Platonische Liebe
Platonische Liebe ist eine Form der Liebe, die seit der Renaissance nach dem antiken griechischen Philosophen Platon (428/427 v. Chr. – 348/347 v. Chr.) benannt wird, weil ihre philosophische Begründung auf seiner Theorie der Liebe fußt und weil ihre Befürworter sich auf ihn berufen. Im modernen Sprachgebrauch hat aber der Ausdruck „platonische Liebe“ eine Bedeutung und Konnotationen, die mit dem ursprünglichen Konzept Platons wenig oder nichts zu tun haben.
Platon sieht in der Liebe (Eros) ein Streben des Liebenden, das diesen stets vom Besonderen zum Allgemeinen, vom Vereinzelten zum Umfassenden führen soll. Das geschieht der platonischen Theorie zufolge, wenn der Liebende Philosoph ist oder wird und als solcher auf eine von Platon beschriebene Weise mit der Liebe umgeht. Der im Sinne Platons Liebende wählt bewusst einen philosophischen Weg, der ihn zu immer höheren Erkenntnissen führen soll. Er richtet den erotischen Drang im Lauf eines gestuften Erkenntnisprozesses auf immer umfassendere, allgemeinere, höherrangige und daher lohnendere Objekte. Dabei erweist sich schließlich die allgemeinste auf diesem Weg erreichbare Wirklichkeit, die Platon als das Schöne an sich bestimmt, als das würdigste Objekt. Dort endet die Suche des Liebenden, denn erst dort findet er nach dieser Lehre vollkommene Erfüllung seines Strebens.
Im modernen Sprachgebrauch bezeichnet man eine Freundschaft für gewöhnlich als „platonisch“, wenn die befreundeten Personen kein sexuelles Interesse aneinander haben. Der Ausdruck wird auch für eine potenziell erotische Beziehung verwendet, bei der man freiwillig auf die sexuelle Befriedigung verzichtet oder umständehalber auf sie verzichten muss. Dabei kommt es nur auf den Verzicht als solchen an, nicht auf eine philosophische Motivation, Begründung oder Zielsetzung, die oft gar nicht vorhanden ist. Der Grund kann beispielsweise auch darin bestehen, dass die Fähigkeit oder Gelegenheit zu sexueller Betätigung fehlt oder diese unmöglich ist, da die geliebte Person ihr nicht zustimmt.[1]
Platons Auffassung
Begriffsbestimmung
Für die unterschiedlichen Sachverhalte, die im Deutschen mit dem Begriff „Liebe“ bezeichnet werden, gibt es im Altgriechischen differenzierende Bezeichnungen: eros (die mit heftigem Begehren verbundene „erotische“ Liebe), philia (milde, freundschaftliche Liebe, Zuneigung) und agape (wohlwollende Liebe ohne das Motiv, dass der Liebende etwas vom Geliebten begehrt). Bei Platons Konzept, insoweit es der Ausgangspunkt für die später „platonisch“ genannte Liebe ist, geht es um den Eros. Dabei verspürt der Liebende in sich einen schwerwiegenden Mangel. Daher strebt er intensiv nach etwas, was diesen Mangel ausgleichen könnte und aus diesem Grund zum Objekt seiner Liebe wird. Dieses Objekt will er erlangen, er will sich mit ihm verbinden oder es sich aneignen. Somit ist ein Hauptmerkmal einer im eigentlichen Wortsinn „platonischen“ Liebe, dass sie erotisch ist, das heißt, dass der Liebende das Objekt seiner Liebe heftig begehrt. Dieses Begehren ist die Triebkraft seines Handelns.[2]
Platon setzt sich in seinen Schriften nicht nur mit dem Eros auseinander, sondern auch mit einer freundschaftlichen oder familiären Liebe, deren Merkmal nicht erotisches Begehren, sondern nur eine dauerhafte Zuneigung ist. Für die Entstehung und Geschichte des Begriffs „platonische Liebe“ ist diese Thematik aber kaum von Bedeutung, denn die Wurzel der später „platonisch“ genannten Liebe ist der Eros, bei dem es aus der Sicht des begehrenden Liebenden um ein Gefälle zwischen eigenem Mangel und fremder Fülle geht.
Quellenlage
Platon lässt in mehreren seiner fiktiven, literarisch ausgestalteten Dialoge die Gesprächspartner das Wesen und den Sinn der Liebe analysieren. Insbesondere der berühmte Dialog Symposion ist ganz diesem Thema gewidmet. Bei einem Gastmahl (Symposion, „Trinkgelage“) halten die Teilnehmer Reden, in denen sie unterschiedliche, teils gegensätzliche Ansätze und Theorien darlegen. Bei dieser Art der Präsentation des Themas verzichtet Platon bewusst darauf, eine eigene Lehrmeinung vorzutragen und als solche zu kennzeichnen. Er überlässt das Fazit dem Leser. Dennoch wird aus der Art der Darbietung weitgehend deutlich, welche Auffassungen er für unzulänglich oder falsch hält und welche Argumente und Folgerungen seine Zustimmung finden. Bei der Platon-Interpretation geht man traditionell – auch in der modernen Forschung – davon aus, dass die Überlegungen, die Platon in den Dialogen seinem Lehrer Sokrates in den Mund legt, im Wesentlichen seine eigenen sind. Auch Gedanken anderer Dialogteilnehmer können seine Position wiedergeben. Dies ist dann anzunehmen oder kann vermutet werden, wenn diese Äußerungen mit dem, was sonst über seine Philosophie bekannt ist, übereinstimmen oder zumindest vereinbar sind.[3]
Hinsichtlich der Liebe, die seit der Renaissance als „platonisch“ bezeichnet wird, ist der wichtigste Text die Rede des Sokrates im Symposion.[4] Dort gibt Sokrates nicht eigene Erkenntnisse wieder, sondern beruft sich auf eine Belehrung, die ihm die Seherin Diotima in seiner Jugendzeit erteilt habe. Der Auffassung Diotimas, die er detailliert darlegt, stimmt Platons Sokrates ausdrücklich und vorbehaltlos zu, und er setzt sich für ihre Verbreitung ein.[5] Daher herrscht in der Forschung heute die Ansicht vor, dass in Diotimas Ausführungen der Kern dessen zu finden ist, was Platons Liebeskonzept ausmacht. Das bedeutet aber nicht, dass seine Auffassung gänzlich mit der von ihr vorgetragenen identisch ist; wichtige und für das Thema relevante Bestandteile von Platons Philosophie wie die Ideenlehre, die Anamnesis-Theorie und die Unsterblichkeit der Seele werden von Diotima nicht oder nur andeutungsweise thematisiert.[6]
Die Behauptungen von Sokrates’ Gesprächspartnern im Symposion sind großenteils mit Platons Sichtweise unvereinbar und von einer sophistischen Denkweise geprägt, die der platonischen entgegengesetzt ist. Daher sind sie als Quellen für Platons Philosophie nur begrenzt verwertbar. Die Reden der anderen Dialogteilnehmer, die vor Sokrates das Wort ergriffen haben, sind aber nicht belanglos, sondern ein wesentlicher Teil eines gemeinsamen Bemühens um Erkenntnis. Inwieweit sie aus Platons Sicht auch brauchbare Ansätze enthalten, ist in der Forschung umstritten.[7] Zumindest in der Rede des Aristophanes sind Gedanken zu finden, die Berührungspunkte mit der platonischen Liebestheorie aufweisen. Bestätigende und ergänzende Informationen zur Liebestheorie lassen sich anderen Dialogen Platons entnehmen (Phaidros, Politeia, Nomoi, Lysis).[8]
Mythischer Ansatz
Da Platon der Auffassung ist, dass sich das Wesentliche durch bloße Argumentation nicht ausreichend erfassen und ausdrücken lässt, veranschaulicht er seine Deutung des Phänomens Liebe auch mittels Mythen. Im Symposion erzählt Aristophanes den Mythos von den Kugelmenschen.[9] Dem Mythos zufolge hatten die Menschen ursprünglich kugelförmige Rümpfe sowie vier Hände und Füße und zwei Gesichter auf einem Kopf. In ihrem Übermut wollten sie den Himmel stürmen. Dafür bestrafte sie Zeus, indem er jeden von ihnen in zwei Hälften zerlegte. Diese Hälften sind die heutigen Menschen. Sie leiden unter ihrer Unvollständigkeit; jeder sucht die verlorene andere Hälfte. Die Sehnsucht nach der verlorenen Ganzheit zeigt sich in Gestalt des erotischen Begehrens, das auf Vereinigung abzielt. Manche Kugelmenschen hatten zwei männliche Hälften, andere zwei weibliche, wiederum andere eine männliche und eine weibliche. Je nach dieser ursprünglichen Beschaffenheit des ganzen Wesens weisen dessen getrennte Hälften eine heterosexuelle oder homosexuelle Veranlagung auf. Dieser Mythos deutet auf einen Kernbestandteil der platonischen Liebestheorie, die Erklärung des Eros als Mangelphänomen. Das erotische Begehren wird als Wunsch nach Behebung eines Mangels und nach Erlangung von Ganzheit oder Vollkommenheit interpretiert.[10]
Sokrates, der später zu Wort kommt, greift den von Aristophanes angesprochenen Gesichtspunkt des Mangels auf und vertieft ihn. Er erzählt ebenfalls einen Mythos, wobei er sich auf Diotima beruft. Dabei wird die Beschaffenheit des menschlichen Eros durch einen Rückgriff auf die Figur, die ihn in der Mythologie verkörpert, erklärt.[11]
Der mythische Eros ist nach dieser Darstellung nicht – wie in einer verbreiteten Überlieferung – der Sohn der Göttin Aphrodite, sondern er wurde an dem Festmahl, das die Götter anlässlich von Aphrodites Geburt hielten, gezeugt. Seine Mutter Penia, die personifizierte Armut, kam als Bettlerin zu dem Mahl und traf dort den betrunkenen Poros („Wegfinder“). Poros ist die Personifikation der Findigkeit, die stets einen Ausweg findet und den Weg zu Fülle und Reichtum bahnt. Ihm fehlt aber, wie seine Betrunkenheit andeutet, die Fähigkeit des Maßhaltens.[12] Um ihre Bedürftigkeit auszugleichen, wollte Penia von ihm ein Kind empfangen. So kam es zur Zeugung des Eros, der sich später der Göttin, deren Geburtsfest zur Begegnung seiner Eltern geführt hatte, anschloss und ihr Begleiter wurde. In seinem Naturell verbindet Eros die Eigenschaften seines Vaters mit denen seiner Mutter. Von der Mutter hat er das Prinzip des Mangels geerbt, daher ist er arm und unansehnlich, barfuß und obdachlos. Vom Vater hat er seine Tatkraft und Schlauheit, seine Zauberkunst und die starke Neigung zum Schönen und Guten, die ihn antreibt. Da die Weisheit zum Schönen zählt, ist er auch ein Philosoph („Weisheitsliebender“). Ihm fehlt Einsicht, doch strebt er eifrig danach, da er sich dieses Mangels bewusst ist.
