Nationalsozialistische Kampfbewegung Deutschlands
Die Nationalsozialistische Kampfbewegung Deutschlands (NSKD) war eine politische Organisation, die in der Spätphase der Weimarer Republik, von 1931 bis 1933 existierte. Sie ist nicht zu verwechseln mit der namensähnlichen Organisation Kampfgemeinschaft revolutionärer Nationalsozialisten, die bereits 1930 entstand (siehe Schwarze Front).
Geschichte
Entstehung
Die Nationalsozialistischen Kampfbewegung Deutschlands entstand im April 1931 als eine Abspaltung von der NSDAP und ihrer Straßenkampforganisation, der Sturmabteilung (SA).
Hintergrund dieser Sezession war folgende Gemengelage: 1931 schwelte untergründig bereits seit längerer Zeit in großen Teilen der ostdeutschen – und insbesondere der Berliner SA – eine starke Unzufriedenheit und sogar Ablehnung mit dem Kurs der Parteileitung der NSDAP, im Kampf um die Macht im Staat strikt auf formal legale Mittel zu setzen. Das heißt: Die Parteileitung hatte sich offiziell darauf festgelegt, dass die Partei ausschließlich mit legal-parlamentarischen Mitteln darauf hin arbeiten würde, die Macht im Staat zu übernehmen, indem sie darauf hin arbeiten würde, durch Propaganda und Massenorganisation bei Wahlen eine Mehrheit der Sitze im Reichstag zu gewinnen, um mit Hilfe einer legal erlangten Reichstagsmehrheit an die Regierung zu gelangen, um den Staat dann von Innen durch eine legal erlangte Kontrolle über die Regierung und die gesetzgeberische Körperschaft in ihrem Sinne umzugestalten. Von illegalen Methoden als Mitteln zur Führung des Kampfes um die Macht, d. h. Versuche, die Macht im Staat auf gewaltsame Weise durch einen Putsch zu erlangen, sollten die Partei und alle ihre Gliederungen sich demgegenüber nach dem Willen Hitlers und der Parteiführung gemäß der 1924/1925 von Adolf Hitler konzipierten Legalitätstaktik als Mittel zur Erlangung der Staatsmacht strikt unterlassen, da Hitler und die anderen Parteiführer zu der Auffassung gelangt waren, dass dies aussichtslos sei und mit einer Niederlage der Partei enden müsse.
Bei großen Teilen der einfachen SA-Männer, zumal bei vielen Angehörigen der in ihrer Masse besonders kämpferisch eingestellten SA-Gliederungen im Befehlsbereich des sogenannten "OSAF-Stellvertreter-Gebietes Ost", das die SA-Verbände Berlins und der ostelbischen Provinzen Deutschlands (Brandenburg-Ostmark, Mecklenburg, Pommern und Schlesien) umfasste, war die Legalitätstaktik der Parteiführung jedoch seit jeher überaus unbeliebt. Grund hierfür war, dass die meisten SA-Männer ein Selbstverständnis als "Revolutionäre" pflegten. Dementsprechend empfanden sie die Taktik der Parteiführung, die Macht im Staat auf legal-parlamentarische Weise erlangen zu wollen, als "unmännlich", "schlapp" und "verspießert". Denn eine legale Übertragung der Regierungsverantwortung an die NSDAP nach der Teilnahme an Wahlen und der Erlangung einer Zahl von Reichstagsmandaten, die groß genug war um die Kontrolle über den Reichstag zu gewinnen, setzte ja eine – zumindest bedingte – Anpassung und Einfügung in das bestehende Staats- und Regierungssystem der Weimarer Republik voraus. Die besagten großen Teile der SA träumten demgegenüber aber davon, den herrschenden Staat als Barrikadenstürmer nach dem Vorbild der Revolutionäre des 18. und 19. Jahrhunderts in einer gewaltsamen Erhebung umzustürzen und durch einen anderen, neuen, Staat zu ersetzen. Viele SA-Männer wollten also, dass die nationalsozialistische Bewegung die Macht im Staat auf eine revolutionäre Weise an sich reiße und sie nicht etwa auf legal-konformistische Weise übernehmen würde. Nach dem Willen großer SA-Teile sollte die Partei die SA so lange weiter ausbauen und politischen Aktivismus auf der Straße praktizieren lassen, bis sie groß und stark genug geworden sei, um einen Umsturz des Staates mit Aussicht auf Erfolg führen zu können.
