Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften
Die Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (HiKo) wurde 1858 auf Initiative des Historikers Leopold von Ranke vom bayerischen König Maximilian II. gegründet. Sie ist einerseits eine Gelehrtengesellschaft, eine Akademie für deutsche Geschichte – so Ranke –, andererseits mit rund 30 wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Deutschland, Österreich und der Schweiz eine der größten außeruniversitären historischen Forschungseinrichtungen der Bundesrepublik Deutschland. An ihrer Spitze stehen Gerrit Walther als Präsident (seit 2012) und Bernhard Löffler als Sekretar (seit 2018). Der HiKo gehören derzeit 43 Mitglieder an.
Aufgaben und Ziele
Im Zentrum der Kommissionsarbeit stehen seit den Anfängen wissenschaftliche Quelleneditionen. Das Spektrum reicht vom Spätmittelalter bis zur Zeitgeschichte.[1] Dazu zählen zentrale Editionen wie die Deutschen Reichstagsakten, die Deutschen Geschichtsquellen des 19. und 20. Jahrhunderts oder die Akten der Reichskanzlei, Regierung Hitler 1933–1945.
Ihr zweiter Schwerpunkt ist die historisch-biographische Forschung, mit Allgemeiner Deutscher Biographie (ADB), Neuer Deutscher Biographie (NDB). Die rund 50.000 Artikel von ADB und NDB bilden die Grundlage der digitalen Deutschen Biographie, des historisch-biographischen Informationssystems für den deutschen Sprachraum, das die HiKo gemeinsam mit der Bayerischen Staatsbibliothek betreibt. Darin können mehr 730.000 Persönlichkeiten recherchiert werden. Nach Abschluss der gedruckten NDB mit Band 28 (2023) wird die NDB als NDB-online mit einem erweiterten rein digitalen Format weitergeführt. Die Artikel werden dann ausschließlich in der Deutschen Biographie publiziert.
Die HiKo beteiligt sich seit der Jahrtausendwende an der digitalen Entwicklung in den Geschichtswissenschaften. Ein Schwerpunkt ist die Deutsche Biographie. Der andere sind digitale Quelleneditionen. Hier arbeitet sie in verschiedenen Abteilungen mit dem OxygenXML Editor. Am Beispiel der Edition der „Protokolle des Bayerischen Ministerrats 1945-1962“[2] hat sie dabei eintwickelte technische Komponenten (Oxydition)als Open Source frei zur Verfügung gestellt.[3]
Abteilungen
Laufend
- Deutsche Reichstagsakten (ab 1858, geteilt in Ältere, Mittlere und Neuere Reihe sowie Reichsversammlungen)
- Repertorium Academicum Germanicum 1250–1550 (ab 2000)
- Deutsche Handelsakten des Mittelalters und der Neuzeit (ab 1913)
- Die Wahlkapitulationen der römisch-deutschen Könige 1519–1792
- Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges
- Deutsche Geschichtsquellen des 19. und 20. Jahrhunderts (ab 1917)
- Die Protokolle des Bayerischen Staatsrats 1799–1817 (ab 2000)[4][5]
- Quellen zur Geschichte des Deutschen Bundes (ab 1988)
- Akten der Reichskanzlei. Regierung Hitler 1933–1945 (ab 1976)
- Die Protokolle des Bayerischen Ministerrats 1945–1962 (ab 1991)
- Deutschlands weltwirtschaftliche Verflechtungen im 19. und 20. Jahrhundert (ab 2020)
- Neue Deutsche Biographie, einschließlich Deutsche Biographie (ab 1950)
- Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften
Abgeschlossen
- Jahrbücher der Deutschen Geschichte (1858–2002)
- Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis in’s 16. Jahrhundert (1862–1968)
- Hanserecesse (1859–1897)
- Die Urkunden und Akten der oberdeutschen Städtebünde (1650–2005)
- Pfalzgeschichte (1862–1888)
- Quellen und Erörterungen zur bayerischen und deutschen Geschichte (1860–1864, Neue Folge 1899–1915)
- Geschichte der Wissenschaften in Deutschland (1864–1952)
- Volkslieder (1865–1913)
- Deutsche und ostmitteleuropäische Europa-Pläne des 19. und 20. Jahrhunderts (2000–2005)
- Leopold von Ranke: Aus Werk und Nachlaß (1959–1980)
- Quellen zu den Reformen in den Rheinbundstaaten (1982–2015)
- Forschungen zur deutschen Sozialgeschichte (1962–2006)
- Akten der Reichskanzlei. Weimarer Republik[6]
- Dokumentation der deutsch-französischen Beziehungen 1949–1963 (1990–1999)
- Allgemeine Deutsche Biographie (1875–1912)
Archiv
Das Archiv der Historischen Kommission (ca. 6 lfm.) dokumentiert das Wirken dieser – so Leopold von Ranke – „Akademie der deutschen Geschichtswissenschaft“ von ihrer Gründung durch Statut des bayerischen Königs Maximilian II. vom 26. November 1858 bis zum Jahr 1961, in dem die Kommission ihre 86. Plenarversammlung in München abhielt. Das Material stellt eine erstrangige Quelle für die historiographische Forschung in Deutschland, Österreich und der Schweiz dar. Ein Findbuch[7] mit ausführlichem Personen-, Institutionen- und Sachregister (139 S. und 336 Nummern) erschließt den Bestand.
Literatur
- Lothar Gall (Hg.): »... für deutsche Geschichts- und Quellenforschung«. 150 Jahre Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2008, ISBN 978-3-486-58286-4.
- Helmut Neuhaus: 150 Jahre Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Eine Chronik von Helmut Neuhaus. Historische Kommission, München 2008, ISBN 978-3-929691-12-2.
- Akademie Aktuell, Heft 25, 2/2008 (Sonderheft zu 150 Jahre Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, PDF, 5,06 MB)
Weblinks
Einzelnachweise
- Übersicht über die Publikationen der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften
- Die Protokolle des Bayerischen Ministerrats 1945-1962, auf bayerischer-ministerrat.de
- Oxydition Open Source, auf bayerischer-ministerrat.de
- Bd. 1 1799–1801, Bd. 2 1802–1807
- Protokolle des Bayerischen Staatsrats. Abgerufen am 27. Mai 2020.
- „Akten der Reichskanzlei. Weimarer Republik“ online. bundesarchiv.de, abgerufen am 27. Mai 2020.
- Archivfindbuch der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (PDF; 409 kB)