Pauschalabgabe
Die Pauschalabgabe (umgangssprachlich Urheberrechtsabgabe, in der Schweiz Leerdatenträgervergütung[1], in Österreich bekannt als Speichermedienvergütung) ist
- eine Vergütung zur Abgeltung urheberrechtlicher Ansprüche,
- eine Vergütung für das Vervielfältigen und öffentlich Zugänglichmachen urheberrechtlich geschützter Waren und Güter.
Berechnet wird sie als Zuschlag auf den Preis von Geräten oder Medien zum Anfertigen oder Speichern von Vervielfältigungen (§54 Urheberrechtsgesetz[2]), als Abgabe für das Betreiben solcher Geräte (§54c und §53a UrhG) und für das öffentlich Zugänglichmachen geschützter Güter (§52a und §27 Abs. 2 UrhG).
Die Pauschalabgabe ersetzt dabei die Bezahlung jeder einzeln erbrachten Leistung durch eine pauschale Abgeltung, allerdings ohne das Vervielfältigen, das Zugänglichmachen oder den Gebrauch der Güter in jedem Fall zu legalisieren. Vielmehr ist es eine Abgeltung für legale Privatkopien und legale Zugänglichmachungen, illegale Schwarzkopien sollen damit nicht abgegolten werden. Beim Bestimmen des Tarifs wird durch die Verwertungsgesellschaften in regelmäßigen Abständen das Nutzerverhalten analysiert und daraus die Höhe der Abgaben berechnet.
Die Einforderung der Pauschalabgabe bei den Geräteherstellern und -importeuren wird von der Zentralstelle für private Überspielungsrechte (kurz ZPÜ) wahrgenommen. Diese verteilt das Vergütungsaufkommen an ihre Gesellschafter (u. a. GEMA, VG Wort und VG Bild-Kunst). Diese wiederum schütten einen Teil der Einnahmen an ihre Mitglieder aus, da sie Urheber der vervielfältigten Werke sein können.
Da heute fast jedes technische Gerät digitale Kopien erzeugen kann, ist die Anzahl der betroffenen Produkte fast unübersehbar und damit die Tarifierung und Durchsetzung der Abgabenzahlung schwierig geworden.[3] Gleichzeitig nimmt die Bedeutung der Privatkopie aufgrund einer veränderten Mediennutzung wie zum Beispiel durch Musik-Streaming stark ab.[4] Daher hat sich die Bundesregierung im Koalitionsvertrag 2018 vorgenommen, das System zu reformieren und technologieneutral auszugestalten.[5]
Geschichte
Das Bundesverfassungsgericht hat bereits im Jahr 1971 bezüglich der damaligen Leerkassettenvergütung entschieden, dass die Pauschalabgabe zulässig sei.[6]
Aktuelle Sätze in Deutschland
Alle Tarifangaben ohne Umsatzsteuer.
Vergütungen durch Hersteller von Geräten und Medien
In Deutschland werden Vergütungen für Geräte und Speichermedien, die für Privatkopien verwendet werden, zwischen Verwertungsgesellschaften und Herstellerverbänden verhandelt. Kommt es zu einer Einigung, werden sogenannte Gesamtverträge abgeschlossen. Die darin vereinbarten Vergütungssätze gelten zugleich als Tarife der Verwertungsgesellschaften.[7] Gesamtverträge sind Rahmenverträge, denen die Mitglieder der Verbände beitreten können.[8]
- Reprographiegeräte[9]
- Scanner ab 1. Januar 2008: 12,50 €
- Thermo- und Tintenfax ab 1. Januar 2008: 5,00 €
- Laserfax ab 1. Januar 2008: 10,00 €
