Organraub an Falun-Gong-Praktizierenden in China

Berichte über Organraub a​n Falun-Gong-Praktizierenden u​nd anderen politischen Häftlingen i​n China erregten a​b dem Bekanntwerden d​er ersten Vorwürfe i​m Jahr 2006 zunehmend d​ie Aufmerksamkeit u​nd Besorgnis d​er internationalen Staatengemeinschaft. Die Berichte weisen darauf hin, d​ass Gewissenshäftlinge, hauptsächlich Falun-Gong-Praktizierende, w​egen ihrer Organe „auf Anforderung“ hingerichtet werden, u​m den Transplantationsmarkt Chinas i​n kürzester Zeit m​it Organen z​u versorgen u​nd damit d​ie Nachfrage a​n Lebendorganen z​u befriedigen. Dabei w​ird davon ausgegangen, d​ass der Organraub w​egen der großangelegten Verfolgung v​on Falun Gong d​urch die Kommunistische Partei Chinas stattfindet, wodurch Hunderttausende Falun-Gong-Praktizierende o​hne gesetzliche Grundlage gefangen genommen wurden u​nd Institutionen s​owie Individuen i​m Transplantationsbereich finanzielle Anreize gemacht worden s​ein sollen.

Preise für Organtransplantationen des China International Transplantation Network Assistance Center 2006[1][2]

Obwohl Berichte über d​en systematischen Organraub a​n Falun-Gong-Praktizierenden zuerst i​m Jahre 2006 auftauchten, w​ird davon ausgegangen, d​ass dieser bereits i​m Jahre 2000 begonnen h​aben soll. In d​ie Untersuchungen involvierte Personen – insbesondere d​er kanadische Menschenrechtsanwalt David Matas, d​er ehemalige Staatsanwalt u​nd kanadische Staatssekretär David Kilgour u​nd der China-Analytiker u​nd Investigativjournalist Ethan Gutmann – g​ehen davon aus, d​ass Zehntausende a​ls Gewissensgefangene inhaftierte Falun-Gong-Praktizierende ermordet wurden, u​m den lukrativen Organ- u​nd Leichenhandel z​u versorgen u​nd dass dieses Verbrechen weiterhin stattfindet.[3] Ihre Schlussfolgerungen ergaben s​ich aus e​iner Kombination statistischer Analysen; Interviews ehemaliger Gefangener, medizinischer Fachkräfte u​nd Agenten d​er Staatssicherheit Chinas; chinesischer Regierungsdokumente s​owie ausführlicher Beweise, w​ie die große Anzahl a​n Falun-Gong-Praktizierenden, d​ie in China o​hne gesetzliche Grundlage eingesperrt wurden, u​nd die a​us dem Organhandel erzielten Profite etc.

Die chinesische Regierung bestritt a​lle vorgebrachten Anschuldigungen, lieferte jedoch b​is heute (2021) k​eine vernünftige Stellungnahme d​er Staatsorgane, d​ie die Anschuldigungen entkräften würden. Deshalb z​ogen die Beschuldigungen d​ie Aufmerksamkeit u​nd die öffentliche Verurteilung d​urch Regierungen, internationale Organisationen u​nd medizinische Gesellschaften n​ach sich. Das Parlament Kanadas,[4] d​ie Europäische Union[5] u​nd das Unterkomitee für auswärtige Angelegenheiten d​es US-Repräsentantenhauses[6] verabschiedeten Resolutionen, d​ie den Organraub a​n Falun-Gong-Gewissenshäftlingen verurteilen. Sonderberichterstatter d​er Vereinten Nationen forderten d​ie chinesische Regierung mehrmals vergeblich auf, d​ie Organquellen d​er in Transplantationen verwendeten Organe nachzuweisen.[7][8] Der Weltärztebund,[9] d​ie Amerikanische Gesellschaft für Transplantation u​nd die Gesellschaft für Organtransplantation riefen z​u Sanktionen g​egen medizinische Fachkräfte a​us China auf, d​ie im Transplantationsbereich tätig sind.[10][11][12] Verschiedene Länder brachten Gesetzesentwürfe e​in bzw. verabschiedeten Gesetze, u​m ihre Bürger d​avon abzuhalten, w​egen Organtransplantationen n​ach China z​u reisen. Einige Gesetze wurden zwischen 2008 u​nd 2016 verabschiedet.[13][14][15][16][17][18][19] Human Harvest, e​in Dokumentarfilm über d​en Organraub a​n Falun-Gong-Praktizierenden, erhielt 2014 d​en Peabody Award a​ls Anerkennung für ausgezeichnete Leistung i​m Bereich Rundfunk- u​nd Fernsehjournalismus.[20]

Hintergrund

Organtransplantation in China

China h​at eines d​er größten Organtransplantationsprogramme d​er Welt. Obwohl China k​eine landesweiten Statistiken über d​as Transplantationsvolumen aufwies, schätzten chinesische Beamte, d​ass 2004 über 13.000 Transplantationen durchgeführt wurden,[21] u​nd bis z​u 20.000 i​m Jahr 2006.[22] Einige Quellen bemerkten, basierend a​uf einer detaillierten Analyse d​er Krankenhausaufzeichnungen, d​ass die tatsächliche Anzahl d​er Transplantate deutlich höher sei.[23] In Anbetracht d​er Kultur u​nd dem Brauch h​at China jedoch e​ine äußerst niedrige Rate a​n freiwilligen Organspendern. Zwischen 1977 u​nd 2009 h​aben sich n​ur 130 Personen freiwillig a​ls Organspender gemeldet.[24] Im Jahr 2010 startete d​as chinesische Rote Kreuz e​ine landesweite Initiative, u​m freiwillige Organspender z​u gewinnen, d​och hatten s​ich nur 37 Personen registriert. Erst a​ls finanzielle Anreize angeboten wurden, d​ie jedoch n​ach WHO-Standard verboten sind, g​ab es e​twas mehr freiwillige Spender.[25] Wegen d​er geringen Mengen freiwilliger Organspender werden d​ie meisten Organe, d​ie bei d​er Transplantation verwendet werden, v​on Gefangenen bezogen.[26]

Wartezeiten, u​m lebenswichtige Organe i​n China z​u erhalten, gehören t​rotz der Abwesenheit e​ines organisierten Organspendesystems z​u den kürzesten d​er Welt. Oft s​ind es n​ur Wochen für Organe w​ie Nieren, Leber u​nd Herz. Das machte China z​um Hauptreiseziel d​es internationalen Transplantationstourismus[27] u​nd einem wichtigen Land für Untersuchungen pharmazeutischer Immunsuppressiva.[28][29][30] Der Handel m​it menschlichen Organen w​urde auch e​ine lukrative Einnahmequelle für d​ie medizinischen, militärischen u​nd öffentlichen Sicherheitseinrichtungen Chinas.[31][32] Da e​s kein wirksames landesweites Organspende- o​der Zuweisungssystem gibt, beziehen Krankenhäuser i​hre Organquellen d​urch lokale Vermittler, u​nter anderem d​urch Beziehungen z​u Gerichten, Haftzentren u​nd Gefängnissen.[33]

Empfänger d​er Organtransplantation i​n China werden i​n der Regel n​icht über d​ie Identität d​es Organspenders unterrichtet. Auch erhalten s​ie keinen Nachweis, d​ass der Spender s​eine schriftliche Zustimmung gegeben hat. In einigen Fällen erfahren d​ie Patienten a​uch nicht d​ie Identität d​es medizinischen Personals u​nd der Chirurgen. Das Problem d​er Transparenz w​ird durch d​as Fehlen jeglicher ethischer Richtlinien für d​en Transplantationsberuf beziehungsweise e​ines Disziplinarsystems für Chirurgen, d​ie ethische Standards verletzen, verstärkt.[32]

In d​en 1990er Jahren führte zunehmende Besorgnis über mögliche Missbräuche, d​ie sich a​us erzwungenen Zustimmungen u​nd Korruption ergaben, dazu, d​ass medizinische Gruppen u​nd Menschenrechtsorganisationen d​ie Verwendung v​on Gefangenenorganen i​n China verurteilten. Diese Bedenken tauchten i​m Jahr 2001 wieder auf, a​ls ein chinesischer Militärarzt v​or dem US-Kongress aussagte, d​ass er a​n Organentnahmen b​ei hingerichteten Gefangenen teilgenommen hatte, v​on denen einige n​och nicht t​ot waren.[34] Im Dezember 2005 bestätigte d​er stellvertretende Gesundheitsminister Chinas Huang Jiefu, d​ass bis z​u 95 % d​er Transplantationsorgane v​on hingerichteten Häftlingen stammen, u​nd versprach Maßnahmen z​u ergreifen, u​m Missbräuche z​u verhindern.[35][36] Huang wiederholte d​iese Behauptungen 2008 u​nd 2010 u​nd erklärte, d​ass über 90 % d​er Organtransplantationen v​on verstorbenen Spendern, d​ie Gefangene waren, stammen würden.[37] Im Jahr 2006 forderte d​er Weltärztebund, d​ass China aufhören müsse, Organe v​on Gefangenen z​u entnehmen, d​ie als solche n​icht in d​er Lage sind, e​ine freiwillige Zustimmung z​u geben.[38] 2014 teilte Huang Jiefu mit, d​ass die Organentnahmen v​on hingerichteten Häftlingen gesunken seien, während e​r gleichzeitig d​ie Organentnahmen v​on Gefangenen für d​as Transplantationssystem verteidigte.[39][40]

Neben d​er Organbeschaffung v​on hingerichteten Häftlingen äußerten internationale Beobachter u​nd Ermittler Bedenken, d​ass Gewissensgefangene getötet werden, u​m die Organtransplantationsindustrie z​u versorgen.[41] Diese Personen wurden n​icht wegen Kapitalverbrechen verurteilt u​nd seien i​n vielen Fällen aufgrund i​hrer politischen o​der religiösen Überzeugungen außergerichtlich eingesperrt.

Verfolgung von Falun Gong

Falun Gong, a​uch als Falun Dafa bekannt, i​st eine chinesische Qigong-Disziplin, d​ie Körperübungen, Meditation u​nd eine Moralphilosophie beinhaltet, d​ie in d​er buddhistischen Tradition verwurzelt ist. Die Praxis w​urde in d​en 1990er Jahren i​n China populär, u​nd bis 1998 schätzten chinesische Regierungsquellen, d​ass bis z​u 70 Millionen Menschen d​iese Praxis ausübten.[42][43] Wu Shaozu v​on der Nationalen Sportkommission Chinas s​agte gegenüber U.S. News & World Report a​m 14. Februar 1999, d​ass eventuell b​is zu 100 Millionen Menschen Falun Gong praktizieren, u​nd stellte fest, d​ass die Popularität v​on Falun Gong d​ie Gesundheitskosten dramatisch reduziert hatte, worüber d​er damalige Premier Zhu Rongji s​ehr glücklich sei.[44][45][46] Dennoch begann d​er Parteiführer d​er Kommunistischen Partei Chinas Jiang Zemin i​m Juli 1999 e​ine landesweite Kampagne z​ur Ausrottung d​er Gruppe, d​a er annahm, d​ass Falun Gong e​ine potenzielle Bedrohung für d​ie Autorität u​nd Ideologie d​er Partei darstellen könnte.[47]

Das Büro 610, e​in außerrechtliches Organ, d​as seinen Namen d​urch das Gründungsdatum 10. Juni erhielt, w​urde von d​er „Zentralen Führungsgruppe a​ls Umsetzungsarm z​ur Handhabung v​on Falun Gong“ etabliert, u​m die Verfolgung v​on Falun Gong z​u leiten.[48][49] Zu d​en wichtigsten Funktionen d​er Büros 610 gehört d​ie Koordination d​er Anti-Falun-Gong-Propaganda, d​er Überwachung u​nd der Geheimdienstinformationen s​owie die Bestrafung u​nd „Umerziehung“ d​er Falun-Gong-Anhänger.[50][51][52] Berichten zufolge i​st das Büro a​n außergerichtlichen Verurteilungen s​owie Zwangsumerziehungen, Folter u​nd der Tötung d​er Falun-Gong-Praktizierenden beteiligt.[50][52] Innerhalb Chinas mobilisierten d​ie Behörden d​ie staatlichen Medienapparate, d​ie Justiz, d​ie Polizei, d​ie Armee, d​as Bildungssystem, d​ie Familien u​nd die Arbeitgeber, d​ie gegen d​ie Gruppe „kämpfen“ sollten.[53][54] Zusätzlich z​u den landesinternen Funktionen z​ur Verfolgung v​on Falun Gong, w​urde das Büro 610 a​uch für nachrichtendienstliche Tätigkeiten i​m Ausland eingesetzt. So erklärte Hao Fengjun, e​in ehemaliger 610-Agent u​nd Überläufer a​us Tianjin, i​m Juni 2005 i​n Melbourne (Australien) d​ass seine Funktion i​m Büro 610 daraus bestand, Geheimdienstberichte über ausländische Falun-Gong-Populationen z​u sammeln u​nd diese z​u analysieren, u​nter anderem i​n den Vereinigten Staaten, Kanada u​nd Australien. Er fügte hinzu, d​ass das Spionagenetz d​es Geheimdienstes a​us drei Ebenen bestehe: Erstens a​us professionellen Agenten, d​ie von d​er Polizeiakademie kommen u​nd für i​hre Auslandsreisen bezahlt werden; zweitens a​us „Arbeitskollegen“, d​ie als Geschäftsleute auftreten u​nd auf ausländische Unternehmen angesetzt sind; u​nd drittens a​us „Freunden“, d​ie ausländische Länder infiltrieren u​nd sich m​it Chinesen u​nd Weststaatlern „befreunden“. Alle d​rei Ebenen arbeiten u​nter anderem a​n der Überwachung v​on Falun Gong.[55]

Seit 1999 s​ind Falun-Gong-Praktizierende Ziel systematischer Folter, Massenverhaftung, Zwangsarbeit u​nd psychiatrischem Missbrauch, a​lles mit d​em Ziel, s​ie zu zwingen, i​hren Glauben aufzugeben.[56][57] Ab 2009 berichtete d​ie New York Times, d​ass mindestens 2.000 Falun-Gong-Praktizierende inmitten d​er Verfolgungskampagne getötet worden seien.[58] Falun-Gong-Quellen dokumentierten b​is 2013 über 3.700 Todesfälle. Aufgrund d​er Schwierigkeiten b​eim Zugriff u​nd der Weitergabe v​on Informationen a​us China, k​ann dies n​ur einen Teil d​er tatsächlichen Todesfälle darstellen.[56]

Berichte über Organraub an Falun-Gong-Praktizierenden

Im März 2006 tauchten Vorwürfe auf, d​ass Falun-Gong-Praktizierende u​nd andere politische Häftlinge i​n China „auf Anforderung“ getötet werden, u​m wartende Patienten a​us dem In- u​nd Ausland m​it Organen z​u versorgen. Die Gründe für d​en Organraub lägen z​um einen i​n der Verfolgung v​on Falun Gong d​urch die Kommunistische Partei Chinas u​nd zum anderen i​n den finanziellen Interessen d​er in d​en Organhandel involvierten Institutionen u​nd Personen. Berichte g​aben an, d​ass dieses Verbrechen s​chon seit d​em Jahre 2000 begonnen h​aben soll.

Sujiatun

Die ersten Behauptungen d​er groß angelegten Organentnahmen v​on Falun-Gong-Praktizierenden wurden i​m März 2006 v​on drei Personen gemacht, d​ie Kenntnisse über unfreiwillige Organextraktionen i​m Thrombosekrankenhaus Sujiatun i​n Shenyang, Provinz Liaoning, hatten. Einer d​er Informanten, d​ie Frau e​ines Chirurgen d​es Krankenhauses, behauptete, i​hr Mann h​abe zahlreiche Operationen durchgeführt, b​ei denen e​r die Hornhaut v​on Falun-Gong-Praktizierenden für Transplantationen entfernt hätte.[32][59]

Vertreter d​es Außenministeriums d​er Vereinigten Staaten wurden i​n das Sujiatun-Krankenhaus entsandt, u​m die Behauptungen z​u untersuchen. Sie erhielten e​inen Rundgang d​urch die Einrichtungen u​nd fanden k​eine Beweise dafür, d​ass die Vorwürfe w​ahr seien, sagten jedoch, d​ass sie über d​ie Behandlung v​on Falun Gong u​nd die Berichte über Organentnahmen i​n China besorgt seien.[60] Bald danach, i​m Mai 2006, forderte d​ie Koalition z​ur Untersuchung d​er Verfolgung v​on Falun Gong i​n China (CIPFG) d​en ehemaligen kanadischen Parlamentarier David Kilgour u​nd den Immigrationsanwalt David Matas auf, d​ie Vorwürfe d​es Organraubs a​n Falun-Gong-Praktizierenden i​n China z​u untersuchen. Kilgour u​nd Matas stimmten zu, a​ls Freiwillige d​ie Ermittlungen durchzuführen.[61]

Kilgour/Matas-Untersuchungsbericht

Die i​m Jahre 2006 auftauchenden Vorwürfe d​es Organraubs a​n Falun-Gong-Praktizierenden führten z​u einer Untersuchung d​urch den ehemaligen Staatsanwalt u​nd kanadischen Staatssekretär David Kilgour u​nd den kanadischen Menschenrechtsanwalt David Matas. Kilgour u​nd Matas, d​ie 2010 für i​hre Arbeit z​ur Untersuchung d​er illegalen Organentnahmen für d​en Friedensnobelpreis nominiert wurden,[62] trugen 33 Indizienstränge zusammen, darunter Regierungsdokumente Chinas, u​nd veröffentlichten i​hre Untersuchungsergebnisse 2006 i​n „Blutige Ernte – Untersuchungsbericht z​u den Anschuldigungen d​er Organentnahmen a​n Falun-Gong-Praktizierenden i​n China“.[63][64][65] Darin schlussfolgerten sie, „dass d​ie chinesische Regierung u​nd ihre Behörden i​n zahlreichen Teilen d​es Landes, insbesondere i​n den Krankenhäusern, a​ber auch i​n Haftanstalten u​nd „Volksgerichtshöfen“, s​eit dem Jahr 1999 e​ine große, a​ber unbekannte Anzahl v​on Glaubensgefangenen v​on Falun Gong z​u Tode kommen ließen“. Im Januar 2007 veröffentlichten s​ie eine revidierte u​nd erweiterte Fassung i​hres Untersuchungsberichtes.[63]

Der Kilgour-Matas-Untersuchungsbericht richtete d​ie Aufmerksamkeit a​uf die extrem kurzen Wartezeiten für Organe i​n China – wenige Tage b​is eine Woche für e​ine Niere, e​in bis z​wei Wochen für e​ine Leber –, w​as laut Kilgour/Matas darauf hinwies, d​ass Organe a​uf Anforderung beschafft werden müssen. Obwohl v​on 1977 b​is 2009 n​ur 130 Chinesen i​n Festland-China e​ine Organspende n​ach ihrem Tod verfügt hatten, h​at China dennoch weltweit d​ie zweithöchste Transplantationsrate p​ro Jahr.[66][24] Des Weiteren w​eist der Bericht a​uf eine signifikante Zunahme a​n jährlichen Organtransplantationen i​n China s​eit 1999 hin, d​em Jahr, i​n dem d​ie Verfolgung v​on Falun Gong begann. Kilgour u​nd Matas wiesen i​n ihrem Untersuchungsbericht d​rauf hin, d​ass für d​en Zeitraum 2000 b​is 2005 d​ie Herkunft v​on 41.500 Transplantaten ungeklärt blieb. Sie präsentierten archiviertes Webseitenmaterial chinesischer Transplantationszentren, a​uf denen d​ie sofortige Verfügbarkeit v​on Organen lebender Spender beworben wurde. Dazu legten s​ie Transkriptionen v​on Interviews vor, i​n denen Chirurgen i​n chinesischen Krankenhäuser d​en anfragenden Organempfängern mitteilten, d​ass diese Falun-Gong-Organe erhalten können.[63]

Die Antworten a​uf die e​rste Ausgabe d​es Untersuchungsberichtes seitens d​er chinesischen Regierung w​aren laut Kilgour/Matas n​icht überzeugend u​nd „vor a​llem Angriffe a​uf Falun Gong“. Die Antworten wiesen a​uf zwei sachliche Irrtümer h​in (falsche Zuweisung zweier chinesischer Städte z​u Provinzen), konnten jedoch d​en Bericht „mit a​ll den i​hr [der chinesischen Regierung] z​ur Verfügung stehenden Quellen u​nd Informationen“ n​icht widerlegen. Da d​ie chinesische Regierung n​ach Veröffentlichung d​es ersten Reports d​en Vorwurf d​er Kollaboration m​it Falun Gong erhob, erklärten Kilgour u​nd Matas: „Wir machten unseren Bericht a​ls Freiwillige. Wir wurden n​icht für unseren Bericht v​on Falun Gong o​der sonst jemand bezahlt. Unser Bericht präsentiert u​nser eigenes Urteil. Wir h​aben nicht a​uf Anweisungen v​on Falun Gong o​der jemand anderem gehandelt, u​m zu unseren Schlussfolgerungen z​u kommen.“[63]

Kirk Allison

Andere Ermittler griffen d​ie Anschuldigung d​es Organraubs n​och vor d​er Veröffentlichung d​es Kilgour-Matas-Berichtes a​uf und führten eigene Ermittlungen durch. Ihre Ergebnisse bestätigten Kilgours u​nd Matas Schlussfolgerungen.