Wie der mythische Eros trachten auch die menschlichen Erotiker nach der ihnen fehlenden Fülle, nach dem Schönen und Guten. Sie wollen das Erstrebte mit allen Mitteln für sich erlangen und dann dauerhaft besitzen, um glücklich zu sein.
Auch in diesem Mythos wird der Liebende unter dem Gesichtspunkt seiner Mangelhaftigkeit ins Auge gefasst. Er leidet unter seiner Bedürftigkeit und setzt als Erotiker seinen ganzen Erfindungsreichtum ein, um sie zu beheben. Eros selbst, das Urbild des Erotikers, kann kein Gott sein, denn als solcher wäre er schön und glückselig, nicht unansehnlich und bedürftig. Er ist aber auch kein Sterblicher, sondern ein Mittelwesen, ein „Dämon“ (daimon), der zwischen Göttern und Menschen steht und zwischen ihnen vermittelt. Sein Name steht für den Impuls zur Vervollkommnung, der die Menschen zur Höherentwicklung antreibt und damit zur Annäherung an die Sphäre der Götter. Sokrates betont, dass Eros den Menschen veredle und dessen bester Helfer sei. Daher solle man ihn und alles, was zur Erotik gehört, ehren und sich auf diesem Gebiet üben.[13]
Stufenmodell des Aufstiegs
Das erste, was in einem jungen Menschen die Macht des Eros erwachen lässt, ist der Anblick schöner Körper. Da jede Schönheit ein Aspekt des Göttlichen ist, wirkt sie unmittelbar attraktiv. Daher richtet sich das erotische Begehren zunächst auf das Schöne in der Gestalt, in der es dem Menschen auf der körperlichen Ebene sinnlich wahrnehmbar entgegentritt. Wo man auf etwas Schönes trifft, da kann sich Erotik entfalten.
Eine besondere Stärke erreicht die erotische Anziehungskraft, wenn die begehrte Person nicht nur körperlich schön ist, sondern auch seelisch, also tugendhaft. Hiervon ausgehend entwickelt Diotima, wie Sokrates im Symposion berichtet, ihre Lehre von der rechten philosophischen Lenkung des erotischen Drangs. In der Jugend soll man sich schönen Körpern zuwenden und dabei erkennen, dass es nicht um die Vorzüge eines bestimmten Körpers geht, sondern um die körperliche Schönheit an sich, die in allen schönen Körpern dieselbe ist. Später wird man sich der seelischen Schönheit zuwenden, die man zunächst in einer bestimmten Person wahrnimmt. Daher richtet sich nun die Liebe auf diese Person, auch wenn sie äußerlich unansehnlich ist. Das führt zu einer Ausrichtung auf die Ethik; der Liebende entdeckt das Schöne in schönen Handlungen. Später wird auch die Schönheit von Erkenntnissen für ihn wahrnehmbar. Dabei erhält er Gelegenheit zu entdecken, dass auch im geistig-seelischen Bereich die Schönheit nicht an etwas Einzelnes gebunden ist, sondern das Allgemeine ist, das sich jeweils im Besonderen zeigt. Von da aus gelangt der Liebende zur höchsten Erkenntnisstufe. Dort kommt es nicht mehr auf einzelne Tugenden oder auf einzelne schöne Taten oder Einsichten an, sondern auf Schönheit im allgemeinsten und umfassendsten Sinne: die vollkommene und unwandelbare Schönheit schlechthin, die allen Erscheinungsformen des Schönen letztlich als deren Quelle zugrunde liegt. Dieses Urschöne ist keine bloße Abstraktion, kein gedankliches Konstrukt, sondern für den, der die letzte Stufe erreicht hat, eine wahrnehmbare Wirklichkeit. Der Durchbruch zur Wahrnehmung des Urschönen geschieht „plötzlich“.[14] Wer dies erlebt hat, ist am Ziel der erotischen Mühen angelangt. Der Bedürftigkeit, die ihn anfangs zu körperlichen Erscheinungsformen des Schönen getrieben hat, ist er enthoben.
Ein Hauptmerkmal des Erotikers ist, dass er sich nicht mit einer passiven Betrachtung des Schönen begnügt, sondern eine schöpferische Betätigung anstrebt, zu der ihn das Schöne anregt. Er will nicht nur Eindrücke empfangen, sondern selbst etwas hervorbringen. Seine Fähigkeit des Hervorbringens ist ebenso wie die Schönheit von göttlicher Art, daher entfaltet sie sich dort, wo sie auf das ihr wesensverwandte Schöne trifft.