Zum Stimmführer der zum Legalitätskurs gegnerisch eingestellten Teile der SA entwickelte sich im Spätsommer 1930 der Befehlshaber der ostdeutschen SA (OSAF-Stellvertreter Ost) Walther Stennes. Als am Abend des 31. März 1931 schließlich die Nachricht nach Berlin durchsickerte, dass die Parteileitung beabsichtige, Stennes bei einer Führerbesprechung in Weimar am folgenden Tag abzusetzen, beschlossen einige Stennes treu ergebene Unterführer des OSAF-Gebietes Ost, zur offenen Revolte gegen die NSDAP-Führung überzugehen, wobei sie den zögerlichen Stennes mitreißen wollten, indem sie ihn vor vollendete Tatsachen stellen würden: Am 1. April besetzten einige Stennes-treue SA-Verbände gewaltsam das Berliner Gauhaus der NSDAP in der Hedemannstraße, in dem sich die Geschäftsräume der Berliner Gauleitung und die Redaktion und Druckerei der Berliner Parteizeitung Der Angriff befanden. Mit diesem Schritt war die Abspaltung von Stennes und der ihm treuen Unterführer und SA-Männer von der Partei besiegelt. Dieser als Stennes-Revolte bekannt gewordenen Insurrektion gegen die NSDAP-Führung schlossen sich die Führer der Gaustürme Berlin, Brandenburg, Mecklenburg, Pommern und Schlesien sowie eine größere Zahl von SA-Männern in Berlin und Brandenburg und einige wenige SA-Männer in den übrigen Ost-Provinzen an. Zur Niederschlagung der Revolte wurde der Reichstagsabgeordnete Edmund Heines als Beauftragter der Münchener Parteiführung nach Berlin geschickt, dem es, zusammen mit einigen anderen Hitler-treuen Funktionären gelang, die einige Tage lang größtenteils meuternde Berliner SA bis zur Monatsmitte wieder zu stabilisieren. Heines und der von der Parteiführung zum Nachfolger Stennes als OSAF-Stellvertreter Ost ernannte Paul Schulz reorganisierten die Berliner und ostdeutsche SA, wobei etwa 1/3 der Berliner SA-Männer diese von sich aus verließen, um mit Stennes zu gehen oder ausgestoßen wurden. Der zum "Politischen Sonderkommissar Ost" der Parteileitung ernannte Hermann Göring übernahm es im Verein mit dem Berliner Gauleiter Joseph Goebbels und der Parteileitung die führenden Köpfe der Revolte, sofern sie nicht von sich aus aus der Partei austraten, in analoger Weise aus der NSDAP auszuschließen.
Die große Spaltung der NSDAP, die einige Tage lang von der Parteileitung befürchtet und von der gegnerischen Presse voreilig gefeiert wurde, blieb jedoch aus. Bereits zum Monatsende April 1931 konnten Schulz und Heines dem nach Berlin gereisten SA-Stabschef Ernst Röhm in einem Appell im Sportpalast den intakten Korpus der Berliner SA-Männer, die der Parteiführung gehorsam geblieben waren oder deren Gehorsam durch die Säuberungskommissare wiederhergestellt worden war, "übergeben". Die Mitgliederverluste, die die SA durch die Revolte vom April 1931 erlebte, waren durch das allgemeine Wachstum, das die SA im Jahr 1931 im Zuge der grundsätzlichen Hochkonjunktur der NS-Bewegung, bis zum Herbst 1931 wieder reingeholt.
