Nonstal
Das Nonstal (italienisch Val di Non, auf Nones Val de Non) ist ein orographisch rechtes Seitental des Etschtals nördlich von Trient in Italien. Es gehört zum Großteil zum Trentino, nur im nördlichsten Abschnitt liegen drei Gemeinden auf Südtiroler Gebiet; diese werden zusammen als Deutschnonsberg bezeichnet.
Val di Non – Nonsberg | |
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Santa-Giustina-Stausee mit eingeschneiter Brentagruppe | |
Lage | Trentino, Südtirol, Italien |
Gewässer | Noce, Rio Novella, Rio San Romedio, Rio Sass, Pescarabach, Torrente Barnes, Lago di Santa Giustina, Lago Smeraldo, Lago di Coredo, Lago di Tavon |
Gebirge | Nonsberggruppe, Brentagruppe, Ortler-Gruppe |
Geographische Lage | 46° 22′ 0″ N, 11° 2′ 0″ O |
Gestein | Sedimentgesteine und Quarzphyllit |
Traditionell wird die gesamte Talschaft von Südtirolern als Nonsberg bezeichnet. Im Italienischen wird dagegen der oberen Bereich auf der orographisch linken Talseite ab Dermulo aufwärts als Alta Val di Non vom übrigen Tal abgegrenzt.[1] Die moderne Bezeichnung Nonstal ist rezenten Ursprungs und lediglich eine wörtliche Übersetzung der italienischen Bezeichnung.
Lage
Das Nonstal befindet sich westlich vom Etschtal und wird im oberen Bereich vom Bach Rio Novella durchflossen, der in den Lago di Santa Giustina bei Cles mündet. Letzterer ist ein Stausee der vom Noce gespeist wird, der bei der Mostizzòlo-Schlucht nördlich von Cles aus dem Val di Sole (dt. Sulzberg) in das Nonstal fließt und als Abfluss des Santa-Giustina-Stausees das untere Nonstal canyonartig durchfließt, bevor er in der Piana Rotaliana in die Etsch mündet. Eingegrenzt wird es im Osten von dem zur Nonsberggruppe gehörenden Mendelkamm, im Norden und Nordwesten von den Ortler-Alpen und im Westen und im Südwesten von der Brentagruppe.
Man erreicht das Tal von Süden kommend durch die Rocchetta-Schlucht, von Bozen über den Mendelpass, von Lana über den Gampenpass und vom Ultental über das Hofmahdjoch.
Das Tal ist ein guter Ausgangspunkt für Ausflüge in die Brentagruppe oder ins Ortlermassiv.
Sprache
In den nördlichsten drei Gemeinden des Gebietes wird deutsch gesprochen, weshalb sie zu Südtirol gehören. Diese Gegend wird zur Unterscheidung vom romanischsprachigen Gebiet Deutschnonsberg genannt. Da der romanischsprachige Nonsberg direkt an der deutschen Sprachgrenze liegt, aber auch wegen des bis ins 18. Jahrhundert auch dort verhältnismäßig großen deutschen Bevölkerungsanteils, sind zahlreiche deutsche Wörter in die lokale romanische Sprache aufgenommen worden. E. Quaresima führt in seinem Wörterbuch der anaunischen Mundart (1964) etliche Wörter deutscher Herkunft an, zum Beispiel: smuzzec (schmutzig), rom (Rahmen), stol (Stollen). In fast allen Nonsberger Gemeinden finden sich noch heute deutsche Namen unter den häufigsten Familiennamen.
Diskussionen bezüglich der sprachwissenschaftlichen Einordnung der lokalen romanischen Dialekte waren Gegenstand der Questione Ladina. Die Romanisten Graziadio Ascoli und Theodor Gartner behandelten die Sprache der welschen Nonsberger (Nones [betont: Nònes], auch: Anaunisch) als Ladinisch und somit Teil der rätoromanischen Sprachen.
Der Chronist des Konzils von Trient, Michelangelo Mariani, vermerkte 1673 die ihm fremd klingende Sprache am Nonsberg, die er aber – das Ladinische war damals wie insgesamt das Rätoromanische noch nicht als eigenständige Sprache erkannt – nicht zu benennen wusste und als "altes Gallisch" deutete.[2]
Andere Linguisten betrachteten die lokalen Idiome als Teil eines norditalienischen Dialektkontinuums.