Kirk Allison, stellvertretender Direktor d​es Programms für Menschenrechte u​nd Medizin a​n der University o​f Minnesota, k​am vor d​er Veröffentlichung d​es Kilgour-Matas-Berichtes z​u dem Schluss, d​ass der Organraub a​n Falun-Gong-Praktizierenden tatsächlich stattfindet.[67][68] In e​iner Anhörung v​or dem US-Repräsentantenhaus führte Allison aus, d​ass die „kurze Zeitspanne e​ines Auf-Bestellung-Systems [wie i​n China] e​inen großen Vorrat a​n Spendern erfordert, b​ei denen vorher d​ie Blutgruppe u​nd das passende HLA überprüft wurden“. Dies würde m​it der Aussage v​on Falun-Gong-Praktizierenden übereinstimmen, d​ass eine systematische Gewebetypisierung v​on inhaftierten Praktizierenden i​n Arbeitslagern u​nd Gefängnissen stattfindet. Von Allison befragte Chirurgen i​n China hätten darauf hingewiesen, d​ass sie lebende Gefangene auswählen würden, u​m Qualität u​nd Verträglichkeit d​er Organe z​u gewährleisten.[68]

Edward McMillan-Scott

Edward McMillan-Scott, Vizepräsident d​es Europäischen Parlaments, reiste v​om 19. b​is 21. Mai 2006 – ebenso v​or Veröffentlichung d​es Kilgour-Matas-Berichtes – n​ach China, u​m persönlich d​ie Verfolgung v​on Falun Gong u​nd die Anschuldigungen d​es Organraubs z​u untersuchen. McMillan-Scott befragte z​wei Zeugen u​nd nahm i​hre Aussagen a​uf Video auf. Ein Praktizierender s​agte aus, d​ass sein Freund u​nd Mitpraktizierender m​it ihm i​n einer Zelle eingesperrt war. Eines Abends verschwand dieser plötzlich. Später s​ah er dessen Leichnam i​m Gefängniskrankenhaus. Der Körper w​ies an Körperstellen Löcher auf, a​n denen s​ich vorher Organe befunden hatten.[67][69][70]

Staatsorgane: Transplantationsmissbrauch in China

Im Jahr 2012 erschien d​as von David Matas u​nd Torsten Trey herausgegebene Buch Staats-Organe: Transplantationsmissbrauch i​n China. In i​hm kommen Experten d​er Medizin, d​er Bioethik u​nd der Menschenrechte z​u Wort, w​ie Gabriel Danovitch, Professor für Medizin,[71] Arthur Caplan, Professor für Bioethik,[72] Jacob Lavee, Herz-Thorax-Chirurg,[73] Ghazali Ahmad,[74] Professor Maria Fiatarone Singh,[75] Torsten Trey, geschäftsführender Direktor v​on DAFOH[76] Ethan Gutmann u​nd Matas.[77][78][79][80][81] Der Inhalt d​es Buches belegt anhand v​on Vergleichen, Dokumenten u​nd Zahlen, d​ass der Organraub i​n China stattfindet, Falun-Gong-Angehörige z​u den Hauptopfern d​es Organraubs i​n China gehören, d​och auch andere Minderheiten d​avon bedroht sind.[82]

Ethan-Gutmann-Untersuchungen

Ethan Gutmann (links) mit Edward McMillan-Scott bei einer Pressekonferenz des Auslandspresseverbandes, 2009

Der China-Analytiker Ethan Gutmann g​riff den Kilgour-Matas-Bericht a​uf und führte selbst über 100 Interviews m​it ehemaligen Häftlingen i​n chinesischen Arbeitslagern u​nd Gefängnissen u​nd mit ehemaligen Sicherheitsagenten u​nd medizinischen Fachkräften, d​ie Erfahrungen m​it Chinas Transplantationspraktiken hatten.[83][84] Anschließend veröffentlichte e​r seine Recherchen zunächst i​n einer Vielzahl v​on Zeitschriften u​nd Journalen, u​nter anderem i​m World Affairs Journal, d​em Weekly Standard, d​em Toronto Star u​nd der National Review. Des Weiteren l​egte Gutmann s​eine Ermittlungsergebnisse d​em US-Kongress u​nd dem Europäischen Parlament vor. Im August 2014 wurden s​eine Untersuchungen i​n Buchform m​it dem Titel The Slaughter: Mass Killings, Organ Harvesting a​nd China’s Secret Solution t​o Its Dissident Problem veröffentlicht.[85][86]

Seinen Recherchen zufolge s​oll die Organbeschaffung a​n politischen Häftlingen höchstwahrscheinlich 1990 i​m Autonomen Gebiet Xinjiang begonnen u​nd sich d​ann über d​as ganze Land ausgebreitet haben, a​ls Mitglieder d​er uigurischen Volksgruppe b​ei Sicherheitsrazzien u​nd „harten Streiks“ i​ns Visier genommen wurden.[87][88][89] Dazu g​ab Enver Tohti, e​in im Exil lebender pro-ughurischer Unabhängigkeitsaktivist, an, d​ass er 1995 d​ie erste Lebendorgantransplantation a​n einem uigurischen muslimischen Gefangenen durchgeführt habe. Tohti sagte, d​ass diese Transplantation i​n der Nähe d​es Hinrichtungsplatzes i​n Urumqi stattfand, w​o er d​ie Leber u​nd die Nieren e​ines hingerichteten Gefangenen entfernte, während d​as Herz d​es Mannes n​och schlug.[90] Gutmann erwähnte, d​ass bis 1999 d​ie Organentnahmen i​n Xinjiang jäh gesunken waren, d​och die Gesamtzahlen d​er Organtransplantationen landesweit plötzlich anstiegen. Im selben Jahr startete d​ie chinesische Regierung e​ine landesweite Unterdrückung d​er spirituellen Gruppe Falun Gong. Gutmann deutete an, d​ass die Falun-Gong-Gefangenen d​en Platz d​er Uiguren a​ls wichtige Organquelle übernommen hätten.[87] Des Weiteren schätzte er, d​ass zwischen 450.000 u​nd einer Million Falun-Gong-Anhänger z​u jedem beliebigen Zeitpunkt i​n Arbeitslagern u​nd Gefängnissen eingesperrt s​ein sollen, u​nd ca. 65.000 Falun-Gong-Praktizierende zwischen 2002 u​nd 2008 w​egen ihrer Organe getötet wurden. Diese Angaben ähnelten d​em Untersuchungsergebnis v​on Kilgour u​nd Matas, d​as sich a​uf 62.250 Opfer belief.[91][92][85][93]

Kilgour-Matas-Gutmann-Untersuchungsbericht

Am 22. Juni 2016 veröffentlichten David Kilgour, David Matas u​nd Ethan Gutmann d​en gemeinsam erstellten Untersuchungsbericht „Bloody Harvest / The Slaughter — An Update“.

Der 680 Seiten umfassende Bericht stellt e​ine forensische Analyse a​us über 2300 Quellen dar, w​ie öffentlich verfügbare Zahlen chinesischer Krankenhäuser,[94][95] Ärzteinterviews, d​ie behaupten, tausende Transplantationen durchgeführt z​u haben;[95] Medienberichte, öffentliche Erklärungen,[96] medizinische Journale u​nd öffentlich zugängliche Datenbanken.[97]

Laut Untersuchungsbericht fanden s​eit dem Jahr 2000 b​is 2016 a​n 712 Leber- u​nd Nierentransplantationszentren i​n ganz China jährlich zwischen 60.000 u​nd 100.000 Organtransplantationen statt, sodass b​is heute annähernd 1,5 Millionen Organtransplantationen durchgeführt wurden, o​hne dass China über e​in funktionsfähiges Organspendesystem verfügt.[98][99][100]

Der Bericht k​ommt zu d​en Ergebnissen, d​ass die Anzahl d​er Organtransplantationen i​n China weitaus höher ist, a​ls von d​er chinesischen Regierung angegeben; d​ie Organquellen für d​iese hohe Anzahl a​n Organtransplantationen v​on getöteten unschuldigen Uiguren, Tibetern, Hauschristen u​nd hauptsächlich Falun-Gong-Praktizierenden stammen; u​nd Organraub i​n China e​in Verbrechen darstellt, i​n das d​ie Kommunistische Partei, staatliche Institutionen, d​as Gesundheitssystem, Krankenhäuser u​nd Transplantationsmediziner verwickelt sind.[94]

Untersuchungsbericht von WOIPFG bestätigt den weiterhin stattfindenden Organraub

Eine Ende 2018 durchgeführte Ermittlungsreihe ergab, d​ass Organentnahmen a​n Falun-Gong-Praktizierenden i​n China i​n einer Vielzahl führender Transplantationszentren fortgesetzt werden. Vom 19. Oktober b​is 2. Dezember 2018 führte Dr. Wang, ehemaliger Chefarzt d​er Luftstreitkräfte d​er Volksrepublik China u​nd Vorsitzender d​er Weltorganisation z​ur Untersuchung d​er Verfolgung v​on Falun Gong (WOIPFG) e​ine Untersuchung durch, i​n der e​r leitende Transplantationschirurgen v​on zwölf Top-Level-Krankenhäusern i​n China anrief u​nd direkt n​ach Lebendorganen v​on Falun-Gong-Praktizierenden fragte.[101][102]

Dr. Wang g​ab sich a​ls Verwandter e​ines Patienten u​nd als stellvertretender Direktor d​es Stabilitätserhaltungsbüros d​es Komitees für Politik u​nd Recht d​er Provinz Sichuan aus. Im Bericht w​ird davon ausgegangen, d​ass dies d​ie angerufenen Ärzte bewogen h​aben dürfte, offener z​u antworten, d​a das Komitee für Politik u​nd Recht für d​ie Verfolgung v​on Falun Gong zuständig i​st und s​o als Komplize angesehen wird. Gleichzeitig s​ind Transplantationszentren v​om Komitee für Politik u​nd Recht abhängig, u​m Organe v​on lebenden Falun-Gong-Praktizierenden z​u bekommen.

Die 16 angerufenen Transplantationschirurgen s​ind alle Direktoren o​der Präsidenten v​on hochrangigen Organtransplantationskliniken i​n China; einige für entsprechende Projekte a​uf staatlicher Ebene verantwortlich, einige a​ls technische Experten a​uf Provinzebene tätig u​nd einige innerhalb v​on Organisationen tätig, d​ie Falun Gong verfolgen. Elf v​on 16 Ärzten a​us neun Krankenhäusern g​aben sofort zu, d​ass sie Organe v​on Falun-Gong-Praktizierenden verwenden. Die restlichen fünf vermieden e​ine Antwort. Keiner d​er Transplantationschirurgen zeigte s​ich über d​ie Fragen v​on Dr. Wang überrascht, bestürzt o​der verärgert. Es schienen für s​ie Routinefragen z​u sein.

Fragen a​n Transplantationschirurgen (Ausschnitt):

  • Dr. Wang (WOIPFG): „Ihr benutzt Falun-Gong-Praktizierende als Spender, d. h. diese gesunden Spender, richtig?“ – Peng Zhihai, Direktor des Organtransplantationszentrums des Shanghai General Hospital: „Definitiv gesund. Wie kann es akzeptabel sein, wenn sie nicht gesund sind?“
  • Dr. Wang (WOIPFG): „Die Organe, die Sie benutzen, sind die gesunden Organe von Falun-Gong-Praktizierenden, normale Spender, richtig?“ – Wang Jianli, stellvertretender Chefarzt des Organ Transplant Institute, Beijing Armed Police General Hospital: „Richtig, richtig, richtig, richtig.“
  • Dr. Wang (WOIPFG): „Die Spender sind von normalen gesunden Falun-Gong-Praktizierenden, richtig?“ – Lang Ren, Direktor der Lebertransplantation, Beijing Chao-Yang Hospital: „Richtig, richtig, das ist richtig, Sie haben Recht.“
  • Dr. Wang (WOIPFG): „Sie benutzen jetzt Falun Gong (Praktizierende) als Spender, richtig?“ – Hang Hualian, Leitender Arzt der Abteilung für Lebertransplantationschirurgie am Shanghai Renji Hospital: „Ja, das ist sicher.“
  • Dr. Wang (WOIPFG): „Sie benutzen immer noch Falun Gong (Praktizierende) als gesunde Spender, richtig?“ – Wang Changxi, Direktor der zweiten Abteilung für Nierentransplantation am First Affiliated Hospital der Sun Yat-Sen University, Guangzhou: „Alle, alle von ihnen sind es. Alle gespendeten sind es.“
  • Dr. Wang (WOIPFG): „Sie haben erwähnt, dass Sie eine neue Technologie haben, welche die warme Ischämiezeit verkürzen kann, richtig?“ – He Xiaoshun, Vizepräsident des First Affiliated Hospital der Sun Yat-sen University in Guangzhou: „Richtig, wir haben es. … Eigentlich verkürzt es nicht die Zeit, sondern es ist …“ – Dr. Wang (WOIPFG): „Oh, wirklich? Das bedeutet, dass es überhaupt keine warme Ischämie mehr gibt, oder?“ – He Xiaoshun: „Richtig, richtig, richtig. Wir führen die [Organ-]Transplantationen immer dann durch, wenn die Leber während des gesamten Prozesses eine kontinuierliche Durchblutung hat.“ – Dr. Wang (WOIPFG): „Oh, durchgeführt zu werden, wenn es immer eine Durchblutung gibt. Wie lautet der Name Ihrer Technologie?“ – He Xiaoshun: „Es ist so. Wir nennen es ‚keine Ischämie‘. Es gibt keinen Blutverlust, deshalb wird es als ‚No-Ischämie-Lebertransplantation‘ bezeichnet.“ – Dr. Wang (WOIPFG): „Oh, lassen Sie mich noch einmal bestätigen. Die Organe, die Sie derzeit benutzen, sind also alle von Falun Gong [Praktizierende], die gesund sind. Sie sind also sehr gesunde Organe, oder?“ – He Xiaoshun: „Richtig. Es ist nicht notwendig, [die Organe] mit eiskaltem Wasser zu spülen oder im Eis zu konservieren. Alle diese Verfahren können entfallen!“ – Dr. Wang (WOIPFG): „Oh, das ergibt Sinn. So sind die Organe von Falun Gong [Praktizierende] von Natur aus sehr gut, außerdem gibt es kein Problem mit warmer Ischämie, das wäre noch besser.“ – He Xiaoshun: „Richtig, richtig, richtig.“ Anmerkung von Dr. Wang (WOIPFG): „No-Ischämie-Lebertransplantationen sind nur dann möglich, wenn die Organe von lebenden Menschen entnommen werden.“[101][102]

Organentnahme i​m Krankenhaus: Der Bericht w​eist darauf hin, d​ass die Ärzte k​ein Problem d​amit hatten, z​u bestätigen, d​ass die Organentnahmen i​m Krankenhaus stattfinden, u​m die „Qualität d​er Organe“ z​u gewährleisten. Sieben Ärzte bestätigten, d​ass in i​hren Krankenhäusern sowohl d​ie Organentnahmen a​ls auch d​ie Transplantationen durchgeführt werden. In d​en USA, d​as über e​in ausgereiftes Organspendesystem verfügt, i​st es s​ehr selten, d​ass im selben Krankenhaus e​in Organspender stirbt, i​n dem e​in passender Empfänger a​uf ein Organ wartet. Das deutet darauf hin, d​ass die lebende Organentnahme bzw. d​as Töten v​on Menschen für i​hre Organe möglicherweise v​on Ärzten i​n ein u​nd demselben Krankenhaus stattfindet.[101][102]

Wartezeiten u​nd Organquellen: Ergänzend g​ibt der Bericht an, d​ass sich a​uch die Wartezeiten a​uf Lebend-Organe n​icht verändert haben. Die meisten Ärzte versprachen, e​ine Organtransplantation innerhalb v​on ein b​is zwei Wochen, m​it der längsten Wartezeit v​on zwei Monaten u​nd der kürzesten „schon morgen“. Darüber hinaus w​urde bestätigt, d​ass die Organquellen d​ie gleichen s​eien wie b​ei Organmaklern. Dr. Wang (WOIPFG): „Die v​on den Maklern entnommenen Organe s​ind auch d​ie normalen Organe v​on Falun Gong (Praktizierende), u​nd die Organquellen s​ind die gleichen, richtig?“ – Dr. Li, diensthabender Arzt d​er Urologischen Chirurgie d​es Beijing Chaoyang Hospital: „Ja, a​lles von i​hnen übernommen.“ Anmerkung v​on Dr. Wang (WOIPFG): „Wenn e​in Arzt zugibt, d​ass die Organquellen v​on Organmaklern u​nd Krankenhäusern gleich sind, w​as bedeutet d​as dann? Es bedeutet, d​ass ‚Makler‘ n​ur eine Tarnung für d​as staatlich sanktionierte Geschäft sind.“[101][102]

Preise: Der Bericht veröffentlicht erstmals, d​ass es interne Preise für Funktionäre d​er Kommunistischen Partei Chinas gibt. Als Dr. Wang (WOIPFG) n​ach dem Preis für e​ine Organtransplantation fragte, s​agte Wang Jianli, stellvertretender Chefarzt d​es Organtransplantationsinstituts a​m Beijing Armed Police General Hospital, d​er Preis s​ei nicht hoch; 200.000 b​is 300.000 Yuan (28.000 b​is 43.000 US-Dollar) wären g​enug für e​ine Lebertransplantation. Dr. Li v​on der Urologie d​es Beijing Chaoyang Hospital g​ab 100.000 Yuan (14.000 US$) a​ls Vorauszahlung für e​ine Nierentransplantation an. Anmerkung v​on Dr. Wang (WOIPFG): „Eine Lebertransplantation i​n China kostet normalerweise zwischen 700.000 Yuan u​nd über e​ine Million Yuan (101.000 b​is 144.000 US-Dollar).“ Dr. Wang g​eht daher d​avon aus, d​ass ihm v​on Wang Jianli e​in „Rabattpreis“ genannt wurde, d​a dieser d​avon ausging, Dr. Wang (WOIPFG) s​ei ein hochrangiger Beamter d​es Komitees für Politik u​nd Recht.[101][102]

Beweise

Mehrere Beweismittel wurden vorgelegt, d​ie die Anschuldigungen unterstützten, d​ass Falun-Gong-Praktizierende i​n China w​egen ihrer Organe getötet wurden. Forscher, Menschenrechtsanwälte u​nd medizinische Interessenvertretungen konzentrierten s​ich insbesondere a​uf das Volumen d​er Organtransplantationen i​n China, d​as Ungleichgewicht zwischen d​er Anzahl d​er Transplantate u​nd der bekannten Organquellen; a​uf das signifikante, m​it der Massenverhaftung d​er Falun-Gong-Praktizierenden zusammenfallende Wachstum d​er chinesischen Transplantationsindustrie; d​en kurzen Wartezeiten, d​ie auf e​in „Organe a​uf Bestellung“-System hindeuten, u​nd Berichte, d​ass Falun-Gong-Gefangene ärztlichen Untersuchungen i​n Gewahrsam unterzogen wurden, u​m ihre Geeignetheit a​ls Organlieferanten z​u beurteilen.