Stennes und seine Unterführer sowie die mit ihnen von der NSDAP und SA abgefallenen SA-Männer und Parteimitglieder bildeten Mitte April 1931 als eine neue, sich von der NSDAP und SA abgrenzende, Organisation, der sie den Namen "Nationalsozialistische Kampfbewegung Deutschlands" (NSKD) gaben. Im Gegensatz zur NSDAP sollte diese neue Organisation dezidiert keine Partei, also eine sich an Wahlen beteiligende Körperschaft, sondern eine "Bewegung", ein Zusammenschluss revolutionär ("kämpferischer") Männer sein, die in aktivistischer Weise für ein aus ihrem Blickwinkel gerechtes Ziel stritten.
Entwicklung der Organisation von 1931 bis 1933
Bereits im April 1931 wurde eine eigene Wochenschrift der Kampfbewegung ins Leben gerufen die den Namen Arbeiter, Bauern, Soldaten trug und eine Startauflage von 30.000 bis 40.000 Exemplaren hatte. Als Herausgeber fungierte Stennes, als verantwortlicher Redakteur sein Vertrauensmann Jahn. Finanziert wurde die Zeitschrift von Hermann Ehrhardt.
Die NSKD führte in den Jahren 1931 und 1932 einen politischen Kleinkrieg gegen die aus ihrer Sicht bürgerlich-unrevolutionäre NSDAP. Ihre Mitgliederstärke ging zu keinem Zeitpunkt über 4000 Mitglieder hinaus. Analog zur Hitlerjugend wurde von der NSKD eine Jugendorganisation unter der Bezeichnung Nationalsozialistische Kampfjugend aufgestellt.
Am 3. Juni 1931 schlossen Stennes und die NSKD sich auf Druck ihres Finanziers Hermann Ehrhardt mit einer anderen NSDAP-Sezession, der Kampfgemeinschaft revolutionärer Nationalsozialisten um Otto Straßer, zu einer "national-revolutionären Front" zusammen, um ihre Auseinandersetzung mit der NSDAP gemeinschaftlich, und damit mutmaßlich mit größerer Stärke, führen zu können. Dieser Zusammenschluss zerbrach bereits am 11. September 1931 wieder, als beide Organisationen sich wieder trennten. Grund hierfür war, dass die beiden Gruppen stark divergierende Auffassungen zu der Frage vertraten, ob man mit der Kommunistischen Partei zusammenarbeiten sollte oder nicht. Stennes und die "Kampfbewegung" lehnten dies strikt ab, während Straßer und die "Kampfgemeinschaft" dies nachdrücklich befürworteten. Hinzu kam, dass Stennes und seine Anhänger einen mehr landsknechtlich-aktivistischen Zuschnitt hatten, so dass sie mentalitätsmäßig nur wenig mit dem stark intellektuell-literarischen Geist der Straßer-Gruppe wenig anzufangen wussten. Stennes hatte noch in den ersten Tagen nach dem Abfall seiner Gruppe von der NSDAP öffentlich verkündet, dass er nicht die Absicht habe, zum "Salon-Diskutierklub Straßer" zu gehen.
Im Dezember 1932 stellte Stennes seine Organisation dem amtierenden Reichskanzler Kurt von Schleicher als Hilfstruppe in einem sich gegen die NSDAP richtenden Wahlkampf im Falle einer erneuten Reichstagsauflösung zur Verfügung, wozu es aber nicht kam.
Die NSKD wurde schließlich im Frühjahr 1933 verboten.
Zeitgenössisches Schrifttum
- Walter Jahn: Wie es zur Stennes-Aktion kam!, Berlin 1931.
Literatur
- Patrick Moreau: Nationalsozialismus von links. Die "Kampfgemeinschaft Revolutionärer Nationalsozialisten" und die "Schwarze Front" Otto Strassers 1930–1935, 1984.