New York, New Haven and Hartford Railroad
Die New York, New Haven and Hartford Railroad, abgekürzt NH oder NYNH&HR, oft nur New Haven genannt, war eine Eisenbahngesellschaft, die ihr Streckennetz in den südlichen Neu-England-Staaten der USA betrieben hatte.
New York, New Haven and Hartford Railroad | |
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Rechtsform | Aktiengesellschaft |
Gründung | 1872 |
Auflösung | 1968 |
Auflösungsgrund | Übernahme durch Penn Central nach Insolvenz |
Sitz | New Haven, Connecticut Vereinigte Staaten |
Branche | Eisenbahngesellschaft |
Geschichte
Entstehung
Die ersten Eisenbahnlinien im Gebiet der späteren NH wurden in den frühen 1830er-Jahren gebaut. Das Streckennetz wuchs schnell, um der Entwicklung der ansässigen Industrie folgen zu können, die erst mit dem amerikanischen Bürgerkrieg ein vorläufiges Ende fand. Bis zu den 1890er Jahren hatten sich vier größere Bahngesellschaften in Neu England etabliert: die Old Colony Railroad in der Umgebung von Boston, die New York and New Haven Railroad in der Umgebung von Hartford, die New York and New England Railroad in der Umgebung von New York City und die Central New England Railway im Bundesstaat Connecticut. Durch Verschmelzung, Vereinigung und Übernahmen entstand 1872 aus diesen und 171 weiteren kleineren Bahngesellschaften die New York, New Haven and Hartford Railroad mit einem Streckennetz von 3630 Kilometern.
Ausbau
In den späten 1890er-Jahren begann der Ausbau des Eisenbahnnetzes, was vor allem von dem Unternehmer J. P. Morgan vorangetrieben wurde. Es galt dann als eines der fortschrittlichsten seiner Zeit, so wurde bei der New Haven 1899 erstmals in Nordamerika ein Signalsystem verwendet, das die Farben Rot, Gelb und Grün in den heute üblichen Bedeutungen verwendete.[1] Die Hauptstrecke zwischen New York City und New Haven wurde auf vier Gleise ausgebaut. Von 1915 bis 1918 wurde die ganze Strecke mit Formsignalen neu ausgestattet, nachdem wegen eines defekten Halt-Scheiben-Signals ein Zusammenstoß zweier Züge erfolgte und 21 Todesopfer gefordert hatte.
Elektrifizierung
Die New Haven hatte mit der 1898 fertiggestellten eingleisigen Nebenstrecke Stamford–New Canaan den elektrischen Betrieb mit 500 V Gleichspannung aus seitlichen Stromschienen begonnen. Im weiteren Verlauf der Elektrifizierung musste jedoch auf ein Oberleitungssystem zurückgegriffen werden, weil der Bundesstaat Connecticut den Stromschienenbetrieb als zu gefährlich erachtete und verbot. Die New York, New Haven & Hartford Railroad begann ihre Hauptstrecke, die New Haven Line mit 11 kV und 25 Hz Wechselspannung zu elektrifizieren. Im Jahre 1907 konnte der elektrische Betrieb zwischen Woodlawn und Stamford aufgenommen werden, wobei der Strom aus dem eigenen Kohlekraftwerk in Cos Cob bezogen wurde. Der elektrische Betrieb erreichte 1914 New Haven[2] und 1929 Hartford. Die Züge verkehrten nun durchgehend elektrisch von Hartford bis New York, wobei sie ab Woodlawn mit 700 V Gleichspannung aus der dritten Schiene über die Strecke der New York Central Railroad (NYC) das Grand Central Terminal erreichten.
Während der Reiseverkehr zunehmend elektrisch betrieben wurde, blieb der Güterverkehr vorerst beim Dampfbetrieb. Ein erster Liefervertrag für 35 Elektrolokomotiven des Typs EP-1 wurde 1905 mit Westinghouse Electric abgeschlossen, die den mechanischen Teil an die Baldwin Locomotive Works vergab. Die EP-1 waren Zweisystemlokomotiven, die sowohl mit Gleich- wie mit Wechselstrom betrieben werden konnten. Der Gleichstrom konnte von einer seitlich angeordneten Stromschiene, wie auch von einer ähnlich einer Oberleitung über dem Gleis angeordneten Deckenstromschiene abgenommen werden, wobei letzteres über einen kleinen Stromabnehmer mittig auf dem Dach der Lok erfolgte. Der Wechselstrom wurde über konventionelle größere Scherenstromabnehmer der Lokomotive zugeführt. Der Wechsel zwischen den Bahnstromsystemen erfolgte während der Fahrt.