Ein universeller Aspekt des erotischen Erzeugungswillens ist der Fortpflanzungstrieb, der Drang, Nachkommenschaft zu hinterlassen; Eros wirkt auch im Tierreich. Der Mensch verfügt aber über Zeugungskraft oder Fruchtbarkeit nicht nur im körperlichen, sondern auch im geistig-seelischen Sinne. Seine „Nachkommen“ sind auch die von ihm geschaffenen politischen und kulturellen Werke.[15]
Der vom Eros angetriebene Aufstieg zum schlechthin Schönen ist ein Spezialfall von Platons allgemeinem Aufstiegskonzept, das er auch anderswo darlegt, insbesondere im Höhlengleichnis der Politeia. Aufgabe und Ziel des Aufsteigenden sind stets dieselben, die Vorgehensweise ist in der Lehre Diotimas und im Höhlengleichnis analog. Der Weg des Philosophen – im Spezialfall: des philosophierenden Erotikers – führt immer vom Vereinzelten zum Umfassenden und damit vom Mangelhaften zum Vollkommenen. Es geht um die Erkenntnis einer Wirklichkeitsstruktur, die dem unphilosophischen Menschen verschlossen ist, aber durch die philosophische Tätigkeit des stufenweisen Voranschreitens zu höherrangigen Realitätsebenen entdeckt werden kann. Das Allgemeine wird zunächst im Einzelnen durch Wahrnehmung erfasst, dann schrittweise isoliert und als das was es selbst ist zum Erkenntnisobjekt gemacht, bis sich schließlich der Blick dem im höchstmöglichen Maße Allgemeinen und Umfassenden, also dem Besten von allem zuwenden kann. Im Symposion wird dieser Prozess anhand des Vordringens zur Wahrnehmung des Urschönen beleuchtet, in der Politeia anhand eines analogen Vordringens zum schlechthin Guten.[16]
Sexuelle Problematik
Alle Liebesverhältnisse, die in Platons Dialogen geschildert werden, sind homoerotischer Art. Solche Beziehungen galten als selbstverständlich und wurden unbefangen diskutiert. Problematisiert wurde jedoch der gleichgeschlechtliche sexuelle Vollzug. Platon missbilligte ihn zum einen, weil er ihn für naturwidrig hielt, zum anderen, weil er den Hedonismus generell verwarf und eine Fixierung auf körperliche Begierden als verfehlt und eines Philosophen unwürdig betrachtete. Daher kommt in seinem Aufstiegsmodell die Sexualität nicht vor. Im Symposion lässt er erst nach der Rede des Sokrates den betrunkenen Alkibiades auftreten, den eine beiderseits starke erotische Anziehung mit Sokrates verband. Alkibiades schildert, um Sokrates zu rühmen, seinen vergeblichen Versuch, den Geliebten zu sexueller Aktivität zu verführen. In seiner Darstellung erscheint Sokrates als vorbildlicher Philosoph, der die Bemühungen des Alkibiades gelassen ins Leere laufen lässt.[17]
Begriffs- und Wirkungsgeschichte
Antike und Mittelalter
Im 3. Jahrhundert verfasste Plotin, der Begründer des Neuplatonismus, eine Abhandlung Über den Eros, in der er Platons Eros-Mythos aus dem Symposion allegorisch auslegte. Den Eros betrachtete er als der Weltseele zugehörig und ordnete ihn damit in das System des neuplatonischen Weltordnungsmodells, der Hypostasenlehre, ein. Er unterschied zwischen zwei Arten erotischer Liebe. Die eine strebt nur nach Vertrautheit mit dem Urschönen, das sie betrachten will, ist also nicht produktiv; die andere will, wie es Platon beschrieb, im Schönen zeugen oder hervorbringen. Beide Arten hielt Plotin für legitim und schätzenswert, doch die rein kontemplative war für ihn höherrangig. Die Erfahrung transzendenter Schönheit fasste er als eine Selbsterfahrung der Seele auf, die sich selbst betrachtet. Dabei gelangt sie durch ihr erotisches Streben nicht nur zum Schönen an sich, sondern auch zum schlechthin Guten, das heißt: zum Einen, dem höchsten Prinzip. Plotins Eros sucht und findet Erfüllung nicht durch Erlangung eines äußeren Objekts, sondern im Rückzug des Individuums auf sich selbst, wo es im eigenen Inneren dem Göttlichen begegnen kann. Alle äußeren Liebesobjekte erwecken nicht durch ihr eigenes Sein Liebe, sondern nur weil und insoweit sie das absolut Gute abbilden. Dieses ist somit das einzig wahre Objekt des erotischen Strebens. Zu diesem Objekt kann die Seele ihrer Natur nach unmittelbar Zugang haben, da es ihr selbst innewohnt.[18]
Ein etwas abweichendes Konzept vertrat der spätantike Neuplatoniker Proklos. Für ihn führt der vom Eros angetriebene Aufstieg zwar zum Schönen an sich, dem Endziel des Eros, nicht aber bis zum Einen. Zum Einen gelangt man nur durch pístis (Gewissheit), nachdem der Eros sein Ziel erreicht und seine Mangelhaftigkeit behoben hat und dadurch zur Ruhe gekommen ist.[19]
Im antiken Judentum fand die platonische Eros-Auffassung wenig Resonanz. In der Septuaginta, der griechischen Übersetzung des Tanach, ist nur an zwei Stellen von einer „erotischen“ Liebe, die mit dem platonischen Eros vergleichbar ist, die Rede; es handelt sich um Liebe zur Weisheit.[20] Eine Ausnahme bildete der jüdische Platoniker Philon von Alexandrien, der den Begriff Eros in einem positiven, dem platonischen Verständnis entsprechenden Sinn verwendete.[21]
Einflussreiche christliche Schriftsteller, deren Autorität ab der Spätantike für die abendländische Philosophie und Theologie richtungweisend wurde, übernahmen in abgewandelter Form erhebliche Teile des platonischen Gedankenguts, darunter auch das Konzept des erotischen Aufstiegs. Sie setzten das höchste Ziel des platonischen Erotikers mit Gott im Sinne des christlichen Gottesbegriffs gleich. Dies ergab sich aus ihrer Sicht aus der Annahme, dass Gott als „das Gute“ schlechthin der Inbegriff alles Erstrebenswerten sei.
Im 3. Jahrhundert vertrat der stark vom Platonismus beeinflusste Kirchenschriftsteller Origenes im Prolog seines Kommentars zum Hohenlied die Ansicht, es sei legitim, das Liebesverhältnis zwischen Gott und Mensch mit erotischen Begriffen zu beschreiben. Damit leitete er die später gängige Vermischung des herkömmlichen, vom philosophischen Diskurs geprägten und des neutestamentlichen Liebesbegriffs ein.[22]
Der Kirchenvater Methodios von Olympos, der im späten 3. Jahrhundert lebte, verfasste Dialoge, darunter ein Symposion in Platons Stil. Sein Symposion, in dem er die Jungfräulichkeit als Ausdruck eines christlichen Eros verherrlicht, enthält zahlreiche Anspielungen auf Werke Platons, insbesondere dessen gleichnamigen Dialog, aus dem er auch wörtliche Zitate übernahm. Die Jungfräulichkeit (Keuschheit) erhält bei Methodios die Rolle, die bei Platon der Eros spielt. Wie dieser ist sie ein aktives Prinzip, also nicht bloßer Verzicht, und soll den emporstrebenden Menschen zu einer Schau der mit Gott gleichgesetzten Schönheit führen. Diese Schau schildert Methodios nach dem Vorbild von Platons Diotima-Rede sowie einer Passage in dessen Dialog Phaidros. Sie ist nach seiner Auffassung allerdings erst im Jenseits auf vollendete Weise möglich.[23]
In der Spätantike griff der einflussreiche Theologe Augustinus († 430) das platonische Konzept eines Aufstiegs des Liebenden bis zum würdigsten Liebesobjekt auf und verwertete es für seine Zwecke. Er fand darin eine philosophische Stütze für die Wertordnung der christlichen Liebeslehre, in der die Nächstenliebe über der erotischen Liebe zu einem bestimmten Menschen und die Gottesliebe über allen anderen Formen von Liebe steht. Wie bei Platon und Plotin zielt bei Augustinus der menschliche Liebesdrang auf die Vervollkommnung des sehnsüchtigen Liebenden, der sich seiner Unzulänglichkeit bewusst ist. Der nach Liebeserfüllung Strebende erreicht sein Ziel und damit die Glückseligkeit, wenn er in Gott das höchstmögliche Liebesobjekt gefunden hat.
Auch andere namhafte antike Kirchenväter vertraten ein von platonischem Gedankengut mitgeprägtes Liebeskonzept. Besonders östliche, griechischsprachige Autoren und später byzantinische Theologen orientierten sich bei der Auslegung des biblischen Liebesgebots an der platonischen Tradition. Diese wirkte in den orthodoxen Kirchen stark nach, zumal hinsichtlich der theologischen Wertschätzung der Liebe zu einer platonisch aufgefassten Schönheit. Der einflussreiche spätantike Kirchenschriftsteller Pseudo-Dionysius Areopagita betonte die Einheit des Guten und des Schönen und hielt Liebe zu Gott und Liebe zur Schönheit für untrennbar. Er verwendete im Sinn der platonischen Tradition das Wort eros für jede Liebe mit Transzendenzbezug, auch wenn er die gewöhnlich agape genannte Liebe im neutestamentlichen Sinn meinte, und rechtfertigte diesen Wortgebrauch. Dabei wies er auf die Auffassung einiger Theologen hin, wonach der Name eros sogar göttlicher sei als der Name agape.[24] Eros war für ihn die einheitliche verbindende und vereinigende Macht, die das Höhere und das Niedere verknüpft, die das Niedere zum Höheren streben und zugleich das Höhere für das Niedere sorgen lässt. Damit änderte er Platons Konzept, in dem das Wirken des Eros ausschließlich auf Mängel der Liebenden zurückgeführt wird.[25] Den Begriff einer besonderen „platonischen“ Form von Liebe gab es damals und im Mittelalter noch nicht.
Wiederbelebung im 15. Jahrhundert
In der Renaissance wurden die zuvor größtenteils verschollenen Werke Platons, darunter das Symposion, neu entdeckt. Ein früher Verteidiger des platonischen Eros war Leonardo Bruni († 1444), der mit Bezug auf Platons Dialog Phaidros behauptete, nur ein im Sinne des dort dargestellten Konzepts „wahnsinnig“ Liebender, der gewissermaßen sich selbst entfremdet werde und sich selbst vergesse, könne Gott vollkommen lieben.[26] Humanistische Denker, vor allem Marsilio Ficino (1433–1499) und Kardinal Bessarion (1403–1472), bemühten sich um eine Harmonisierung des nunmehr in seiner ganzen Breite bekannten Platonismus und des christlichen Glaubens.[27]
Auf Widerspruch stieß diese Platon-Rezeption bei dem in Italien lebenden griechischen Aristoteliker Georg von Trapezunt, der 1455 eine vergleichende Untersuchung der Lehren Platons und des Aristoteles veröffentlichte. Mit scharfer Polemik bekämpfte Georg den Einfluss Platons, den er für noch verderblicher hielt als den Epikurs. Dabei wies er auch auf den für Christen inakzeptablen homoerotischen Aspekt der platonischen Liebeslehre hin.[28]
Marsilio Ficino übersetzte Platons Dialoge ins Lateinische; einige, darunter das Symposion, kommentierte er auch. Damit verschaffte er ihnen eine breite Wirkung. Seine Absicht, den Wahrheitsgehalt von Platons Lehre und zugleich einen Einklang von Platonismus und Christentum aufzuzeigen, galt insbesondere der Liebestheorie. Bei seiner Deutung von Platons Texten war er stark von Plotins Sichtweise beeinflusst.
