Patek Philippe SA
Patek Philippe (offiziell Patek Philippe SA) ist eine unabhängige Uhrenmanufaktur mit Hauptsitz in Genf (Schweiz). Die Schweizer Manufaktur stellt mechanische Armbanduhren im Luxussegment her. Patek Philippe ist im alleinigen Besitz der Familie Stern.
PATEK PHILIPPE SA | |
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Rechtsform | Aktiengesellschaft |
Gründung | 1839 |
Sitz | Genf, Schweiz |
Leitung | Thierry Stern |
Mitarbeiterzahl | ca. 2400 (weltweit)[1] |
Umsatz | 1,5 Mrd. CHF (2019)[2] |
Branche | Uhrenindustrie |
Website | www.patek.com |
Geschichte und Entwicklung
Die Uhrenmanufaktur wurde am 1. Mai 1839 von dem polnischen Adligen Antoine Norbert de Patek (geboren als Antoni Norbert Patek) und François Czapek (geboren als Franciszek Czapek) in Genf als Uhrenmanufaktur Patek, Czapek & Co. gegründet. Die Zusammenarbeit zwischen Patek und Czapek endete 1845, Czapek gründete daraufhin seine bis 1869 bestehende Firma Czapek & Co.
1845 gründeten dann Antoine de Patek und Jean Adrien Philippe mit Vincent Gostkowski die Firma Patek & Co. und benannten sie 1851 in Patek Philippe & Co. um, woraus im Jahr 1901 mit einem Kapital von 1,6 Millionen Schweizer Franken die Aktiengesellschaft Ancienne Manufacture d’Horlogerie Patek Philippe & Co. S.A. entstand.[3]
Patek Philippe gilt als Erfinder der Aufzugskrone. Diese Mechanik veränderte den damaligen Gebrauch von Uhren grundsätzlich, man brauchte seitdem keinen extra Schlüssel mehr, um das Uhrwerk aufzuziehen oder die Zeit einzustellen.
In der Folge der Weltwirtschaftskrise von 1929 erwarben die Unternehmer Charles und Jean Stern die Mehrheit an der Aktiengesellschaft Patek Philippe SA. Seit dem Jahr 1932 ist die Familie Stern alleinige Eigentümerin der Uhrenmanufaktur Patek Philippe SA. Im selben Jahr wurde auch die klassische Armbanduhr mit Referenz 96 eingeführt. Sie wird bis heute nahezu unverändert hergestellt. Unter der Leitung von Jean Pfister wurde 1933 die Herstellung eigener Rohwerke aufgenommen. Lediglich die Grösse des Gehäuses wurde dem Zeitgeschmack angepasst. 1953 brachte Patek Philippe die erste Armbanduhr der Manufaktur mit automatischem Rotor-Aufzug auf den Markt. Seit jeher fertigte die Manufaktur komplizierte Armband- und Taschenuhren mit sogenannten Komplikationen. 1955 führte Patek Philippe mit dem Gyromax eine feinregulierende Vorrichtung für die Unruh ein.[4][5]
Patek Philippe stellt neben den komplizierten Uhren, seit 1977, auch eine der flachsten Automatik-Kaliber 240 mit nur 2,40 mm Bauhöhe her. Hierin wird Patek nur durch Jean Lassale von der Firma Bouchet-Lassale SA (Kaliber 2000: 2,08 mm) übertroffen, dessen Patente 1982 durch die Nouvelle Lémania SA übernommen und dessen Uhrwerke in Uhren von Piaget und Vacheron Constantin (als Kaliber VC1170) verwendet wurden. Markenzeichen von Patek Philippe ist das Calatrava-Kreuz, welches auf der Aufzugskrone abgebildet ist. Zum 175-Jahr-Jubiläum wurde die Armbanduhr Grandmaster Chime herausgebracht, eine Grande Complication mit akustischer Anzeige des Datums durch das Schlagwerk und mit einer Weckfunktion per Minutenrepetition. Die Produktion im Genfer Vorort Plan-les-Ouates liegt bei 55'000 Uhren pro Jahr. Der geschätzte Jahresumsatz beträgt etwa 1 Mrd. Franken. Im Jahr 1989 stellte Patek Philippe zum 150-Jahr-Jubiläum die komplizierteste Taschenuhr der Welt vor, das Caliber 89 mit 33 Komplikationen und 1366 Einzelteilen.[6][7][8]
Extrem seltene und hoch monetäre Exemplare, werden immer durch den jeweils amtierenden Präsidenten von Patek Philippe persönlich abgenommen bzw. kontrolliert. Seit 2009 ist Thierry Stern verantwortlich für Patek Philippe. Thierry Stern leitet heute in vierter Generation das Familienunternehmen aus Genf.[9]
Seit Jahrzehnten lautet der Werbespruch der Uhrenmanufaktur:
- «Un Patek Philippe ne vous appartient jamais seul. Vous l’appréciez toute une vie, mais vous le conservez pour la prochaine génération» (deutsch: «Eine Patek Philippe gehört einem nie ganz allein. Man erfreut sich ein Leben lang an ihr, aber eigentlich bewahrt man sie schon für die nächste Generation»).
