Olympische Winterspiele 1948/Militärpatrouille
Bei den V. Olympischen Winterspielen 1948 in St. Moritz fand ein Militärpatrouillenlauf als Demonstrationsbewerb statt. Der Militärpatrouillen-Lauf gilt als Vorgänger des heutigen Biathlon und heutiger Wettkämpfe im Skibergsteigen und wurde als Langlauf in der Mannschaft mit Schießen durchgeführt. Acht Nationen stellten eine Mannschaft.
Militärpatrouillenlauf bei den IV. Olympischen Winterspielen | |
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Information | |
Austragungsort | St. Moritz |
Nationen | 8 |
Athleten | 32 (32 Männer) |
Datum | 8. Februar 1948 |
Entscheidungen | 1 |
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Ebenso wie im Winter-Pentathlon setzte sich auch das Teilnehmerfeld bei der Militärpatrouille ausschließlich aus Militärangehörigen zusammen. Der Winter-Pentathlon kämpfte in direkter Konkurrenz zum Militärpatrouillenlauf um die Aufnahme ins offizielle Programm der Olympischen Winterspiele, vermochte aber weder die Funktionäre noch das Publikum zu überzeugen. Der Militärpatrouillenlauf wurde in den folgenden Jahren auch für nicht einem Militär angehörige Athleten geöffnet und begann sich zum rein sportlichen Biathlonsport zu entwickeln. Das IOC erkannte 1954 Biathlon als eigene Sportart an und ließ alle Pläne bezüglich eines modifizierten Winter-Pentathlons fallen.
Militärpatrouillenlauf
Der Militärpatrouillenlauf war ein Mannschaftswettbewerb. Ein Team absolvierte einen Langlaufkurs mit einer Schießübung, eine Mannschaft bestand aus vier Läufern.
Es wurde die Gesamtlaufzeit gewertet abzüglich einer Zeitgutschrift für erfolgreiches Schießen. Beim Schießen war immer das Dreierteam einer Nation beisammen, jeder Teilnehmer schoss einzeln seine Serie, u. zw. liegend aufgelegt, wobei der Karabiner aufgeschnallt blieb. Das Gesamtgewicht der Gewehre mit Munition betrug 30 kg, das bedeutete 10 kg pro Mann, was aber beliebig verteilt werden konnte. Jeder Schütze hatte drei Schüsse, konnte auf 9 Minuten Gutschrift kommen, denn es gab für einen Treffer mit dem ersten Schuss 3 Minuten Gutschrift, das reduzierte sich auf 2 Minuten beim zweiten und eine Minute beim dritten Schuss (somit keine Gutschrift, wenn es nur Nieten gab). Es galt, aus 150 m einen roten Ballon von 30 cm Durchmesser zu treffen. Deshalb räumten auch alle Patrouillen beim Training dem Schießen viel Zeit ein.[1]
Im Abschlussbericht des Schweizerischen Olympischen Komitees stand: „Der Patrouillenlauf wurde gegen den Willen des Kongresses des I. O. C. vom Herbst 1946 nachträglich ins Programm der V. Olympischen Winterspiele aufgenommen. Dies geschah erst im Juni 1947 in Stockholm. In der Schweiz hätte man es nie verstanden, wenn diese traditionelle militärsportliche Prüfung nicht im St. Moritzer Programm figuriert hätte. Das Verhältnis unter den acht Militär-Equipen war ein wirklich kameradschaftliches und geradezu herzliches. Wenn in einer Disziplin der olympische Geist zum Ausdruck kam, dann wirklich im Patrouillenlauf.“[2]
Platz | Land | Sportler | Laufzeit (h) | Bonifikation | Endzeit (h) |
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1 | SUI | Robert Zurbriggen, Heinrich Zurbriggen, Vital Vouardoux[3][4], Arnold Andenmatten |
2:39,25 | 5 min. | 2:34,25 |
2 | FIN | Eero Naapuri, Vilho Ylönen, Mikko Meriläinen, Tauno Honkanen |
2:46,23 | 9 min. | 2:37,23 |
3 | SWE | Edor Hjukström, Holger Borgh, Karl Gustav Ljungquist, Fride Larsson |
2:45,03 | 4 min. | 2:41,03 |
4 | ITA | Costanzo Picco, Aristide Compagnoni, Giacinto De Cassan, Antenore Cuel |
2:52,03 | 2 min. | 2:50,03 |
