Militärsoziologie
Die Militärsoziologie befasst sich makrosoziologisch mit der Bedeutung von militärischen Institutionen (Armeen, Kriegs- und Luftflotten) für ganze Gesellschaften bzw. Staaten (auch von Warlords für staatsfreie Räume), mikrosoziologisch mit den Militärpersonen (Offizieren, Unteroffizieren und Mannschaften) in Frieden, Bürgerkrieg und Krieg, oft mit berufssoziologischen Fragestellungen.
Insofern ist sie mit der Kriegssoziologie nicht identisch, worin u. a. Militarismus, Bellizismus und Pazifismus von Gesellschaften, ferner die Entstehungsgründe von Kriegen, der kriegsbedingte gesamtgesellschaftliche Wandel und die gesellschaftlichen und mentalen Folgen von Kriegen untersucht werden; sie überschneidet sich aber in den Arbeitsgebieten oft mit ihr.
Obwohl sich bereits soziologische Klassiker (Herbert Spencer, Ludwig Gumplowicz, Rudolf Steinmetz) mit einschlägigen Fragen befasst haben, sind Spezialuntersuchungen zunächst in den USA anlässlich des Koreakriegs gemacht worden (klassisch: Samuel A. Stouffer u. a.: The American Soldier. Adjustment During Army Life).
In der Bundesrepublik ist die Militärsoziologie an den Universitäten – mit Ausnahme einiger Beiträge an der Universität der Bundeswehr München und der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg – eine bislang selten (etwa durch Rolf Ziegler in Wien und München) vertretene Spezielle Soziologie. Im Auftrag des Bundesministeriums der Verteidigung führt das Potsdamer Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr, ehemals Sozialwissenschaftliches Institut der Bundeswehr (SOWI), streitkräftebezogene empirische Sozialforschung sowie Grundlagenforschung im Bereich Militärsoziologie durch. Auch am George C. Marshall Europäisches Zentrum für Sicherheitsstudien in Garmisch-Partenkirchen wird im Bereich der Militärsoziologie geforscht. Von 2007 bis 2016 wurde erstmals für den deutschen Sprachraum ein Masterstudiengang Military Studies am Historischen Institut der Universität Potsdam angeboten; der Nachfolgestudiengang ist seit 2016/17 War and Conflict Studies.
Literatur
Folgende deutschsprachige Monografien und Sammelbände dienen als Einführung in das Thema:[1]
- Wilfried von Bredow: Militär und Demokratie in Deutschland. Eine Einführung (= Studienbücher Aussenpolitik und Internationale Beziehungen). VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2008, ISBN 978-3-531-15712-2.
- Sven Bernhard Gareis, Paul Klein (Hrsg.): Handbuch Militär und Sozialwissenschaft. 2. Auflage, VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2006, ISBN 978-3-531-34446-1.
- Franz Kernic: Sozialwissenschaften und Militär. Eine kritische Analyse. Deutscher Universitäts-Verlag, Wiesbaden 2001, ISBN 3-8244-4473-9.
- Nina Leonhard, Ines-Jacqueline Werkner (Hrsg.): Militärsoziologie. Eine Einführung. VS Verlag, Wiesbaden 2012, ISBN 978-3-531-17594-2.
Überblicksdarstellung:
- Sabine Collmer: Militärsoziologie. In: Georg Kneer, Markus Schroer (Hrsg.): Handbuch Spezielle Soziologien. VS Verlag, Wiesbaden 2010, ISBN 978-3-531-15313-1, S. 309–324.
Englischsprachige Literatur:
- Giuseppe Caforio (Hrsg.): Handbook of the Sociology of the Military (= Handbooks of Sociology and Social Research). Springer Science+Business Media, New York 2006, ISBN 978-0387-32456-2.
Einzelnachweise
- Günter Endruweit, Gisela Trommsdorff, Nicole Burzan (Hrsg.): Wörterbuch der Soziologie. 3. Auflage, UVK, Konstanz 2014, ISBN 978-3-8252-8566-1, S. 315.