch die Uni Köln, den Kölner Stadtanzeiger wie die Kölnische Rundschau (mit täglichen Berichten während der Festivalwoche), durch WDR, DLF, SZ und FAZ (mit Interviews, Mitschnitten für Rundfunksendungen, Gesamtberichten). Die Poetica wurde für vom Kölner Kulturrat e. V. in den Jahren 2018 wie 2019 für das kulturelle Ereignis des Jahres nominiert,[12] alle Veranstaltungen sind in der Regel ausverkauft, was bisher den Veranstaltungspartnern zugute kam. Die Poetica ist nicht nur beim Kölner Publikum ein großer Erfolg, sondern auch national wie international inzwischen bekannt, die Besucher kommen aus ganz Mitteleuropa. Die Pressestimmen waren bisher durchweg positiv:
„Ein sehr lebendiges Festival der Weltliteratur“, das den Faszinations- und Beunruhigungswert von Literatur spürbar werden lässt und „an wechselnden Orten zwischen Universität und Schauspielhaus, Kino, Kolleg und Klubbar, Wallraf-Richartz-Museum und Literaturhaus ein großes Publikum“[13] anzieht, wobei es nicht einsprachig zuginge, wie auf vielen deutschen Festivals, sondern vielsprachig, so lautete z. B. das Urteil der Süddeutsche Zeitung im Februar 2016.
Im Mai 2020 beteiligte sich die Poetica am globalen Festival of Hope.[14]
Autoren
Der Gründung der Poetica ging eine Testphase mit einer Poetikdozentur namens Literator in den Jahren 2009–2014 voraus, die Daniel Kehlmann, Peter Esterházy, Sibylle Lewitscharoff und Michael Lentz begleiteten. Von 2015 bis 2020 fanden bisher 6 Poetica-Festivals statt, mit prominenten Kuratoren sowie den eingeladenen Autoren. Aus Deutschland kamen u. a. Büchner-Preisträger wie Jürgen Becker, Marcel Beyer, Durs Grünbein, Martin Mosebach oder Jan Wagner sowie die Nobelpreisträgerin Herta Müller.
Poetica I (2015)
- Motto: M’illumino/d’immenso // Ich erleuchte mich/durch Unermeßliches
- Kurator: Michael Krüger (Deutschland)
- Yeşim Ağaoğlu (Türkei)
- Jürgen Becker (Deutschland)
- Marcel Beyer (Deutschland)
- John Burnside (Großbritannien)
- Lars Gustafsson (Schweden)
- Aleš Šteger (Slowenien)
- Pia Tafdrup (Dänemark)
- Yang Lian (China)
- Adam Zagajewski (Polen)
Poetica II (2016)
- Motto: Blue Notes
- Kurator: Aleš Šteger (Slowenien)
- Jurij Andruchowytsch (Ukraine)
- Bernardo Atxaga (Spanien)
- Heinrich Detering (Deutschland)
- Lavinia Greenlaw (Großbritannien)
- Georgi Gospodinow (Bulgarien)
- Durs Grünbein (Deutschland)
- Navid Kermani (Deutschland)
- Michael Krüger (Deutschland)
- Martin Mosebach (Deutschland)
- Paul Muldoon (USA)
- Ilma Rakusa (Schweiz)
- Monika Rinck (Deutschland)
- Ana Ristović (Serbien)
- Sjón (Island)
Poetica III (2017)
- Motto: Die Seele und ihre Sprachen
- Kuratorin: Monika Rinck (Deutschland)
- Javier Bello (Chile)
- Michael Donhauser (Luxemburg/Österreich)
- Nurduran Duman (Türkei)
- Maricela Guerrero (Mexiko)
- Gila Lustiger (Frankreich)
- Angelika Meier (Deutschland)
- Zeruya Shalev (Israel)