Wichtige Uhrenmodelle
Nautilus
1976 führte Patek Philippe die Nautilus-Kollektion ein, nachdem das Unternehmen beschlossen hatte, eine exklusive Sportuhr von höchster Qualität herzustellen. Das erste Modell hiess Ref. 3700-1A und war aus Stahl gefertigt.
Der Designer der Nautilus, Gérald Charles Genta, hatte Schmuck-Design gelernt, widmete sich aber seit Anfang der sechziger Jahre hauptsächlich der Gestaltung von Armbanduhren. Als er Anfang der siebziger Jahre an den Sohn des Firmenpräsidenten von Patek Philippe herantrat, um ihm ein seiner Meinung nach bahnbrechendes neues Uhrendesign vorzustellen, war dieser zunächst skeptisch. Genta schlug eine bis 120 Meter wasserdichte Uhr aus Edelstahl vor, deren Gehäuseform inspiriert war von den Bullaugen in Dampfschiffen, gehalten von einem Gliederband aus Stahl mit ins Gehäuse integrierten Bandanstössen. Sie sollte mit einem mechanischen Werk ausgerüstet werden. Das Gehäuse sollte einen für damalige Verhältnisse mit 42 Millimeter sehr grossen Durchmesser erhalten.[10]
Eine grosse, kostspielige Stahluhr erwartete niemand von Patek Philippe. Die Nautilus war für Patek daher ein radikal neues Konzept. Sie kam sechs Jahre nach dem erste Range Rover auf den Markt, und Firmenchef Philippe Stern bezeichnete sie als dessen horologisches Pendant, eine wasserdichte Luxussportuhr, passend zu einem geländetauglichen Luxusauto.[10]
Die Uhr ging deutlich gegen die damalige Strategie der Firma, kleine und flache Uhren zu bauen. Die Nautilus war dagegen mutig und gross, sollte eine jüngere Klientel ansprechen, die viel reiste und gerne Sport trieb. Stern, Vielreisender und selbst Skifahrer und Segler, erkannte die Bedürfnisse dieser neuen Generation, der er angehörte. Er liess sich von der Idee eines Designers anstecken, blieb aber anfänglich vorsichtig und entschied zunächst die Fertigung eines Prototyps. Erst danach sollte die endgültige Entscheidung getroffen werden, diese Uhr auch wirklich in Serie zu produzieren.[10]
Die Verbindung des radikalen Designs mit hoher Wasserdichtigkeit stellte sich als schwierig heraus. Eine 120 Meter wasserdichte Taucheruhr zu bauen, die zugleich elegant sein sollte, stellte Ingenieure in den siebziger Jahren vor grosse Herausforderungen, ebenso wie der damals sehr schwer zu bearbeitende Edelstahl als Gehäusematerial. Erst als ein Prototyp gefertigt worden war, wurde den Technikern auch die Komplexität des Projektes klar: Ohne die heute üblichen computergestützten Entwurfs- und Verarbeitungsprozesse waren unzählige Einzelschritte nötig, um das aufwendig geformte, achteckige Gehäuse mit leicht abgerundeten Kanten und den leicht geschwungenen Bandgliedern zu fertigen.[10]
Zusätzlich bleibt die Fertigung der Nautilus bis heute nicht nur eine technische, sondern vor allem auch handwerkliche Herausforderung. Beim Armband-Design der Nautilus, eine der ersten Uhren mit integrierten Bandanstössen, umschliessen h-förmige, äussere Glieder die wie Wasserperlen schimmernden, glatten Innenglieder.[10]
Für die Fertigung des Armbandes finden neun verschiedene Schleiftechniken Verwendung: satinage, polissage, anglage, avivage, sablage, émerisage, feutrage, lavage, lapidage. Zählt man die Stifte und Metallröhrchen, die alle Glieder verbinden, mit den 15 Teilen für die Doppelfaltschliesse zusammen, benötigt man zur Fertigung eines Armbandes 159 Einzelteile. Und dessen Zusammenbau kann erst beginnen, wenn ein Schleifer jedes einzelne Element bearbeitet hat. Da sich das Armband als Ganzes zur Schliesse hin verjüngt, muss es auch als Ganzes am Ende des Zusammenfügens geschliffen und poliert werden. Mittels präzise aufgebrachter Klebefolien wird dabei verhindert, dass bei der Politur der inneren Glieder der Schliff oder die Kanten der Äusseren verkratzt werden. Auch beim heute dreiteiligen Gehäuse sind dutzende von Arbeitsschritten pro Band-Element erforderlich.[10]
Der Designer Gérald Genta entwickelte nicht nur einen unverkennbaren Stil und entwarf sportliche Stahluhren mit integrierten Bandanstössen. Er besass neben dem detaillierten, technischen Know-how auch die Kühnheit, sich vorstellen zu können, dass Menschen im Zeitalter präziser Quarzuhren eine aufwendig von Hand gefertigte Sportuhr aus Stahl als Statussymbol tragen würden.[10]
Im Jahr ihrer Vorstellung kostete die Nautilus mit rund 3100 Dollar so viel wie ein Jaguar. Die Uhr, die in einer modernen Korkbox präsentiert wurde, war damit teurer als viele Golduhren. Das Echo war zunächst verhalten, sie bekam den Spitznamen «Jumbo» in Anlehnung an das gleichnamige Grossraumflugzeug, das 1969 seinen Erstflug absolviert hatte. Der Erfolg der Nautilus kam erst mit den Damenmodellen und bei den Herren mit dem sogenannten Midsize-Modell. 1980 wurde diese Damenversion der Nautilus vorgestellt. In dem 27 Millimeter grossen Goldgehäuse arbeitet ein Quarzwerk, das von Patek Philippe produziert wurde. Im Jahr 1981 erschien die mechanische Nautilus in einer sogenannten Midsize-Grösse. Das Modell misst nur noch 37,5 Millimeter im Durchmesser statt anfänglicher 42 Millimeter. Die Referenz 3800/1A treibt das eigens entwickelte Kaliber 335 SC an. Erkennbar ist die Uhr an der Zentralsekunde.[10]
Trivia
Das Unternehmen ist Eigentümer eines Flugzeuges Gulfstream G650 mit der Immatrikulation HB-JFP.[11]
Literatur
- Horand M. Vogel: Uhren von Patek Philippe. Düsseldorf 1980.
