Alternativkörper

Der Begriff Alternativkörper i​st eine Verallgemeinerung d​es algebraischen Körperbegriffs d​er Mathematik. Bei d​er Definition d​es Alternativkörpers verzichtet m​an auf d​as Kommutativgesetz u​nd das Assoziativgesetz für d​ie Multiplikation. Stattdessen w​ird gefordert, d​ass die Multiplikation d​ie Eigenschaft d​er Alternativität hat. Alternativkörper wurden 1930 v​on Max August Zorn eingeführt.

Jeder Schiefkörper i​st ein Alternativkörper, j​eder Alternativkörper i​st zugleich e​in Links- u​nd ein Rechtsquasikörper. Endliche Alternativkörper s​ind stets Körper.[1] (→ Siehe d​azu auch: Moufangebene).

Eine wichtige Anwendung finden die Alternativkörper in der synthetischen Geometrie. Ruth Moufang bewies 1933, dass jede Moufangebene isomorph zu einer projektiven Koordinatenebene über einem Alternativkörper ist.[2]

Definitionen

Eine Menge mit zwei Verknüpfungen und ist ein Alternativkörper,[3] wenn gilt:

  • ist eine abelsche Gruppe, deren neutrales Element als 0 bezeichnet wird;
  • ist eine Quasigruppe mit neutralem Element, das als 1 bezeichnet wird;
  • Für die Verknüpfung gilt die Alternativität:
und
,
  • es gelten beide Distributivgesetze: und .

Kern eines Alternativkörpers

Jeder Alternativkörper ist ein Links- und ein Rechtsquasikörper. Analog zu Quasikörpern kann man für jeden Alternativkörper seinen Kern definieren:

.

Dieser Kern ist durch die Definition eindeutig bestimmt und erfüllt mit den Verknüpfungen aus dem Alternativkörper die Axiome eines Schiefkörpers. Der Alternativkörper ist genau dann ein Schiefkörper, wenn er mit seinem Kern übereinstimmt. Beachte, dass der Kern im Allgemeinen kein (im Sinn der Inklusion) maximaler Schiefkörper im Alternativkörper sein muss.

Eigenschaften

Aus d​er Alternativität f​olgt weiterhin d​as Flexibilitätsgesetz

.

Die beiden Alternativitäten und und das Flexibilitätsgesetz sind „zyklische“ Gesetze: Gelten zwei dieser Gesetze, dann folgt daraus das dritte.

In e​inem Alternativkörper gelten ferner d​ie Moufang-Identitäten für d​ie Multiplikation:

und

.

Ruth Moufang zeigte 1934, dass drei beliebige unterschiedliche Elemente a, b, c aus einem Alternativkörper , die der Relation genügen, einen Schiefkörper erzeugen. Dies ist eine Verschärfung eines Satzes von Artin. Der Satz von Artin besagt, dass zwei beliebige unterschiedliche Elemente einen Schiefkörper erzeugen. Die so erzeugten Schiefkörper sind genau dann Teilmengen des Kerns von , wenn die erzeugenden Elemente in diesem Kern liegen.

Jeder Alternativkörper i​st sowohl e​in Links- a​ls auch e​in Rechtsmodul über j​edem in seinem Kern enthaltenen Schiefkörper, a​lso insbesondere über d​em Kern selbst.

Satz v​on Artin:[4] Jede v​on zwei Elementen d​es Alternativkörpers erzeugte Algebra i​st assoziativ. Daraus f​olgt auch d​ie Potenz-Assoziativität v​on Alternativkörpern.

Satz v​on Artin u​nd Zorn:[5] Jeder endliche Alternativkörper i​st ein endlicher Körper. Der Satz verallgemeinert d​en Satz v​on Wedderburn v​on Schiefkörpern a​uf Alternativkörper. Daraus f​olgt dass j​ede endliche Moufangebene e​ine projektive Ebene über e​inem endlichen Körper ist.

Nach dem Satz von Bruck und Kleinfeld[6] (nach Richard Bruck und Erwin Kleinfeld, auch bewiesen von Skornjakov 1950)[7] ist jeder Alternativkörper mit Charakteristik ungleich 2 entweder assoziativ (das heißt ein Körper oder Schiefkörper) oder hat die Struktur einer Cayley-Dickson-Algebra über ihrem Zentrum. Dabei sind Cayley-Dickson-Algebren solche, die durch das Cayley-Dickson-Verfahren erzeugt werde. Das Zentrum des Alternativkörpers R ist definiert als Menge der Elemente von R für die gilt und für alle aus R.

Beispiele

  • Das bekannteste Beispiel eines „echten“ Alternativkörpers, der also kein Schiefkörper ist, sind die (reellen) Oktonionen . Der Kern dieses Alternativkörpers ist der Körper der reellen Zahlen. Daneben enthält unendlich viele zu den komplexen Zahlen isomorphe Körper.
  • Jeder Körper und allgemeiner jeder Schiefkörper ist ein Beispiel für einen Alternativkörper.

Literatur

  • Richard D. Schafer: An Introduction to Nonassociative Algebras, Academic Press 1966, Dover 1995
  • K. A. Zhevlakov, A. M. Slin'ko, I. P. Shestakov: Rings that are nearly associative, Academic Press, 1978, 1982
  • Ruth Moufang: Die Einführung der idealen Elemente in die ebene Geometrie mit Hilfe des Satzes vom vollständigen Vierseit. In: Mathematische Annalen. Volume 105, Nr. 1. Hamburg 1931, S. 759–778, doi:10.1007/BF01455845.
  • Ruth Moufang: Alternativkörper und der Satz vom vollständigen Vierseit. In: Abh. Math. Sem. Band 8. Hamburg 1933, S. 416–430.
  • Ruth Moufang: Zur Struktur von Alternativkörpern. In: Mathematische Annalen. Volume 110, Number 1, 1935, S. 416–430.
  • Max August Zorn: Theorie der alternativen Ringe. In: Abh. Math. Sem. Volume 8, Number 1. Hamburg 1930, S. 123–147, doi:10.1007/BF02940993.

Einzelnachweise

  1. Zorn (1930)
  2. Moufang (1933)
  3. Alternative fields by Hauke Klein HTML (engl.)
  4. Richard Schafer, An introduction to non-associative algebras, Academic Press 1966, S. 29
  5. Max Zorn, Theorie der alternativen Ringe, Abhandlungen aus dem Mathematischen Seminar der Universität Hamburg, Band 8,1930, S. 123–147. Dort Emil Artin zugeschrieben.
  6. R. H. Bruck, Erwin Kleinfeld, The structure of alternative division rings, Proc. Am. Math. Soc., Band 2, 1951, S. 878–890, jstor, erste Seite
  7. H. Mehrtens, Artikel Ruth Moufang, in Dictionary of Scientific Biography, Band 18 (Supplement), S. 659
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