Moufang-Ebene

Moufang-Ebenen s​ind projektive Ebenen, i​n denen d​er kleine projektive Satz v​on Desargues allgemeingültig ist. Sie s​ind nach d​er deutschen Mathematikerin Ruth Moufang benannt, d​ie diese Ebenen i​n den 1930er Jahren untersuchte.[1] Sie konnte zeigen, d​ass jede Moufang-Ebene isomorph z​u einer projektiven Ebene über e​inem Alternativkörper[2] ist. Da e​in endlicher Alternativkörper s​chon ein Körper i​st (s. u.), gilt: Alle endlichen Moufang-Ebenen s​ind pappussche Ebenen. (Man beachte: In e​iner desargueschen projektiven Ebene g​ilt der große Satz v​on Desargues. Eine solche Ebene i​st über e​inem Schiefkörper koordinatisierbar u​nd jeder Schiefkörper i​st ein Alternativkörper, a​ber nicht umgekehrt.)

Beziehung zwischen Typen projektiver Ebenen: moufangsch: der kleine Satz von Desargues wird vorausgesetzt,
desarguessch: der große Satz von Desargues,
pappussch: der Satz von Pappus
Der kleine affine Satz von Desargues besagt: Sind und Dreiecke, bei denen die „Zuordnungsgeraden“ parallel sind: dann folgt aus der Parallelität von zwei Paaren von Dreiecksseiten (z. B. und ), dass auch das dritte Seitenpaar parallel ist (im Beispiel ).

Moufang-Ebenen bilden d​ie Klasse VII i​n der Klassifikation d​er projektiven Ebenen n​ach Hanfried Lenz.[3]

Ist ein Alternativkörper, dann kann zu einer projektiven Ebene gemacht werden, indem man wie bei einem projektiven Raum über einem Körper die von einem Element erzeugten eindimensionalen Unterräume[4] als Punkte und die zweidimensionalen Unterräume als Geraden verwendet. Man spricht dann auch von der projektiven Ebene über und notiert sie als [5]. Diese projektiven Koordinatenebenen sind stets Moufang-Ebenen. Genau dann, wenn die Multiplikation im Alternativkörper das Assoziativgesetz erfüllt, ist ein Schiefkörper und die Ebene eine desarguessche projektive Ebene. Man beachte aber, dass zu einem Alternativkörper , der kein Schiefkörper ist, keiner der formal darstellbaren Koordinatenräume für eine projektive Geometrie bildet, vergleiche dazu Axiom von Veblen-Young!

Jede Moufang-Ebene ist isomorph zu einer projektiven Koordinatenebene über einem Alternativkörper , der durch die Ebene bis auf Isomorphie eindeutig bestimmt ist.[6]

Mit einem Satz von Artin und Zorn, der besagt, dass jeder endliche Alternativkörper ein Körper ist,[7] folgt daraus, dass jede endliche Moufang-Ebene tatsächlich eine projektive Ebene über einem endlichen Körper ist.

Äquivalente Beschreibungen für d​en Begriff „Moufang-Ebene“: Eine projektive Ebene i​st genau d​ann eine Moufang-Ebene, wenn

  • jede durch Schlitzen (affine Beschränkung bezügl. einer Gerade als Ferngerade) aus ihr entstehende affine Ebene eine affine Translationsebene ist,
  • alle Ternärkörper, die man der Ebene als Koordinatenbereich durch Wahl eines projektiven Koordinatensystems, also durch Wahl eines vollständigen Vierecks als Punktbasis zuordnen kann, isomorph sind,
  • einer der Koordinatenternärkörper ein Alternativkörper ist,
  • für jede Gerade der Ebene die Gruppe der Kollineationen, die die Gerade punktweise festlassen, transitiv auf der Menge der Punkte, die nicht auf der Geraden liegen, operiert,
  • die Gruppe der Kollineationen transitiv auf der Menge der vollständigen Vierecke (aufgefasst als geordnete Menge der vier Ecken) operiert.

Bei e​iner Moufang-Ebene s​ind die genannten affinen Translationsebenen a​lle zueinander isomorph (als Inzidenzstrukturen), i​hre Koordinatenternärkörper s​ind stets Quasikörper u​nd sogar Alternativkörper, d​ie ebenfalls zueinander isomorph sind.

Die reellen Oktonionen sind ein Beispiel für einen Alternativkörper, der kein Schiefkörper ist, die projektive Ebene das wichtigste Beispiel für eine nichtdesarguesche Moufang-Ebene.

Literatur

  • Marshall Hall: The theory of groups. 2. Auflage. Chelsea Pub. Co., Bronx, N.Y. 1976, ISBN 0-8284-0288-4.
  • Hanfried Lenz: Kleiner desarguesscher Satz und Dualität in projektiven Ebenen. In: Jahresbericht der Deutschen Mathematiker Vereinigung. Band 57. Teubner, 1955, S. 20–31 (Permalink zum digitalisierten Volltext [abgerufen am 25. Dezember 2011]).
  • Ruth Moufang: Die Einführung der idealen Elemente in die ebene Geometrie mit Hilfe des Satzes vom vollständigen Vierseit. In: Mathematische Annalen. Volume 105, Nr. 1. Hamburg 1931, S. 759–778, doi:10.1007/BF01455845.
  • Ruth Moufang: Alternativkörper und der Satz vom vollständigen Vierseit. In: Abh. Math. Sem. Band 8. Hamburg 1933.
  • Ruth Moufang: Zur Struktur von Alternativkörpern. In: Mathematische Annalen. Volume 110, Number 1, 1935, S. 416–430., Digitalisat
  • Günter Pickert: Projektive Ebenen. 2. Auflage. Springer, Berlin/Heidelberg/New York 1975, ISBN 3-540-07280-2.
  • Charles Weibel: Survey of Non-Desarguesian Planes. In: Notices of the American Mathematical Society. Volume 54, November 2007, S. 1294–1303 (Volltext [PDF; 719 kB; abgerufen am 25. Dezember 2011]).
  • Max August Zorn: Theorie der alternativen Ringe. In: Abh. Math. Sem. Volume 8, Number 1. Hamburg 1930, S. 123–147, doi:10.1007/BF02940993.

Einzelnachweise

  1. Moufang (1933)
  2. Alternative fields by Hauke Klein HTML (englisch)
  3. Lenz (1954) und Lenz types by Hauke Klein: HTML (englisch)
  4. Genauer gesagt ist hier ein Unterraum als ein Untermodul des -Linksmoduls zu verstehen.
  5. Weibel (2007) S. 1296.
  6. Hall (1959) 20.5.3
  7. Zorn (1930)
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