Olivia Jones
Oliver Knöbel (* 21. November 1969 in Springe) ist ein deutscher Travestiekünstler, der mit seiner Kunstfigur Olivia Jones als Dragqueen bekannt wurde und fast ausschließlich in dieser weiblichen Rolle auftritt.
Karriere
Schon während seiner Schulzeit an der Heinrich-Göbel-Realschule in Springe[1] hatte Oliver Knöbel erste Travestie-Auftritte. Immer mit dem Ziel Showgeschäft vor Augen bildete er sich weiter, unter anderem mit Sprachtraining, Schauspielunterricht und Maskenbildner-Kursen. 1989 folgte der Umzug nach Hamburg. Knöbel stellte sich bei dem Travestiekünstler und Leiter des Schmidt Theaters Ernie Reinhardt (Lilo Wanders) vor[2]. Dieser war beeindruckt von Knöbels Erscheinung und außergewöhnlicher Körpergröße von ursprünglich 2,01 Metern[3] und verhalf ihm zu ersten Auftritten im Pulverfass Cabaret. Wenig später erfolgte, ebenfalls mit Reinhardts Unterstützung, die erste eigene Show im Schmidt Theater auf der Reeperbahn.
Im Jahr 1997 hatte er seinen internationalen Durchbruch als Dragqueen: Knöbels Figur Olivia Jones setzte sich beim „Drag Queen Contest“ in Miami als offizielle „Miss Drag Queen Of The World“ gegen zahlreiche Mitbewerber aus aller Welt durch.
Knöbel erhielt immer öfter Fernseh-Engagements. So moderierte er beispielsweise für den NDR mehrfach die Übertragung des Hamburger Christopher Street Day, für RTL fungierte er als Grand-Prix-Reporter und moderierte Galas (zum Beispiel für UNICEF oder die Aids-Benefiz-Gala red, hot & dance).
Im Jahr 2004 nahm er an der Castingshow Star Duell auf RTL teil. Im Sommer 2005 lebte Knöbel eine Woche im Big-Brother-Dorf und war 2008 erneut in der Sendung zu Gast. Mit der Lesung Sie nannten mich Tittenmonster tourte er 2007 in der Travestierolle zusammen mit dem bigFM-Morgenmoderator Hans Blomberg, dem „Morgenhans“, durch Deutschland. 2007 nahm er an der RTL-2-Doku-Soap Frauentausch als Tauschmutter teil.
Seit 2006 veranstaltet Knöbel mit Olivias Safari Besichtigungstouren für Touristen über die Reeperbahn; seit 2007 mit Olivia Ahoi auch Hamburger Hafenrundfahrten. Mittlerweile laufen auch andere Künstler als Mitglieder der Olivia-Jones-Familie Touren über die Reeperbahn; seit 2011 Tanja Schumann, seit 2012 Lilo Wanders und seit 2015 Eddy Kante.
Am 7. November 2008 eröffnete Knöbel in St. Pauli die Olivia Jones Bar, im Mai 2010 kam mit Olivias Wilde Jungs die erste Tabledance-Bar auf St. Pauli hinzu, zu der nur Frauen Zutritt haben. Zeitgleich stellte er mit Olivia Jones Secco einen Cranberry-Secco vor. Im Februar 2012 eröffnete Knöbel mit Olivias Show Club sein drittes Geschäft auf St. Pauli,[4] 2014 kam mit Olivias Kiez Oase ein Biergarten auf dem Spielbudenplatz hinzu.
Im August 2010 nahm Knöbel an der Reality-Show Das Tier in mir teil. Die Siegprämie von 5.000 Euro stiftete er der Tierrechtsorganisation PETA. Im Juli 2012 war er erneut in einer Folge der Pseudo-Doku-Soap Mitten im Leben zu sehen, nachdem er zuvor bereits mehrmals Auftritte in der Serie hatte. Im Januar 2013 war Knöbel als Bewohner des Dschungelcamps in der siebten Staffel von Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!, ebenfalls auf RTL, zu sehen.[5] Er belegte den zweiten Platz.
Am 6. März 2013 verpflichtete RTL Television Knöbel als Green-Room-Moderator der zehnten Staffel der Castingshow Deutschland sucht den Superstar.[6] Im Dezember 2013 moderierte er auf RTL die Realityshow Der VIP-Bus – Promis auf Pauschalreise.
Im Jahr 2014 spielte sich Knöbel in seiner Rolle als Olivia Jones in der Folge Foul (367) der Serie Großstadtrevier selbst.[7] 2015 synchronisierte er für TLC Deutschland die sechste Staffel von RuPaul’s Drag Race.[8] Im November 2015 war er in der Sendung Inas Nacht zu sehen, und im November 2019 hatte er einen Gastauftritt bei Mord mit Ansage – Die Krimi-Impro Show auf Sat.1.
Im November 2021 nahm Jones an der von ProSieben ausgestrahlten Show Schlag den Star teil und unterlag ihrer Gegnerin Katja Burkard.