- Tintendrucker ab 1. Januar 2008: 5,00 €
- Tintenmultifunktionsgeräte ab 1. Januar 2008: 15,00 €
- Laserdrucker ab 1. Januar 2008: 12,50 €
- Lasermultifunktionsgeräte und Kopierer ab 1. Januar 2008 (ggf. zusätzlich jährliche Betreiberabgabe)
- bis 14 Seiten/Minute: 25,00 €
- bis 39 Seiten/Minute: 50,00 €
- ab 40 Seiten/Minute: 87,50 €
- Mitglieder des Herstellerverbandes BITKOM erhalten einen Nachlass von 20 % (Gesamtvertrag Reprographiegeräte).[10]
- PC: 13,19 €[11][12]
- Business-PC: 4,00 €
- kleiner mobiler PC: 10,63 €
- Tablet-Computer: 8,75 €[13][14]
- Business-Tablets: 3,50 €
- Brenner[15]
- Externe CD-Brenner: 2,50 €
- Externe DVD-Brenner: 2,50 €
- Zum Einbau bestimmte Brenner, ab 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2010: 1,88 €[16]
- Mobiltelefone: 6,25 €[17][14]
- Business-Mobiltelefon: 3,13 €
- Digitale chipbasierte Speichermedien (Speicherkarten, USB-Sticks u. ä.)[18]
- ab 1. Juli 2012 bis 31. Dezember 2019: 0,14 € für USB-Sticks und Speicherkarten bis einschließlich 8 GB Speicherkapazität
- ab 1. Juli 2012 bis 31. Dezember 2019: 0,30 € für USB-Sticks und Speicherkarten größer als 8 GB Speicherkapazität
- ab 1. Januar 2020: 0,30 € für USB-Sticks und Speicherkarten
- Digitale optische Speichermedien (CD, DVD und Bluray Rohlinge) je Stück[19]
- CD-R: 0,0125 €
- CD-RW: 0,025 €
- DVD+/-R 4,7 GB: 0,025 €
- DVD+/-RW 4,7 GB: 0,05 €
- DVD-RAM 4,7 GB: 0,05 €
- DVD-RAM 9,4 GB: 0,10 €
- DVD Double Sided 9,4 GB: 0,10 €
- DVD Double Layer / Dual Layer 8,5 GB: 0,05 €
- Blu-ray 25 GB ab 1. Januar 2012: Wird noch ermittelt, der Tarif ab 1. Januar 2008 von 3,473 € je Stück wurde aufgehoben[20]
- Festplatten[21]
- Externe Festplatten: 4,44 €
- Business-Festplatten: 1,33 €
- Produkte der Unterhaltungselektronik:[22]
- Videorekorder: 2,00 €
- Kassettenrekorder: 0,50 €
- DVD-Rekorder ohne Aufzeichnungsfunktion auf VHS-Kassette und ohne eingebauten Speicher: 3,50 €
- DVD-Rekorder mit Aufzeichnungsfunktion auf VHS-Kassette, aber ohne eingebauten Speicher: 3,50 €
- DVD-Rekorder ohne Aufzeichnungsfunktion auf VHS-Kassette, aber mit eingebautem Speicher: 12,00 €
- DVD-Rekorder mit Aufzeichnungsfunktion auf VHS-Kassette und mit eingebautem Speicher 12,00 €
- Set-Top-Boxen mit eingebautem Speicher: 12,00 €
- Multimedia-Festplatten mit Aufzeichnungsfunktion: 12,00 €
- TV-Geräte mit eingebautem Speicher: 12,00 €
- MiniDisc-Rekorder: 1,00 €
- CD-Rekorder: 1,00 €
- MP3-Player: 1,50 €
- MP4-Player: 2,50 €
- Set-Top-Boxen ohne eingebauten Speicher, aber mit Aufzeichnungsfunktion auf externes lokales Speichermedium: 1,25 €
- TV-Geräte ohne eingebauten Speicher, aber mit Aufzeichnungsfunktion auf externes lokales Speichermedium: 1,25 €
- Smartwatches: 1,50 €[23]
- Ältere Speichermedien bzw. Leermedien[24]
- Audio-Leerkassetten, DAT-Kassetten, Minidisks, Audio-CD-R und Audio-CD-RW ab 1. Januar 2008: 0,0614 € je Spielstunde, z. B. bei 50 CD-Rohlingen zu 80 Minuten 4,09 €.
- VHS-Leerkassetten ab 1. Januar 2008: 0,087 € je Spielstunde.
