Philipp Funk
Philipp Funk (* 26. Juni 1884 in Wasseralfingen bei Aalen; † 14. Januar 1937 in Freiburg im Breisgau) war ein deutscher Historiker und Publizist.
Leben und Wirken
Philipp Funk wurde als Sohn des Eisengießers Georg Funk und der Philippine Funk, geb. Hauser, geboren. Schon mit 17 Jahren interessierte er sich für Genealogie und verfolgte die Kunsthandwerkerfamilien Funk und Hauser bis zum Anfang des 17. Jahrhunderts zurück. Ab 1896 besuchte er die Lateinschule in Rottenburg am Neckar und ab 1899 das Gymnasium in Ehingen, wo er 1903 das Abitur ablegte. Im gleichen Jahr trat er in das Theologenkonvikt Wilhelmsstift ein und begann ein Studium der Philosophie, Geschichte, Kunstgeschichte und katholischen Theologie an der Universität Tübingen. Dort gehörte unter anderem Georg von Below zu seinen akademischen Lehrern. Funk gründete mit Eugen Mack, Joseph Eberle, Alfons Heilmann und Hermann Hefele den schöngeistigen Theologenzirkel Der Gral (1905) und später wurde er Mitbegründer eines sozialpolitischen Studienzirkels. Er war Mitglied der Theologengesellschaft Guelfia. 1907 bestand er das theologische Staatsexamen und trat am 8. Oktober in das Priesterseminar Rottenburg ein. Bereits als Student arbeitete er an der Zeitschrift des Reformkatholizismus Renaissance mit: In einem Artikel von April 1906 (Band 7, 1906, S. 202–211) kritisierte er die wissenschaftliche Methode des Tübinger Exegeten Johannes Evangelist von Belser (1850–1916) scharf. In einem weiteren Aufsatz über die Legenden-Studien des Heinrich Günter äußerte er Zweifel an der Historizität des Johannesevangeliums und sprach von „Legenden“ in der Heiligen Schrift (Band 7, 1906, S. 645–654, 710–717). Daraufhin wurde er ein Jahr vom Empfang der Weihen zurückgestellt und trat Ende 1907 vorläufig aus dem Priesterseminar aus.
Er setzte sein Studium der Geschichte in Tübingen und München fort und promovierte im Juli 1908 in Tübingen unter der Betreuung von Walter Goetz mit einer Arbeit über Jakob von Vitry zum Dr. phil. Am 26. November 1908 trat er wieder in das Priesterseminar Rottenburg ein. Schon nach einem Monat verließ er es am 20. Dezember, aber endgültig, nachdem er die Enzyklika Pascendi nicht formell anerkennen wollte. Es folgten Studien und schriftstellerische Arbeiten in Tübingen. Ab März 1909 arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften am historischen Atlas von Bayern. Vom 1. Oktober 1909 bis zum 30. September 1910 war er Hilfsbibliothekar an der Stadtbibliothek Stettin unter Erwin Ackerknecht. Bereits seit Anfang 1910 arbeitete er als Herausgeber und Leiter der modernistischen Wochenschrift Das Neue Jahrhundert, die 1915 und 1916 unter dem Titel Freie-Deutsche Blätter erschien und danach ihr Erscheinen einstellte. Im August 1910 sprach er als Vertreter der deutschen Modernisten auf dem Weltkongress für freies Christentum und kirchlichen Fortschritt in Berlin, ebenso 1913 in Paris. Seine 1913 erschienene Essaysammlung Von der Kirche des Geistes wurde 1915 wegen modernistischer Tendenzen indiziert.