Seit der Volkszählung 2001 haben die Bewohner der Talgemeinschaft die Möglichkeit, sich als Ladiner zu erklären. Bei der Volkszählung 2011 erklärten sich 26,4 Prozent der Bewohner der Talgemeinschaft als Ladiner.[3]
Gemeinden
Südtirol
- Proveis (1420 m)
- Laurein (1150 m)
- Unsere Liebe Frau im Walde-St. Felix, bestehend aus den Ortschaften:
- Unsere Liebe Frau im Walde (1350 m)
- St. Felix (1250 m)
Trentino
Die zur Provinz Trient gehörenden Gemeinden bilden die Talgemeinschaft (italienisch Comunità di valle) Comunità della Val di Non.
Sonstiges
Der größte Ort im Nonstal ist Cles. Westlich von Cles liegt das Val di Sole. In seiner Frühgeschichte wurde das Tal vom Stamm der Bechuni besiedelt. Aus vorrömischer Zeit stammen bedeutende archäologische Funde der Fritzens-Sanzeno-Kultur am Nonsberg, darunter rätische Inschriften. Im 1. Jahrhundert wurde das Tal romanisiert und als Anaunia bezeichnet. Aus dieser Zeit stammt die 1869 bei Cles gefundene Tabula Clesiana ein Erlass des römischen Kaisers Claudius aus dem Jahr 46 n. Chr., die im Castello del Buonconsiglio in Trient ausgestellt ist.[4] Zahlreich sind auch die langobardischen Funde aus der Zeit von 568 bis 788 n. Chr.
Das Tal wird von der schmalspurigen Nonstalbahn durchfahren, die bis 1934 durch die Nonsbergbahn ergänzt wurde.
Im Talgrund herrscht ein gemäßigtes Klima, das Obstanbau ermöglicht. Inzwischen stammt jeder dritte in Italien geerntete und gegessene Apfel vom Nonsberg.
- Nonsberg
- Apfelplantagen
- Castel Cles
Literatur
- John W. Cole, Eric R. Wolf: The Hidden Frontier. Ecology and Ethnicity in an Alpine Valley. Academic Press, New York & London 1999; deutsch: Die unsichtbare Grenze. Ethnizität und Ökologie in einem Alpental. Folio-Verlag, Wien/Bozen 1995, ISBN 978-3-852560021.
- K. Altenstetter: Die Siedlungs- und Agrarverhältnisse von Laurein, Proveis und Rumo am Nonsberg. Wagner, Innsbruck 1968.
- Enrico Quaresima: Vocabolario anaunico e solandro. Firenze, Leo S. Olschki 1964.
- Josef Richebuono: Von der einstigen zur heutigen Ausdehnung des ladinischen Sprachraumes, in: Ladinia IV, hrsg. vom Institut Ladin Micura de Rü, San Martin de Tor 1980.
- Theodor Gartner: Handbuch der rätoromanischen Sprache und Literatur, Halle an der Saale 1910.
Weblinks
Einzelnachweise
- Aldo Gorfer: Le Valli del Trentino. Trentino Occidentale, S. 672
- Michelangelo Mariani: Trento con il Sacro Concilio, et altri notabili. Aggiunte varie cose miscellanee universali. Descrittion’ historica libri tre di D. Michel’Angelo Mariani. Con un ristretto del Trentin vescovato; l’indice delle cose notabili, & le figure in rame. In: Wikisource. Carlo Zanetti, 1673, S. 215, abgerufen am 1. April 2018 (italienisch).
- 15° Censimento della popolazione e d elle abitazioni Rilevazione sulla consistenza e la dislocazione te rritoriale degli appart enenti alle popolazioni di lingua ladina, mòchena e c imbra. Servizio Statistica della Provincia di Trento, 2012, abgerufen am 1. April 2018 (italienisch).
- ANAUNIA. In: treccani.it. Abgerufen am 21. Juni 2019 (italienisch).