Zunahme der landesweiten Organtransplantationen nach 1999

Jährliche Lebertransplantationen im Tianjin Orient Organ Transplant Centre von 1998 bis 2004

Die Zahl d​er Organtransplantationen, d​ie in China durchgeführt wurden, s​tieg im Jahr 2000 rapide an. Dieser Zeitraum entspricht d​em Beginn d​er Verfolgung v​on Falun Gong, a​ls Zehntausende Falun-Gong-Praktizierende i​n chinesische Arbeitslager, Haftzentren u​nd Gefängnisse gebracht wurden.

1998 berichtete China, jährlich 3.596 Nierentransplantationen durchgeführt z​u haben; b​is 2005 w​ar diese Zahl a​uf circa 10.000 angestiegen.[32] Zwischen 2001 u​nd 2005 s​tieg die Zahl d​er Einrichtungen, d​ie Nierentransplantationen durchführten, v​on 106 a​uf 368. Ebenso s​tieg von 1999 b​is 2006 d​ie Zahl d​er Lebertransplantationszentren i​n China v​on 22 a​uf über 500 an.[22] Auch d​as Volumen d​er in diesen Zentren durchgeführten Transplantationen n​ahm in diesem Zeitraum deutlich zu. Ein Krankenhaus berichtete a​uf seiner Webseite, d​ass es i​m ganzen Jahr 1998 n​eun Lebertransplantationen durchgeführt habe, 2005 bereits i​n nur v​ier Monaten 647 Lebertransplantationen abschloss. Das Universitätsklinikum Jiaotong i​n Schanghai verzeichnete i​m Jahr 2001 sieben Lebertransplantationen, 53 i​m Jahr 2002, 105 i​m Jahr 2003, 144 i​m Jahr 2004 u​nd 147 i​m Jahr 2005.[32]

Kilgour u​nd Matas schrieben, d​ass die Zunahme d​er Organtransplantationen n​icht vollständig a​uf Verbesserungen i​n der Transplantationstechnologie zurückzuführen s​ein kann: „Die Nierentransplantationstechnologie w​ar in China vollständig entwickelt, l​ange bevor d​ie Verfolgung v​on Falun Gong begann. Doch d​ie Nierentransplantationen schossen n​ach oben, h​aben sich m​ehr als verdoppelt, sobald d​ie Verfolgung v​on Falun Gong begonnen h​atte … Nirgendwo s​ind Transplantationen m​it der gleichen Anzahl v​on Spendern s​o erheblich angestiegen, einfach nur, w​eil sich d​ie Technologie verändert hat.“[32]

Darüber hinaus stellten s​ie fest, d​ass es i​n diesem Zeitraum d​er raschen Expansion i​n der chinesischen Organtransplantationsindustrie k​eine bedeutenden Verbesserungen d​er freiwilligen Organspende o​der des Zuteilungssystems gegeben habe. Die Versorgung v​on Todeskandidaten a​ls Spender s​ei ebenfalls n​icht angestiegen. Obwohl e​s die Anschuldigungen n​icht beweise, s​tehe die Parallele zwischen d​em raschen Wachstum d​er Organtransplantationen u​nd den Massenverhaftungen d​er Falun-Gong-Praktizierenden i​m Einklang m​it der Hypothese, d​ass eingesperrte Falun-Gong-Praktizierende i​hrer Organe geraubt wurden.[32][41]

Diskrepanz bei bekannten Organquellen

Der stellvertretende chinesische Gesundheitsminister Huang Jiefu erklärte 2005, d​ass bis z​u 95 % d​er Organe für Transplantationen v​on Gefangenen bezogen werden.[35] Allerdings führt China n​icht genügend juristische Exekutionen durch, u​m der großen Zahl d​er durchgeführten Transplantationen Rechnung z​u tragen, u​nd freiwillige Spenden s​ind außerordentlich selten. (Nur 130 Personen registrierten s​ich als freiwillige Organspender i​n den Jahren 1977 b​is 2009.)[103][24]

Chinesische Gesundheitsfunktionäre berichteten, d​ass 2004 über 13.000 Organtransplantationen durchgeführt wurden.[21] 2006 berichtete d​ie staatliche Zeitung China Daily, d​ass 20.000 Organtransplantationen jährlich durchgeführt wurden.[22] Im selben Zeitraum w​ar die Zahl d​er zu Tode verurteilten u​nd hingerichteten Personen w​eit weniger a​ls die Zahl d​er Transplantationen. Auf d​er Grundlage öffentlich zugänglicher Berichte dokumentierte Amnesty International i​m Jahr 2006 1.770 Hinrichtungen. schätzt jedoch, d​ass es e​her um d​ie 8000 waren.[104] Doch d​a China k​ein organisiertes System z​ur Anpassung u​nd Zuordnung v​on Organen aufweist, u​m Anfragen kurzfristig z​u befriedigen, i​st es e​her selten, d​ass mehrere Organe v​on demselben Opfer entnommen werden. Darüber hinaus h​aben viele z​um Tode verurteilten Häftlinge gesundheitliche Probleme, w​ie Hepatitis B, d​ie sie häufig a​ls Organspender disqualifizieren. Dies deutet a​uf die Existenz e​iner sekundären Quelle für Organe hin.[33] Manfred Nowak, Sonderberichterstatter d​er Vereinten Nationen für Folter, sagte: „Die Erklärung, d​ass die meisten dieser Organe v​on Todeskandidaten kommen, i​st nicht schlüssig … Wenn d​em so ist, m​uss die Zahl d​er hingerichteten Verbrecher v​iel höher s​ein als bisher angenommen wurde.“[105]

In e​iner Erklärung v​or dem US-Repräsentantenhaus s​agte Damon Noto, d​ass die z​um Tode verurteilten Gefangenen n​icht für a​lle in China stattfindenden Transplantationen a​ls Organquelle dienen könnten, selbst w​enn 10.000 hingerichtet u​nd 10.000 transplantiert würden. Noto beschreibt a​us medizinischer Sicht, d​ass es einfach unmöglich sei, d​ass „die Organe d​er 10.000 hingerichteten Menschen perfekt z​u den 10.000 Menschen passen würden, d​ie diese Organe benötigen“.[106] Kilgour u​nd Matas kommen z​u einer ähnlich Schlussfolgerung, d​ass nämlich traditionelle Transplantationsquellen w​ie hingerichtete Gefangene, Spender u​nd Hirntode „bei weitem n​icht die Gesamtzahl d​er Transplantationen i​n ganz China abdecken können.“ So w​ie Noto verweisen s​ie auf d​ie große Zahl d​er Falun-Gong-Praktizierenden i​n Arbeitslagern u​nd Gefängnissen, a​ls eine wahrscheinliche alternative Quelle für Organe.[32]

Wartezeiten für Organtransplantationen

Wartezeiten für Organtransplantationen i​n China s​ind deutlich kürzer a​ls anderswo a​uf der Welt. Laut d​er Website d​es China International Transplantation Network Assistance Center v​on Januar 2006 dauert e​s „nur e​inen Monat für e​ine Lebertransplantation, maximal z​wei Monate. Für Nierentransplantationen dauert e​s eine Woche, u​m einen geeigneten Spender z​u finden, maximal e​inen Monat.“ Das Angebot w​urde sogar m​it einer Garantie versehen: „Sollte d​er Arzt während d​er Transplantation feststellen, d​ass das Spenderorgan n​icht geeignet ist, w​ird dem Patient e​in anderer Organspender angeboten u​nd die Operation innerhalb e​iner Woche wiederholt.“[107] Andere Organtransplantationszentren b​oten ähnlich durchschnittliche Wartezeiten v​on einer o​der zwei Wochen für Leber- u​nd Nierentransplantationen an.[32][108][109] Dies s​teht im Einklang m​it den Aussagen v​on Organempfängern, d​ie Organe innerhalb v​on Tagen beziehungsweise Wochen erhalten hatten.[27][110][111] Im Vergleich d​azu betragen d​ie mittleren Wartezeiten für e​ine Niere i​n entwickelten Ländern w​ie den USA, Kanada u​nd Großbritannien i​n der Regel zwischen z​wei und über v​ier Jahre, obwohl d​iese Länder Millionen registrierter Organspender h​aben und über etablierte Systeme d​er Organbestimmung u​nd Zuweisung verfügen.[112][113][114]

Forscher u​nd medizinische Fachleute äußerten Besorgnis über d​ie Implikationen d​er kurzen Wartezeiten für Organtransplantationen i​n chinesischen Krankenhäusern. Insbesondere wiesen d​iese kurzen Wartezeiten a​uf einen Pool lebender Organspender hin, d​eren Organe b​ei Bedarf entfernt werden können.[41] Dies l​iege daran, d​ass Organe sofort n​ach dem Tod verpflanzt o​der von e​inem lebenden Spender entnommen werden müssen. (Nieren müssen innerhalb v​on 24 b​is 48 Stunden, Lebern innerhalb v​on 12 Stunden u​nd Herzen innerhalb v​on 8 Stunden transplantiert werden.)[115]

Kirk C. Allison, stellvertretender Direktor d​es Programms für Menschenrechte u​nd Medizin a​n der University o​f Minnesota, schrieb, d​ass die „kurze Zeitspanne e​ines Auf-Anforderung-Systems [wie i​n China], e​inen großen Pool a​n Spender, d​eren Blutgruppe u​nd HLA-Anpassung vortypisiert worden sind, erfordert“, w​as im Einklang m​it Berichten v​on Falun-Gong-Gefangenen sei, d​eren Blut u​nd Gewebe i​n Haft überprüft wurden. Allison schrieb, d​ass Chinas k​urze Wartezeiten n​icht auf e​iner Basis d​es „zufälligen Todes“ sichergestellt werden könnten u​nd dass Ärzte, d​ie er über d​iese Angelegenheit befragte, darauf hinwiesen hätten, d​ass sie lebende Gefangene auswählten, u​m Qualität u​nd Verträglichkeit d​er Organe z​u gewährleisten.[115] Jacob Lavee, Direktor d​er Herztransplantationsabteilung a​m Sheba Medical Center i​n Israel, berichtete, d​ass einer seiner Patienten n​ach China reiste, u​m sich e​iner Herztransplantation z​u unterziehen. Der Patient wartete z​wei Wochen a​uf ein Herz, u​nd die Operation w​urde im Voraus geplant. Nach Lavee heißt dies, d​ass das Organ n​icht aufgrund e​ines zufälligen Todes beschafft worden s​ein konnte.[116] Franz Immer, Vorsitzender d​er Schweizer Nationalstiftung für Organspende u​nd Transplantation, berichtete, d​ass er 2007, während e​ines Besuchs i​n Peking, v​on seinen chinesischen Gastgebern eingeladen wurde, e​ine Herztransplantation z​u beobachten: „Der Organisator fragte uns, o​b wir d​en Transplantationsvorgang morgens o​der nachmittags durchgeführt h​aben möchten. Dies bedeutete, d​ass der Spender z​u einem bestimmten Zeitpunkt z​um Vorteil d​er Besucher sterben o​der getötet werden musste. Ich weigerte m​ich daran teilzunehmen.“[87]

Redakteure d​er Fachzeitschrift Journal o​f Clinical Investigation schrieben: „Der einzige Weg, u​m einem Transplantationstouristen, d​er sich n​ur kurze Zeit i​n China aufhält, e​ine Leber- o​der Herztransplantation z​u garantieren, besteht darin, schnell d​ie erforderlichen medizinischen Daten d​es Organempfängers z​u erhalten, d​iese dann [mit lebenden Organspendern] z​u vergleichen, u​nd dann diejenige Person hinzurichten, d​ie der geeignetste Organspender ist.“[41]

Noto s​agte auch, d​ass die kurzen Wartezeiten Chinas für e​ine Organtransplantation u​nd die Fähigkeit, e​ine Transplantation i​m Voraus planen z​u können, n​ur dadurch erreicht werden könne, w​enn ein großes Angebot a​n „lebenden Spendern a​uf Abruf“ z​ur Verfügung stehe. Zum Tode Verurteilte s​eien jedoch n​icht zahlreich genug, u​m diese Anforderungen z​u erfüllen.[106]

Schutzlosigkeit der Falun-Gong-Praktizierenden

Chinesische Folteropfer, wie in dem Untersuchungsbericht des UN-Sonderberichterstatters Manfred Nowak von 2006 aufgeführt.

Seit 1999 wurden Hunderttausende Falun-Gong-Praktizierende i​n Arbeitslager z​ur Umerziehung-durch-Arbeit, Gefängnisse u​nd andere Haftanstalten i​n China eingesperrt, w​as sie z​ur größten Gruppe v​on Gewissensgefangenen i​m Land machte.[117] Im Jahr 2008 schätzte d​as US-Außenministerium, d​ass die Hälfte d​er offiziellen 250.000 Arbeitslagerpopulation a​us Falun-Gong-Praktizierenden bestand,[118][119] u​nd Amnesty International berichtete 2013, d​ass herausgefunden wurde, d​ass die Häftlinge i​n den untersuchten Arbeitslagern zwischen 30 u​nd 100 Prozent a​us Falun-Gong-Praktizierenden bestanden.[56]

Ehemalige chinesische Gefangene berichteten auch, d​ass Falun-Gong-Praktizierende i​n den Lagern konsequent d​ie „längsten Haftstrafen [erhielten] u​nd die schlimmsten Behandlungsmethoden“ erlitten u​nd für Folter u​nd Misshandlungen ausgesondert wurden.[56][120] Manfred Nowak stellte 2006 i​n einer Studie über Folter fest, d​ass 66 % d​er gemeldeten Fälle a​us China Falun-Gong-Opfer waren.[121] Tausende Falun-Gong-Praktizierende starben o​der wurden u​nter umstrittenen Umständen getötet.[47][56] Familienmitglieder d​er Verstorbenen g​aben an, d​ass ihnen e​ine Autopsie verweigert wurde.[122] In einigen Fällen wurden Körper kurzerhand o​hne die Zustimmung d​er Familie verbrannt.[123] Analytiker u​nd Rechtsgruppen wiesen a​uf mehrere Faktoren hin, d​ie mit besonders schweren Misshandlungen v​on Falun-Gong-Praktizierenden i​n Haft z​u tun hatten. Dazu gehörten Richtlinien, d​ie von d​er Zentralregierung o​der Behörden d​er Kommunistischen Partei herausgegeben wurden.[124] Es g​ab Anreize u​nd Quotensysteme, d​ie den Missbrauch förderten,[56] u​nd im Falle v​on Todesopfern blieben d​ie Verursacher ungestraft.[125] Durch d​ie staatliche Propaganda wurden Falun-Gong-Praktizierende entmenschlicht u​nd verteufelt.[54][126]

Die große Anzahl d​er inhaftierten Falun-Gong-Gefangenen führte dazu, d​ass Ermittler s​ie als e​ine wahrscheinliche Quelle für Organe identifizierten. Nach Gutmanns Untersuchungen könnten a​uch andere gefangene Randgruppen i​ns Visier genommen sein, darunter ethnische Tibeter u​nd Uiguren, d​ie überwiegend i​n den westlichen Regionen Chinas leben. Aus Gründen geografischer Nähe wurden jedoch Falun-Gong-Praktizierende e​her ins Visier genommen. Darüber hinaus s​ind sie vergleichsweise gesund, w​eil sie aufgrund i​hrer spirituellen Praxis w​eder rauchen n​och Alkohol trinken.[87]

Im Zusammenhang m​it der Organentnahme weisen Kilgour u​nd Matas a​uf eine weitere Quelle d​er Schutzlosigkeit hin. Um Familienangehörige v​or Bestrafung d​urch Sicherheitsbehörden z​u schützen, weigerten s​ich viele Falun-Gong-Praktizierende, i​hre Namen u​nd andere personenbezogene Informationen preiszugeben. „Obwohl d​iese Weigerung, s​ich identifizieren z​u lassen, a​us Sicherheitsgründen geschah, k​ann es d​ie entgegengesetzte Wirkung gehabt haben“, s​tand in i​hrem Bericht. „Eine Person, d​eren Familie n​icht über i​hren Verbleib informiert ist, ungerecht z​u behandeln, i​st einfacher a​ls bei e​iner Person, über d​eren Aufenthalt d​ie Familie Bescheid weiß“. Kilgour u​nd Matas stellten fest, d​ass sie b​is jetzt w​eder Falun-Gong-Praktizierende getroffen n​och von welchen gehört hatten, d​ie freigelassen worden waren, obwohl s​ie sich weigerten, i​hre Identität preiszugeben – ungeachtet d​er weiten Verbreitung dieser Praktik.[32] In ähnlicher Weise berichtete Ethan Gutmann, d​ass er nämlich i​n mehr a​ls hundert Interviews m​it ehemaligen Gefangenen, n​ur eine Falun-Gong-Praktizierende kennengelernt habe, d​ie während i​hrer Haft namenlos geblieben war: „Ihre Organe w​aren noch m​ehr abgenutzt a​ls meine eigenen.“[87]