5 | FRA | Émile Paganon, Marc Benoît-Lizon, Ulysse Bozonnet, Gilbert Morand |
3:01,35 | 7 min. | 2:54,35 |
6 | TCH | Vojtech Pavelica, Karel Dvořák, Jaroslav Šír, Oto Skrbek |
3:16,26 | 6 min. | 3:10,26 |
7 | ROM | Ștefan Ionescu, Constantin Vlădea, Niculae-Cornel Crăciun, Ion Kasky[5] |
3:24,24 | 8 min. | 3:16,24 |
8 | USA | Donald Weihs, Stanley T. Walker, Henry Lee Dunlap, Lorentz Eide |
4:38,58 | 3 min. | 4:35,58 |
Datum: 8. Februar 1948, 08:00 Uhr
Bei den Schweizern musste der an Mumps erkrankte Füsiller Walter Imseng[4][6][7] im letzten Moment durch den Gefreiten Vital Vouardoux ersetzt werden, der sich aber bestens in die Patrouille einfügte. Sie waren die ersten am Schießstand. Es kam die Meldung, dass statt der erwarteten 9 Minuten nur 5 gutgeschrieben wurden. Nach ihnen trafen die Franzosen ein; zwei Mann benötigten zwei Schüsse, einer war schon beim ersten erfolgreich. Die Finnen konnten mit ihrer maximalen Zeitgutschrift auf 43 Sekunden an die Schweiz herankommen. Bei den Italienern traf nur der erste Soldat im zweiten Schuss. Bei der Tschechoslowaken blieb zwar ein Ballon stehen, doch die gute Schussleistung der zwei Kameraden brachte 6 Minuten Bonus. Danach die Schweden: der erste Schütze erst im dritten Schuss erfolgreich, der nächste schon im ersten Versuch, während der letzte nicht traf, womit es nur 4 Minuten für sie gab. Eine Überraschung stellte Rumänien mit einer 8er-Gutschrift dar, während die USA mit Verspätung stark ermüdet ankamen und nur einer im ersten Schuss traf. So führte die Schweiz vor Finnland, Schweden, Italien und Frankreich. In den abschließenden 10 km erbrachten die Schweizer eine starke Leistung; es war zwar (aus Sicht der Veranstalter und der Schweizer Fangemeinde) Gold erwartet worden. Dass aber gegenüber den Nordländern die läuferische Leistung derartig überlegen sein würde, hätte auch der größte Optimist nicht vorauszusehen gewagt. Finnland sah sich mit der Silbermedaille dahingehend zufrieden, weil es noch ein junges Team hatte, zudem war einer der Läufer in der letzten Abfahrt gestürzt und ein Kamerad in diesen hineingefahren.[8] Der große Abstand der amerikanischen Equipe war darauf zurückzuführen, dass Donald Weihs während des Rennens einen Skibruch erlitt und die letzten acht Kilometer auf dem gebrochenen Ski zurücklegte.[9]
Weblinks
- Militärpatrouillenlauf bei den Olympischen Winterspielen 1948 in der Datenbank von Sports-Reference (englisch; archiviert vom Original)
- Offizieller Bericht der Olympischen Winterspiele 1948 (PDF; 3,7 MB)
Einzelnachweise
- «Militär-Patrouillenlauf mit acht Nationen». In: Sport Zürich, 6. Februar 1948, S. 7.
- Rapport Général sur les Ves Jeux Olympiques d’hiver St-Moritz 1948 (PDF, französisch; 3,9 MB)
- im offiziellen Olympiabericht fälschlich als Xavier Vouardoux angegeben.
- Werner Imseng: Skigeschichte: Höchstes Abfahrtsrennen der Welt. (e-doc) In: Der Schneehase, 31. Jahrbuch des Schweizerischen Akademischen Skiclubs. Schweizerischer Akademischer Skiclub (SAS), 1980, S. 83, abgerufen am 11. Januar 2020 (deutsch/französisch, Schriftleiter: Dr. Raoul Imseng).
- in anderen Quellen auch als Ion Koschi angegeben.
- Thomas Lüthi: Olympia: Arnold Andenmatten mit 96 gestorben - Blick. 12. September 2018, abgerufen am 3. Februar 2020.
- Le Nouvelliste. (PDF) Nachruf und Sterbeanzeigen. Sion: Nouvelliste valaisan N° 245, 21. Oktober 1977, S. 17, 45 und 46, abgerufen am 11. Januar 2020 (französisch, 110 MB).
- «Wertvoller Schweizer-Triumph im Militär-Patrouillenlauf». In: Sport Zürich, 9. Februar 1948, S. 1 bis 2.
- Donald Weihs. OlyMADMen, abgerufen am 11. Januar 2020 (englisch).