- Martin Huber, Alan Banbery: Patek Philippe, Genève. Taschenuhren. Peter Ineichen, Zürich 1982, ISBN 978-3-90650-001-0.
- Anton Kreuzer: Patek Philippe. Klagenfurt 1991.
- Madeleine Patrizzi, Osvaldo Patrizzi: Patek Philippe. Genf 1994.
- Martin Huber, Alan Banbery: Patek Philippe, Genève. Armbanduhren. Patek Philippe, Genf 1998.
- Elena Introna, Gabriele Ribolini: Armbanduhren. Die Klassiker. Heel, Schindellegi 1998, S. 134–143.
- Frédéric Remade: 100 legendäre Uhren. Moewig, Rastatt 2000, ISBN 3-8118-1599-7, S. 92–99.
- J. Michael Mehltretter: Patek Philippe Armbanduhren. Kultobjekt & Wertanlage. Wissen – Märkte – Preise. HEEL Verlag, Königswinter 2011, ISBN 978-3-86852-394-2.
- Guido Mondani, Osvaldo Patrizzi: Collecting Patek Philippe Wristwatches – Collezionare orologi da polso Patek Philippe. Verlag Mondani, 2011, ISBN 978-8-89037-230-8.
Weblinks
- Website von Patek Philippe
- Jean de Senarclens: Patek Philippe. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- Patek Philippe Sky Moon Tourbillon Ref. 5002 – die komplizierteste Armbanduhr der Welt. In: Uhren-Wiki
- Patek Philippe. In: Watch-Wiki
- History of the Patek Philippe Nautilus. In: Time and Watches (englisch)
- Joern Frederic Kengelbach: Der ultimative Patek Philippe Nautilus Guide. In: Swisswatches Magazine. 7. November 2021
Einzelnachweise
- Peter Braun (Hrsg.): Armbanduhren-Katalog 2021/2022. Heel Verlag, Königswinter 2021, ISBN 978-3-96664-297-2, S. 204.
- Größte Unternehmen in der Uhrenindustrie in der Schweiz nach Umsatz im Jahr 2019. In: Statista. 2022.
- Helmut Kahlert, Richard Mühe, Gisbert L. Brunner: Armbanduhren. 100 Jahre Entwicklungsgeschichte. Callwey, München 1983; 5. Auflage ebenda 1996, ISBN 978-3-76671241-7, S. 485.
- Helmut Kahlert, Richard Mühe, Gisbert L. Brunner: Armbanduhren. 100 Jahre Entwicklungsgeschichte. Callwey, München 1983; 5. Auflage ebenda 1996, ISBN 978-3-76671241-7, S. 38 f. und 485.
- Patek Philippe: Katalog 2008/2009.
- Andrea Hohendahl: Die Strategie der Verknappung. In: Neue Zürcher Zeitung. 7. Oktober 2014, S. 9.
- Jean-Pierre Kapp: Die Genfer Uhrenindustrie erstrahlt in neuem Glanz. In: Neue Zürcher Zeitung. 7. Oktober 2014, S. 9
- Martin Häußermann: Das Datum ertönt am Handgelenk. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 14. Oktober 2014. Abgerufen am 14. Oktober 2014.
- Philip Cassier: Hier entscheidet der Chef, wer eine Uhr kaufen darf. In: Die Welt. 22. März 2017.
- Joern Frederic Kengelbach: Der ultimative Patek Philippe Nautilus Guide. In: Swisswatches Magazine. 7. November 2021, abgerufen am 18. November 2021.
- Eintrag im Luftfahrzeugregister. Luftfahrzeugregister des Bundesamtes für Zivilluftfahrt (BAZL)