Niederdorla

Niederdorla i​st ein Ortsteil d​er Landgemeinde Vogtei i​m Unstrut-Hainich-Kreis i​n Thüringen (Deutschland) u​nd liegt unweit d​es geografischen Mittelpunkts Deutschlands.

Niederdorla
Landgemeinde Vogtei
Wappen von Niederdorla
Höhe: 205 m ü. NN
Fläche: 14,64 km²
Einwohner: 1352 (31. Dez. 2011)
Bevölkerungsdichte: 92 Einwohner/km²
Eingemeindung: 31. Dezember 2012
Postleitzahl: 99986
Vorwahl: 03601
Niederdorla (Thüringen)

Lage von Niederdorla in Thüringen

im Dorf
im Dorf

Lage

Niederdorla l​iegt am Nordrand d​es Nationalparks Hainich e​twa 5 Kilometer südlich v​on Mühlhausen u​nd ist über d​ie Landesstraßen L 2104 u​nd L 1016 (Mühlhausen–Eisenach) erreichbar. Die Talsperre Seebach befindet s​ich südlich d​es Ortes. Der Stadtwald Mühlhausen u​nd der Wald d​er Orte Heyerode u​nd Kammerforst begrenzen d​ie Flur westlich.

Geschichte

Der Ort Niederdorla w​urde erstmals 1223 urkundlich genannt.[1] Der Ort gehörte z​ur Vogtei Dorla.

Die Gemeinde Niederdorla schloss s​ich am 31. Dezember 2012 m​it weiteren Gemeinden d​er Verwaltungsgemeinschaft Vogtei z​ur neuen Gemeinde Vogtei zusammen.[2]

Bürgermeister

Der letzte ehrenamtliche Bürgermeister Eberhard Schill (SPD) w​urde am 6. Juni 2010 gewählt.[3]

Sehenswürdigkeiten

  • Ältestes Haus des Dorfes ist das Deutschritterordenshaus aus dem Jahre 1653 (Herrenstraße 2).
  • Sehenswert ist ebenfalls die St.-Johannes-Kirche.
  • Das Grenzhaus Heyerode im Hainich steht auf der Gemarkungsgrenze von Heyerode und dem zum Ort Niederdorla gehörenden Forstbezirk Niederdorlaer Holz.
  • Eines der letzten erhaltenen Dorftore Thüringens ist das Fickentor.
  • Der Anger mit zwei Steintischen
  • Das Opfermoor
Eine besondere Attraktion des Ortes stellt das alte germanische Opfermoor dar, zu dem früher einmal ein See gehört hatte. Hier wurden 1957–1964 zahlreiche Gegenstände aus der Zeit zwischen dem 6. Jahrhundert v. Chr. und dem 10./11. Jahrhundert n. Chr. aufgefunden, die heute in einer Ausstellung besichtigt werden können. Es handelt sich um einen Opferplatz der Germania libera (des nichtrömischen Germaniens). Opferhandlungen konnten bis in die Völkerwanderungszeit nachgewiesen werden. Um das Heiligtum herum lagen mehrere Siedlungen. Es gibt zahlreiche Opferstellen, teilweise mit anthropomorphen Holzidolen. Es sind Knochen von 334 Tieren und von mindestens 40 Menschen gefunden worden. Dabei lagen Hämmer, Äxte und Keulen, die offenbar der kultischen Tötung dienten. Außerdem fand man landwirtschaftliche Geräte, Reusen, Radteile und Zimmermannsgeräte. Von den Opfertieren waren Rinder mit 114 Exemplaren am häufigsten vertreten. Danach kamen die Hunde mit 54, Pferde mit 24, Schweine mit 22 Individuen und viele Schafe oder Ziegen. Auch 35 Haus- oder Wildvögel waren vertreten. Wildtiere waren deutlich seltener.
Außerdem wurde in den letzten Jahren eine germanische Siedlung nachgestellt.
Kaiserlinde und Mittelpunktstein in Niederdorla
Das Fickentor
  • Geographischer Mittelpunkt Deutschlands
Seit der deutschen Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 befindet sich etwa 500 m nördlich von Niederdorla der geographische Mittelpunkt Deutschlands. Dies wurde durch Dr. Karl-Heinz Finger aus Dresden und eine/n Dr. Förge aus Göttingen vermessen und bestätigt. Als Messmethode wurden dabei die jeweils entferntesten Punkte des heutigen deutschen Staatsgebietes in Nord-Süd- und Ost-West-Richtung gewählt. Der damit ermittelte Schnittpunkt befindet sich dabei an der oben erwähnten Stelle bei 51° 10′ nördlicher Breite und 10° 27′ östlich Greenwich.[4]
Am 12. Oktober 1990 wurde die Gemeinde Niederdorla über diesen Umstand unterrichtet. Am 26. Februar 1991 wurde als Würdigung am geographischen Mittelpunkt eine Kaiserlinde (Tilia pallida) gepflanzt. Ein in unmittelbarer Nähe aufgestellter Mittelpunktstein gibt ebenfalls darüber Auskunft.
Seit 1990 findet alljährlich ein „Fest am Mittelpunkt Deutschlands“ statt.