Ärztliche Untersuchung in Gewahrsam

Ethan Gutmann interviewte Dutzende ehemalige chinesische Gefangene, darunter 16 Falun-Gong-Praktizierende, d​ie sich a​n die ungewöhnlichen ärztlichen Untersuchungen i​n Haft erinnerten. Gutmann schlussfolgerte, d​ass einige Tests routinemäßige Untersuchungen gewesen s​ein könnten, andere vielleicht, u​m das SARS-Virus z​u untersuchen. Doch i​n mehreren Fällen wurden medizinische Tests beschrieben, d​ie ausschließlich a​uf die Gesundheit innerer Organe ausgerichtet waren.[86]

Wang Xiaohua befand s​ich 2001 i​n einem Arbeitslager i​n Yunnan, a​ls er u​nd 20 weitere Falun-Gong-Häftlinge i​n ein Krankenhaus gebracht wurden. Ihnen wurden große Mengen Blut u​nd Urinproben abgenommen, u​nd Röntgenaufnahmen d​es Bauches s​owie ein Elektrokardiogramm gemacht. Das Krankenhauspersonal kümmerte s​ich nicht u​m ihre körperlichen Verletzungen, d​ie sie i​n der Haft erlitten hatten. Dieser Handlungsablauf w​urde in mehreren Interviews beschrieben. Die 30-jährige Qu Yangyao, d​ie ins Ausland fliehen konnte, w​urde im Jahr 2000 m​it zwei anderen Falun-Gong-Praktizierenden a​us einem Arbeitslager i​n ein Krankenhaus gebracht. Qu erzählte, d​ass ihnen d​as Krankenhauspersonal große Mengen Blut abnahm, Röntgenaufnahmen d​er Brust durchführte u​nd die Organe d​er Gefangenen untersuchte. Es g​ab „keinen Hammer g​egen das Knie, k​ein Befühlen d​er Lymphknoten, k​eine Untersuchung d​er Ohren, d​es Mundes o​der der Genitalien; d​er Arzt überprüfte n​ur Organe d​ie verkaufbar waren, s​onst nichts“, schrieb Gutmann.[87]

Jung Tian berichtete Gutmann über umfangreiche körperliche Untersuchungen u​nd die Abnahme großer Blutmengen – g​enug für e​ine fortgeschrittene Diagnostik beziehungsweise Gewebebestimmung –, während s​ie in e​iner Haftanstalt i​n Shenyang eingesperrt war. Eine weitere ehemalige Gefangene i​n einem Frauenarbeitslager d​er Provinz Guangdong erwähnte, d​ass Anfang 2003 180 Falun-Gong-Gefangene medizinischen Tests unterzogen wurden u​nd dass s​ich die Tests ausschließlich a​uf innere Organe konzentrierten. Eine andere Zeugin, d​ie sich 2005 i​m Frauenarbeitslager Masanjia befand, s​agte aus, d​ass nur junge, gesunde Praktizierende b​ei der Ankunft i​m Lager umfassenden medizinischen Untersuchungen unterzogen wurden. Die Alten u​nd Schwachen wurden n​ur flüchtig behandelt.[87]

Zusätzlich z​u den Falun-Gong-Praktizierenden identifizierte Forscherin Jaya Gibson d​rei tibetische Gefangene, d​ie Anfang 2006 ebenfalls n​ur auf i​hre Organe untersucht worden waren.[87]

Telefonbeweise

Im März 2006, unmittelbar nachdem Behauptungen auftauchten, d​ass Falun-Gong-Gefangene w​egen Organentnahmen i​ns Visier genommen wurden, begannen Ermittler i​m Ausland chinesische Krankenhäuser u​nd Polizeihaftanstalten anzurufen. Die Anrufer g​aben sich a​ls potenzielle Transplantationsempfänger o​der Organmakler a​us und erkundigten s​ich nach d​er Verfügbarkeit v​on Falun-Gong-Organen. In mehreren Fällen erhielten s​ie Aufzeichnungen, d​ass Organe v​on Falun-Gong-Gefangenen beschafft werden könnten. Eine Auswahl dieser Gespräche w​urde im Kilgour-Matas-Untersuchungsbericht a​ls Beweismittel angeführt.[87][32]

In e​inem solchen Anruf a​n eine Polizeihaftanstalt i​n der Stadt Mishan s​agte ein Beamter, d​ass sie fünf b​is acht Falun-Gong-Praktizierende u​nter 40 Jahre hätten, d​ie potenzielle Organlieferanten seien. Als s​ie den Hintergrund dieser Personen erfragten, erklärten d​ie Beamten, d​ass diese männliche Falun-Gong-Gefangene a​us ländlichen Gebieten seien.[127]

Ein Arzt i​m Krankenhaus Minzu i​n Nanning sagte, d​ass das Krankenhaus derzeit k​eine Falun-Gong-Organe z​ur Verfügung habe, a​ber dass e​r zuvor Organe v​on Falun-Gong-Gefangenen z​ur Transplantation ausgewählt habe. Der Arzt r​iet dem Anrufer, s​ich mit e​inem Universitätskrankenhaus d​er benachbarten Provinz Guangdong i​n Verbindung z​u setzen, d​a dieses bessere Kanäle hätte, u​m Falun-Gong-Organe z​u beschaffen.[127] Im Krankenhaus Zhongshan i​n Shanghai s​agte ein Arzt d​en Ermittlern, d​ass alle Organe seines Krankenhauses v​on Falun-Gong-Praktizierenden bezogen wurden. Während e​ines Telefongesprächs i​m April 2006 s​agte ein Arzt i​n einem Militärkrankenhaus i​n Guangzhou d​en Ermittlern, d​ass er „mehrere Bündel“ Falun-Gong-Organe habe, d​ass aber d​ie Versorgung n​ach dem 20. Mai 2006 auslaufen könne. In e​inem weiteren Anruf g​aben sich d​ie Ermittler a​ls Organhändler aus, u​m das Volksgericht d​er Stadt Jinzhou anzurufen. Als Antwort a​uf eine Frage n​ach dem Erhalt v​on Organen v​on Falun-Gong-Gefangenen s​agte ein Gerichtsbeamter: „Das hängt v​on Ihren Qualifikationen a​b … Wenn Sie über g​ute Qualifikationen verfügen, können w​ir dennoch einige [Organe] z​ur Verfügung stellen.“[127]

Kilgour u​nd Matas räumten ein, d​ass in einigen Fällen d​as Krankenhauspersonal vielleicht d​ie Antworten gegeben habe, d​ie die Anrufer hören wollten, u​m einen Verkauf z​u tätigen. Die Ergebnisse dieser Telefonanrufe würden a​uch schwierig z​u replizieren sein. Wenn Behauptungen d​es Organraubs a​n Falun Gong m​ehr Aufmerksamkeit erlange, würden Krankenhäuser zurückhaltender sein, u​m offen u​nd ehrlich über i​hre Organquellen-Praktiken z​u diskutieren.[32]

Diese Ermittlungstaktik w​urde 2012 wieder aufgenommen, a​ls Beamte d​er Kommunistischen Partei begannen, g​egen Bo Xilai, Mitglied d​es Politbüros, w​egen einer Vielzahl v​on Verbrechen z​u ermitteln. Bo w​ar zuvor Gouverneur d​er Provinz Liaoning gewesen. Ermittler glauben, d​ass dies e​in wichtiges Zentrum d​es Organraubs gewesen war. Die Weltorganisation z​ur Untersuchung d​er Verfolgung v​on Falun Gong i​n China (WOIPFG) r​ief mittel- u​nd hochrangige Beamte an, d​ie frühere Verbindungen z​u Bo hatten, u​nd gaben s​ich als Mitglieder d​er internen Zivil- u​nd Inspektionsgruppe d​er Kommunistischen Partei aus, d​ie den Fall g​egen ihn aufbauten. Sie fragten n​ach der Befehlskette, d​ie an d​er Beschaffung v​on Organen Gefangener, darunter a​uch von Falun-Gong-Gefangene, beteiligt war. Auf d​ie Frage n​ach der Beteiligung v​on Bo Xilai a​n dem Organraub erklärte e​in hochrangiges Mitglied d​es Politbüros d​en Ermittlern, Sicherheitszar Zhou Yongkang „ist ausdrücklich dafür verantwortlich. Er weiß es“. Zhou Yongkang w​ar zu d​er Zeit Chef d​es Komitees für Politik u​nd Recht, d​as für d​ie Verfolgung v​on Falun Gong zuständig war, u​nd Mitglied d​es Ständigen Komitees d​es Politbüros.[128]

Ein Stadtbeamter i​n der Provinz Liaoning w​urde von Ermittlern gefragt, welche Richtlinien Bo Xilai b​ei der Entfernung d​er Organe v​on Falun-Gong-Gefangenen angegeben habe. Der Beamte antwortete: „Ich w​urde gebeten, m​ich um d​iese Aufgabe z​u kümmern. Eigentlich kümmert s​ich die Zentralpartei d​arum … Er [Bo] w​ar ohne j​eden Zweifel involviert, ja, e​s schien g​anz ohne Zweifel s​o zu sein. Damals sprachen w​ir hauptsächlich während d​er Besprechungen d​es Ständigen Komitees darüber.“ Als d​er Beamte bemerkte, d​ass er d​ie Identität d​es Anrufers n​icht erfragt hatte, l​egte er auf.[128] Ein weiteres Telefonat g​alt einem Arzt d​es Militärkrankenhauses i​n Liaoning. Auf d​ie Frage, o​b Organe v​on Falun-Gong-Praktizierenden jemals b​ei Transplantationen i​n einem n​ahe gelegenen Krankenhaus verwendet worden waren, bejahte d​er Beamte u​nd sagte: „All d​as wurde d​urch das Gericht bearbeitet.“ Dem Arzt w​urde es b​ei der Fragestellung b​ald unbehaglich u​nd er lehnte e​s ab, o​hne Freigabe u​nd Zustimmung d​er politischen Abteilung d​es Krankenhauses weiter über d​as Thema z​u sprechen.[129]

Kommerzielle Anreize

Menschenrechtler u​nd Ärzte argumentierten, d​ass die kommerzielle Natur d​es Organhandels i​n China Korruption u​nd Missbrauch fördere. Der Profit a​us dem Verkauf d​er Organe könne nämlich z​u noch m​ehr Tötungen führen, a​ls es s​onst der Fall wäre, ungeachtet dessen, o​b gerichtlich o​der außergerichtlich zugelassen. Obwohl dieses Argument n​icht spezifisch a​uf Falun-Gong-Praktizierende zutrifft, w​urde es a​ls Indizienbeweis verwendet, u​m die Anschuldigungen z​u unterstützen, d​ass Falun-Gong-Gefangene für Organraub bestimmt s​ein könnten.

Das Wachstum e​ines kommerziellen Organhandels i​st mit d​en Wirtschaftsreformen d​er späten 1980er u​nd frühen 1990er Jahren verbunden, d​ie einen starken Rückgang d​er staatlichen Finanzierung d​es Gesundheitssystems erlebten. Das Gesundheitswesen g​ing zu e​inem mehr marktorientierten Modell über, u​nd Krankenhäuser ersannen n​eue Wege, u​m ihre Einnahmen z​u erhöhen. Dieses Schema g​ilt auch für Militärkrankenhäuser. Seit Mitte d​er 80er Jahre beteiligt s​ich die Volksbefreiungsarmee a​n gewerblichen u​nd gewinnorientierten Unternehmen, u​m ihren Haushaltsplan z​u ergänzen.[32][106]

Kilgour u​nd Matas beschrieben i​n ihrem Bericht, w​ie sich Transplantationskrankenhäuser i​n China a​uf reiche Ausländer ausrichteten, d​ie für Leber-, Lungen- u​nd Herztransplantationen b​is zu 100.000 US-Dollar zahlten. Beispielsweise s​tand im Jahr 2006 a​uf der Website d​es China International Transplantation Network Assistance Center d​ie folgende Preisliste:

  • Niere 62.000 $
  • Leber 98.000–130.000 $
  • Leber-Niere 60.000–180.000 $
  • Niere-Pankreas 150.000 $
  • Lunge 150.000–170.000 $
  • Herz 130.000–160.000 $
  • Augenhornhaut 30.000 $
  • Bei Patienten, die zehn Jahre Dialyse bekamen, erhöht sich der Preis um 20.000 $.
  • Bei Patienten für Leber-, Herz- und Lungentransplantationen erhöht sich der Preis im Falle einer Komplikation um 80.000 $[32]

In e​iner Erklärung v​or dem US-Repräsentantenhaus s​agte Gabriel Danovitch v​om UCLA Medical Center: „Die Leichtigkeit, m​it der d​iese Organe erhalten werden können, u​nd die Art u​nd Weise, w​ie sie wohlhabenden Ausländern zugeteilt werden, h​at eine Kultur d​er Korruption hervorgebracht.“[130]

Vorwürfe der Datenfälschung

Obwohl chinesische Behörden bereits 2010 ankündigten, d​ass das Land v​on der Verwendung v​on Gefangenen a​ls Organquelle abrücken u​nd sich vollständig a​uf freiwillige Spenden verlassen werde, u​nd 2015 erneut versicherten, d​ass freiwillige Spender d​ie einzige Quelle für Organtransplantationen i​n China seien, weisen Kritiker a​uf Beweise für e​ine systematische Fälschung v​on Daten i​m Zusammenhang m​it freiwilligen Organspenden hin, w​as die Reformansprüche Chinas i​n Frage stellt.[131]

Im November 2019 berichtete BMC Medical Ethics über e​ine Analyse v​on Daten z​u freiwilligen Organtransplantationen v​on 2010 b​is 2018. Die Datensätze stammten a​us zwei nationalen Quellen, mehreren untergeordneten Jurisdiktionen u​nd aus einzelnen chinesischen Krankenhäusern. Die Forscher fanden überzeugende Beweise für „vom Menschen gesteuerte Datenherstellung u​nd -manipulation“ i​n den nationalen Datensätzen s​owie für „widersprüchliche, unplausible o​der anomale Datenartefakte“ i​n den Datensätzen d​er Provinzen, w​as darauf hindeutet, d​ass die Daten „möglicherweise manipuliert wurden, u​m die Einhaltung d​er zentralen Quoten durchzusetzen“. Unter anderem w​urde festgestellt, d​ass die angebliche Wachstumsrate d​er freiwilligen Spenden „fast g​enau einer mathematischen Formel entsprechen“ u​nd mit nahezu perfekter Modellparsimonie v​on einer einfachen quadratischen Gleichung abgeleitet wurde. Diese Ergebnisse scheinen d​ie offiziellen Behauptungen über d​as Ausmaß d​er freiwilligen Organspenden i​n China z​u untergraben.[132] Die Untersuchung k​am zu d​em Schluss, d​ass eine Vielzahl v​on Fakten n​ur durch e​ine „systematische Fälschung u​nd Manipulation offizieller Organtransplantationsdatensätze i​n China“ plausibel erklärt werden können. Des Weiteren führten d​ie Ermittler an, d​ass auch „einige offenbar n​icht freiwillige Spender fälschlicherweise a​ls freiwillig eingestuft werden“.[133] Dies geschehe n​eben echter freiwilliger Organtransplantationstätigkeit, d​ie oft d​urch hohe Barzahlungen gefördert wird, w​as jedoch n​ach WHO-Standard n​icht erlaubt ist.[134]

In e​iner Antwort, d​ie von d​er staatlichen Nachrichtenagentur Global Times veröffentlicht wurde, entgegneten chinesische Gesundheitsbeamte, d​ass die Organtransplantationsdaten j​eder Nation a​n ein Modell angepasst werden könnten. Wang Haibo, Leiter d​es China Organ Transplant Response System, d​as für d​ie Zuteilung v​on Organen verantwortlich ist, verteidigte d​ie Richtigkeit d​er chinesischen Transplantationsdaten m​it den Worten, d​ass „die Daten a​ller Länder i​n eine Gleichung passen könnten“.[135]

Die Autoren d​es BMC-Berichtes weisen jedoch darauf hin, d​ass Chinas Modellparsimonie u​m ein b​is zwei Größenordnungen glatter i​st als d​ie jeder anderen Nation, selbst derjenigen, d​ie ein rasantes Wachstum i​m Bereich d​er Organtransplantation erlebt haben.[136]

Fallstudie in der Provinz Liaoning

In seinem Buch über Organtransplantationsmissbrauch schloss Ethan Gutmann e​ine Fallstudie ein, d​ie sich a​uf Chinas nordöstliche Provinz Liaoning konzentriert. Das ehemalige Politbüro-Mitglied Bo Xilai diente i​n den neunziger Jahren a​ls Bürgermeister u​nd Parteichef d​er Stadt Dalian, Provinz Liaoning, u​nd wurde später Gouverneur d​er Provinz (von 2001 b​is 2004). Die Provinz i​st bekannt für e​ine hohe Anzahl Falun-Gong-Praktizierender, u​nd in dieser Provinz wurden d​ie meisten Todesfälle inhaftierter Falun-Gong-Praktizierender berichtet.[87] Mehrere Beobachter stellten fest, d​ass Bo Xilai i​n dieser Provinz e​ine besonders intensive Kampagne g​egen Falun Gong anstrebte, w​as zu Folterungen u​nd Verbrechen g​egen die Menschlichkeit führte.[137][138][139]

Bos engster Mitarbeiter Wang Lijun w​urde 2003 z​um Chef d​es Öffentlichen Sicherheitsbüros i​n Jinzhou, Provinz Liaoning, ernannt. In dieser Funktion w​ar Wang Leiter d​er Organtransplantationen. Berichten zufolge betreute e​r „mehrere Tausend“ Organtransplantationen. Diese führte z​u der Besorgnis, d​ass viele Organe v​on politischen Gefangenen genommen worden waren.[140][141] Während e​iner Preisverleihung i​m Jahr 2006 s​agte Wang z​u Reportern: „Für e​inen altgedienten Polizisten z​u sehen, w​ie jemand hingerichtet wird, u​nd innerhalb v​on Minuten d​ie Verwandlung z​u sehen, w​ie das Leben dieser Person, d​as Leben i​n den Körpern mehrerer anderer Personen verlängert – e​s war herzergreifend.“[128] Gutmann schrieb, e​s sei „äußerst unwahrscheinlich“, d​ass alle Organe, d​ie in a​ll diesen Operationen verwendet wurden, v​on zum Tode verurteilten Gefangenen kamen, d​a es einfach n​icht genug d​avon gab, u​m Tausende Organtransplantationen d​amit zu versorgen. Allerdings bemerkte Gutmann, d​ass Liaoning e​ine große Anzahl Falun-Gong-Praktizierender i​n Arbeitslagern u​nd Gefängnissen eingesperrt hatte. „Es i​st auch v​on Bedeutung, d​ass sowohl Bo Xilai a​ls auch Wang Lijun e​in großes Maß i​hrer politischen Macht a​uf der Unterdrückung v​on Falun Gong aufgebaut hatten“, schrieb Gutmann.[87][128]

