Pittakall
Pittakall ist der erste synthetisch hergestellte Farbstoff. Er wurde 1832 durch Zufall vom deutschen Chemiker Karl von Reichenbach entdeckt, der auch als der Entdecker von Kerosin, Phenol, Eupion, Paraffinwachs und Kreosot gilt.
Strukturformel | |||||||
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Allgemeines | |||||||
Name | Pittakall | ||||||
Andere Namen |
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Summenformel | C25H29N3O6 | ||||||
Kurzbeschreibung |
blauer Feststoff[1] | ||||||
Externe Identifikatoren/Datenbanken | |||||||
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Eigenschaften | |||||||
Molare Masse | 467,51 g·mol−1 | ||||||
Aggregatzustand |
fest | ||||||
Sicherheitshinweise | |||||||
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Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. |
Entdeckung
In den 1830er Jahren beschäftigte sich Karl Reichenbach mit der Erforschung der Komponenten des Buchenteers. Reichenbach war zusammen mit Hugo Karl Eduard zu Salm-Reifferscheidt Mitinhaber von Hüttenwerken in Blansko in Mähren.[1] Mit dem in den dortigen Kohlenmeilern anfallenden Kreosot strich Reichenbach den Holzzaun um sein Grundstück an, in der Hoffnung, dass der penetrante Geruch des Kreosots Hunde vom Urinieren am Zaun abhalten würde. Kreosot enthält eine Reihe von polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffen, einfache Aromaten sowie Teersäuren, Teerbasen und weitere Inhaltsstoffe.
Zwar wurden die Hunde nicht vom Urinieren abgehalten, das Kreosot reagierte aber mit dem Hundeurin zu einem blauen Farbstoff. Diesen nannte Reichenbach Pittakall, von den griechischen Wörtern πίττα (pítta, „Pech“, „Harz“) und κάλλος (kállos, „Schönheit“). Später gelang ihm die Darstellung von reinem Pittakall als blauer Feststoff durch die Umsetzung von Buchenpech mit Bariumoxid.[1] Pittakall ist unlöslich in Wasser, Ethanol und Diethylether, aber löslich in Säuren. Der reine Stoff besteht aus orangen Nadeln, die sich im Alkalischen blau lösen. Pittakall wurde als blauer Textilfarbstoff verwendet, der sich auf mit Aluminiumoxid gebeizten Textilien abscheiden lässt.[3] Der blaue Farbstoff ist licht- und wasserbeständig.[4]
Die Oxidation von Pittakall liefert Eupittonsäure, eine gelbe, kristalline Substanz.[5] Der kommerzielle Erfolg des Pittakalls war jedoch gering.
Strukturaufklärung
Die Konstitutionsaufklärung von Pittakall erfolgte 1878 durch August Wilhelm von Hofmann. Hofmann konnte zeigen, dass sich durch Umsetzung von 2,6-Dimethoxyphenol (Pyrogallussäuredimethylether) 1 mit 4-Methyl-2,6-dimethoxybenzol (Methylpyrogallussäuredimethylether) 2 die Eupittonsäure 3 bildet. Diese Umsetzung ist analog der Darstellung von Parafuchsin aus Anilin und p-Toluidin.[6] Die Umsetzung der Eupittonsäure mit Ammoniak ergibt den blauen Farbstoff Pittakall 4:[7]
Synthese von Pittakall (Hexamethoxyparafuchsin)
Einzelnachweise
- George B. Kauffman: Pittacal - The first synthetic dyestuff. In: Journal of Chemical Education. 54, 1977, S. 753, doi:10.1021/ed054p753.
- Dieser Stoff wurde in Bezug auf seine Gefährlichkeit entweder noch nicht eingestuft oder eine verlässliche und zitierfähige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden.
- Matthijs de Keijzer, Maarten R. van Bommel, Regina Hofmann-de Keijzer, Regina Knaller, Edith Oberhumer: Indigo carmine: Understanding a problematic blue dye. In: Studies in Conservation. 57, 2013, S. S87–S95, doi:10.1179/2047058412Y.0000000058.
- Jöns Jacob Berzelius: Lehrbuch der Chemie: 8. Band. Arnoldsche Buchhandlung, Dresden, Leipzig, 1838, S. 578.
- A. W. Hofmann: Nachträgliches über Pittakall und Eupittonsäure. In: Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft. 12, 1879, S. 2216–2222, doi:10.1002/cber.187901202262.
- Carl Graebe: Geschichte der Organischen Chemie. Erster Band. Julius Springer, Berlin 1920, S. 359 (Digitalisat).
- Franz Ferzak: Karl Freiherr von Reichenbach. FFWASP EBOOKS, 2017 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).