- Eleni Sikelianos (USA)
- Galsan Tschinag (Mongolei)
- Stefan Weidner (Deutschland)
- Lorenz Wilkens (Deutschland)
Poetica IV (2018)
- Motto: Beyond identities
- Kuratorin: Yoko Tawada (Japan)
- Jeffrey Angles (USA)
- Bei Dao (China)
- Anneke Brassinga (Niederlande)
- Teju Cole (USA/Nigeria)
- Hiromi Itō (Japan)
- Kim Hyesoon (Südkorea)
- Barbara Köhler (Deutschland)
- Morten Søndergaard (Dänemark)
- Monique Truong (USA/Vietnam)
- Jan Wagner (Deutschland)
Poetica V (2019)
- Motto: Rausch / States of Euphoria
- Kurator: Aris Fioretos (Schweden)
- Mircea Cărtărescu (Rumänien)
- Oswald Egger (Deutschland)
- Christian Kracht (Schweiz)
- Mara Lee (Schweden)
- Lebogang Mashile (Südafrika)
- Agi Mishol (Israel)
- Marion Poschmann (Deutschland)
- Jo Shapcott (Großbritannien)
Poetica VI (2020)
- Motto: Widerstand. The Art of Resistance
- Kurator: Jan Wagner (Deutschland)
- Tadeusz Dąbrowski (Polen)
- Erik Lindner (Niederlande)
- Luljeta Lleshanaku (Albanien)
- Agi Mishol (Israel)
- Helen Mort (Großbritannien)
- Herta Müller (Deutschland)
- Sergio Raimondi (Argentinien)
- Xi Chuan (China)
- Serhij Zhadan (Ukraine)
Poetica VII (2021/2022)
Die für Januar 2021 geplante Poetica 7 wurde zunächst wegen der Corona-Pandemie abgesagt und soll nun vom 2. bis 7. Mai 2022 stattfinden.[15]
- Motto: Sounding Archives – Poesie zwischen Experiment und Dokument
- Kuratorin: Uljana Wolf (Deutschland)
- Swetlana Alexijewitsch (Weißrussland)
- Ain Bailey (Großbritannien)[16]
- Don Mee Choi (USA)[17]
- Yan Jun (China)[18]
- Fiston Mwanza Mujila (Kongo/Österreich)
- Carlos Soto-Román (Chile)[19]
- Maria Stepanova (Russland)[20]
- Anja Utler (Deutschland)
- Cecilia Vicuña (USA/Chile)
Publikationen
- Poetica III: Die Seele und ihre Sprachen. Hrsg. mit Monika Rinck, Heinrich Detering, Sebastian Goth. Wilhelm Fink Verlag, Paderborn 2017, ISBN 978-3-7705-6192-6.
- Poetica IV: Beyond Identity – Die Kunst der Verwandlung. Hrsg. mit Marta Dopieralski, Yoko Tawada. Konkursbuch Verlag, Tübingen 2018 ISBN 978-3-88769-818-8.
- Poetica V: Rausch. States of Euphoria. Hrsg. von Aris Fioretos, Günter Blamberger, Marta Dopieralski. Konkursbuch Verlag, Tübingen 2018, ISBN 978-3-88769-698-6.
- Poetica VI: Widerstand – The Art of Resistance. Hrsg. von Jan Wagner, Günter Blamberger, Marta Dopieralski. Konkursbuch Verlag, Tübingen 2020, ISBN 978-3-88769-485-2.
Weblinks
- Website des Festivals Poetica
- Monika Rinck im Gespräch mit Michael Köhler: „Ungemeine Rangeleien bezüglich des Faktischen“. In: Deutschlandfunk. Reihe: Kopf oder Bauch, 2. Februar 2017.
- Interview mit Monika Rinck zur Kölner „Poetica“: „Mich reizt diese gewisse Fremdheit der Seele“. In: Kölner Stadtanzeiger. 6. Januar 2017.
- Geführte Seelenwanderung. Ein Gespräch mit Monika Rinck: Über Poesie, Animismus, Erfahrungsseelenkunde und den Trost der Form. In: Signaturen. Forum für autonome Poesie. 2017.