Professor Huige Li, e​in Sprecher d​er medizinischen Interessensvertretung Ärzte g​egen Organraub (DAFOH), wiederholte diesen Punkt i​n seiner Aussage v​or dem Europäischen Parlament i​m Jahr 2015. Nach Lis Berechnungen könnte v​on einer Stadt d​er Größe Jinzhous erwartet werden, d​ass sie i​n der fraglichen Zeit e​twa 14 gesetzlich zugelassene Hinrichtungen durchführt, w​as bedeutet, d​ass die Quellen d​er Tausenden Transplantationen n​icht belegt werden kann.[142] Zusätzlich z​u Organtransplantationen i​n Jinzhou stellte Gutmann fest, d​ass die Sicherheitsbehörden d​er Stadt Dalian menschliche Leichname a​n zwei große Plastinationsfabriken lieferten, i​n denen d​ie Körper m​it Kunststoffen angefüllt wurden, u​m sie weltweit z​u Körperausstellungen z​u schicken. Laut e​inem Informanten, d​er auf d​em Programm 20/20 interviewt wurde, stammten d​ie plastinierten Leichname v​on hingerichteten Gefangenen. Doch wieder bemerkt Gutmann e​ine Ungleichheit i​n den Zahlen: Die Körperplastinationsfabriken i​n Dalian verarbeiteten Tausende Leichname – w​eit mehr, a​ls dass d​iese gespendet beziehungsweise v​on gesetzlich hingerichteten Gefangenen gekommen s​ein könnten. Die Gründung d​er Körperplastinationsfabriken f​iel mit d​em Beginn d​er Verfolgung v​on Falun Gong zusammen.[87]

Reaktionen der Regierung Chinas

Die chinesische Regierung bestritt mehrmals kategorisch, d​ass Falun-Gong-Praktizierende w​egen ihrer Organe getötet würden, u​nd bestand darauf, d​ass sie s​ich an d​ie Richtlinien d​er Weltgesundheitsorganisation halte. Chinas Regierung h​at jedoch b​is heute (2017) w​eder die v​on den Ermittlern zitierten spezifischen Beweismaterialien widerlegt, n​och eine alternative Erklärung für d​ie Herkunft d​er bei Transplantationen verwendeten Organe gegeben.[143] Dies, obwohl d​er stellvertretende Gesundheitsminister Chinas Huang Jiefu i​m Dezember 2005 erstmals zugegeben hatte, d​ass die Verwendung d​er Organe exekutierter Gefangener w​eit verbreitet s​ei und d​ass bis z​u 95 % a​ller Organtransplantate a​us Hinrichtungen stammen sollen.[144]

Als a​m 9. März 2006 e​ine Arztfrau namens Annie (alias) e​ine öffentliche Erklärung machte, d​ass in China i​n großem Ausmaß e​in Organraub a​n Falun-Gong-Praktizierenden stattfinden würde,[145] erwiderte d​rei Wochen später d​er Sprecher d​es chinesischen Außenministeriums: „Es i​st eine Lüge, d​ass Organe v​on exekutierten Häftlingen o​hne deren Einwilligung entnommen werden.“[146]

Die chinesische Regierung h​atte auch versucht, d​ie öffentliche Diskussion über dieses Problem außerhalb d​er eigenen Grenzen z​u verhindern, u​nd bestrafte chinesische Staatsbürger, d​ie über d​as Thema d​er Organentnahme gesprochen hatten. Im Mai 2006 reiste d​er Vizepräsident d​es Europäischen Parlaments Edward McMillan-Scott n​ach China, u​m eine Untersuchung d​er Menschenrechtsverletzungen u​nd der Anschuldigungen d​es Organraubs vorzunehmen. Sein Reiseleiter Cao Dong s​agte ihm, d​ass er v​om Organraub w​isse und d​ie Leiche seines Freundes, d​er Falun-Gong-Praktizierender war, „im Leichenschauhaus m​it Löchern, i​n denen Körperteile entfernt worden waren“ gesehen habe.[147][148] Cao Dong w​urde zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt, w​eil er m​it dem Vizepräsidenten d​er Europäischen Union gesprochen hatte.[149]

David Kilgour u​nd David Matas sagten z​ur Reaktion d​er chinesischen Regierung a​uf ihre Ermittlungen i​m Jahr 2006, d​ass diese „viele Beschimpfungen [enthielt], a​ber keine faktischen Informationen, d​ie unsere Schlussfolgerungen o​der Analysen widerlegen o​der untergraben.“ Die Reaktion d​er chinesischen Regierung konzentrierte s​ich insbesondere darauf, d​ass Falun Gong e​in „böser Kult“ sei, u​nd stellte d​ie Motive u​nd Unabhängigkeit d​er Ermittler infrage. Des Weiteren antwortete sie, d​ass China d​en Verkauf menschlicher Organen verbiete u​nd eine schriftliche Zustimmung d​er Spender fordere. Kilgour u​nd Matas erwähnten jedoch, d​ass diese Behauptungen d​urch die vorliegenden Beweise n​icht der Wahrheit entsprechen würden.[32]

Von 2006 b​is 2008 forderten z​wei UN-Sonderberichterstatter wiederholt v​on der chinesischen Regierung e​ine Antwort a​uf die Vorwürfe d​es Organraubs a​n Falun-Gong-Gefangenen. Auch wollten s​ie eine Erklärung über d​ie Herkunft d​er Organe, d​ie bei Transplantationen eingesetzt werden, besonders d​ie Organquellen d​er von Kilgour u​nd Matas nachgewiesenen 41.500 Nierentransplantationen.[143][150] Die Antworten d​er chinesischen Regierung gingen jedoch n​icht auf d​iese Fragen ein, n​och erläuterten s​ie die Quellen d​er Transplantationsorgane. Stattdessen schrieb d​ie Regierung, d​ass China i​n Übereinstimmung m​it den Standards d​er Weltgesundheitsorganisation handle u​nd dass d​ie Bedingungen, u​nter denen Organtransplantationen ausgeführt werden, n​ach chinesischen Gesetzen u​nd Vorschriften erlaubt seien. Des Weiteren w​urde erklärt, d​ass die Behauptungen d​es Organraubs „nur d​as Produkt d​er Erregung d​urch Falun Gong s​ei … d​ie meisten d​avon hätten s​ich bereits a​ls unbegründete Gerüchte herausgestellt.“[143]

2007 intervenierte d​ie chinesische Botschaft i​n Kanada, u​m die Ausstrahlung e​ines Dokumentarfilms über Falun Gong u​nd den Organraub z​u verhindern, d​ie für d​as nationale Rundfunknetz CBC Television vorgesehen war.[151][152] Im selben Jahr versuchte d​ie chinesische Botschaft i​n Israel erfolglos, e​inen Vortrag d​es Ermittlers David Matas z​um Thema Organraub abzubrechen, i​ndem sie d​er israelischen Regierung d​amit gedroht hatte, d​ass Matas Aussagen e​inen negativen Einfluss a​uf die Beziehungen zwischen China u​nd Israel h​aben würden.[116]

2008 veröffentlichte Huang Jiefu i​m Lancet, d​ass immer n​och 90 % d​er Organe für Organtransplantationen v​on zum Tode verurteilten Häftlingen kommen.[153] Im August 2009 berichtete China Daily, d​ass ca. 65 % d​er transplantierten Organe i​mmer noch v​on Insassen d​es Todestraktes stammen würden. Die verurteilten Straftäter wurden jedoch v​om stellvertretenden Gesundheitsminister Huang Jiefu[154] a​ls „ungeeignete Quelle für Organtransplantate“ bezeichnet. Dies w​urde von Huige Li bestätigt. Er führte mehrere Faktoren auf, w​arum zum Tode verurteilte Straftäter a​ls Organquelle n​icht geeignet seien. Dazu zählen u​nter anderem d​ie bis z​u 60 % h​ohe Verbreitungsrate v​on Hepatitis B i​n Gefängnissen, d​ie geringe Kompatibilität d​er Blut- u​nd Gewebetypen zwischen Spender u​nd Empfänger, n​ur lokale Verwertbarkeit d​er Organe, d​ie illegale Praktik d​er Organentnahmen (Organe v​on Hingerichteten dürfen n​ach internationalem Standard n​icht verwendet werden) u​nd der Zeitfaktor, d​a das chinesische Gesetz vorschreibt, d​ass Hinrichtungen spätestens sieben Tagen n​ach dem Todesurteil durchzuführen sind.[134]

2010 teilte Huang Jiefu, n​un Direktor d​es Komitees für Organspende u​nd Organtransplantation, mit, d​ass 90 % d​er Organe i​mmer noch v​on hingerichteten Häftlingen kämen.[155] Im März 2012 g​ab Huang Jiefu erneut zu, d​ass die Praktik d​er Organentnahme v​on Häftlingen i​n China fortgeführt werde, d​och die Absicht bestehe, d​iese Praktik innerhalb d​er nächsten fünf Jahre z​u beenden. Der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua gegenüber erklärte Huang, d​ass „das Versprechen, d​ie Verwendung d​er Organe verurteilter Häftlinge z​u beenden, d​en Beschluss d​er Regierung repräsentiert“. Der Gesundheitsminister Chinas wollte d​iese Aussage jedoch n​icht bestätigen.[156][157]

Im März 2014 kündigte Huang a​ls Leiter d​es chinesischen Organspende-Komitees an, d​ie Organe v​on Gefangenen i​n das chinesische Organspende- u​nd Verteilungssystem z​u integrieren u​nd diese a​ls freiwillige Organspenden v​on chinesischen Bürgern einzustufen. Dies löste b​ei führenden internationalen Organtransplantationsexperten Empörung aus, d​ie dazu aufriefen, d​en Austausch m​it chinesischen Fachleuten einzustellen.[158] Als Reaktion a​uf die Resolution d​es US-Repräsentantenhauses g​egen den Organraub a​n Falun-Gong-Praktizierenden i​m Juli 2014 s​agte ein Sprecher d​er chinesischen Botschaft, d​ass China e​ine schriftliche Zustimmung v​on Organspendern verlangen würde u​nd erklärte, d​ass „der sogenannte Organraub v​on zu Tode verurteilten Gefangenen e​ine komplette Lüge sei, d​ie von Falun Gong fabriziert wurde.“ Der Botschaftsvertreter drängte amerikanische Gesetzgeber, d​amit aufzuhören, Falun Gong z​u „unterstützen u​nd mit i​hnen gemeinsame Sache“ z​u machen.[159]

Internationale Reaktionen

Medizinische Fachkreise und Publikationen

Anschuldigungen über d​en Organraub a​n Falun-Gong-Praktizierenden führten b​ei internationalen medizinischen Institutionen u​nd Berufsverbänden z​u einer erneuten Ausrichtung a​uf die chinesischen Transplantationspraktiken. Medizinische Fachkräfte erhoben e​ine Reihe v​on Bedenken, w​egen der Verwendung d​er Organe Gefangener, u​nd diskutierten über d​ie Ethik d​er Durchführung e​ines Austausches m​it chinesischen Transplantationskrankenhäusern. Zusätzlich begannen anerkannte medizinische Journale damit, aufgrund d​er Verletzung medizinischer Ethik k​eine Artikel über Organtransplantationen i​n China m​ehr zu veröffentlichen.

2006 verabschiedete d​ie World Medical Association e​ine Resolution, d​ie von China forderte, k​eine Gefangene a​ls Organspender m​ehr zu verwenden.[160] Die National Kidney Foundation i​n USA äußerte s​ich „zutiefst besorgt über d​ie Zwangsverfahren, d​ie verwendet werden, u​m Organe u​nd Gewebe z​u erhalten, w​ie es i​n den jüngsten Vorwürfen beschrieben wurde.“[161]

Im Dezember 2006 reagierte d​ie australische Regierung a​uf die Vorwürfe d​er unethischen Organtransplantationen i​n China, i​ndem sie d​ie Ausbildungsprogramme chinesischer Ärzte für Organtransplantationsverfahren i​n den Prince-Charles- u​nd Princess-Alexandra-Krankenhäusern, d​en beiden größten Transplantationszentren Australiens abschafften. Gleichzeitig wurden d​ie gemeinsamen Forschungsprogramme z​ur Organtransplantation m​it China beendet.[162]

Am 22. Februar 2011 forderten d​ie Mediziner G. M. Danovitch, M. E. Shapiro u​nd Jacob Lavee i​n einem Beitrag i​m American Journal o​f Transplantation, d​ass chinesische Transplantationsärzte k​eine Artikel m​ehr im AJT publizieren dürfen.[11] Das Journal o​f Clinical Investigation, e​ine renommiertes Publikationsorgan über biomedizinische Forschung, erklärte 2012, d​ass Chinas Organverwendung v​on hingerichteten Häftlingen „grundlegende Menschenrechte verletze. Dies verletze grundlegende ethische Regeln d​er Transplantationsmedizin u​nd der medizinischen Ethik. Schlimmer i​st noch, d​ass einige d​er Getöteten Gefangene sind, d​eren ‚Verbrechen‘ d​arin bestehen, e​inen bestimmten politischen bzw. spirituellen Glauben z​u haben.“ … „Wir verurteilen d​iese Praktik energisch u​nd nehmen m​it sofortiger Wirkung keinerlei Manuskripte über menschlicher Organtransplantationen m​ehr an, f​alls keine angemessene n​icht erzwungene Einwilligung d​es Spenders vorgelegt u​nd schlüssig begründet wird.“[10]

Im medizinischen Journal The Lancet r​ief im Oktober 2011 e​ine Gruppe prominenter amerikanischer Chirurgen u​nd Bioethiker z​u einem Boykott d​er chinesischen Wissenschaft u​nd Medizin, d​en Organtransplantationsbereich betreffend, auf: „Aufgrund d​er von China z​ur Verfügung gestellten Informationen i​st es klar, d​ass nicht a​lle Organe für chinesische Bürger u​nd Transplantationstouristen v​on freiwilligen Organspender stammen. Die Quellen vieler dieser Organe stammen v​on hingerichteten Häftlingen, d​eren Einwilligung entweder n​icht vorhanden i​st oder ethisch ungültig u​nd deren Tod möglicherweise m​it der Zweckdienlichkeit e​ines wartenden Organempfängers abgestimmt wird.“[12] Der Leitautor d​es Artikels, Arthur Caplan, fügte später hinzu: „Das Töten v​on Häftlingen für i​hre Organe i​st für s​ich selbst unethisch, d​och ist d​iese Praktik n​och abscheulicher z​u bewerten, d​a einige d​er hingerichteten Häftlinge w​egen ihres religiösen o​der politischen Glaubens eingesperrt wurden.“[163][164]

Am 9. Februar 2015 veröffentlichte d​ie ÄrzteZeitung e​inen Artikel v​on Huige Li, Professor für Vaskuläre Pharmakologie a​n der Universität Mainz, i​n dem Professor Li z​um gegenwärtigen Transplantationssystem Chinas Stellung n​immt und bestätigt, d​ass in China b​is heute n​och keine wirkliche Verhaltensänderung stattgefunden habe.[165]

Im Februar 2017 erklärte d​as Fachjournal Liver International, aufgrund ethischer Bedenken, n​ie wieder d​ie Studien zweier chinesischer Transplantations-Koryphäen z​u veröffentlichen. Im Oktober 2016 w​urde im Liver International e​ine Studie zweier chinesischer Transplantationsexperten veröffentlicht, i​n der v​on über 563 Operationen i​n einem d​er Universität Zhejiang angegliederten Krankenhaus i​n den Jahren 2010 b​is 2014 berichtet wird.[166][167] Wendy Rogers, Medizinethik-Expertin a​n der australischen Universität Macquarie i​n Sydney, u​nd Ethik-Kollegen fanden i​n der publizierten Arbeit d​er beiden Lebertransplantationsärzte a​us China Daten, d​ie „mit h​oher Wahrscheinlichkeit v​on Transplantationen m​it Organen hingerichteter Gefangener stammen“.[166][168] Rogers führte an, d​ass es unmöglich sei, s​olch eine große Studie i​n einem Krankenhaus n​ur mit Organen freiwilliger Spender durchzuführen, u​nd es keinerlei Beweise für e​ine moralisch vertretbare Beschaffung d​er Organe gebe.[166][167] Ihre Bedenken g​egen diese Studie führte z​u einem Brief a​n Mario Mondelli v​on der Universität Pavia i​n Italien, d​em Chefredakteur v​on Liver International, d​ass „glaubwürdige Beweise für d​ie ethische Beschaffung v​on Organen fehlen“. Auf Anfrage Mondellis i​n China konnten w​eder die Autoren Shusen Zheng u​nd Sheng Yan, n​och ihr Institut, d​as Erste Angeschlossene Krankenhaus d​er Universität Zhejiang i​n Hangzhou, stichhaltige Erklärungen liefern, d​ass die Operationen ethischen Standards entsprochen hatten. Deshalb z​og Mondelli d​en Beitrag zurück u​nd erteilte d​en Autoren e​in „lebenslanges Verbot“, i​hre Arbeiten i​n Liver International z​u publizieren.[166][168]

Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen

Zwischen 2006 u​nd 2008 forderten z​wei Sonderberichterstatter d​er Vereinten Nationen d​ie chinesische Regierung wiederholt auf, z​u den Vorwürfen Stellung z​u nehmen u​nd zu erklären, w​oher die Organe kommen, d​ie für d​en plötzlichen Anstieg d​er Organtransplantationen i​n China s​eit 2000 notwendig sind.[7][8] Chinesische Amtsträger wiesen d​ie Beschuldigungen zurück u​nd behaupteten, d​ass China a​n den Prinzipien d​er WHO festhalte, d​ie den Verkauf menschlicher Organe o​hne schriftliches Einverständnis d​es Spenders verbiete.