Bald nach Beginn des Ersten Weltkrieges meldete er sich, da ihn ein Augenleiden am Waffendienst hinderte, als Sanitätssoldat. Dann war er als Kriegsberichtserstatter und 1916 bis 1917 bei der politischen Abteilung des Generalgouvernements Belgien in Brüssel tätig. 1917 bis 1918 arbeitete er in der Zensurabteilung der politischen Abteilung des Generalgouvernements in Bukarest. Nach dem Kriegseinsatz war er von 1918 bis 1919 Schriftleiter für Außen- und Kulturpolitik an der München-Augsburger Abendzeitung, 1920 bis 1926 Lektor bei Kösel-Pustet München, 1921 bis 1926 historischer Berater der Zeitschrift Hochland[1] und 1921 bis 1924 Redakteur der Literarischen Beilage des Bayerischen Kuriers. Nach seiner Habilitation (1926) unter der Betreuung von Heinrich Günter war er kurzzeitig Privatdozent an der Universität München, ehe er noch im gleichen Jahr als ordentlicher Professor der Literatur- und allgemeinen Geschichte an die Staatliche Akademie in Braunsberg, Ostpreußen, wechselte. Dort erlernte er die polnische Sprache, um Quellen studieren zu können. Einem Ruf als ordentlicher Professor der mittelalterlichen und neueren Geschichte (Konkordatslehrstuhl) an der Universität Freiburg im Breisgau folgte er 1929. 1935 wurde er Leiter im Reichsinstitut für ältere deutsche Geschichtskunde und 1936 in den Allgemeinen Deutschen Historiker-Ausschuss berufen.
Funks Hauptarbeitsgebiete waren die Geschichte der abendländischen Frömmigkeit, die Geistesgeschichte des 19. Jahrhunderts und das Staatsdenken im Mittelalter. Er war Mitglied der Badischen Historischen Kommission, der Görres-Gesellschaft, einige Zeit der BVP und der Krausgesellschaft – Vereinigung für religiösen und kulturellen Fortschritt im Katholizismus in München (seit 1910; benannt nach Franz Xaver Kraus). Er starb plötzlich am 14. Januar 1937 und wurde am 17. Januar in Wasseralfingen bestattet. Sein Nachlass wird im Archiv der Universität Freiburg aufbewahrt.[2]
Veröffentlichungen
- Jakob von Vitry. Leben und Werke (= Beiträge zur Kulturgeschichte des Mittelalters und der Renaissance, Band 3). Teubner, Leipzig und Berlin 1909; Dissertation, Universität Tübingen, 1908; Nachdruck: Gerstenberg, Hildesheim 1973, ISBN 3-8067-0103-2.
- Paul Sabatier, Romolo Murri, A. L. Lilley und Philipp Funk: Der Modernismus. 4 Vorträge [...] beim 5. Weltkongress für Freies Christentum und Religiösen Fortschritt, Berlin 1910. Protestantischer Schriftenvertrieb, Berlin-Schöneberg 1911.
- Von der Kirche des Geistes. Religiöse Essays im Sinne eines modernen Katholizismus. Verlag der Krausgesellschaft, München 1913.
- Von der Aufklärung zur Romantik. Studien zur Vorgeschichte der Münchner Romantik. Kösel & Pustet, München 1925, Habilitationsschrift.
- Beiträge zur Biographie Josephs von Hohenzollern-Hechingen, Fürstbischofs von Ermland, 1808–1836. Ermländische Zeitungs- und Verlagsdr., Braunsberg 1927 (aus: Verzeichnis der Vorlesungen an der Staatl. Akademie zu Braunsberg, Sommer 1927).
- Herausgeberschaft
- Pier Candido Decembrio (Autor), Philipp Funk (Übersetzung und Einleitung): Leben des Filippo Maria Visconti und Taten des Franzesco Sforza (= Das Zeitalter der Renaissance, Serie 1, Band 7). Diederichs, Jena 1913.
- Ignatius von Loyola (Autor), Philipp Funk (Übersetzung und Einleitung): Ignatius von Loyola (= Klassiker der Religion, Band 6). Protestantischer Schriftenvertrieb, Berlin-Schöneberg 1913.