Ab dem 21. Januar 2022 hat Jones neben Angela Finger-Erben die Talkshow Ich bin ein Star – Die Stunde danach auf RTL moderiert.[9]
Politisch-gesellschaftliche Ambitionen
Oliver Knöbel nutzt seine große Rollen-Popularität und das extravagante Auftreten als Dragqueen oftmals, um soziale Projekte zu unterstützen. So ist er unter anderem als Botschafter der Tierrechtsorganisation PETA tätig, unterstützt Aids-Projekte, machte Hamburger Bürger auf die geplante Schließung des Hamburger Frauenhauses aufmerksam und unterstützt den Life Ball in Wien.
2004 trat er bei der Hamburger Bürgerschaftswahl als Einzelbewerber mit dem Ziel an, den Einzug von Ronald Schills Partei Pro DM zu verhindern. Ohne jegliche Wahlplakate und Wahlhelfer erzielte er ein Ergebnis von 0,5 Prozent und somit ein besseres als Schills ehemalige Partei, die Partei Rechtsstaatlicher Offensive, die lediglich 0,4 Prozent bekam.
Er ist ein ausgesprochener Gegner der NPD und zeigte dies durch einen Einsatz als Reporter für die Satiresendung Extra 3 bei einer NPD-Wahlkampfveranstaltung.[10]
Im November 2007 gab Oliver Knöbel eine erneute Kandidatur bei den Bürgerschaftswahlen am 24. Februar 2008 in Hamburg bekannt. So erklärte er, er wolle als „Niemand“ antreten, damit potentielle Nichtwähler eben auch „niemanden“ wählen könnten. Er versprach auch, an keiner Sitzung der Bürgerschaft teilzunehmen und seine Bürgerschaftsbezüge sozialen Projekten zu spenden.[11] Im Januar 2008 zog Knöbel seine Kandidatur zurück und erklärte, seine Wähler sollten die Grünen wählen.[12]
Zum ESC 2016 trat Knöbel in der Rolle der Olivia Jones als erste Dragqueen im Wort zum Sonntag auf, um gemeinsam mit einer Pastorin ein Zeichen für Toleranz, Vielfalt und Respekt zu setzen.[13]
Im September 2016 erstattete Knöbel auf der Davidwache Anzeige wegen Volksverhetzung gegen die AfD Sachsen-Anhalt, die auf ihrer Facebook-Seite Homosexualität und die Aufklärung darüber mit Kindesmissbrauch gleichgesetzt hatte.[14] Hintergrund war eine Broschüre des Ministeriums für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt mit Buchempfehlungen zum Thema „Homosexualität“ und „gleichgeschlechtliche Beziehungen“ für Kitas und Grundschulen. Auf der Liste stand auch Knöbels Kinderbuch Keine Angst in Andersrum. Bündnis 90/Die Grünen luden ihn daraufhin zu einer Lesung und Podiumsdiskussion im Magdeburger Landtag ein. Dabei kam es am Rande auch zu einem Zusammentreffen mit dem damaligen Vorsitzenden der AfD-Fraktion, André Poggenburg.
Im November 2016 nominierte ihn die niedersächsische Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen als Mitglied der Bundesversammlung 2017, die den zwölften Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland wählte.[15]
Ehrungen
Im August 2010 setzte der NDR im Rahmen der Kampagne Das Beste am Norden … der Kunstfigur Olivia Jones in Knöbels Geburtsstadt Springe durch eine Sitzbank ein Denkmal. Die Bank vor der früheren Schule Knöbels trägt folgendes Zitat des „Hamburger Originals“ (O-Ton NDR):
- „Das Beste am Norden … ist in Springe meine Schule. Hier hat Mann einiges gelernt, was Frau später brauchte – und als schwuler Schmetterling im Schul-Kokon viel Spaß gehabt. Ich kann zwar immer noch nicht gut rechnen – hab’ aber trotzdem jetzt ’ne eigene Bank. Sitz!“[16]
Im Herbst 2013 ernannte der Ortsrat von Springe Knöbel als Olivia Jones zur offiziellen Ehrenbotschafterin der Stadt.[17]
Im Juli 2017 wurde Knöbel von Hamburg Pride, den Veranstaltern des Christopher Street Day in Hamburg, mit dem Ehren-Pride-Award 2017 ausgezeichnet, der nur selten verliehen wird. Geehrt wird sein politisches Engagement mit Verweis auf sein Wirken für die Vielfalt von Lebensmustern.[18]
Trivia
Im Dezember 2016 unterzog sich Knöbel einer Bein-Operation, bei der er sich beide Beine um sechs Zentimeter verkürzen ließ, sodass seine Körpergröße nur noch 1,95 m statt 2,01 m beträgt.[19] In Folge dieser Operation war er in den nächsten Wochen und Monaten in verschiedenen Fernsehsendungen wie auch bei der Wahl des Bundespräsidenten im Februar 2017 mit verschiedenen Gehhilfen zu sehen.[20]
Singles
- 2014: Wir sind der Megapark – als Teil des Charity-Projekts Megapark Allstars
- 2015: Bring Mutti mit – Olivia Jones, Lorenz Büffel & Nona
- 2016: Finger im Po, Mexico – Olivia Jones / Kay One
- 2021: We are Queer – Melanie Müller & Katy Bähm feat. Olivia Jones
TV (Auswahl)
- 2000: Big Brother
- 2002: Blondes Gift
- 2005: Herman & Tietjen
- 2007: Frauentausch
- 2007: Aktenzeichen XY … ungelöst
- 2007: Extra 3
- 2007, 2009: Das perfekte Promi-Dinner
- 2008: Die Niels Ruf Show
- 2009: Das Promi-Kochduell
- 2010: Dennis und Jesko
- 2010, 2012: Tietjen und Hirschhausen
- 2013: 5 gegen Jauch
- 2013: Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!