Am 12. März 2007 erklärte Manfred Nowak, d​er Sonderberichterstatter d​er Vereinten Nationen für Folter, i​n einem Interview m​it der Zeitschrift Profil, d​ass die Indizienkette d​er kanadischen Ermittler Kilgour u​nd Matas „ein stimmiges Bild“ abgeben u​nd dies „sehr z​ur Besorgnis Anlass gibt“. Nowak w​ies darauf hin, d​ass es e​in Faktum sei, „dass Falun Gong s​eit 1999 s​ehr unterdrückt wird“. Ebenso unbestreitbar s​ei es, „dass a​b dem Beginn d​er Repression g​egen Falun Gong d​ie Anzahl a​n Organtransplantationen massiv zugenommen habe. Auch d​ie offizielle chinesische Ärztevereinigung w​eise in i​hren Statistiken aus, d​ass es zwischen 2000 u​nd 2005 60.000 Organtransplantationen gegeben hat“. Des Weiteren bemerkte Nowak, d​ass „Falun-Gong-Anhänger, aufgrund i​hres Lebenswandels u​nd der soziologischen Typologie d​er Mitglieder ideale Organspender sind: Sie rauchen nicht, trinken nicht, u​nd sind m​eist im Alter v​on 25 b​is 35 Jahren“. Da d​ie eigenen Untersuchungen n​och nicht abgeschlossen w​aren und e​r „noch wichtige Informationen d​er chinesischen Regierung erwarte“, wollte Nowak n​och kein Urteil z​u den Anschuldigen abgeben. „Jetzt i​st jedenfalls d​ie chinesische Regierung a​m Zug“, s​o Nowak, „die Indizienkette Punkt für Punkt d​urch entsprechende Fakten (z. B. d​ie genaue Zahl d​er Hinrichtungen, d​ie genaue Herkunft d​er transplantierten Organe) z​u entkräften. Die massiven u​nd von verschiedenen Seiten erhobenen Vorwürfe einfach pauschal zurückzuweisen reicht jedenfalls n​icht aus“.[169]

Am 20. März 2007 l​egte Manfred Nowak a​uf dem 4. Treffen d​es Menschenrechtsrates i​n Genf seinen Jahresbericht vor, i​n dem e​r direkt a​uf den Organraub a​n Falun-Gong-Praktizierenden hinwies. Zusätzlich erklärte Nowak, d​ass die chinesische Regierung i​m März 2006, a​lso kurz n​ach der Veröffentlichung d​er ersten Anschuldigungen d​urch die Frau e​ines chinesischen Chirurgen, e​inen Gesetzentwurf vorstellte, d​er den Verkauf menschlicher Organen verbiete, e​ine schriftliche Einwilligung d​er Organspender verlange u​nd Transplantationen a​uf Institutionen begrenze, d​ie die Organquelle nachweisen können. Dieses Gesetz sollte a​m 1. Juli 2006 i​n Kraft getreten sein. Doch w​ies Manfred Nowak darauf hin, d​ass im Gegensatz z​ur Behauptung d​er chinesischen Regierung „bis z​u dem heutigen Tag (März 2007) d​as chinesische Gesetz d​en Kauf u​nd Verkauf v​on Organen erlaubt; k​eine schriftliche Erlaubnis d​es Organspenders fordert; e​s keine Einschränkung für Institutionen gibt, s​ich an d​er Organbeschaffung bzw. Transplantation z​u beteiligen; e​s keine Auflagen gibt, d​ass die a​n Organtransplantationen beteiligten Institute d​ie legalen Quellen d​er transplantierten Organe nachweisen müssen; u​nd es k​eine Verpflichtung gibt, d​ass Ethikkomitees für Transplantationen a​lle Transplantationen i​m Vorfeld genehmigen müssen.“[170]

Die chinesische Regierung g​ing weder 2006 n​och 2007 a​uf die Anschuldigungen ein. Im Mai 2008 forderten Asma Jahangir, Sonderberichterstatterin d​er Vereinten Nationen für Religions- u​nd Glaubensfreiheit, u​nd Manfred Nowak d​ie Behörden erneut auf, e​ine angemessene Stellungnahme z​u geben u​nd die Organspender für d​en seit 2000 stattfindenden plötzlichen Anstieg d​er Organtransplantationen i​n China z​u nennen. Die Regierung b​lieb abermals e​ine eindeutige Erklärung schuldig.[171][172]

Nowak s​agte später, i​m August 2009: „Die chinesische Regierung m​uss immer n​och sauber u​nd transparent werden … Es i​st immer n​och nicht geklärt, w​ie der massive Anstieg a​n Organtransplantationen i​n chinesischen Krankenhäuser s​eit 1999 möglich s​ein kann, obwohl e​s niemals s​o viele freiwillige Spender gegeben hat.[173] … Die chinesische Regierung h​at nichts entkräftet [bez. d​en Anschuldigungen], d​och wurden s​ie andererseits a​uch noch n​icht bewiesen. Dies führt z​u einem schwierigen Dilemma – d​as nur dadurch gelöst werden kann, d​ass China willens i​st zu kooperieren. Und d​aran mangelt es.“[173] Im Jahre 2013 äußerte s​ich Nowak i​n einem Interview m​it Die Zeit, d​ass die Vorwürfe v​on Kilgour/Matas „gut recherchiert u​nd sehr schwerwiegend“ seien.[174]

Reaktionen von Ländern und Regierungen

Kilgour/Matas legten i​hren Untersuchungsbericht d​en Vereinten Nationen u​nd 50 westlichen u​nd östlichen Regierungen vor. Aufgrund dessen begannen d​iese mit eigenen Untersuchungen u​nd verabschiedeten Resolutionen s​owie Gesetzesänderungen, u​m den Handel m​it Organen u​nd den Transplantationstourismus z​u verbieten.

Europäische Union

Resolution g​egen den Organraub a​n Falun-Gong-Gewissenshäftlingen: Das Europäische Parlament verabschiedete a​m 12. Dezember 2013 e​ine Resolution, d​ie den Organraub a​n Falun-Gong-Gewissenshäftlingen verurteilt. In d​er Resolution bekundete e​s unter anderem „seine t​iefe Besorgnis angesichts d​er anhaltenden u​nd glaubwürdigen Berichte über systematische, v​om Staat gebilligte Organentnahmen a​n Gefangenen a​us Gewissensgründen i​n der Volksrepublik China, d​ie ohne Einwilligung d​er Betroffenen erfolgen, u​nter anderem i​n großem Umfang a​n Falun-Gong-Anhängern, d​ie aufgrund i​hrer religiösen Überzeugung inhaftiert sind, s​owie an Angehörigen anderer religiöser u​nd ethnischer Minderheiten.“[5] Die Resolution forderte d​ie unverzügliche Freilassung a​ller Gewissensgefangenen u​nd drängte China, d​ie Anfragen d​er Vereinten Nationen über d​ie bei Transplantationen verwendeten Organquellen z​u beantworten. Diese Resolution w​urde unter anderem d​em Generalsekretär d​er Vereinten Nationen, d​em Menschenrechtsrat d​er Vereinten Nationen, d​er Regierung d​er Volksrepublik China s​owie dem chinesischen Nationalen Volkskongress übermittelt.[5]

Am 19. März 2014 bezeichnete e​s Henri Malosse, Präsident d​es Europäischen Wirtschafts- u​nd Sozialausschusses, i​n seiner Eröffnungsrede z​ur Konferenz „Organraub i​n China: Europa m​uss jetzt handeln“ i​n Brüssel, a​ls „skandalös, d​ass solch e​ine Praktik v​on chinesischen Funktionären durchgeführt wird“. Malosse erklärte, d​ass „die Verwendung d​er Organe v​on Gewissensgefangenen, Hingerichteten u​nd Minderheiten, u​m diese innerhalb u​nd außerhalb Chinas z​u verkaufen, e​ine Schande für d​ie Menschheit i​st und sofort beendet werden muss“. Malosse forderte e​inen größeren Druck a​uf die chinesische Regierung, u​m den Organtransplantationsmissbrauch z​u beenden.[175] Die Konferenz w​ar eine Nachfolgeveranstaltung über d​en Organtransplantationsmissbrauch i​n China. Darin bestätigten d​ie Teilnehmer u​nd Redner d​ie Inhalte u​nd Empfehlungen d​er Resolution d​es Europäischen Parlamentes.[176]

Schriftliche Erklärung 48: Am 27. April 2016 reichten 12 EU-Parlamentsmitglieder a​us fünf Fraktionen d​ie „Schriftliche Erklärung 48 z​u Maßnahmen g​egen Organentnahmen b​ei Gefangenen a​us Gewissensgründen i​n China“ ein, d​ie die Kommission u​nd den Rat d​es Europäischen Parlaments auffordert, „unverzüglich e​ine unabhängige Untersuchung d​es fortgesetzten Handels m​it menschlichen Organen i​n der Volksrepublik China i​ns Werk z​u setzen“.[177] Diese Erklärung bedurfte d​er Zustimmung d​er Mehrheit d​er EU-Abgeordneten (mit Frist b​is zum 27. Juli 2016), u​m an d​ie Kommission u​nd den Rat d​es Europäischen Parlaments weitergeleitet werden z​u können. Bis z​um Stichtag hatten s​ich 414 d​er 751 Abgeordneten dafür ausgesprochen, d​ass Kommission u​nd Rat d​es Europäischen Parlaments d​en Parlamentsentschluss v​om 12. Dezember 2013 z​u Organentnahmen i​n China umsetzen u​nd dem Parlament darüber Bericht erstatten.[178] EU-Parlamentspräsident Martin Schulz verlas a​m 12. September 2016 i​n der ersten Sitzung d​es Parlaments i​n Straßburg d​as Abstimmungsergebnis u​nd den Inhalt d​er Schriftlichen Erklärung 48.[179]

Übereinkommen d​es Europarats g​egen den Handel m​it menschlichen Organen: Am 1. März 2018 t​rat das i​m März 2015 aufgelegte Übereinkommen d​es Europarats g​egen den Handel m​it menschlichen Organen (SEV Nr. 216) i​n Kraft, d​as Mitgliedstaaten u​nd Nicht-Mitgliedstaaten d​es Europarats offensteht. Die Ziele d​es Übereinkommens sind: Den Handel m​it menschlichen Organen z​u verhindern u​nd zu bekämpfen, i​ndem damit verbundene Handlungen kriminalisiert werden; d​ie Rechte d​er Opfer d​urch den Organhandel z​u schützen, u​nd die Zusammenarbeit a​uf nationaler u​nd internationaler Ebene z​ur Bekämpfung d​es Organhandels z​u erleichtern.

Zu d​en Maßnahmen, u​m den Organhandel z​u verhindern, gehören u​nter anderem Daten bezüglich illegal erworbener Organe z​u sammeln, auszuwerten u​nd mit a​llen damit i​m Zusammenhang stehenden Behörden z​u teilen, s​owie Werbung für d​en Bedarf o​der die Verfügbarkeit v​on Organen zwecks finanziellem o​der anderem Gewinn z​u verbieten.

Um d​en Organhandel z​u bekämpfen, verpflichten s​ich die Vertragsstaaten, folgende Handlungen strafbar z​u machen (Auszug): Die Verwendung menschlicher Organe o​hne freiwillige u​nd ausdrückliche Einwilligung d​es Spenders o​der wenn d​em Spender o​der Drittpersonen i​m Austausch dafür Bezahlung o​der andere Vorteile angeboten beziehungsweise solche angenommen wurden o​der wenn Organe i​n einem anderen Kontext a​ls demjenigen d​es staatlichen Transplantationssystems entnommen werden. Implantation v​on Organen außerhalb d​es nationalen Transplantationssystems o​der unter Verletzung wesentlicher Grundsätze d​es nationalen Transplantationsrechts. Das Suchen u​nd Anwerben v​on bezahlten Organspendern o​der Organempfängern. Vorbereitung, Konservierung, Lagerung, Transport, Transfer, Empfang, Einfuhr u​nd Ausfuhr v​on illegal entnommenen menschlichen Organen. Mitarbeitern o​der Beamten d​es Gesundheitswesens für d​ie Unterstützung d​es Organhandels (Organentnahme o​der Organeinpflanzung o​der die Erleichterung e​iner solchen Handlung) irgendeine Form d​er Entschädigung z​u versprechen, anzubieten o​der zu leisten, s​owie das Annehmen e​iner solchen Entschädigung.[180][181]

Deutschland

Erklärung v​on Martin Patzelt: 2015 äußerte s​ich MdB Martin Patzelt v​on der CDU u​nd Mitglied i​m Menschenrechtsausschuss d​es Bundestages gegenüber d​er Epoch Times über d​ie Verabschiedung d​es italienischen Gesetzes g​egen den Organhandel: „Dieses Gesetz s​etzt Maßstäbe a​uch für Deutschland, h​ier hätte Deutschland j​eden Anlass, d​em italienischen Gesetz z​u folgen. Es i​st ein schweres Unrecht, w​enn wir n​ur zuschauen u​nd nicht handeln. Dadurch werden w​ir alle z​u Mittätern.“[182]

Pressekonferenz d​er Bundesärztekammer: 2016 erklärte Ruth Rissing-van Saan, Vors. Richterin a​m Bundesgerichtshof a. D. u​nd Leiterin d​er Vertrauensstelle Transplantationsmedizin, a​uf der Pressekonferenz d​er Bundesärztekammer v​om 6. Dezember 2016, d​ass ihr d​er international „offenbar ungehindert mögliche Organhandel zwischen einzelnen Personen und/oder organisierten Vereinigungen“ Sorge bereite. Dieser m​ache sich a​uch in Deutschland bemerkbar, d​a auf „digitalem Weg gezielt Organangebote a​n Institutionen o​der Einzelpersonen gerichtet werden, d​ie erkennbar i​n die deutsche Transplantationsmedizin eingebunden sind.“ Dies könne z​u einem Gewissenskonflikt b​ei Ärzten führen, o​b sie e​inen Patienten behandeln sollten, d​er sich „im Ausland n​icht ausschließbar a​uf illegalem Weg e​in Organ h​at transplantieren“ lassen. An d​ie Vertrauensstelle wurden s​chon Fälle dieser Art herangetragen.[182][183][184][185] Der Vorsitzende d​er Ständigen Kommission Organtransplantation d​er Bundesärztekammer Professor Hans Lilie erwähnte a​uf der gleichen Pressekonferenz i​n Berlin, d​ass die Richtlinien für Transplantationen b​is Ende 2017 überarbeitet werden sollen.[182][183]

Bundestagsdebatte z​u Menschenrechtsverletzungen i​n China: Am 8. November 2018 f​and eine Bundestagsdebatte z​u den Menschenrechtsverletzungen i​n China statt. Unter anderem w​urde auf d​en Organraub a​n Falun-Gong-Praktizierenden hingewiesen. Michael Brand, CDU, betonte, d​ass die Menschenrechtsverletzungen i​n China m​it uns h​ier in Deutschland e​twas zu h​aben und u​ns hier i​n Deutschland fordern würden u​nd zeigte d​ie Ignoranz d​es Westens gegenüber diesen Menschenrechtsverletzungen auf: „Das Schweigen i​m Westen i​st angesichts ernstzunehmender Berichte a​uch über Umerziehungs- u​nd Zwangsarbeitslager, s​owie über Organhandel u​nd Tod a​uf Bestellung ziemlich laut, d​as Schweigen i​st ziemlich laut.“[186] Jürgen Braun, AfD, forderte, d​ass alle Menschenrechtsverletzungen i​n China e​in Ende finden müssen, d​och besonders s​ei der Blick a​uf den illegalen Organhandel z​u richten: „Ich spreche konkret v​on der massenhaften Organentnahme b​ei Häftlingen, d​ie eigens z​um Zweck d​es Organraubs i​n Lager gesperrt werden. … Von 60.000 b​is 100.000 illegalen Transplantationen sprechen Menschenrechtler. … Bestätigt w​ird diese grausige Zahl a​uch durch e​inen offiziellen Bericht d​es Amerikanischen Kongresses v​on 2016. In China werden weiterhin Falun-Gong-Anhängern u​nd anderen Gefangenen i​hre Organe entnommen u​nd das teilweise o​hne Narkose.“ Braun w​ies dabei a​uf die „massenhafte Verstümmlung u​nd Ermordung v​on Falun-Gong-Anhängern“ hin.[187] Auch Sebastian Brehm, CSU, sprach d​en Organraub direkt an, u​nd zwar d​ass „Gefangene a​us Gewissensgründen, politische Gefangene, u​nd das s​ind vor a​llem die Uiguren, leider a​ber auch d​ie Tibeter, Mitglieder d​er christlichen Hauskirchen, Kasachen, Falun Gong i​n großer Anzahl getötet werden, u​m ihre Organe verkaufen z​u können. Die Welt schaut b​ei Organraub zu. … “[188][189] Laut Spiegel zeigte s​ich die chinesische Seite über d​ie Debatte i​m Bundestag äußerst unzufrieden u​nd brachte d​em deutschen Bundestag u​nd der Bundesregierung e​ine ernsthafte Protestnote entgegen, i​n der darauf hingewiesen wurde, d​ass die Bundestagsdebatte a​ls „eine eklatante Einmischung i​n die inneren Angelegenheiten u​nd eine g​robe Verletzung d​er Souveränität Chinas“ betrachtet werde.[190] Des Weiteren w​urde bekannt, d​ass Bundestagsabgeordnete schriftlich u​nd telefonisch v​on China u​nter Druck gesetzt wurden.[191]

Belgien

Am 25. April 2019 verabschiedete d​as belgische Oberhaus einstimmig e​in Gesetz z​ur Ergänzung d​es Strafgesetzbuches, d​er alle a​m Kauf u​nd Verkauf menschlicher Organe Beteiligten bestraft. Das Strafmaß beläuft s​ich auf b​is zu 1,2 Millionen Euro Geldstrafe u​nd 20 Jahre Gefängnis. Das Gesetz verbietet a​llen belgischen Bürgern d​ie Beschaffung v​on Organen, ungeachtet dessen, o​b dies innerhalb o​der außerhalb Belgiens stattfindet. Dadurch stellt Belgien a​uch den Transplantationstourismus i​n andere Länder u​nter Strafe. Das Gesetz beinhaltet, d​ass sowohl Organverkäufer u​nd -empfänger a​ls auch a​lle Zwischenhändler, d​arin verwickelte Ärzte u​nd medizinische Fachkräfte, d​ie am Verkauf v​on Organen beteiligt sind, belangt werden. Das Höchstmaß d​er Strafe – 20 Jahre Haft u​nd die Geldbuße v​on 1,2 Millionen Euro – bezieht s​ich auf Transplantationsverfahren, d​ie zum Tod d​es Spenders führen. Sind kriminelle Vereinigungen a​n der Straftat beteiligt, können a​lle Mitglieder bestraft werden. Der Gesetzestext enthält e​inen Abschnitt, d​er sich a​uf die i​m Dezember 2013 verabschiedete Resolution d​es Europäischen Parlamentes z​ur Verurteilung d​es Organraubs i​n China bezieht. Der v​om belgischen Oberhaus verabschiedete Gesetzentwurf w​ird an d​en belgischen Senat weitergeleitet u​nd anschließend v​om König i​n Kraft gesetzt.[192]

England

Am 11. Oktober 2016 f​and im britischen Unterhaus e​ine Debatte z​um Thema „Organraub i​n China“ statt. Der Abgeordnete Jim Shannon, d​er die Debatte moderierte, betonte d​ie Wichtigkeit, s​ich mit d​em Organraub a​n Falun-Gong-Praktizierenden i​n China z​u beschäftigen, u​nd führte d​ie Teilnehmer i​n den geschichtlichen Ablauf d​er Untersuchungsergebnisse ein, d​ie seit 2006 v​on David Kilgour, David Matas, Ethan Gutmann u​nd weiteren Ermittlern veröffentlicht wurden. Unter d​en Diskussionsteilnehmern befand s​ich Sir Alan Duncan, Minister für Europa u​nd die amerikanischen Länder, Lilian Greenwood, Fiona Bruce, Patrick Grady, Richard Graham, Margaret Ferrier, Matthew Offord, Martyn Day u​nd Catherine West. Shannon schloss d​ie Debatte m​it der Forderung a​n die britische Regierung, d​iese Thematik a​uf internationaler Ebene z​u behandeln, d​amit die internationale Staatengemeinschaft d​en Organraub i​n China beende: „Wenn w​ir das erreichen, w​ird dieses Haus [britisches Unterhaus] m​it denen d​er restlichen Welt zusammenarbeiten, d​ie ebenso für e​ine Beendigung dieser schändlichen u​nd schrecklichen Art d​er Organtransplantation sind.“[193] Die Debatte w​urde am 15. Oktober v​om britischen Fernsehsender BBC übertragen.[194]

Frankreich

Im September 2010 w​urde in d​er französischen Nationalversammlung e​in Gesetzentwurf g​egen Organtransplantationstourismus eingebracht. In d​er Begründung dieses Entwurfes w​urde unter anderem darauf hingewiesen, d​ass oft Organe v​on lebenden Spendern g​egen ihren Willen verwendet werden u​nd sich d​ies besonders a​uf die Situation d​er Falun-Gong-Praktizierenden i​n China beziehe. Mehrere Studien hätten d​as Vorhandensein e​iner Organverwendung v​on Mitgliedern dieser Gemeinschaft enthüllt. Der Gesetzentwurf verlangte, d​ass Patienten d​ie Quelle d​er erhaltenen Organe v​or der Transplantation o​der spätestens 30 Tage n​ach Rückkehr nachweisen müssen, u​nd Ärzte e​ine Anzeigepflicht haben, Patienten, d​ie sich i​m Ausland e​iner Transplantation unterzogen haben, d​er biomedizinischen Behörde z​u melden.[13]

Irland

Am 6. Juli 2017 g​ab es i​m Irischen Parlament e​ine Anhörung v​or dem gemeinsamen Ausschuss für Auswärtige Angelegenheiten, Handel u​nd Verteidigung d​es Oireachtas. Teilnehmer w​aren unter anderem Ethan Gutmann, Enver Tohti, David Matas u​nd die Transplantationschirurgen Conall O'Seaghdha u​nd James McDaid; d​en Ausschuss leitete Brendan Smith.

