Nachtmahr (Band)
Nachtmahr ist ein Projekt des österreichischen Musikers Thomas Rainer, der auch unter dem Pseudonym MechanicMind firmiert und unter anderem bei den Projekten L’Âme Immortelle und Siechtum mitwirkte. Die Geschichte des Projektes ist von anhaltenden Diskussionen um die als totalitär wahrgenommene ästhetische Ausrichtung begleitet.
Nachtmahr | |
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Nachtmahr auf dem Nocturnal Culture Night Festival 2015 in Deutzen, Deutschland | |
Allgemeine Informationen | |
Genre(s) | Aggrotech, Techno, Neofolk (2020) |
Gründung | 2007 |
Website | www.nachtmahr.at |
Gründungsmitglieder | |
Thomas Rainer |
Bandgeschichte
Thomas Rainer begann seine Musikkarriere 1996 mit dem Projekt L’Âme Immortelle. 2007 gründete Rainer das Projekt Nachtmahr und veröffentlichte die auf 2000 Stück limitierte EP Kunst ist Krieg, welche Remixe von Xotox, Endif, FabrikC und XPQ 21 beinhaltet. Im Juni 2008 erschien das Debütalbum Feuer Frei, dessen Lied Katharsis es in DAC Single Charts Platz 3 erreichte. Es folgten diverse Auftritte auf Festivals wie dem Wave-Gotik-Treffen und dem Amphi Festival, und Konzerte in den Vereinigten Staaten. Die auf 1.999 Stück limitierte Katharsis EP erschien am 19. September 2008. Im Jahr 2010 erschien die EP Mädchen in Uniform, auf der sich unter anderem das Falco-Cover Titanic befindet. Weitere Veröffentlichungen und Auftritte, überwiegend im deutschsprachigen Raum, folgten.
Im Januar 2020 erschien das Akustikalbum Flamme, das sich vom vorherigen Schaffen stilistisch unterschied. Das Album präsentiert Neuaufnahmen früherer Stücke als Neofolk-Interpretationen. Im Mai des gleichen Jahres erschien mit Funke eine weitere EP, die zwei weitere Neuaufnahmen im gleichen Stil enthielt.
Stil und Konzept
Konzeptionell ist das Projekt auf die Themenkomplexe Krieg und Uniformfetischismus hin ausgerichtet. Beide Topoi sind für die Musik, die Tonträgergestaltung und die Auftritte des Projektes prägend.
Zu Konzerten treten als „Mädchen in Uniform“ gekleidete Tänzerinnen mit Elementen einer BDSM-Performance in Erscheinung. Ebenso werden Videosequenzen ergänzend genutzt die „cartoonartige Propaganda und erschütternde Kriegsszenarien mit militärischem Gerät und zerbombten Landschaften im 40er-Jahre Schwarzweiß-Chic“ vermengen.[1] Die „Mädchen in Uniform“ sind, ebenso wie der Rekurs auf eine totalitäre Ästhetik der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, in den Illustrationen der Tonträger präsent.[2][3][4]
Rainer bezeichnet die Musik von Nachtmahr, mit Verweis auf den in der Schwarzen Szene zum Suprabegriff stilisierten Industrial, als „Imperial Austrian Industrial“. Musikalisch orientiert sich das Projekt derweil am Aggrotech. Rezensenten verweisen auf eine deutliche Kombination aus elektronischer Härte, als aggressiv wahrgenommenen Texten und Melodie.[4] So gilt die Musik als auf Tanzbarkeit und Disco-Kompatibilität hin ausgerichtet. Zum einordnenden Vergleich wird in einer für Metal.de verfassten Rezension, auf die Interpreten Chainreactor und X-Rx verwiesen.[3] Die konzeptionelle Kriegsthematik wird in den Musikstücken über lyrische Verweise, Marschrhythmen und Samples aufgegriffen. Die Lieder sind mit wenigen Ausnahmen, wie dem englischsprachigen Titel I Believe (in Blood), einem Beitrag zum Soundtrack des Films Saw IV, in deutscher Sprache verfasst. Nachtmahr-Texte sind Rainer zufolge dabei bewusst in „einer härteren Sprache [verfasst], da die Musik danach verlangt, doch sind die Themen, die in den Texten behandelt werden, weit weniger „drastisch“, als man es auf den ersten Blick vermuten mag“.[2]
„Sprachsamples, monotone und hämmernde Beats, verzerrte Vocals und immer wieder ein Hauch von Melodik, der den Songs tatsächlich einen Wiedererkennungswert verschafft.“
Im Jahr 2020 veröffentlichte Nachtmahr mit Flamme und Funke Neuaufnahmen bekannter eigener Werke in einem am Neofolk orientierten Stil.
Kritik
Das Projekt spielt mit einer militärischen und totalitären Ästhetik, die spätestens Laibach in die Szene eingeführt hat, und wurde für diese Ästhetik scharf kritisiert. Die kritische Auseinandersetzung mit Nachtmahr rekurriert dabei auf den seit Dekaden geführten Diskurs um die Schwarze Szene im Spannungsfeld rechter Ideologien.