Söhne und Töchter des Ortes

  • Matthias Weckmann (ca. 1616–1674), Organist und Komponist des Barocks in Hamburg
  • Matthias Zenge (* 1962), Ballonfahrer und Weltmeister im Gasballonfahren[5]

Sonstiges

  • Das Geschmink ist eine regionaltypische deftige Kartoffelmahlzeit mit einem Stück Hammelfleisch. Die Zubereitung dieses Gerichts hat sich ein Niederdorlaer Kochverein zur Aufgabe gemacht und serviert das Geschmink auch zur Vogteier Kirmes.[6]
  • Als Zeugnisse eines oft derben Volkshumors bildeten sich bereits vor Jahrhunderten Besonderheiten des jeweiligen Dorfes charakterisierende Neck- und Spitznamen heraus. Demnach lebten hier im Ort die Niederdorlaer Frösche – da sich am Rand des Dorfes ein ausgedehntes Feuchtgebiet (Ried, Seewiesen) mit unzähligen Fröschen befand.[7]

Literatur

  • Jan Bemmann, Güde Hahne: Ältereisenzeitliche Heiligtümer im nördlichen Europa nach den archäologischen Quellen. In: Heinrich Beck, Detlev Ellmers, Kurt Schier (Hrsg.): Germanische Religionsgeschichte. Quellen und Quellenprobleme (= Reallexikon der germanischen Altertumskunde. Ergänzungsbände. 5). de Gruyter, Berlin u. a. 1992, ISBN 3-11-012872-1, S. 29–69.
  • Martin Herwig: Die ganerbschaftliche Vogtei Dorla, Dorla und Langula vor dem Hainich. Ein Miniaturbild deutscher Zerrissenheit. Mit einem Nachwort von Gunter Görner – Reprint der Ausgabe Eisleben 1878. Rockstuhl, Bad Langensalza 2001, ISBN 3-934748-79-1.
  • Paul Karmrodt: Der Kampf der Vogteier um alte verbriefte Rechte. In: Mühlhäuser Beiträge. Heft 9, 1986, S. 48–58. ZDB-ID 14566-X
  • Harald Rockstuhl (Hrsg.): Lexikon der Persönlichkeiten, Schriftsteller und Künstler der Vogtei. Mit Kammerforst und Oppershausen. (Niederdorla, Oberdorla, Langula). Rockstuhl, Bad Langensalza 2002, ISBN 3-936030-25-1.
Commons: Niederdorla – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Wolfgang Kahl: Ersterwähnung Thüringer Städte und Dörfer. Ein Handbuch. 5., verbesserte und wesentlich erweiterte Auflage. Rockstuhl, Bad Langensalza 2010, ISBN 978-3-86777-202-0, S. 198.
  2. StBA: Gebietsänderungen vom 01. Januar bis 31. Dezember 2012
  3. Kommunalwahlen in Thüringen am 6. Juni 2010. Wahlen der Gemeinde- und Stadtratsmitglieder. Vorläufige Ergebnisse. Abgerufen am 6. Juni 2010.
  4. Karl-Heinz Finger: Mittelpunkt „Deutschland“. (PDF; 11,7 kB) 9. Dezember 1998, archiviert vom Original am 2. April 2019;.
  5. Martin Zenge: Niederdorlaer ist neuer Weltmeister im Gasballonfahren, in: Thüringer Allgemeine vom 3. September 2014.
  6. Retter des Nationalgerichts (Geschmink). In: Niederdorla.de Onlinemagazin der Mittelpunkts-Gemeinde. Abgerufen am 3. Mai 2010. (Nach einem Bericht in der Thüringer Allgemeine vom 14. September 2007)
  7. Rolf Aulepp: Spitznamen der Orte und ihrer Bewohner im Kreise Mühlhausen. In: Eichsfelder Heimathefte. Band 27, Nr. 1, 1987, ISSN 0232-8518, S. 78–83.
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