Vergütungen durch Betreiber von Geräten
- Vergütung für Kopiergeräte von Copyshops[25]
- in Hochschulnähe (bis 500 m) 2013: 160,00 €, 2014: 166,00 €
- in Hochschulstädten 2013: 119,00 €, 2014: 124,00 €
- in Orten ohne Hochschule: 2013: 88,00 €, 2014: 91,00 €
- Vergütung für Kopiergeräte von sonstigen Betreibern
- in Hochschulgebäuden 2013: 405,00 €, 2014: 418,00 €
- in allg. öff. Bibliotheken 2013: 183,00 €, 2014: 190,00 €
- sonstige Standorte 2013: 41,50 €, 2014: 43,30 €
- Vergütung für Kopien an allgemeinbildenden sowie berufsbildenden Schulen[26]
- Kalenderjahr 2011: 7.300.000,00 €
- Kalenderjahr 2012: 7.800.000,00 €
- Kalenderjahr 2013: 8.500.000,00 €
- Kalenderjahr 2014: 9.000.000,00 €
- Von allen Bundesländern gemeinsam zu zahlen an die Verwertungsgesellschaften Wort, Musikedition und die Zentralstelle Fotokopieren an Schulen.
- Versand von Kopien, z. B. einiger Buchseiten, der Bibliotheken an ihre Kunden
- Schüler 1,00 €, Privatperson 3,00 €, Unternehmen 12,00 €[27]
Vergütungen aufgrund öff. Zugänglichmachung
- Vergütung für Öffentliche Zugänglichmachung für Unterricht und Forschung (z. B. Intranet an Schulen) von allen Bundesländern an die Verwertungsgesellschaft
Vergütungen aufgrund von Vermietung und Verleihung ohne Gewinnerzielungsabsicht
- Vergütung für öffentliche Vermietung und Verleihung ohne Gewinnerzielungsabsicht (Bibliotheken, Werkbüchereien) von allen Bundesländern an die Verwertungsgesellschaft[30]
- 2010 und 2011: jeweils 16.799.139,00 €
- 2012: 16.933.532,00 €
- 2013: 17.069.000,00 €
- 2014: 17.222.621,00 €
Situation in anderen Ländern
In Luxemburg und im Vereinigten Königreich wird keine Pauschalabgabe auf Speichermedien erhoben. Verschiedene auf Speichermedien spezialisierte Onlinehändler haben sich daher in Luxemburg niedergelassen und bedienen von dort den gesamten europäischen Binnenmarkt.[31]
In Finnland wurden Pauschalabgaben auf Geräte und Speichermedien zum 31. Dezember 2014 abgeschafft. Seit dem Jahr 2015 erfolgt die Kompensation für Privatkopien aus dem Staatshaushalt.[32]
In der Schweiz erhebt die SUISA Gebühren für CD- und DVD-Rohlinge und MP3-Player.[33]
In Österreich erhebt die Austro Mechana als Schwestergesellschaft der AKM Pauschalgebühren (die Leerkassettenvergütung) für Tonträger.[34]
In Ungarn werden durch die Verwertungsgesellschaft artisjus Gebühren für CD- und DVD-Rohlinge erhoben. Belastete Produkte werden mit einem Aufkleber gekennzeichnet, welcher einer Steuermarke ähnelt.
Siehe auch
Weblinks
Einzelnachweise
- Pro Helvetia erhält kulturelle Nachwuchsförderung und Kompetenz, ihre Strategie selbst auszuarbeiten. Abgerufen am 31. Januar 2018.
- §54 UrhG Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (juris online), abgerufen am 2. Juli 2018.
- Bundesregierung: Stellungnahme der Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland zur „Strategie für einen digitalen Binnenmarkt für Europa“ der Europäischen Kommission, 2015 (S. 17). Abgerufen am 27. Dezember 2018.
- BVMI: Der Bundesverband Musikindustrie prognostiziert einen starken Rückgang von Audio-CDs und Downloads als Vorlage für Privatkopien auf 25 % im Jahr 2022. Abgerufen am 27. Dezember 2018.
- Koalitionsvertrag 2018 der Bundesregierung: "Wir wollen das System der Vergütung für gesetzlich erlaubte Nutzungen auf eine neue Grundlage stellen." (Randnummer 6219). Abgerufen am 27. Dezember 2018.
- BVerfG, Beschluss vom 7. Juli 1971, Az. 1 BvR 775/66, BVerfGE 31, 255 - Private Tonbandvervielfältigungen.