Zwischen 1918 und 1928 wurden bei Westinghouse 27 Elloks vom Typ EP-2 mit 2052 HP beschafft, welche wichtige Züge im Bereich Boston und schwere Züge in New York sowie im Großraum New Haven bespannten. 1930 hatte die New Haven in New York mehr als 200 elektrische Nahverkehrstriebwagen im Einsatz. 1931 wurden zehn Elektrolokomotiven vom Typ EP-3 (mit einer Leistung von 2700 HP) von General Electric für die Beförderung schwerster Züge beschafft.
In den 1930er Jahren griff die New Haven Railroad auch den Trend zu Stromlinienfahrzeugen mit der Anschaffung des „Comet“, eines dreiteiligen, dieselgetriebenen Triebwagenzug mit Aluminiumaufbauten auf. Dieser von Goodyear Zeppelin in Akron/Ohio entwickelte Zug hatte Platz für 160 Fahrgäste und wurde auf der 44 Meilen langen Strecke zwischen Boston und Providence eingesetzt. Der Comet schaffte die Strecke in 44 Minuten.
1938 entwickelt die New York, New Haven & Hartford Railroad den Trailer on Flatcar-Dienst, der auch als Piggy Pack bekannt wurde. Dabei werden LKW-Anhänger oder auch Sattelauflieger der Farmer auf Flachwagen verladen, um diese in die Städte zum Verkauf zu bringen. Diese Art des Transports wurde erst rund 60 Jahre später als kombinierter Verkehr bei europäischen Bahnen eingeführt.
Der Kauf von zehn Hudson-Dampflokomotiven war die letzte Anschaffung von Dampflokomotiven der Gesellschaft. Anfang der 1940er Jahre wurden 87 »Diesel-Switcher« (Rangierlokomotiven) und 60 DL109-Streckenloks bei Alco gekauft. 1942/43 beschaffte die Gesellschaft 15 Elektrolokomotiven für den Güterverkehr von Baldwin-Westinghouse (5) und General Electric (10), wobei die Loks von Baldwin-Westinghouse mit ihren Dampfheizeinrichtungen auch für Reisezüge eingesetzt wurden.
In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Verdieselung weiter vorangetrieben, sodass im Jahr 1952 die letzte Dampflokomotive abgestellt wurde.
Niedergang
Der Niedergang der New Haven Railroad begann 1955 durch einen Unfall. Dabei entgleiste im Juli 1955 in Bridgeport ein Zug und blockierte die Hauptstrecke zwei Tage lang. Die Flut von 1955, bei der ein Sturm mit extremen Regenfällen mehrere Strecken unterspülte und diese unterbrach, führte ebenfalls zu erheblichen finanziellen Einbußen. Die Reparatur dauerte bis in das nächste Jahr, die Fahrgastzahlen gingen zurück und Gütertransportaufräge brachen weg.
Als 1958 die Interstate 95 fertiggestellt wurde, führte dies in den folgenden Jahren zu einem Rückgang von 25 Prozent des Ladungsaufkommens. 1961 musste die NY, NH & H Insolvenz anmelden. Der Reiseverkehr wurde daraufhin reduziert. 1965 wurde mit einer U25B von GE die letzte Lokomotive für die Gesellschaft gebaut.
Das endgültige Ende der New York, New Haven & Hartford Railroad kam im Jahr 1968. Die Penn Central übernahm die Mehrheit der Anteile.
Die Farbgebung und das Logo der NH werden heute vom Connecticut Department of Transportation (ConnDOT) für Dieselloks verwendet, die Züge der Metro-North auf deren nicht elektrifizierten Abschnitten bespannen.[3]
Weblinks
- New Haven (NH). In: Fallen Flags and Other Railroad Photos. Abgerufen am 26. Juni 2016 (englisch).
Einzelnachweise
- Brian Solomon: Railroad Signaling. MBI Publishing Company, 2003, ISBN 978-1-61673-897-6, S. 48 (Google Buch [abgerufen am 26. Juni 2016]).
- Getting Back on Track: Unlocking the Full Potential of the New Haven Line. Januar 2014, abgerufen am 27. November 2016 (englisch).
- Bilder von Lokomotiven des ConnDOT im NH-Design (railpictures.net)