Wie Platon definiert Ficino Liebe als Streben nach dem Schönen,[29] das er als den „Glanz der göttlichen Güte“ bestimmt,[30] und betont ihre schöpferische Funktion, da sie es sei, die dem Formlosen und Chaotischen Gestalt verleihe.[31] Seiner Überzeugung zufolge ist Schönheit untrennbar mit Güte verbunden; Schönheit ist äußere Vollkommenheit und Güte innere. Die Intensität der Schönheit entspricht dem Grad der Güte und zeigt ihn somit zuverlässig an. Für den Menschen wird die Güte eines Objekts überhaupt nur dadurch erkennbar, dass die sinnlich wahrnehmbaren Merkmale der Schönheit zu ihr hinführen. Diese Merkmale sind aber für Ficino nichts Körperhaftes. Er betont die rein geistige Natur der Schönheit, in der er eine Struktur sieht, die das Stoffliche durchdringt und gestaltet.[32]
Nach Ficinos Lehre beginnt jede Liebe mit der Anschauung. Sie kann dann kontemplativ zum rein Geistigen aufsteigen oder sich genusshaft dem Körperlichen zuwenden oder in der Anschauung verbleiben. Daraus resultieren drei Grundmöglichkeiten der Lebensgestaltung, zwischen denen der Mensch die Wahl hat.[33]
Ficino prägte den Begriff „platonische Liebe“. Er verwendete ihn allerdings nur in einem Brief; in seinem Symposion-Kommentar ist nur von „sokratischer Liebe“ die Rede.[34] Unter sokratischer Liebe versteht er Liebe unter Freunden in ihrer höchstmöglichen Form, wie sie von Sokrates als dem vorbildlich Liebenden verkörpert werde. Sokrates erscheint als der liebende Erzieher, der die Jugend erotisch an sich bindet, um sie in die Philosophie einzuweihen und für wahre Werte zu begeistern. Solche Liebe bleibt im Sinne der platonischen Tradition nicht auf die Beziehung zwischen den Menschen beschränkt, sondern lenkt die Liebenden auf ein transzendentes Ziel hin. Dieses ist für Ficino Gott als das Gute schlechthin und der Urgrund des Schönen.[35]
Die Ausrichtung auf dieses Ziel ist nach Ficinos Lehre eine Rückbesinnung der menschlichen Seele auf das, was in ihr göttlich ist. Die liebende Seele wendet sich auf sich selbst zurück, um sich dank dem in ihr vorhandenen göttlichen Licht Gott zuwenden zu können.[36] Damit fügen sich platonischer Eros und christliche Liebeslehre zusammen. Im neuzeitlichen christlichen Platonismus verschmilzt die platonische Eros-Theorie mit der christlichen Lehre von der agape (dieser Begriff bezeichnet in der griechischen Bibel sowohl die Liebe zu Gott als auch Gottes Liebe und die Nächstenliebe).
Durch diese Vermischung verschwammen allerdings die Konturen des spezifisch platonischen Elements. Ein sprachlicher Faktor förderte diese Entwicklung. Im Lateinischen, der Gelehrten- und Gebildetensprache der Frühen Neuzeit, gibt es kein besonderes Wort für begehrende Liebe im Sinne des griechischen eros. Daher wurde der erotische, begehrende Charakter der von Platon gemeinten Liebe durch die Übersetzung ins Lateinische verwischt. Außerdem verwendete Ficino die lateinischen Wörter amor (Liebe allgemein) und caritas (Liebe im Sinn von agape) unterschiedslos, als wären es Synonyme.[37] Dieser Umstand trug dazu bei, dass sich das Konzept der nunmehr als „platonisch“ gekennzeichneten Liebe von seinem antiken Ursprung entfernte.
Fortleben des platonischen Konzepts in der Frühen Neuzeit
Teils auf direktem Weg, teils über Ficinos Interpretation gelangten Elemente von Platons Liebesdiskurs in zahlreiche literarische Werke der Renaissance und des 17. Jahrhunderts. Zu den Autoren, die sich davon anregen ließen, gehören Baldassare Castiglione (Il libro del Cortegiano), Pietro Bembo (Gli Asolani) und Leone Ebreo (Dialoghi d’amore); sie erörterten wie Platon Liebesfragen in Dialogform. Der Dichter Girolamo Benivieni († 1542) brachte die Hauptgedanken von Ficinos Symposion-Kommentar in Verse. Die Königin Margarete von Navarra († 1549), die sich als Schriftstellerin betätigte, übernahm viel platonisches Gedankengut in ihre Liebeskonzeption. Sie konnte Platons Dialoge im Originaltext lesen. Später rezipierten in Frankreich namhafte Romanautoren (Honoré d’Urfé, Madeleine de Scudéry, Fénelon) Elemente des platonische Eros-Konzepts. Auch eine Reihe von Dichtern (La Pléiade, Lyoneser Dichterschule) verwerteten in ihren Werken einzelne Gedanken Platons über den Eros.[38] Im Gegensatz zu dem vielfältigen literarischen Echo fand an den Universitäten nur eine minimale Auseinandersetzung mit der Thematik statt.[39]
Im Jahr 1531 veröffentlichte der Philosoph Agostino Nifo eine detaillierte Kritik an der platonischen Liebeslehre aus aristotelischer Sicht. Er verwarf insbesondere die Rückbindung der sinnlichen Liebe, die er positiv wertete, an einen metaphysischen Ursprung.[40]
In England rezipierten im 17. Jahrhundert die Cambridger Platoniker, die einen christlichen Platonismus vertraten, das Symposion im Sinne von Ficinos Denkweise. Besonders Henry More legte Wert auf die Eros-Lehre. An diese Gruppe von Platonikern knüpfte der englische Philosoph Shaftesbury (1671–1713) an, der dem platonischen Gedanken eines Eros, der auf Schönheit und damit notwendigerweise auf Wahrheit abzielt, wieder Geltung verschaffte. Shaftesburys Werk, das die ästhetische Dimension des Platonismus in den Vordergrund stellt, fand nicht nur in seiner Heimat, sondern auch in Frankreich und Deutschland viel Beachtung.
Friedrich Hölderlins Werk war stark von der platonischen Liebestheorie geprägt. Den Gedanken, dass Eros den Liebenden über das vergängliche Individuelle emporheben kann, drückte er dichterisch in der Ode Der Abschied und in der Elegie Menons Klagen um Diotima aus. In seinem Briefroman Hyperion, an dem er in den letzten Jahren des 18. Jahrhunderts arbeitete, brachte er das Eros-Konzept von Platons Symposion zur Geltung.[41]
Fundamentale Kritik an Platons Eros-Theorie übte Christoph Martin Wieland in seinem Briefroman Aristipp (1800/1801). Dort wird in einem Brief von einem Gastmahl berichtet, an dem die Gesprächsteilnehmer zu Ergebnissen kamen, die Platons Ansatz radikal widersprechen. Gegen die Lehre vom Urschönen als höchstem Ziel des Eros wurde eingewendet, dass das Urschöne außerhalb des Bereichs möglicher menschlicher Erfahrung liege. Daher könne es nicht das Ziel der Liebe sein.[42]
Philosophie und Altertumswissenschaft
Eine heftige Kritik brachte Ludwig Klages in seiner 1922 erstmals veröffentlichten Schrift Vom kosmogonischen Eros vor. Klages charakterisierte Platons Liebeskonzept als „lebensverneinend“ und realitätsfremd. In Wirklichkeit werde eine Person immer nur als Individuum und niemals um ihrer lobenswerten Eigenschaften willen geliebt. Es gehe dem Liebenden nicht um Vorzüge, welche die geliebte Person mit anderen Menschen teilt, sondern um die Gesamtheit derjenigen Besonderheiten, die dieses Individuum von allen anderen denkbaren Wesen unterscheiden und es unvergleichlich machen. Das sei sogar dann der Fall, wenn der Liebende diese Besonderheiten teilweise als Schwächen und Mängel wahrnimmt. Daher sei die geliebte Person nicht durch eine andere, die mehr oder ausgeprägtere Vorzüge aufweist, ersetzbar. Der Eros habe – entgegen Platons Auffassung – nichts mit Bedürftigkeit und Mangel zu tun, sondern zeige sich als Drang des Überströmens und der Ergießung. Diesen Drang versuche Platon auf „Begriffsgespenster“ abzulenken, wodurch er aber den wirklichen Eros verdränge und vernichte. Das sei eine illegitime und verhängnisvolle Einmischung des Verstandes in Angelegenheiten der Seele.[43]
In der altertumswissenschaftlichen Forschung ist neben der Frage, welche Aussagen der Dialogteilnehmer des Symposions Platons eigener Position entsprechen, vor allem die Besonderheit seiner Liebestheorie erörtert worden. Dabei geht es um die Abgrenzung eines spezifisch platonischen Eros von anderen mit dem Begriff „Liebe“ bezeichneten Phänomenen und um die Frage, ob es sich beim platonischen Eros letztlich um eine Selbstliebe handelt. Hierzu haben sich auch Philosophen und Theologen geäußert, deren Anliegen die Unterscheidung zwischen dem griechischen (insbesondere platonischen) und dem christlichen Verständnis von Liebe ist.