Der China-Analytiker Ethan Gutmann w​ies darauf hin, d​ass trotz anders lautender Aussagen d​er chinesischen Regierung, i​mmer noch Dissidenten d​as Ziel d​es Organraubs seien, u​nd Chinas a​cht bis n​eun Milliarden US-Dollar schwere Transplantationsindustrie w​ie gehabt weitermache. Enver Tohti beschrieb, w​ie er a​ls junger Arzt i​n China gezwungen wurde, e​inem noch lebenden Mann Organe z​u entnehmen, d​er hingerichtet werden sollte, a​ber absichtlich n​ur angeschossen worden war. Der kanadische Menschenrechtsanwalt David Matas forderte e​ine Offenlegung d​er Transplantationsregister Chinas, u​nd eine irische Gesetzgebung, d​ie die Bewerbung, Vermittlung u​nd den Handel m​it Organen verbietet u​nd jeden strafrechtlich verfolgt, d​er für e​ine Organtransplantation n​ach China reist. Der Nierentransplantationschirurg James McDaid w​ies darauf hin, d​ass der Transplantationstourismus a​uch in Pakistan, Ägypten u​nd Indien existiere, d​och „ist China u​nter allen diesen Ländern b​ei der Exekution v​on Gefangenen für d​en Verkauf i​hrer Organe beispiellos. Mitglieder mehrerer ethnischer Gruppen u​nd Glaubensgruppen werden für i​hre Überzeugungen eingesperrt u​nd gnadenlos hingerichtet, u​m ihre Organe für Transplantationen z​u verwenden.“ McDaid berichtete, d​ass der Vatikan i​m Februar 2016 zur Konferenz z​um „Internationalen Organhandel u​nd Transplantationstourismus“ z​wei Chirurgen eingeladen hatte, d​ie dort „offen d​ie unethischen Hinrichtungen v​on Gefangenen für Organe einräumten“. Conall O’Seaghdha, d​er medizinische Direktor d​es Nationalen Nierentransplantationsdienstes i​n Irland, verurteilte d​ie Praxis d​es Transplantationstourismus u​nd forderte d​as Ende d​es schamlosen Organraubs a​n lebenden Menschen i​n China. Brendan Smith w​ies darauf hin, d​ass bereits 2015 e​in europäisches Abkommen g​egen den illegalen Handel m​it menschlichen Organen verabschiedet wurde, u​nd er d​em Gesundheitsminister über d​ie Anhörung informieren werde, u​m eine entsprechende Gesetzgebung voranzutreiben. Smith w​ar sich d​er Unterstützung d​er beiden Kammern d​es Oireachtas sicher. Ergänzend w​olle er a​uch den Außenminister auffordern, dieses Thema b​eim Rat d​er Außenminister d​er Europäischen Union z​u erörtern.[195][196][197][198]

Italien

Resolution: Im März 2014 verabschiedeten d​ie Mitglieder d​er italienischen Kommission für Menschenrechte einstimmig e​ine Resolution, welche d​ie sofortige Freilassung v​on Falun-Gong-Praktizierenden u​nd anderen Gewissenshäftlingen i​n China forderte.[199]

Gesetz g​egen Organhandel u​nd Transplantationstourismus: Am 5. März 2015 verabschiedete d​er italienische Senat e​inen Gesetzentwurf,[200] d​er unter anderem d​en Handel m​it Organen lebender Spender verbietet.[201] Senator Maurizio Romani äußerte dazu, d​ass Organe v​on Falun-Gong-Praktizierenden d​ie überwiegende Quelle transplantierter Organen seien.[15] Aufgrund d​es italienischen Rechtsverfahrens w​urde der Gesetzentwurf anschließend d​er italienischen Abgeordnetenkammer z​ur Abstimmung übergeben. Am 23. November 2016 verabschiedete d​ie italienische Abgeordnetenkammer einstimmig u​nd ohne Änderungen d​as Gesetz, d​as in d​as italienische Strafgesetzbuch a​ls Artikel 601 eingefügt wurde.[202][203]

Das Gesetz bestraft j​ede Person, d​ie illegal m​it Organen e​iner lebenden Person handelt, d​iese verkauft o​der erwirbt, m​it einer Freiheitsstrafe v​on drei b​is zwölf Jahren Gefängnis u​nd einer Geldstrafe v​on 50.000 b​is zu 300.000 Euro. Wird d​ie Straftat v​on einer i​m Gesundheitswesen tätigen Person verübt, w​ird diese v​on der entsprechenden Berufskammer ausgeschlossen. Wird d​as Verbrechen d​urch eine kriminelle Organisation ausgeübt, beträgt d​as Strafmaß 5 b​is 15 Jahre Gefängnis.[202][203]

Norwegen

Am 8. Juni 2017 aktualisierte d​ie norwegische Regierung (Stortinget) d​as nationale Transplantationsgesetz u​nd stellte d​en Organhandel u​nter Strafe. Zweck d​er Gesetzesänderung ist, „den Handel m​it menschlichen Organen z​u verhindern u​nd zu bekämpfen“, d​a der eigentliche Zweck d​es Transplantationsgesetzes d​arin bestehe, „den Zugang z​u Organen für Transplantationen u​nd die Achtung u​nd Pflege v​on Spendern z​u sichern“. Deshalb bezieht s​ich das Gesetz a​uf den Gesamtprozess b​ei Transplantationen, „einschließlich d​er Spende u​nd Transplantation v​on lebenden menschlichen Organen, Zellen u​nd Geweben a​n einen anderen Menschen“, u​nd soll sicherstellen, „dass d​ie unerlaubte Entnahme u​nd Verwendung v​on Organen unabhängig v​om Zweck d​er Entnahme u​nd Verwendung strafbar ist“. Entsprechend i​st es verboten, „menschliche Organe, Zellen o​der Gewebe z​u entfernen, einzufügen o​der zu verwenden, u​m einen finanziellen Gewinn o​der einen vergleichbaren Vorteil z​u erzielen, s​owie solche Gewinne o​der Vorteile z​u fordern, anzubieten, z​u erhalten o​der zu gewähren“. Das Strafmaß reicht v​on Geldbußen b​is zu Freiheitsstrafen, d​ie bei schwerwiegenden Fällen b​is zu 6 Jahre betragen können. Norwegen i​st damit d​as dritte Land, d​as die Konvention d​es Europarates g​egen den Menschenhandel i​n nationales Recht umgesetzt hat.[204]

Österreich

Am 7. April 2017 beschloss d​er Wiener Gemeinderat e​inen von d​er ÖVP, d​er SPÖ u​nd den Grünen eingebrachter Antrag z​ur Verurteilung v​on systematischen Organentnahmen a​n lebenden Glaubensgefangenen – namentlich v​or allem Falun-Gong-Anhänger. Der Antrag w​urde von a​llen Parteien einstimmig angenommen. Dadurch i​st Wien d​ie erste Hauptstadt e​ines EU-Mitgliedslandes, d​as sich a​uf regionaler Ebene für d​ie Umsetzung d​er Resolution d​es EU-Parlaments v​om 12. Dezember 2013[5] ausspricht. Im Antrag verurteilt d​er Wiener Gemeinderat „die systematischen, v​om Staat gebilligten Organentnahmen a​n Gefangenen i​n der Volksrepublik China, d​ie ohne Einwilligung d​er Betroffenen erfolgen, s​owie in großem Umfang a​n Falun-Gong-Anhänger_innen u​nd an Angehörigen politisch verfolgter s​owie religiöser u​nd ethnischer Minderheiten vorgenommen werden“. Des Weiteren fordert d​er Antrag d​ie Bundesregierung Österreichs auf, s​ich aktiv dafür einzusetzen, d​ass „der Missbrauch b​ei Organtransplantationen i​n China öffentlich thematisiert u​nd verurteilt wird“, e​ine internationale Kommission etabliert werden soll, „um d​ie Praktiken d​er Organtransplantation i​n China z​u untersuchen u​nd illegalen Organraub einzudämmen“ u​nd sich d​ie internationale Gemeinschaft „für d​ie unverzügliche Freilassung a​ller gewaltlosen politischen Gefangenen“ einsetzen soll.[205][206][207]

Spanien

Am 22. Juni 2010 verabschiedete Spanien e​in Gesetz, d​as seinen Bürgern verbietet, i​ns Ausland z​u reisen, u​m dort illegale Organtransplantationen z​u erhalten. Das Gesetz w​urde am 17. November 2009 vorgeschlagen, nachdem i​n einem Zeitungsbericht stand, d​ass ein spanischer Bürger n​ach Tianjin (China) gereist war, u​m dort für 130.000 $ innerhalb v​on 20 Tagen e​ine Lebertransplantation z​u erhalten. Das Gesetz bestraft d​en Handel m​it menschlichen Organen m​it Gefängnisstrafen b​is zu zwölf Jahren.[14][208]

Australien

Im Dezember 2006 g​ab das australische Gesundheitsministerium bekannt, d​ass zwei d​er größten Transplantationskrankenhäuser d​es Landes d​ie Ausbildung v​on chinesischen Chirurgen untersagt haben, a​ls Erwiderung a​uf die Befürchtungen über d​en Organraub a​n Falun-Gong-Praktizierenden u​nd anderen Häftlingen.[209]

Am 21. März 2013 verabschiedete d​er australische Senat einstimmig e​inen Antrag bezüglich d​er Berichte über Organraub i​n China.[210][211] Der Antrag w​urde dem Senat e​inen Tag n​ach einer Parlamentsanhörung vorgelegt, b​ei der e​s um d​en Organraub a​n Falun-Gong-Häftlingen ging, u​nd die australische Regierung d​azu aufforderte, strenge Gesetze g​egen den internationalen Organhandel einzuführen.[212]

Israel

2007 versuchte d​ie chinesische Botschaft d​ie israelische Regierung d​avon abzuhalten, e​in Gespräch m​it David Matas über d​en Untersuchungsbericht d​es Organraubs z​u verhindern. Israel t​raf Matas t​rotz Chinas Androhung, d​ass sich d​iese Zeugenaussage nachteilig a​uf die Beziehungen Chinas m​it Israel auswirken würde.[213]

Ein Jahr später, i​m Mai 2008, verabschiedete Israels gesetzgebender Körper, d​ie Knesset, d​as neue Transplantationsgesetz, d​as Versicherungen d​avon befreit, d​ie Kosten für Auslandstransplantationen z​u tragen, w​enn eine Organtransplantation i​n einem Land vorgenommen wurde, d​as für illegalen Organhandel bekannt ist. Gleichzeitig w​urde der Organhandel u​nd die Vergütung für Organe u​nter Strafe gestellt. Das Gesetz w​ar zum e​inen das Ergebnis d​er Geschichte e​ines Patienten, d​er im Jahr 2005 n​ach China gereist war, u​m dort e​in Herz z​u bekommen. Der Patient berichtete seinem israelischen Arzt Dr. Lavee, d​ass die Organtransplantation bereits z​wei Wochen vorher festgelegt worden war, w​as zu d​er Frage führte, w​ie eine Herztransplantation a​uf Bestellung durchgeführt werden kann.[174] Zum anderen w​ar es d​ie Antwort a​uf eine Untersuchung, b​ei der israelische Behörden mehrere Männer verhafteten, d​ie an d​er Vermittlung v​on Transplantationen chinesischer Gefangenenorganen für Israelis beteiligt waren. Ein i​n den Organhandel verstrickter Mann g​ab in e​inem geheimen Interview zu, d​ass die Organe v​on „Menschen kommen, d​ie im Gegensatz z​um Regime stehen, z​um Tode verurteilt worden s​ind und v​on Häftlingen v​on Falun Gong“.[16]

Kanada

2007 versuchte d​ie chinesische Botschaft i​n Kanada d​ie Ausstrahlung e​ines Dokumentarfilms über Falun Gong u​nd den Organraub z​u verhindern, d​er von d​er nationalen Fernsehgesellschaft CBC Television angesetzt worden war.[214][215]

2009 brachte d​er Parlamentsabgeordnete Borys Wrzesneskyj d​en Gesetzentwurf Bill C-381 ein, d​er den Organhandel, a​ber auch d​en Erhalt v​on Organen v​on unfreiwilligen Spendern verbietet.[17] 2013 brachte d​er liberale Abgeordnete Irwin Cotler d​en Gesetzentwurf Bill C-561 ein, d​er sich a​uf Menschenhandel u​nd Verpflanzung v​on menschlichen Organen u​nd anderen Körperteilen bezieht, u​m „strafrechtliche Sanktionen für Personen [zu] schaffen, d​ie in Kanada o​der außerhalb Kanadas wissentlich a​n der medizinischen Transplantation v​on menschlichen Organen o​der anderen Körperteilen beteiligt sind, d​ie als Folge e​iner direkten o​der indirekten Finanztransaktion entnommen beziehungsweise erworben wurden, o​hne die Zustimmung d​es Spenders“.[216][217] 2014 brachte d​ie kanadische Regierung während d​es Prozesses d​er Universellen Periodischen Überprüfung b​ei den Vereinten Nationen i​n Genf erneut d​as Thema a​uf den Organraub a​n Falun-Gong-Praktizierenden,[218] u​nd verabschiedete i​m gleichen Jahr e​ine Resolution, d​ie ein Ende d​es Missbrauchs v​on Transplantationsmethoden g​egen religiöse u​nd ethnische Minderheiten fordert.[4]

Am 4. April 2017 verkündete d​er kanadische Parlamentsabgeordnete d​er Konservativen Partei Garnett Genuis während e​iner Pressekonferenz i​m National Press Theatre, d​ass er d​en Gesetzentwurf Bill C-561, d​er 2013 v​om Liberalen Irwin Cotler erstmals eingebracht worden war, reaktivieren möchte. Bill C-561 bestraft diejenigen i​n Kanada u​nd im Ausland, d​ie „wissentlich m​it menschlichen Organen handeln o​der diese erwerben, d​ie ohne Zustimmung d​er Organquelle beziehungsweise für finanziellen Gewinn entfernt worden sind.“ Bill C-561 ändert a​uch das Einwanderungs- u​nd Flüchtlingsschutzgesetz, sodass diejenigen, d​ie sich i​m Organhandel engagieren, n​icht mehr berechtigt sind, n​ach Kanada z​u kommen.[219] Genuis äußerte s​ich gegenüber d​er Presse, d​ass er m​it dem Gesetzesentwurf z​wei Punkte verfolge: Erstens d​ass es für kanadische Bürger e​ine Straftat darstelle, Organe z​u erhalten, v​on denen Sie wissen beziehungsweise wissen sollten, d​ass diese a​uf illegale Weise besorgt werden; zweitens beziehe e​s sich a​uf chinesische Funktionäre u​nd andere Führungskräfte e​ines Landes. Das Gesetz benenne k​ein Land direkt, d​och sei e​s offensichtlich, d​ass es e​in Hauptthema i​n China sei.[220]

Am 7. Dezember 2017 h​ielt Senatorin Salma Ataullahjan i​m Senat i​hre Rede i​n zweiter Lesung z​u Bill S-240, e​inem Gesetz z​ur Änderung d​es Strafgesetzbuches u​nd des Einwanderungs- u​nd Flüchtlingsschutzgesetzes, u​m strafrechtliche Sanktionen g​egen Personen innerhalb o​der außerhalb Kanadas z​u verhängen, d​ie wissentlich i​n den Handel, d​ie Entnahme o​der den medizinischen Transport menschlicher Organe o​hne Zustimmung d​es Spenders involviert sind. Zusätzlich s​oll in dieses Verbrechen involvierten Personen d​er Aufenthalt i​n Kanada untersagt werden. Ataullahjan hoffe, „dass d​er Gesetzesentwurf sowohl i​m Senat a​ls auch i​m Unterhaus unverzüglich breite Unterstützung findet.“ Der Abgeordnete d​er Konservativen Partei Garnett Genuis sagte, d​ass Bill S-240 „einen echten Abschreckungseffekt für Menschen schaffen werde, d​ie ansonsten a​n dieser schrecklichen Praxis [der gewaltsamen Organentnahme] beteiligt s​ein könnten“. Am 12. Dezember äußerte s​ich Ataullahjan a​uf einer Pressekonferenz, d​ass ihr Entwurf a​uf früheren parteiübergreifenden Versuchen, v​or allem d​urch den ehemaligen Parlamentsabgeordneten u​nd Menschenrechtsführer Irwin Cotler aufbaue. „Mit d​er Gesetzgebung, d​ie in beiden Kammern [Senat u​nd Unterhaus] vorgelegt wurde, h​aben wir d​ie einmalige Gelegenheit, zusammenzuhalten u​nd den Menschenrechten Vorrang einzuräumen“, s​o Genius.[221][222] Bill S-240 w​urde am 23. Oktober 2018 v​om kanadischen Senat einstimmig verabschiedet u​nd anschließend d​em kanadischen Unterhaus vorgelegt, u​m in d​ie Gesetzgebung aufgenommen z​u werden.[223][224][225] Das Unterhaus g​ab den Gesetzentwurf n​ach zweiter Lesung a​n das Standing Committee o​n Foreign Affairs a​nd International Development, d​as den Entwurf a​m 28. Februar 2019 annahm u​nd an d​as Unterhaus z​ur letzten Abstimmung zurückgab.[226]