- Wundersame Verwandlungen. Volker Breidecker über die Poetica IV. In: Süddeutsche Zeitung. 25. Januar 2018.
- Jedes Kilo wiegt nur 700 Gramm. Alexander Menden über die Poetica 5. In: Süddeutsche Zeitung. 23. Januar 2019.
- Lyrikfestival „Poetica“ in Köln. Gedichte im Widerstand. In: Deutschlandfunk Kultur. 26. Januar 2020, über die Poetica 6.
Einzelnachweise
- Axel Hill, Hartmut Wilmes: „Poetica“ in Köln. Interessante Lesung und kontroverse Debatte. In: Kölnische Rundschau online. 29. Januar 2015, abgerufen am 7. Januar 2016.
- Poetica 7. In: poetica.uni-koeln.de, abgerufen am 9. Februar 2022.
- Poesie-Festival in Köln: Klarheit durch Worte. Günter Blamberger im Gespräch mit Anke Schäfer und Christopher Ricke. In: Deutschlandradio Kultur online. 26. Januar 2015, abgerufen am 15. Januar 2016.
- Literatur-Festival „poetica“ in Köln: Die Macht der Poesie. (Memento vom 13. Januar 2016 im Internet Archive) In: WDR 3 online, 23. Januar 2015, abgerufen am 7. Januar 2016.
- Veranstalter. In: poetica.uni-koeln.de, abgerufen am 7. Januar 2016.
- Das Lyrikfestival ‚Poetica‘ lädt Lyrikerinnen und Lyriker nach Köln ein: „Über die Macht der Poesie“ (Memento vom 15. Januar 2016 im Internet Archive). Podcast des WDR 5. 15. Januar 2016, abgerufen am 15. Januar 2016 (keine einschlägigen Mementos).
- Literarische Werkstatt mit Marcel Beyer und Michael Krüger. 29.1.2015. Internationales Kolleg Morphomata. In: poetica.uni-koeln.de, abgerufen am 7. Januar 2016.
- Literarische Werkstatt mit Ilma Rakusa und Aleš Šteger. 27.1.2016. Internationales Kolleg Morphomata. In: poetica.uni-koeln.de, abgerufen am 7. Januar 2016.
- Blue Notes: In Sätzen leben, in Versen tanzen. In: poetica.uni-koeln.de, abgerufen am 7. Januar 2016.
- Über Morphomata. In: morphomata.uni-koeln.de, 31. März 2021, abgerufen am 7. Januar 2016.
- Poetica | poetica-7. Abgerufen am 18. Februar 2021.
- Leserumfrage: Stimmen Sie ab für das Kulturereignis des Jahres 2018. In: rundschau-online.de. 9. Mai 2019, abgerufen am 18. Februar 2021.
- Volker Breidecker: Der reinen Wolken unverhofftes Blau. Wort, Sound und Blues: Die Kölner „poetica 2“, ein sehr lebendiges Festival der Weltliteratur, fragt nach dem Zusammenhang von Gedicht und Song. Mit Sjón und Autoren aus aller Welt. In: Süddeutsche Zeitung. 1. Februar 2016, abgerufen am 18. Februar 2021.
- How Can Poetry Create Euphoria? In: versopolis.com, 28. April 2020, abgerufen am 18. Februar 2021.
- Poetica 7 – Festival für Weltliteratur. Programm. In: poetica.uni-koeln.de, abgerufen am 9. Februar 2022.
- Ain Bailey. In: ainbailey.tumblr.com, abgerufen am 9. Februar 2022.
- Don Mee Choi. In: donmeechoi.com, abgerufen am 9. Februar 2022.
- 颜峻 yan jun. In: yanjun.org, abgerufen am 9. Februar 2022.
- Carlos Soto-Román. In: World Literature Today, The Board of Regents of the University of Oklahoma, abgerufen am 9. Februar 2022.
- Maria Stepanova. In: Suhrkamp | Insel, abgerufen am 9. Februar 2022.