Max Scheler nahm in seiner erstmals 1915 publizierten Schrift Liebe und Erkenntnis Stellung. Bei der Deutung des Verhältnisses von Liebe und Erkenntnis unterscheidet er zwei Grundauffassungen, einen „indisch-griechischen Typus“ und den diesem radikal entgegengesetzten christlichen Ansatz. Den indischen und den antiken nichtchristlichen Ansätzen (insbesondere bei Platon und Aristoteles) sei gemeinsam, dass die Priorität der Erkenntnis vorausgesetzt werde. Diesen Positionen zufolge müsse die Erkenntnis vorausgehen, die Liebe sei deren Frucht. Die Bewegung der Liebe sei demnach vom Erkenntnisfortschritt abhängig. Damit werde die Liebe intellektualistisch bestimmt. Da Platon die Liebe als ein Streben von unvollkommener zu vollkommener Erkenntnis betrachte, könne für ihn eine vollkommene Gottheit nur Objekt von Liebe sein, aber nicht selbst lieben. Sobald die Erkenntnis vollendet sei, müsse die so aufgefasste Liebe verschwinden. Dieser Ansatz sei verfehlt. Die Liebe sei in Wirklichkeit kein Streben, sondern ruhe „ganz im Sein und Sosein ihres Gegenstandes“.[44]
Mit der Abgrenzung von platonischer und christlicher Liebe setzte sich auch der Philosoph und Theologe Heinrich Scholz in seiner 1929 veröffentlichten Abhandlung Eros und Caritas auseinander. Auch er betonte dabei die prinzipielle Unmöglichkeit eines im Sinne des platonischen Eros-Konzepts liebenden Gottes. Im Christentum hingegen sei die von Gott ausgehende Liebe sogar Voraussetzung für jede Liebe zu Gott und auch für jede Liebe der Menschen untereinander.[45]
In einer einflussreichen Untersuchung hat 1930 Anders Nygren die Meinung vertreten, der platonische Eros ziele auf das Wohlbefinden (Eudaimonie, Glückseligkeit) des Liebenden und darin erschöpfe sich sein Sinn. Dies sei bei allen Liebeskonzepten der nichtchristlichen antiken Philosophen der Fall. Hierin bestehe ein fundamentaler Unterschied zur christlichen Nächstenliebe und Gottesliebe, die auf ihr Objekt und nicht auf das Wohlergehen des liebenden Subjekts ausgerichtet sei.[46] Eine differenzierte Version dieser Hypothese vertrat Gregory Vlastos in einem erstmals 1973 veröffentlichten Aufsatz.[47] Er bestritt Nygrens Behauptung, in der Antike habe es eine „uneigennützige“ Liebe um des Liebesobjekts willen erst im Christentum gegeben. Andererseits stimmte er der Ansicht zu, es sei tatsächlich ein Merkmal des platonischen Konzepts, dass das geliebte Individuum nicht um seiner selbst willen geschätzt werde, sondern nur weil und insofern es etwas Allgemeines wie Schönheit oder eine Tugend verkörpert. Es sei nur als Träger bestimmter Eigenschaften relevant. Im Verlauf des Aufstiegs zu höheren, allgemeineren Liebesformen werde das Individuum überflüssig und ein Festhalten an ihm somit absurd.
Verkürzt werden die Positionen von Nygren und Vlastos mit dem Schlagwort vom „egozentrischen“ Charakter des platonischen Eros bezeichnet.[48] Die Egozentrismus-Hypothese ist in der Forschung umstritten und wird heute in ihrer radikalen Variante überwiegend abgelehnt. Die Gegenauffassung lautet, Platons Vorstellung sei nicht so einseitig und beschränkt, sondern das tugendhafte Individuum werde bei ihm durchaus als legitimes Liebesobjekt gewürdigt. Der Aufstieg zu umfassenderen Stufen der Liebe müsse nicht mit einem Erlöschen der Liebe zum Individuum verbunden sein, sondern diese werde nur anders betrachtet und eingeordnet.[49] Einer alternativen Hypothese zufolge ist der platonische Eros auf den unteren Stufen egozentrisch, doch ändert sich das im Verlauf des Aufstiegs.[50]
Psychologie
Sigmund Freud war der Überzeugung, es gebe nicht mehrere Arten von Liebe, die sich ihrem Ursprung und ihrer Natur nach unterscheiden, sondern die Liebe sei etwas Einheitliches. Alle ihre Formen einschließlich des platonischen Eros hätten eine gemeinsame Wurzel, die Libido. Daher sei es legitim, den Begriff „Liebe“ für alle Erscheinungsformen von Libido zu verwenden, gemäß dem allgemeinen Sprachgebrauch, der inhaltlich berechtigt sei.[51] Bei der Verteidigung seiner Einheitlichkeitshypothese berief sich Freud auf Platon, dessen Lehre den Sachverhalt im Prinzip bereits beinhalte: […] so mögen alle, die von ihrem höheren Standpunkt verächtlich auf die Psychoanalyse herabschauen, sich erinnern lassen, wie nahe die erweiterte Sexualität der Psychoanalyse mit dem Eros des göttlichen Plato zusammentrifft;[52] Der „Eros“ des Philosophen Plato zeigt in seiner Herkunft, Leistung und Beziehung zur Geschlechtsliebe eine vollkommene Deckung mit der Liebeskraft, der Libido der Psychoanalyse.[53] Befürworter der Psychoanalyse (Max Nachmansohn, Oskar Pfister) versuchten eine Übereinstimmung von Freuds Liebeskonzept mit demjenigen Platons aufzuzeigen. Allerdings sah Freud die gemeinsame Wurzel aller Formen von Liebe im Sexualtrieb und meinte, der sexuelle Impuls bleibe im Unbewussten intakt, auch wenn der Trieb mangels Gelegenheit zu direkter Befriedigung auf ein anderes Ziel umgelenkt worden sei wie in der „platonischen“ Liebe. Somit ist der Ausgangspunkt von Freuds Deutung der Liebe dem metaphysischen Ansatz Platons entgegengesetzt.[54]
Freud vermutete einen generellen regressiven Charakter der Triebe; er versuchte alle Triebe auf ein Bedürfnis nach Wiederherstellung eines früheren Zustandes zurückzuführen. Bei seiner Darstellung dieser Hypothese führte er unter anderem den Kugelmenschenmythos im Symposion an. Dort habe Platon den Sachverhalt in mythischer Sprache ausgedrückt.[55]
Eine psychologische Deutung von Platons Eros-Lehre unternahm Hans Kelsen in dem 1933 erschienenen Aufsatz Die platonische Liebe. Er interpretierte Platons philosophische Auseinandersetzung mit der Erotik als Folge eines ungelösten persönlichen Problems des Philosophen, das in dessen Leben eine zentrale und verhängnisvolle Rolle gespielt habe. Die sexuelle Komponente des platonischen Eros stelle sich als wesentlicher Bestandteil, als letzte Grundlage, als der Nährboden gleichsam dar, aus dem der vergeistigte Eros emporwächst.[56] Platon sei im Gegensatz zu vielen bisexuellen Zeitgenossen rein homosexuell veranlagt gewesen. Diese Ausrichtung sei in Athen auf verbreitete Missbilligung gestoßen, denn sie sei als Gefährdung des Fortbestandes der Gesellschaft gesehen worden. Als Homosexueller sei Platon in einen schweren inneren Konflikt zwischen Trieb und gesellschaftlicher Norm geraten, der ihn bewogen habe, seine sexuelle Orientierung durch metaphysische Verklärung zu rechtfertigen. Rechtfertigungsbedürftig sei insbesondere gewesen, dass er keine Familie gründete und damit eine staatsbürgerliche Pflicht vernachlässigte.[57] Auch auf seine politische Einstellung habe sich sein persönliches Problem ausgewirkt; seine antidemokratische Grundhaltung lasse sich als notwendige Konsequenz aus seiner Homosexualität deuten.[58]
Fundamentaler Bedeutungswandel des Begriffs „platonische Liebe“
Im Lauf der Zeit kam es zu einem fundamentalen Bedeutungswandel, der schließlich zu einer modernen Begriffsverwendung führte, die nur noch entfernte Ähnlichkeit mit Platons Konzept aufweist.