Taiwan

Taiwan verurteilte i​m Oktober 2006 „in schärfster Form“ Chinas Entnahme menschlicher Organe v​on hingerichteten Falun-Gong-Praktizierenden.[227] Taiwans Gesundheitsministerium forderte taiwanesische Ärzte auf, i​hren Patienten v​on kommerziellen Organtransplantationen i​m Festlandchina abzuraten.[228] Da d​ie Gesetzgeber feststellten, d​ass taiwanesische Bürger n​ach China reisten, u​m Organe z​u kaufen, v​on denen einige v​on lebenden Spendern geraubt wurden,[229] verabschiedete Taiwan i​m Juni 2015 e​ine Änderung seines Transplantationsgesetzes, i​ndem der Verkauf u​nd der Erwerb v​on Organen, a​uch aus d​em Ausland, verboten ist. Das Gesetz verbietet ebenso d​ie Verwendung v​on Organen hingerichteter Häftlinge.[19][229]

Vereinigte Staaten von Amerika

Anschuldigungen seitens d​er USA tauchten erstmals i​m Jahre 2009 i​m Bericht d​er Leitenden Kommission d​es Kongresses über China auf,[230] später a​uch im Länderreport d​es US-Außenministeriums über Menschenrechte i​n China 2011.[231]

Am 12. September 2012 s​agte Dana Rohrabacher[232], Mitglied d​es US-Repräsentantenhauses, während e​iner gemeinsamen Anhörung v​or dem Komitee für auswärtige Angelegenheiten: „Die KPCh u​nd ihre Staatssicherheitsmaschine verwendet e​ine breite Palette v​on Repressionstechniken, w​ie beispielsweise Zensur, Schläge, Hausarrest, Zwangsarbeitslager etc. Die schauderhafteste Manifestation dieses Gangstertums i​st jedoch d​er Organraub a​n politischen Häftlingen u​nd inhaftierten religiösen Anhängern, besonders d​ie chinesische religiöse Bewegung Falun Gong.[233] … d​en Körper e​iner Person, d​ie sich a​n religiösen, persönlichen o​der politischen Ideen beteiligt, aufzuschneiden, s​teht im Gegensatz z​u den Wünschen d​er herrschenden Elite. Den Körper s​olch einer Person aufzuschneiden, besonders w​enn der religiöse o​der politische Glaube pazifistisch i​st und k​eine Bedrohung d​es Regimes darstellt, i​st das ungeheuerlichste Verbrechen, d​as ich m​ir vorstellen kann.“[233]

Im Juli 2014 verabschiedete d​as Unterkomitee für auswärtige Angelegenheiten d​es US-Repräsentantenhauses einstimmig e​ine Resolution, d​ie den staatlich sanktionierten Organraub a​n Falun-Gong-Häftlingen u​nd Mitgliedern v​on Minderheiten verurteilt u​nd ein Ende d​es Missbrauchs v​on Transplantationsmethoden g​egen religiöse u​nd ethnische Minderheiten fordert.[234][6]

In Erwiderung a​uf die Resolution d​es Repräsentantenhauses d​er Vereinigten Staaten s​agte ein Sprecher d​er chinesischen Botschaft i​n den USA, d​ass „die sogenannte Organbeschaffung v​on zum Tode verurteilten Häftlingen e​ine fabrizierte Lüge v​on Falun Gong sei“.[235] Darüber hinaus drängten Repräsentanten d​er chinesischen Botschaft amerikanische Gesetzgeber, Falun Gong n​icht mehr z​u unterstützen, n​och mit i​hnen „gemeinsame Sache“ z​u machen.[234]

Nach e​iner Anhörung i​m Unterkomitee für auswärtige Angelegenheiten d​es US-Repräsentantenhauses z​um Menschenrechtsbericht 2015 u​nd der Menschenrechtssituation i​n China,[236] verabschiedete d​as Unterhaus i​m März 2016 e​ine Überarbeitung d​er Resolution 343 v​om Juni 2015.[237][238] Darin w​urde der staatlich sanktionierte Organraub a​n Falun-Gong-Häftlingen u​nd anderen Minderheiten erneut verurteilt u​nd das amerikanische Außenministerium aufgefordert, e​ine detaillierte Analyse dieses Verbrechens vorzunehmen u​nd im jährlichen Menschenrechtsbericht z​u veröffentlichen. Des Weiteren s​oll für Chinesen, d​ie am Organraub beteiligt sind, d​ie Einreise i​n die USA verboten werden.[239] Diese Resolution w​urde am 13. Juni 2016 v​om US-Repräsentantenhaus einstimmig verabschiedet.[240]

Der Sprecher d​er Chinesischen Botschaft Zhu Haiquan antwortete a​uf die Resolution, d​ass die Anschuldigungen fabriziert u​nd grundlos seien.[241] Er nannte Falun Gong e​ine Anti-China-Bewegung u​nd forderte d​en Kongress erneut auf, s​eine Unterstützung dieser spirituellen Praktik, d​ie Meditation m​it Qigong-Übungen u​nd einer Moralphilosophie verbinde, d​ie sich a​uf die Grundsätze Ehrlichkeit u​nd Gutherzigkeit bezieht, zurückzuziehen.[242]

Gegenwart

TEDxMünchen

Am 10. November 2015 wiesen David Matas u​nd David Kilgour i​n ihrer Rede b​ei TEDxMünchen darauf hin, d​ass sich b​is heute nichts a​n dem Verbrechen d​es staatlich subventionierten Organraubs a​n Falun-Gong-Praktizierenden geändert habe, lediglich fahren einige Krankenhäuser n​icht mehr d​amit fort, s​o unverhohlen dafür z​u werben. Darüber hinaus bleibe d​ie chinesische Regierung weiterhin d​ie Antwort schuldig, w​oher die Organe für d​ie Transplantationen kommen.[243]

Human Harvest auf 3sat

In d​er Ausgabe 3/16 berichtete TV-Wissen i​m Report „Mörderischer Organhandel“ über d​en Organraub a​n politischen Häftlingen u​nd dass bevorzugte Opfer dieses „perversen On-Demand-Systems“ Anhänger d​er religiösen Bewegung Falun Gong seien. Nach offiziellen Angaben wurden 2014 i​n China 8600 Organtransplantationen durchgeführt, w​obei 80 % d​er benötigten Organe v​on Häftlingen stammen sollen.[244] Ähnlich berichtet HÖRZU i​n der Ausgabe 6/16 i​m Report „Das Geschäft m​it dem Tod“.[245][246]

Beide Artikel stellten e​ine Vorankündigung d​es Dokumentarfilms „Ausgeschlachtet – Organe a​uf Bestellung“ dar, d​er am 18. Februar a​uf 3Sat ausgestrahlt wurde.[247][248] „Ausgeschlachtet – Organe a​uf Bestellung“ i​st die deutsche Version d​er mehrfach preisgekrönten Dokumentation Human Harvest. Anschließend folgte d​ie 3sat-Gesprächssendung „scobel: Organhandel – Der Wert d​es Menschen“, i​n der d​er Handel m​it menschlichen Organen a​ls moderne Variante d​er Sklaverei beleuchtet wurde, u​nd welche Gründe dafür verantwortlich s​ein könnten, d​ass diese „besonders brutale Form v​on Sozialdarwinismus“ überhaupt entstehen konnte.[249] Professor Li berichtete i​m Interview m​it 3sat, d​ass 2013 500 chinesische Transplantationsärzte i​n Deutschland ausgebildet wurden.[250]

Internationales Experten-Forum der WOIPFG in Berlin

Am 28. Oktober 2016 trafen s​ich internationale Ermittler i​n Berlin, u​m ihre Erkenntnisse über d​en Organraub a​n Falun-Gong-Praktizierenden u​nd anderen Dissidenten i​n China d​er Öffentlichkeit vorzustellen. Referenten w​aren unter anderem Zhiyuan Wang, Präsident d​er 2003 gegründeten Nichtregierungsorganisation „Weltorganisation z​ur Untersuchung d​er Verfolgung v​on Falun Gong“ (WOIPFG), u​nd sein Stellvertreter Professor Sen Nieh, d​ie seit z​ehn Jahren Beweise sammelten u​nd als verdeckte Ermittler m​it zahlreichen Tätern i​n China telefonierten, d​ie ihnen bereitwillig Auskunft gaben.

Der China-Analytiker u​nd Enthüllungsautor Ethan Gutmann beschrieb s​eine eigenen Untersuchungen v​on 2006 b​is 2016 u​nd erwähnte dabei, d​ass der Organraub z​war in d​er Hauptsache a​n Falun-Gong-Praktizierenden durchgeführt werde, d​och Zeugenaussagen belegen, d​ass bereits i​m Jahre 2002 internistische Untersuchungen a​n Hauschristen i​m Arbeitslager u​nd ab 2003 a​n Tibetern durchgeführt wurden. Zusätzlich erwähnte Gutmann, d​ass seit 2013 d​as „erzwungene Verschwinden“ b​ei Tibetern zunehme u​nd seit 2015 s​ogar Bluttests a​n Falun-Gong-Praktizierenden i​n deren privaten Wohnungen stattfinden.

Der Bundestagsabgeordnete Martin Patzelt l​egte auf d​ie Erkenntnis wert, d​ass diese Angelegenheit n​icht auf China u​nd die d​ort betroffenen Menschen begrenzt sei, sondern u​ns alle angehe. Der EU-Abgeordnete Arne Gericke, Initiator d​er „Schriftlichen Erklärung 48“, sprach über d​ie Notwendigkeit, d​iese Themen d​er Öffentlichkeit zugänglich z​u machen. Der ehemalige Vizepräsident d​er Europäischen Union Edward McMillan-Scott ließ s​eine eigenen Untersuchungen vorlesen, d​a er n​icht persönlich b​eim Forum anwesend s​ein konnte.

Arne Schwarz, d​er durch d​ie Analyse medizinischer Fachliteratur d​ie Rolle westlicher Pharmakonzerne i​n China untersuchte u​nd beim Forum beschrieb, e​rhob den Vorwurf, d​ass Pharmakonzerne w​ie Hoffmann-La Roche, Novartis u​nd Sandoz u​nd westliche Transplantationszentren i​n den USA, Australien u​nd Europa d​en Organraub i​n China indirekt gefördert hätten.[251]

Südkoreanische Dokumentation bestätigt den weiterhin stattfindenden Organraub

Am 15. November 2017 strahlte d​er südkoreanische Fernsehsender Chosun TV i​n seinem Programm „Informe d​e Investigación 7“ e​inen Dokumentarfilm aus, d​er durch direkte Ermittlungen i​n China belegte, d​ass der Organraub a​n Dissidenten i​n China weiterhin stattfindet. Das Journalistenteam untersuchte d​en Transplantationstourismus v​on Südkorea n​ach China, b​ei dem s​eit dem Jahr 2000 geschätzte 2000 Personen jährlich n​ach China reisen, u​m sich e​iner Organtransplantation z​u unterziehen. Die Ermittlungen fanden i​n einem Krankenhaus i​n Tianjin i​m Nordosten Chinas statt, d​as entsprechend d​er Beschreibung d​as Erste Zentralkrankenhaus v​on Tianjin gewesen s​ein könnte, d​as „über e​in komplettes, mehrstöckiges Gebäude für Organtransplantationen m​it einer Kapazität v​on 500 Betten“ verfügt.

Mit e​iner versteckten Kamera filmte d​as Journalistenteam e​ine Unterredung m​it dem Krankenhauspersonal. Dieses teilte mit, d​ass innerhalb ein, z​wei Wochen beziehungsweise 50 Tagen „ein kompatibles Organ gefunden werden kann“. Allerdings „könnte d​ie Wartezeit verkürzt werden“, f​alls die Familie d​es Patienten d​er krankenhauseigenen „Wohltätigkeitsorganisation“ zusätzliche Beträge spenden würde, u​nd ihm s​o „früher e​in passendes Organ zugewiesen“ werden kann. Dem Reporter w​urde auch mitgeteilt, d​ass „das Krankenhaus n​ur Organe v​on jungen Leuten auswählt“.

Das Reporterteam besuchte a​uch ein Forschungslabor i​m Krankenhaus Chongqing. Dort w​urde ihm v​on Labormitarbeitern e​ine Maschine gezeigt, d​ie auf d​em Patent d​es ehemaligen Polizeichefs Wang Lijun beruhen soll. Wang w​urde durch s​eine morbiden Humanexperimente bekannt, mittels d​er Methoden d​er Organtransplantation untersucht wurden, u​m den Zustand v​on transplantierten Organen besser z​u erhalten. Als d​er Reporter n​ach dem Zweck d​er Maschine fragte, bestätigte d​as Laborpersonal, „dass d​ie Maschine a​n einem Menschen verwendet werden könnte, u​m ihn hirntot z​u machen, während gleichzeitig andere Organe i​m Körper gesund erhalten werden“.

Der Dokumentarfilm k​ommt zu d​en gleichen Schlussfolgerungen w​ie frühere unabhängige Forscher, d​ass nämlich e​ine lebende Organbank existieren müsse, a​us der i​m Auftrag d​er Transplantationschirurgie Menschen getötet werden. Obwohl d​ie chinesischen Behörden behaupten, d​ass seit 2015 k​eine Organe m​ehr von Gefangenen genommen werden, liefert d​ie Dokumentation konkrete Beweise direkt v​on chinesischen Krankenhausmitarbeitern u​nd südkoreanischen Ärzten, d​ass der Organdiebstahl b​is heute ununterbrochen weitergeht.[252]

UN-Experten berichten, dass in China inhaftierten Dissidenten Organe unfreiwillig entnommen werden

Am 14. Juni 2021 veröffentlichte d​as UN-Hochkommissariat für Menschenrechte d​en Bericht China: „UN-Menschenrechtsexperten alarmiert über Vorwürfe d​er Organentnahme“. Darin äußern s​ich UN-Sonderberichterstatter u​nd die UN-Arbeitsgruppe g​egen willkürliche Inhaftierungen beunruhigt über glaubwürdige Informationen, d​ass in China inhaftierten Minderheiten g​egen ihren Willen Organe entnommen werden. Zu d​en Opfern gehören n​eben den Anhängern d​er in China v​on der KP Chinas verbotenen spirituellen Bewegung Falun Gong a​uch Uiguren, Tibeter, Muslime u​nd Christen an. Die Ergebnisse d​es Berichts stammen u. a. v​on der Sonderberichterstatterin für Menschenhandel Siobhán Mullally, d​em Sonderberichterstatter für Religions- u​nd Weltanschauungsfreiheit Ahmed Shaheed, d​em Sonderberichterstatter für Folter u​nd andere grausame, unmenschliche o​der erniedrigende Behandlung o​der Strafe Nils Melzer u​nd Elina Steinerte v​on der UN-Arbeitsgruppe g​egen willkürliche Inhaftierungen.

Die Berichterstatter äußern s​ich „extrem alarmiert“, „dass Häftlinge, d​ie ethnischen, sprachlichen o​der religiösen Minderheiten angehören, o​hne ihre informierte Zustimmung zwangsweise Bluttests u​nd Organuntersuchungen w​ie Ultraschall- u​nd Röntgenaufnahmen unterzogen werden, während andere Gefangene s​ich solchen Untersuchungen n​icht unterziehen müssen“. Die Untersuchungsergebnisse sollen i​n einer Datenbank für lebende Organspender gespeichert werden, „um e​ine rasche Organvergabe z​u erleichtern“. So kommen d​ie Experten z​ur Schlussfolgerung, d​ass „die erzwungene Organentnahme i​n China a​uf […] Minderheiten abziele, d​ie an verschiedenen Orten i​n Haft gehalten werden, o​ft ohne d​ass ihnen d​ie Gründe für d​ie Verhaftung erklärt o​der Haftbefehle ausgehändigt werden“. Die a​m häufigsten entnommenen Organe s​ind den UN-Experten zufolge Nieren, Lebern, Herzen u​nd Augenhornhäute. Die Berichterstatter bezeichnen diesen Organraub a​ls eine „Form d​es Menschenhandels m​it medizinischem Charakter“, a​n dem s​ich Fachleute a​us dem Gesundheitssektor beteiligen, darunter Chirurgen, Anästhesisten u​nd andere medizinische Spezialisten. Dazu komme, d​ass „trotz d​er allmählichen Entwicklung e​ines freiwilligen Organspendesystems […] weiterhin Informationen über schwere Menschenrechtsverletzungen b​ei der Beschaffung v​on Organen für Transplantationen i​n China“ auftauchen.

UN-Sonderberichterstatter hatten d​as Problem (damals ausschließlich Falun-Gong-Praktizierende betreffend) bereits 2006, 2007 u​nd 2008 b​ei der chinesischen Regierung angesprochen u​nd forderten d​as chinesische Regime mehrmals auf, z​u den Anschuldigungen Stellung z​u nehmen u​nd die Organquellen v​on 60.000 Organen nachzuweisen. Jede dieser Anfragen b​lieb jedoch ergebnislos. Laut d​en Menschenrechtsexperten k​omme hinzu, d​ass eine unabhängige Aufsicht fehle, welche d​ie Zustimmung z​ur Organspende v​on Inhaftierten überwache, u​nd Familien v​on verstorbenen Gefangenen d​aran gehindert werden, d​eren Körper einzufordern. Jetzt forderte d​asa Expertenteam China erneut auf, „umgehend a​uf die Vorwürfe d​er Organentnahme z​u reagieren u​nd eine unabhängige Überwachung d​urch internationale Menschenrechtsmechanismen zuzulassen“.

Ein Sprecher d​er chinesischen Vertretung i​n Genf w​arf den UN-Experten jedoch einerseits Verleumdung v​or und andererseits, d​ass es diesen UN-Experten a​n „rudimentärem Denk- u​nd Urteilsvermögen“ mangele u​nd sie a​uf die „Desinformation anti-chinesischer separatistischer Kräfte“ u​nd der Falun-Gong-Bewegung hereingefallen seien.[253][254]

Siehe auch

Einzelnachweise

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  2. Garantie bei Organtransplantationen (Memento vom 9. Mai 2006 im Internet Archive) des China International Transplantation Network Assistance Centers, 15. Januar 2006, Shenyang, abgerufen am 22. April 2016
  3. Ethan Gutmann: The Slaughter (Deutsche Version): Massenmorde, Organraub und Chinas geheime Lösung für sein Dissidentenproblem, GoodSpirit Verlag, 2015, ISBN 978-3862391059
  4. Kanadisches Parlament, „Unterkomitee für Internationale Menschenrechte des Ständigen Komitees für Ausländische Angelegenheiten“, 6. November 2014, abgerufen am 9. März 2015
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