- vgl. §§ 35, 38 S. 2 Verwertungsgesellschaftengesetz
- vgl. die Übersicht der Gesamtverträge des Bitkom e.V.: https://www.bitkom.org/Themen/Urheberrechtliche-Abgaben-auf-Geraete-und-Speichermedien, abgerufen am 23. Dezember 2020
- Verwertungsgesellschaft Wort. Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst. Bekanntmachung über die Festsetzung eines Tarifs. Dezember 2008, abgerufen am 8. Dezember 2013.
- Hersteller/Importeure von Geräten und Speichermedien. Abgerufen am 8. Dezember 2013.
- ZPÜ.
- Bitkom einigt sich mit den Verwertern bei der Urheberabgabe für Computer. (CNET).
- ZPÜ
- Smartphone-Abgabe: Die Gema kassiert jetzt auch für Handys. In: Spiegel Online. 3. Dezember 2015 (spiegel.de [abgerufen am 27. Dezember 2018]).
- ZPÜ: Tarif ZPÜ externe Brenner. Abgerufen am 27. Dezember 2018.
- ZPÜ, abgerufen am 27. Dezember 2018.
- ZPÜ: Tarif der ZPÜ für Mobiltelefone. Abgerufen am 27. Dezember 2018.
- Gemeinsamer Tarif der Zentralstelle für private Überspielungsrechte, VG Wort und VG Bild-Kunst über die Vergütung nach den §§54, 54a UrhG für USB-Sticks Speicherkarten vom 24. Juni 2019, abgerufen am 6. Dezember 2019.
- Tarif der ZPÜ, abgerufen am 27. Dezember 2018.
- Aufhebung des gemeinsamen Tarifs der Zentralstelle für private Überspielungsrechte, VG Wort und VG Bild-Kunst über die Vergütung nach den §§54, 54a UrhG für Speichermedien des Typs Blu-ray 25 GB vom 5. August 2013, abgerufen am 7. Dezember 2013.
- Tarif der ZPÜ, abgerufen am 27. Dezember 2018.
- Gemeinsamer Tarif der Zentralstelle für private Überspielungsrechte, VG Wort und VG Bild-Kunst über die Vergütung nach den §§ 54, 54a UrhG für Produkte der Unterhaltungselektronik vom 3. Mai 2019, abgerufen am 6. Dezember 2019
- Gemeinsamer Tarif der Zentralstelle für private Überspielungsrechte (ZPÜ), VG Wort, VG Bild-Kunst über die Vergütung nach den §§ 54, 54a UrhG für Smartwatches vom 22. Oktober 2019, abgerufen am 6. Dezember 2019
- Tarif der Zentralstelle für private Überspielungsrechte über die Vergütung nach den §§54, 54a UrhG für Audio-Leerkassetten VHS-Leerkassetten ... vom 3. März 2011, abgerufen am 7. Dezember 2013.
- Verwertungsgesellschaft WORT München Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst Bonn Bekanntmachung über die Aufstellung eines Tarifs, Vergütung für Kopiergeräte vom 13. August 2013, abgerufen am 8. Dezember 2013.
- Gesamtvertrag zur Einräumung und Vergütung von Ansprüchen nach §53 UrhG. In: lehrerfortbildung-bw.de. Abgerufen am 8. Dezember 2013.
- Änderungsvertrag zur Abgeltung urheberrechtlicher Ansprüche für den Direktversand von Kopien durch der Öffentlichkeit zugängliche Einrichtungen nach §53a UrhG vom 6. Januar 2010, abgerufen am 8. Dezember 2013.
- Gesamtvertrag zur Vergütung von Ansprüchen nach § 52 a UrhG vom 14. Juli 2010, abgerufen am 8. Dezember 2013.
- Vergütungsvereinbarung vom 21. Dezember 2010, abgerufen am 8. Dezember 2013.
- Gesamtvertrag über die Abgeltung der Ansprüche nach §27 Abs. 2 UrhG (Bibliothekstantieme) vom 29. Juni 2011, abgerufen am 8. Dezember 2013.
- Beispielsweise genannt seien Tomdax, Damrotech oder Nierle.
- Finnland - Neue Regelung für Vergütung von Privatkopien, Anette Alén-Savikko (Institut für internationales Wirtschaftsrecht, KATTI, Universität Helsinki)., abgerufen am 6. Dezember 2019
- SUISA, Fragen & Antworten.
- Archivierte Kopie (Memento vom 22. März 2014 im Internet Archive) Austromechana über die Urheberrechtsabgabe