Platon hatte die erotische Liebe zum Körper nicht verworfen, sondern als unzulängliche, aber notwendige und sinnvolle Anfangsstufe einer anzustrebenden Höherentwicklung betrachtet. Nach seiner Lehre ist der Eros ein einheitliches Phänomen; der erotische Drang wechselt nur jeweils beim Erreichen einer neuen Stufe sein Objekt. Daher bezeichnet Platons Sokrates im Symposion „das Erotische“ ohne Einschränkung als verehrungswürdig.[13] Somit kann keine Stufe der Erotik als an und für sich unplatonisch bezeichnet werden. Ficino folgte diesem Ansatz. Er grenzte zwar die Liebe (amor) von einer auf körperliche Befriedigung abzielenden Lust (voluptas) ab, hielt aber die von körperlicher Schönheit entflammte Liebe für eine legitime Äußerung des platonischen Eros. Vermittelt werde sinnlich wahrnehmbare Schönheit durch Auge und Ohr. Die drei übrigen Sinne hingegen seien außerstande, Schönheit zu erfassen, und daher der Liebe nicht dienlich, vielmehr führten sie von ihr weg.[59]
In weiten Kreisen der Frühen Neuzeit und auch der Moderne, insbesondere in kirchlichem Milieu, wurde jedoch die Liebe zu körperlicher Schönheit wesentlich ungünstiger beurteilt. Dabei ging es um die möglichen sexuellen Implikationen und insbesondere um die in Platons Schriften deutlich hervortretende homoerotische Ausprägung, die für zahlreiche Leser sehr anstößig war. Daher war die Rezeption des platonischen Konzepts in großen Teilen der Öffentlichkeit mit einem Vorbehalt verbunden: Die Anfangsstufe von Platons Stufenmodell war suspekt, sie wurde negativ bewertet und von den anderen Stufen abgetrennt oder stillschweigend übergangen.[60]
Angesichts dieser Problematik pflegten platonisch orientierte Liebestheoretiker ihre Distanz zu sexuellen Aspekten der Schönheitsliebe zu betonen.[61] Damit wurde die Entwicklung eingeleitet, die dazu führte, dass schließlich im allgemeinen Sprachgebrauch Platons Liebestheorie auf einen Gegensatz zwischen sexuellen und asexuellen Beziehungen reduziert wurde und „platonisch“ die Bedeutung „ohne Sexualität“ erhielt. Ansatzpunkte dafür boten die Stellen in Platons Dialogen, wo eine körperbezogene Begierde verworfen oder dem Leser die vorbildliche Selbstbeherrschung des Sokrates vor Augen geführt wird.
Im 18. Jahrhundert begann in der Epoche der Empfindsamkeit eine neue intensive, aber einseitige Rezeption des platonischen Konzepts. Kennzeichnend für viele Liebestheorien dieser Zeit und des frühen 19. Jahrhunderts war eine scharfe theoretische Abgrenzung zwischen einer sinnlichen, auf körperliche Bedürfnisse reduzierbaren Liebe und der rein geistig-seelischen Liebe, die man „platonisch“ zu nennen pflegte und für die einzig wahre Liebe hielt. Ein einflussreicher Repräsentant dieser Sichtweise war Frans Hemsterhuis (1721–1790). Ähnlich wie er dachten Friedrich Heinrich Jacobi und Jean Paul. Jean Pauls Haltung war allerdings zwiespältig; er artikulierte als Satiriker auch scharfe Kritik an dem „platonischen“ Liebesideal der Empfindsamkeit.[62]
Im 19. Jahrhundert bewegten sich die Vorstellungen der Befürworter einer „platonischen Liebe“ (im modernen Sinne des Begriffs) in konventionellen Bahnen; neue philosophische Impulse gingen von ihnen nicht aus. Infolge der Fokussierung auf rein geistig-seelische Liebe zwischen zwei Menschen war nur noch ein Ausschnitt aus dem Stufenmodell Platons im Blickfeld. Auf ihn verengte sich die Rezeption der Erostheorie Platons in der breiten Öffentlichkeit.
Im allgemeinen Sprachgebrauch bezeichnet seit dem späten 18. Jahrhundert der Begriff „platonische Liebe“ eine emotionale Bindung an eine Person des anderen Geschlechts ohne sexuellen Kontakt. Oft wird der Ausdruck in ironischem und abwertendem Sinn verwendet; es wird unterstellt, dass ein „platonisch“ Liebender nur notgedrungen auf sexuelle Befriedigung verzichtet.[63] Der Gegensatz zu Platons Eros-Begriff ist so scharf, dass französische Gelehrte oft von amour platonicien sprechen, wenn sie Platons Konzept meinen, zwecks Unterscheidung von amour platonique („platonische Liebe“ im modernen Sinn).[64]
Einen sinnentleerten Nachklang moderner Vorstellungen von „platonischer Liebe“ stellt der Schriftsteller Robert Musil in seinem Roman Der Mann ohne Eigenschaften dar. Dort erhält die Gastgeberin eines Salons von einem Bewunderer den Namen Diotima. Damit spielt Musil ironisch auf Platons Symposion an. Er schildert eine anmaßende Überhöhung trivialer Verhältnisse, eine verbale Anknüpfung an ein unverstandenes traditionelles Ideal ohne Bezug zur gegenwärtigen Realität.[65]
Wissenschaftliche Kritik an der modernen Begriffsverwendung
Aus der Sicht von Philosophiehistorikern und Altertumswissenschaftlern ist die moderne Begriffsverwendung problematisch. Sie wird als fragwürdig und irreführend angeprangert, da sie einen falschen Eindruck von dem, was Platon meinte und wollte, vermittle. So beklagte schon 1919 der einflussreiche Altertumswissenschaftler Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff das moderne Missverständnis von Platons Anliegen mit drastischen Worten: Was für eine Fratze hat man aus der „platonischen“ Liebe gemacht, und „platonisch“ hat die Bedeutung dessen, was nur so tut, als wäre es etwas, angenommen, […].[66] Zu den Gelehrten, die sich später in diesem Sinne äußerten, zählt Olof Gigon. Er befand, die moderne Hintertreppenpsychologie habe aus dem „Symposion“ den ebenso bekannten wie berüchtigten Begriff der „platonischen Liebe“ herausgezogen. Dieser sei das volle Eigentum der Bewohner der Hintertreppen.[67]
Literatur
Platons Konzept
- Christoph Horn (Hrsg.): Platon: Symposion. Akademie Verlag, Berlin 2012, ISBN 978-3-05-004345-6 (Aufsatzsammlung)
- Anthony W. Price: Love and Friendship in Plato and Aristotle. Clarendon Press, Oxford 1989, ISBN 0-19-824899-7
- Frisbee C. C. Sheffield: Plato’s Symposium: The Ethics of Desire. Oxford University Press, Oxford 2006, ISBN 0-19-928677-9
- Kurt Sier: Die Rede der Diotima. Untersuchungen zum platonischen Symposion. Teubner, Stuttgart 1997, ISBN 3-519-07635-7
Nachwirkung
- Sabrina Ebbersmeyer: Sinnlichkeit und Vernunft. Studien zur Rezeption und Transformation der Liebestheorie Platons in der Renaissance. Wilhelm Fink, München 2002, ISBN 3-7705-3604-5
- Vanessa Kayling: Die Rezeption und Modifikation des platonischen Erosbegriffs in der französischen Literatur des 16. und 17. Jahrhunderts unter besonderer Berücksichtigung der antiken und italienischen Tradition. Romanistischer Verlag, Bonn 2010, ISBN 978-3-86143-190-9
- Jochen Schmidt: Wirkungsgeschichte. In: Ute Schmidt-Berger (Hrsg.): Platon: Das Trinkgelage. Insel Verlag, Frankfurt am Main 1985, ISBN 3-458-32381-3, S. 160–187
- Achim Wurm: Platonicus amor. Lesarten der Liebe bei Platon, Plotin und Ficino. De Gruyter, Berlin 2008, ISBN 978-3-11-020425-4
- Maria-Christine Leitgeb: Concordia mundi. Platons Symposion und Marsilio Ficinos Philosophie der Liebe. Holzhausen/Wien 2010, ISBN 978-3-85493-171-3
Anmerkungen
- Siehe die Beispiele in Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch, Bd. 7, Leipzig 1889, Sp. 1900 f.; Duden. Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in zehn Bänden, 3. Auflage, Bd. 7, Mannheim 1999, S. 2942; Ruth Klappenbach, Wolfgang Steinitz: Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache, Bd. 4, Berlin 1975, S. 2810.
- Kurt Sier: Die Rede der Diotima, Stuttgart 1997, S. X f.; Michael Erler: Platon (= Hellmut Flashar (Hrsg.): Grundriss der Geschichte der Philosophie. Die Philosophie der Antike, Bd. 2/2), Basel 2007, S. 196, 372.
- Siehe zu dieser Problematik die Beiträge in dem Sammelband Gerald A. Press (Hrsg.): Who Speaks for Plato? Studies in Platonic Anonymity, Lanham 2000 und die Übersichtsdarstellung bei Michael Erler: Platon (= Hellmut Flashar (Hrsg.): Grundriss der Geschichte der Philosophie. Die Philosophie der Antike, Bd. 2/2), Basel 2007, S. 75–78.