- mit Max Ettlinger und Friedrich Fuchs: Wiederbegegnung von Kirche und Kultur in Deutschland. Eine Gabe für Karl Muth. Kösel & Pustet, München 1927.
- Papsttum, Kirchenreform, Reichskirche. Sebastian Merkle zum 70. Geburtstag, 28. Aug. 1932. Bachem, Köln 1932 (aus: Historisches Jahrbuch, 1932).
- 1920–1926 Literarischer Ratgeber für die Katholiken Deutschlands. Kösel & Pustet, München.
- 1929–1936 Historisches Jahrbuch der Görres-Gesellschaft. Band 49–56
Literatur
- Wilhelm Zils (Hrsg.): Geistiges und künstlerisches München in Selbstbiographien. Kellerer, München 1913, S. 99–100 (Digitalisat).
- Wilhelm Kosch: Das katholische Deutschland. Biographisch-bibliographisches Lexikon. Band 1, Haas & Grabherr, Augsburg 1933, Sp. 898–899.
- Gerhard Lüdtke (Hrsg.): Kürschners Deutscher Gelehrten-Kalender. 4. Ausgabe 1931, Sp. 779.
- Herrmann A. L. Degener (Hrsg.): Wer ist’s. 10. Ausgabe, Degener, Berlin 1935.
- Heinrich Finke: Philipp Funk †. In: Jahresbericht der Görres-Gesellschaft 1936. Köln 1937, S. 124–127.
- Johannes Spörl: Philipp Funk zum Gedächtnis. In: Historisches Jahrbuch. Band 57, 1937, S. 1–15 (mit Bild vor S. 1; Weder die dort angekündigte Monographie zu den Staatslehren im Mittelalter noch die zweibändige Sammlung von Funks Aufsätzen unter dem Titel Erbe und Verpflichtung ist je erschienen. Für letztere war ein Werkverzeichnis Funks mit mehr als 350 Nummern geplant. Auch seine Tagebücher, die er als Fünfzehnjähriger begann und bis zu seinem Tod fortführte, sind bisher unveröffentlicht.)
- Clemens Bauer: Nachruf. In: Historische Zeitschrift. Band 156, Heft 1, 1937, S. 221–222 (online).
- Clemens Bauer: Philipp Funk. Ein Nachruf. In: Hochland. Band 34, 1937, S. 526–532 (auch in: Clemens Bauer: Gesammelte Aufsätze zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte. Wien 1965, S. 480–486).
- Gerhard Ritter: Philipp Funk †.In: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins. Neue Folge, Band 51 (der ganzen Reihe Band 90), Karlsruhe 1938, S. 127–129.
- Buchholz: Funk Philipp. In: Christian Krollmann (Hrsg.): Altpreußische Biographie. Band 1, Gräfe und Unzer, Königsberg 1941, S. 202.
- Silvio Furlani: Funk, Philipp. In: Enciclopedia Cattolica. Band 5, Città del Vaticano 1950, Sp. 1808.
- August Hagen: Gestalten aus dem schwäbischen Katholizismus. Band 3, Schwabenverlag, Stuttgart 1954, S. 244–283 (mit Bildtafel nach S. 244).
- Gottfried Maron: Funk, Philipp. In: Kurt Galling: Religion in Geschichte und Gegenwart. 3. Auflage, Band 2, Tübingen 1958, Sp. 1179–1180.
- Johannes Spörl: Funk, Philipp. In: Lexikon für Theologie und Kirche. 2. Auflage, Band 4, Herder, Freiburg im Breisgau 1960, Sp. 460–461.
- August Hagen: Der Reformkatholizismus in der Diözese Rottenburg (1902–1920). Schwabenverlag, Stuttgart 1962, S. 97–100.
- Wilhelm Kosch und Eugen Kuri: Biographisches Staatshandbuch. Lexikon der Politik, Presse und Publizistik. Band 1, Francke, Bern und München 1963, Sp. 367–368.