Marcus Stiglegger sieht Nachtmahr mit ihrem martialisch-militärischen Auftreten in einer Tradition des von ihm geprägten Begriffs „Nazi-Chic“. Ziel dieser ästhetischen Selbstinszenierung, im Publikum wie auf der Bühne, sei es, „sexy zu sein, […] sich vom Rest abzuheben […] und […] einer bestimmten Band zu huldigen[.]“ Dabei würden gerade Nachtmahr offensiv und unreflektiert den „Totalitarismus von Pop“ ausleben.[5] Auch Oswald Henke von Goethes Erben attestiert Nachtmahr in einem Interview 2017 eine „zwiespältige Ästhetik“ die er allerdings „als Kabarett ansehe.“ Problematisch in der Auseinandersetzung mit dem Projekt sei weniger der Impetus Rainers, als die inhärente Mehrdeutigkeit der gewählten Ästhetik. So sei das „erschreckende […], dass es da Leute gibt, die Sachen für bare Münze nehmen. Und da muss man sich bewusst machen, wie weit man Massen aufhetzen kann.“ Wie Stiglegger verweist Henke hierbei auf die Verwendung der „Mechanismen des Faschismus“ als bloßes Stilmittel.[6] Ähnlich verweist Rainer selbst auf ästhetische und erotische Bezugspunkte. Das Cover der EP aus dem Jahr 2010 Mädchen in Uniform ist dem Plakat des Films Der Nachtportier entlehnt. Im Hinblick auf das genutzte Bild und den Titel des Albums betonte Rainer die erotische Komponente. Er erläuterte den Titel als „Auseinandersetzung mit einem kleinen Tabu der Gesellschaft, nämlich, dass Uniformen für uns nicht nur Autorität ausstrahlen, sondern auch eine starke sexuelle Anziehungskraft haben.“[7]
Die auf Nachtmahr bezogene Kritik führte 2012 und 2020 im Zuge von Konzerten zu direkten Konfrontationen. Während eines gemeinsamen Konzertes mit Combichrist und Ad·ver·sary im Jahr 2012 nutzte Jairus Kahn von Ad·ver·sary einen Teil seiner Auftrittszeit, um den Auftritt von Nachtmahr als sexistisch und faschistoid anzumahnen. Rainer gab an, Kahns Meinung zu respektieren, sein Projekt jedoch anders zu bewerten. Er bezeichnete die militärische Kleidung als einen sexuellen Fetisch, diesen lebe er auf der Bühne und in seinen Tonträgerveröffentlichungen aus. Den Vorwürfen der Verherrlichung des Faschismus und Nationalsozialismus entgegnete er, als österreichischer Patriot keinen ideologischen Bezug zum Nationalsozialismus zu haben.[8] Im Februar 2020 griff eine lokale Antifa-Gruppe Besucher eines Nachtmahr-Konzerts in Basel tätlich an. Dies geschah in der Annahme, es handle sich um eine Band aus dem rechten Spektrum. Rainer bestritt diese politische Zuordnung und warf der Gruppierung eine „komplett falsche[…] Faktenlage“ vor.[9][10]
Diskografie
Alben
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EPs
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Kompilationen
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Weblinks
Einzelnachweise
- Roggenfänger: Nachtmahr Unbeugsam-Tour. Roggenfänger, 11. März 2017, abgerufen am 19. September 2020.
- Toby: Nachtmahr 'Feuer Frei!' (Interview). In: Metalglory. 9. Juni 2008, abgerufen am 17. Juli 2020.
- Alex: Nachtmahr: Alle Lust will Ewigkeit. Metal.de, 14. August 2009, abgerufen am 19. September 2020.
- michi: Nachtmahr: Kampfbereit. Amboss Mag, 3. April 2016, abgerufen am 22. Juli 2020.
- Robert: Interview über Nazi-Ästhetik mit Dr. Marcus Stiglegger. Spontis, 23. August 2012, abgerufen am 19. September 2020.
- Karsten Kriesel: Publikum ist immer ein Risiko. Leipziger Volkszeitung, 5. Juni 2017, abgerufen am 19. September 2020.
- Michael Stollmann: Nachtmahr: Interview zu „Mädchen in Uniform“. (Nicht mehr online verfügbar.) Radio.meanvariation.de, 20. Januar 2010, archiviert vom Original am 20. September 2016; abgerufen am 12. September 2016.
- I Die, You Die: An Interview with Thomas Rainer of Nachtmahr. I Die, You Die, 24. Mai 2012, abgerufen am 19. September 2020 (englisch).
- Stefan Frühauf: Angriff vor Nachtmahr-Konzert. Dark Festivals, 25. Februar 2020, abgerufen am 19. September 2020.
- Rebekka Affolter: Demonstranten der Antifa verprügelten Fans der Band Nachtmahr. Nau.ch, 26. Februar 2020, abgerufen am 19. September 2020.