- Platon, Symposion 201d–212c.
- Platon, Symposion 212a–b.
- Zur Frage, inwieweit Diotima Platons eigene Position wiedergibt, und zum Fehlen wichtiger Teile seiner Lehre siehe Steffen Graefe: Der gespaltene Eros – Platons Trieb zur „Weisheit“, Frankfurt am Main 1989, S. 110–119; Kurt Sier: Die Rede der Diotima, Stuttgart 1997, S. 96, 147–197; Achim Wurm: Platonicus amor, Berlin 2008, S. 16–22; Gary Alan Scott, William A. Welton: Eros as Messenger in Diotima’s Teaching. In: Gerald A. Press (Hrsg.): Who Speaks for Plato? Studies in Platonic Anonymity, Lanham 2000, S. 147–159; Christos Evangeliou: Eros and Immortality in the Symposium of Plato. In: Diotima 13, 1985, S. 200–211.
- Siehe dazu Frisbee C. C. Sheffield: Plato’s Symposium: The Ethics of Desire, Oxford 2006, S. 27–39; Steffen Graefe: Der gespaltene Eros – Platons Trieb zur „Weisheit“, Frankfurt am Main 1989, S. 106–110.
- Michael Erler: Platon (= Hellmut Flashar (Hrsg.): Grundriss der Geschichte der Philosophie. Die Philosophie der Antike, Bd. 2/2), Basel 2007, S. 197, 372–375; vgl. S. 157–162; Steffen Graefe: Der gespaltene Eros – Platons Trieb zur „Weisheit“, Frankfurt am Main 1989, S. 31–85; Anthony W. Price: Love and Friendship in Plato and Aristotle, Oxford 1989, S. 1–14, 55–102.
- Platon, Symposion 189d–193d.
- Eine eingehende Untersuchung bietet Mário Jorge de Carvalho: Die Aristophanesrede in Platons Symposium. Die Verfassung des Selbst, Würzburg 2009.
- Platon, Symposion 201d–212c (Mythos: 203a–204b).
- Zum Charakter des Poros und zur Etymologie seines Namens siehe Steffen Graefe: Der gespaltene Eros – Platons Trieb zur „Weisheit“, Frankfurt am Main 1989, S. 131–170.
- Platon, Symposion 212b.
- Platon, Symposion 210e.
- Siehe dazu Stefan Büttner: Die Literaturtheorie bei Platon und ihre anthropologische Begründung, Tübingen 2000, S. 215–224.
- Zur Übereinstimmung zwischen Diotimas Aufstiegsmodell und dem des Höhlengleichnisses siehe Kurt Sier: Die Rede der Diotima, Stuttgart 1997, S. 151–153; Hans Joachim Krämer: Arete bei Platon und Aristoteles, Heidelberg 1959, S. 497–499.
- Platon, Symposion 213b–d, 216d–219e, 222a–c.
- Zu Plotins Eros-Verständnis siehe Christian Tornau: Eros versus Agape? In: Philosophisches Jahrbuch 112, 2005, S. 271–291, hier: 273–281; Christian Tornau: Der Eros und das Gute bei Plotin und Proklos. In: Matthias Perkams, Rosa Maria Piccione (Hrsg.): Proklos. Methode, Seelenlehre, Metaphysik, Leiden 2006, S. 201–229, hier: 202–206; Kurt Sier: Die Rede der Diotima, Stuttgart 1997, S. 57 f.
- Christian Tornau: Der Eros und das Gute bei Plotin und Proklos. In: Matthias Perkams, Rosa Maria Piccione (Hrsg.): Proklos. Methode, Seelenlehre, Metaphysik, Leiden 2006, S. 201–229, hier: 203 f., 206–228. Vgl. Werner Beierwaltes: Proklos. Grundzüge seiner Metaphysik, 2. Auflage, Frankfurt am Main 1979, S. 306–313 (teilweise durch Tornaus Ergebnisse überholt).
- Sprüche 4,6 und Weisheit Salomos 8,2.
- Isaak Heinemann: Philons griechische und jüdische Bildung, 2. Auflage, Hildesheim 1973, S. 286 f.
- Catherine Osborne: Eros Unveiled. Plato and the God of Love, Oxford 1994, S. 52–54, 70–77.
- Siehe dazu Katharina Bracht: Vollkommenheit und Vollendung. Zur Anthropologie des Methodius von Olympus, Tübingen 1999, S. 195–206, besonders S. 196, 202 f.; Selene M. Benedetta Zorzi: Desiderio della bellezza, Rom 2007, S. 337–371.
- Pseudo-Dionysius Areopagita, De divinis nominibus 4,11 f. Siehe dazu John M. Rist: A Note on Eros and Agape in Pseudo-Dionysius. In: Vigiliae Christianae 20, 1966, S. 235–243; Werner Beierwaltes: Platonismus im Christentum, Frankfurt am Main 1998, S. 72–75; Jan A. Aertsen: „Eros“ und „Agape“. Dionysius Areopagita und Thomas von Aquin über die Doppelgestalt der Liebe. In: Edith Düsing, Hans-Dieter Klein (Hrsg.): Geist, Eros und Agape, Würzburg 2009, S. 191–203, hier: 193–196.
- Melanie Bender: The Dawn of the Invisible, Münster 2010, S. 148–153.
- James Hankins: Plato in the Italian Renaissance, 3. Auflage, Leiden 1994, S. 70–72; vgl. Sabrina Ebbersmeyer: Sinnlichkeit und Vernunft, München 2002, S. 58–62.
- Zu Bessarion siehe Sabrina Ebbersmeyer: Sinnlichkeit und Vernunft, München 2002, S. 64–68.
- Zu Georgs Position siehe James Hankins: Plato in the Italian Renaissance, 3. Auflage, Leiden 1994, S. 239 f.
- Marsilio Ficino, De amore 1,4.
- Marsilio Ficino, De amore 2,3.
- Maria-Christine Leitgeb: Concordia mundi. Platons Symposion und Marsilio Ficinos Philosophie der Liebe, Wien 2010, S. 15–21.
- Zu Ficinos Ästhetik siehe Maria-Christine Leitgeb: Concordia mundi. Platons Symposion und Marsilio Ficinos Philosophie der Liebe, Wien 2010, S. 99–109, 112 f.
- Thomas Leinkauf: Liebe als universales Prinzip. Zur Auseinandersetzung mit Platons Symposion im Denken der Renaissance: Marsilio Ficino und ein Ausblick auf die Liebes-Traktate des 16. Jahrhunderts. In: Edith Düsing, Hans-Dieter Klein (Hrsg.): Geist, Eros und Agape, Würzburg 2009, S. 205–227, hier: 218–221.
- Marsilio Ficino, De amore 7,16. Siehe dazu Achim Wurm: Platonicus amor, Berlin 2008, S. 1 und Anm. 2.
- Maria-Christine Leitgeb: Concordia mundi. Platons Symposion und Marsilio Ficinos Philosophie der Liebe, Wien 2010, S. 191 f.
- Marsilio Ficino, De amore 4,4–5.
- Helmut Kuhn, Karl-Heinz Nusser: Liebe, I.–III. In: Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 5, Basel 1980, S. 290–318, hier: 303; vgl. David Konstan: Eros. I. Zum Begriff. II. Eros und Amor. In: Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Auflage, Band 2, Tübingen 1999, Sp. 1465–1467.
- Für Einzelheiten siehe Vanessa Kayling: Die Rezeption und Modifikation des platonischen Erosbegriffs in der französischen Literatur des 16. und 17. Jahrhunderts unter besonderer Berücksichtigung der antiken und italienischen Tradition, Bonn 2010; Thomas Leinkauf: Liebe als universales Prinzip. Zur Auseinandersetzung mit Platons Symposion im Denken der Renaissance: Marsilio Ficino und ein Ausblick auf die Liebes-Traktate des 16. Jahrhunderts. In: Edith Düsing, Hans-Dieter Klein (Hrsg.): Geist, Eros und Agape, Würzburg 2009, S. 205–227, hier: 223–227; František Novotný: The Posthumous Life of Plato, Den Haag 1977, S. 438–443.
- Sabrina Ebbersmeyer: Sinnlichkeit und Vernunft, München 2002, S. 14 f.
- Siehe dazu Sabrina Ebbersmeyer: Sinnlichkeit und Vernunft, München 2002, S. 170–178.
- Jochen Schmidt: Wirkungsgeschichte. In: Ute Schmidt-Berger (Hrsg.): Platon: Das Trinkgelage, Frankfurt am Main 1985, S. 160–187, hier: 184–186.
- Klaus Manger: Lais’ Antisymposion in Wielands Aristipp. In: Stefan Matuschek (Hrsg.): Wo das philosophische Gespräch ganz in Dichtung übergeht. Platons Symposion und seine Wirkung in der Renaissance, Romantik und Moderne, Heidelberg 2002, S. 49–61.
- Ludwig Klages: Vom kosmogonischen Eros, 4. Auflage, Jena 1941, S. 41–49, 56–59, 93 f.