- Helmut Bender und Klaus-Peter Wilke: Funk, Philipp. In: Wilhelm Kosch (Begründer): Deutsches Literatur-Lexikon. 3. Ausgabe, Band 5, Francke Verlag, Bern und München 1978, ISBN 3-7720-1265-5, S. 914–915.
- Joachim Köhler: Heinrich Günters Legendenstudien. Ein Beitrag zur Erforschung historischer Methode. In: Georg Schwaiger (Hrsg.): Historische Kritik in der Theologie. Beiträge zu ihrer Geschichte (Studien zur Theologie und Geistesgeschichte des Neunzehnten Jahrhunderts, Band 32), Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1980, ISBN 3-525-87492-8, S. 307–337, insbesondere S. 316–317.
- Wolfgang Weber: Biographisches Lexikon zur Geschichtswissenschaft in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die Lehrstuhlinhaber für Geschichte von den Anfängen des Faches bis 1970. Lang, Frankfurt am Main [u. a.] 1984, ISBN 3-8204-8005-6, S. 163; 2. Auflage, Lang, Frankfurt am Main [u. a.] 1987.
- Ursula Wiggershaus-Müller: Nationalsozialismus und Geschichtswissenschaft. Die Geschichte der Historischen Zeitschrift und des Historischen Jahrbuchs 1933–1945 (= Schriftenreihe Studien zur Zeitgeschichte, Band 17). Kovač, Hamburg 1998, ISBN 3-86064-787-3, S. 90–91, zugleich: Dissertation, Universität Heidelberg 1989.
- Otto Weiß: Der Modernismus in Deutschland. Ein Beitrag zur Theologiegeschichte. Pustet, Regensburg 1995, ISBN 3-7917-1478-3, S. 348–376.
- Oskar Köhler: Funk, Philipp. In: Lexikon für Theologie und Kirche. 3. Auflage, Band 4, Herder, Freiburg im Breisgau 1995, ISBN 3-451-22004-0, Sp. 239.
- Otto Weiß: Funk, Philipp. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 15, Bautz, Herzberg 1999, ISBN 3-88309-077-8, Sp. 586-593. (mit ausführlichem Literatur- und Werkverzeichnis).
- Karl Hausberger: Funk, Philipp. In: Religion in Geschichte und Gegenwart. 4. Auflage, Band 3, Mohr Siebeck, Tübingen 2000, ISBN 3-16-146943-7, Sp. 436–437.
- Hugo Ball: Briefe 1904–1927. Teil 1: 1904–1923 (= Veröffentlichungen der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, Darmstadt, Band 81,1). Wallstein, Göttingen 2003, ISBN 3-89244-701-2, S. 374 (online).
- Bernd Moeller, Bruno Jahn (Hrsg.): Deutsche biographische Enzyklopädie der Theologie und der Kirchen. Band 1, Saur, München 2005, ISBN 3-598-11666-7, S. 466–467.
- Bruno Jahn: Die deutschsprachige Presse. Band 1, Saur, München 2005, ISBN 3-598-11710-8, S. 311.
- Rudolf Vierhaus (Hrsg.): Deutsche Biographische Enzyklopädie. 2. Ausgabe, Band 3, Saur, München 2006, ISBN 3-598-25033-9, ISBN 978-3-598-25033-0, S. 639.
- Anke Hees: Funk, Philipp. In: Deutsches Literatur-Lexikon. Das 20. Jahrhundert. Band 10, Saur, Zürich und München 2007, ISBN 978-3-908255-10-9, Sp. 313–314.
Weblinks
- Literatur von und über Philipp Funk im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Einzelnachweise
- Hochland. Monatsschrift für alle Gebiete des Wissens, der Literatur und Kunst im Historischen Lexikon Bayerns.
- Nachlass Philipp Funk (ca. 1925–1942).