- 2013: Wetten, dass..?
- 2013: Grill den Henssler
- 2013: Deutschland sucht den Superstar (Gast)
- 2013: Circus Halligalli
- 2015: Inas Nacht
- 2016: Das Duell um die Geld
- 2016: Neo Magazin
- 2016: Tietjen und Bommes
- 2018–2019: Ich bin ein Star – Die Stunde danach (Gast)
- 2019: Queen of Drags
- 2020: Joko & Klaas gegen ProSieben
- 2020: Wer sieht das denn?
- 2020: Peep!
- 2020: Die Festspiele der Reality Stars – Wer ist die hellste Kerze? (Moderation)
- 2020: Die Show mit dem Sortieren
- 2021: Ich bin ein Star – Die große Dschungelshow (Gast)
- 2021: Promi Big Brother (Gast im Finale, mit Einkauf)
- 2021: Promi Big Brother – Die Late Night Show (Gast)
- 2021: Schlag den Star
- 2022: Ich bin ein Star – Die Stunde danach (Moderation)
- 2022: Ich bin ein Star – Holt mich hier raus! Die große Dschungelparty (Moderation)
Musikclips
- 2014: Megapark Allstars - Wir sind der Megapark
- 2015: Lorenz Büffel - Bring die Mutti mit
- 2019: Jack Pott - Scheisse, wieder verkackt
Werke
- Keine Angst in ANDERSRUM – Eine Geschichte vom anderen Ufer, Schwarzkopf & Schwarzkopf, 2015, ISBN 978-3862654352
- Ungeschminkt. Mein schrilles Doppelleben, Rowohlt, Hamburg 2021, ISBN 978-3-499-00415-5
Weblinks
- Olivia Jones in der Internet Movie Database (englisch)
- Offizielle Internetpräsenz von Olivia Jones
Einzelnachweise
- Welche Schule für mein Kind?, Verlagsbeilage der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 12. Januar 2011, S. 18
- Spiegel TV: Drag Queen Olivia Jones im Dschungel Camp
- Olivia Jones um sechs Zentimeter geschrumpft
- Olivia Jones eröffnet dritte Show-Bar Hamburger Morgenpost.
- Olivia Jones zieht als Kandidatin ins Dschungelcamp 2013 ein rtl.de, 5. Januar 2013.
- Focus Online: DSDS: Olivia Jones geht zu „DSDS“ vom 6. März 2013.
- fernsehserien.de, abgerufen am 6. Februar 2015.
- "Ru Paul‘s Drag Race" kommt ins deutsche TV!
- DWDL.de: „RTL nennt Starttermin für Dschungelcamp in Südafrika“, aufgerufen am 21. Dezember 2021
- „extra 3 Olivia Jones beim NPD-Parteitag“ (Memento vom 30. Juni 2015 im Internet Archive) Sendung Extra 3, 5. Dezember 2012 auf YouTube.
- Kreuzchen für den guten Zweck scoopcom.de, 3. Februar 2007.
- Olivia Jones: Rückzug für Grüne queer.de, 24. Januar 2008.
- Als erste Drag-Queen: Olivia Jones beim „Wort zum Sonntag“! In: MOPO.de. Abgerufen am 31. Mai 2016.
- Olivia Jones stellt Strafanzeige gegen die AfD auf welt.de vom 15. September 2016
- Olivia Jones soll Bundespräsidenten mitwählen bei ndr.de vom 25. November 2016
- „Feuchtbiotope, die gab es damals hier nicht!“ NDZ.de, 26. August 2010.
- Jones ist Springes Ehrenbotschafterin. Neue Presse, abgerufen am 4. November 2013.
- Olivia Jones wird mit Ehren-Award ausgezeichnet klatsch-tratsch.de, 28. Juli 2017.
- Hamburger Drag-QueenSo geht es Olivia Jones acht Wochen nach ihrer Beinverkürzung, stern.de, 11. Februar 2017.
- Olivia Jones: „Ich bin der Farbtupfer hier“, augsburger-allgemeine.de, 12. Februar 2017.