- Max Scheler: Schriften zur Soziologie und Weltanschauungslehre (= Gesammelte Werke Bd. 6), 2. Auflage, Bern 1963, S. 77–98, hier: 83 f.
- Heinrich Scholz: Eros und Caritas, Halle (Saale) 1929, S. 56–61, 65–67.
- Anders Nygren: Eros und Agape. Gestaltwandlungen der christlichen Liebe, 2 Teile, Gütersloh 1930–1937 (Übersetzung einer 1930 in schwedischer Sprache veröffentlichten Untersuchung), besonders Teil 1 S. 157 f.
- Gregory Vlastos: The Individual as an Object of Love in Plato. In: Gregory Vlastos: Platonic Studies, 2. Auflage, Princeton 1981, S. 3–42, 424 f. (Nachdruck der Auflage Princeton 1973 mit Korrekturen).
- Zustimmung zur Egozentrismus-Hypothese äußerten u. a. Willem J. Verdenius: Der Begriff der Mania in Platons Phaidros. In: Archiv für Geschichte der Philosophie 44, 1962, S. 132–150, hier: 139–143; Gerasimos Santas: Plato and Freud. Two Theories of Love, Oxford 1988, S. 31 f., 52; Louis A. Kosman: Platonic love. In: William Henry Werkmeister (Hrsg.): Facets of Plato’s Philosophy, Assen 1976, S. 53–69.
- In diesem Sinne äußerten sich u. a. Arthur Hilary Armstrong: Plotinian and Christian Studies, London 1979, Aufsätze IX und X; Donald Levy: The Definition of Love in Plato’s Symposium. In: Journal of the History of Ideas 40, 1979, S. 285–291 und Catherine Osborne: Eros Unveiled. Plato and the God of Love, Oxford 1994, S. 54–61, 222–226; Anthony W. Price: Love and Friendship in Plato and Aristotle, Oxford 1989, S. 45–54, 97–102; C. David C. Reeve: Plato on Eros and Friendship. In: Hugh H. Benson (Hrsg.): A Companion to Plato, Malden 2006, S. 294–307, hier: 300–302; Frisbee C. C. Sheffield: Plato’s Symposium: The Ethics of Desire, Oxford 2006, S. 154–182. Vgl. dazu Martha C. Nussbaum: The fragility of goodness, Cambridge 1986, S. 166–184.
- Diese Auffassung vertreten u. a. John M. Rist: Eros and Psyche, Toronto 1964, S. 33–40 und Timothy A. Mahoney: Is Socratic erōs in the Symposium Egoistic? In: Apeiron 29, 1996, S. 1–18. Mahoney bietet S. 1–3 und Anm. 4–6 eine Übersicht über die ältere Literatur.
- Sigmund Freud: Massenpsychologie und Ich-Analyse. In: Sigmund Freud: Gesammelte Werke, 5. Auflage, Bd. 13, Frankfurt am Main 1967, S. 71–161, hier: 98–100.
- Sigmund Freud: Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie. In: Sigmund Freud: Gesammelte Werke, 5. Auflage, Bd. 5, Frankfurt am Main 1972, S. 27–145, hier: 32; vgl. Freuds Aufsatz Die Widerstände gegen die Psychoanalyse. In: Gesammelte Werke, 5. Auflage, Bd. 14, Frankfurt am Main 1972, S. 97–110, hier: 105.
- Sigmund Freud: Massenpsychologie und Ich-Analyse. In: Sigmund Freud: Gesammelte Werke, 5. Auflage, Bd. 13, Frankfurt am Main 1967, S. 71–161, hier: 99.
- Anthony W. Price: Plato and Freud. In: Christopher Gill (Hrsg.): The Person and the Human Mind, Oxford 1990, S. 247–270, hier: 248, 250–258, 269 f. Siehe auch den Vergleich der beiden Ansätze bei Gerasimos Santas: Plato and Freud. Two Theories of Love, Oxford 1988, S. 116–119, 153–184.
- Sigmund Freud: Jenseits des Lustprinzips. In: Sigmund Freud: Gesammelte Werke, 5. Auflage, Bd. 13, Frankfurt am Main 1967, S. 1–69, hier: 62 f. Vgl. Gerasimos Santas: Plato and Freud. Two Theories of Love, Oxford 1988, S. 161 f.
- Hans Kelsen: Aufsätze zur Ideologiekritik, Neuwied 1964, S. 114–197, hier: 134.
- Hans Kelsen: Aufsätze zur Ideologiekritik, Neuwied 1964, S. 114–197, hier: 153–157.
- Hans Kelsen: Aufsätze zur Ideologiekritik, Neuwied 1964, S. 114–197, hier: 119 f.
- Maria-Christine Leitgeb: Concordia mundi. Platons Symposion und Marsilio Ficinos Philosophie der Liebe, Wien 2010, S. 22 f.; Sabrina Ebbersmeyer: Sinnlichkeit und Vernunft, München 2002, S. 73–78. Zur Problematik des sexuellen Aspekts dieses Eros bei Ficino siehe Wouter J. Hanegraaff: Under the Mantle of Love: The Mystical Eroticisms of Marsilio Ficino and Giordano Bruno. In: Wouter J. Hanegraaff, Jeffrey J. Kripal (Hrsg.): Hidden Intercourse. Eros and Sexuality in the History of Western Esotericism, Leiden 2008, S. 175–207, hier: 178–194.
- Jill Kraye: The transformation of Platonic love in the Italian Renaissance. In: Anna Baldwin, Sarah Hutton (Hrsg.): Platonism and the English Imagination, Cambridge 1994, S. 76–85, hier: 76 f.; Diskin Clay: The Hangover of Plato’s Symposium in the Italian Renaissance from Bruni (1435) to Castiglione (1528). In: James H. Lesher u. a. (Hrsg.): Plato’s Symposium. Issues in Interpretation and Reception, Cambridge (Massachusetts) 2006, S. 341–359, hier: 344 f.; Sabrina Ebbersmeyer: Sinnlichkeit und Vernunft, München 2002, S. 58, 63 f., 71, 131–133; Lloyd P. Gerson: A Platonic Reading of Plato’s Symposium. In: James H. Lesher u. a. (Hrsg.): Plato’s Symposium. Issues in Interpretation and Reception, Cambridge (Massachusetts) 2006, S. 47–67, hier: 47; Gerhard Krüger: Einsicht und Leidenschaft, 5. Auflage, Frankfurt am Main 1983, S. 3 f.
- John Charles Nelson: Renaissance Theory of Love, New York 1958, S. 69–72; Sabrina Ebbersmeyer: Sinnlichkeit und Vernunft, München 2002, S. 65 f., 69–71; Unn Irene Aasdalen: The First Pico-Ficino Controversy. In: Stephen Clucas u. a. (Hrsg.): Laus Platonici Philosophi. Marsilio Ficino and his Influence, Leiden 2011, S. 67–88, hier: 79–83; Jill Kraye: The transformation of Platonic love in the Italian Renaissance. In: Anna Baldwin, Sarah Hutton (Hrsg.): Platonism and the English Imagination, Cambridge 1994, S. 76–85, hier: 77–81.
- Maximilian Bergengruen: Von der schönen Seele zum guten Staat. In: Stefan Matuschek (Hrsg.): Wo das philosophische Gespräch ganz in Dichtung übergeht. Platons Symposion und seine Wirkung in der Renaissance, Romantik und Moderne, Heidelberg 2002, S. 175–190.
- Beispiele bieten Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch, Bd. 7, Leipzig 1889, Sp. 1900 f.; Günther Drosdowski (Hrsg.): Duden. Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in sechs Bänden, Bd. 5, Mannheim 1980, S. 2005; Ruth Klappenbach, Wolfgang Steinitz: Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache, Berlin 1975, S. 2810 (dort wird „platonische Liebe“ definiert als geistige, nicht sinnliche Liebe zwischen Mann und Frau). Vgl. Maximilian Bergengruen: Von der schönen Seele zum guten Staat. In: Stefan Matuschek (Hrsg.): Wo das philosophische Gespräch ganz in Dichtung übergeht. Platons Symposion und seine Wirkung in der Renaissance, Romantik und Moderne, Heidelberg 2002, S. 175–190, hier: 178.
- Thomas Gould: Platonic Love, London 1963, S. 1.
- Siehe dazu Karin Sporkhorst: Woraus bemerkenswerter Weise nichts hervorgeht. Diotima – Eine Frau mit Vergangenheit, aber ohne Zukunft. In: Gabriele Uerscheln (Hrsg.): „Vielleicht ist die Wahrheit ein Weib …“ Frauengestalten des Mythos im Zwielicht, Köln 2009, S. 112–121.
- Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff: Platon. Sein Leben und seine Werke, 5. Auflage, Berlin 1959 (Erstveröffentlichung 1919), S. 369.
- Olof Gigon: Einleitung. In: Platon: Meisterdialoge (= Jubiläumsausgabe sämtlicher Werke, Bd. 3), Zürich/München 1974, S. V–LXXXVI, hier: LIX.