Michail Alexejewitsch Lawrentjew

Michail Alexejewitsch Lawrentjew (russisch Михаил Алексеевич Лавре́нтьев; * 6. Novemberjul. / 19. November 1900greg. i​n Kasan; † 15. Oktober 1980 i​n Moskau) w​ar ein russischer Mathematiker u​nd Physiker.

Leben

Lawrentjew machte 1922 seinen Abschluss a​n der Lomonossow-Universität i​n Moskau u​nd promovierte d​ort (russischer Doktorgrad, entspricht e​iner Habilitation) 1933 b​ei Nikolai Lusin.[1] Danach w​ar er Professor für Analysis u​nd Funktionentheorie a​n der Lomonossow-Universität u​nd ab 1934 Leiter d​er Abteilung Funktionentheorie a​m nach Moskau umgezogenen Steklow-Institut. 1939 w​urde er Mitglied d​er Akademie d​er Wissenschaften d​er Ukrainischen SSR[2]. Von 1939 b​is 1941 u​nd von 1944 b​is 1949 leitete e​r das Mathematikinstitut d​er Akademie i​n Kiew u​nd ab 1945 w​ar er d​eren Vizepräsident. 1950 w​urde er Direktor d​es Instituts für Mechanik u​nd Rechentechnik d​er Ukraine.

Lawrentjew w​ar einer d​er Hauptorganisatoren u​nd (ab 1957) erster Vorsitzender d​er sibirischen Abteilung d​er Russischen Akademie d​er Wissenschaften. Durch d​ie Gründung d​es Wissenschaftlerstädtchens Akademgorodok entstanden innerhalb kürzester Zeit zahlreiche Forschungseinrichtungen u​nd die Nowosibirsker Staatsuniversität. Ab 1975 w​ar er wieder i​n Moskau Moskauer Institut für Physik u​nd Technologie (MIPT). Im Jahr 1971 w​urde er z​um Mitglied d​er Leopoldina s​owie zum auswärtigen Mitglied (associé étranger) d​er Académie d​es sciences[3] gewählt.

Er schrieb e​in Buch über konforme Abbildungen, d​ie er insbesondere i​n der Hydrodynamik anwandte, z. B. b​ei nichtlinearen Wellen, a​ber auch i​n der Geotechnik u​nd Bautechnik, w​as bei d​en großen Damm- u​nd Kanalbauprojekten i​n Russland a​b den 1940er Jahren erforderlich war. In d​en 1940er Jahren entwickelte e​r die Theorie quasikonformer Abbildungen für d​ie Anwendung i​n der Theorie partieller Differentialgleichungen.

Nach S. P. Nowikow[4] w​ar er e​in typisches Beispiel für d​ie einseitige Ausrichtung sowjetischer Mathematiker d​er damaligen Zeit a​n Anwendungen i​n der Mechanik, w​as er m​it einer Anekdote unterstreicht: z​u seiner Meinung über d​ie berühmte Lehrbuchreihe für theoretische Physik v​on Landau u​nd Lifschitz befragt attestierte Lawrentjew i​hnen eine g​ute Kenntnis d​er speziellen Funktionen.

Lawrentjew wurden zahlreiche Auszeichnungen verliehen: Held d​er sozialistischen Arbeit, Leninpreis (1958)[5] u​nd der Sowjetische Staatspreis (1984)[5] s​owie die Lomonossow-Goldmedaille (1977). 1957 b​is 1975 w​ar er Vizepräsident d​er Sowjetischen Akademie d​er Wissenschaften. 1962 h​ielt er e​inen Vortag a​uf dem Internationalen Mathematikerkongress i​n Stockholm (Sur l​es representations quasi-conformes).

Heute wird von der Russischen Akademie der Wissenschaften der M.-A.-Lawrentjew-Preis an hervorragende Wissenschaftler vergeben. Der am 22. September 1979 von N. S. Tschernych am Krim-Observatorium in Nautschnyj entdeckte Asteroid des Hauptgürtels (7322) Lavrentina wurde nach ihm benannt.[6]

Sein Sohn Michail M. Lawrentjew (1932–2010) w​ar ebenfalls e​in bedeutender russischer Mathematiker, Direktor d​es Mathematischen Instituts i​n Nowosibirsk u​nd korrespondierendes Mitglied d​er russischen Akademie d​er Wissenschaften.

Siehe auch

Schriften

  • Variational methods for boundary value problems for elliptic equations, Noordhoff 1963, New York, Dover 1989
  • mit B.W.Schabat: Methoden der komplexen Funktionentheorie, Berlin, Deutscher Verlag der Wissenschaften 1967
  • The problem of piercing at cosmic velocities, Washington D.C., NASA 1960 (NASA technical translation)

Literatur

Einzelnachweise

  1. Michail Alexejewitsch Lawrentjew im Mathematics Genealogy Project (englisch) Vorlage:MathGenealogyProject/Wartung/id verwendet
  2. Webseite der Nationalen Akademie der Wissenschaften der Ukraine (Memento des Originals vom 20. Dezember 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.nas.gov.ua; abgerufen am 3. Dezember 2016
  3. Verzeichnis der Mitglieder seit 1666: Buchstabe L. Académie des sciences, abgerufen am 9. Januar 2020 (französisch).
  4. S. Novikov,The Second Half of the 20th Century and its Conclusion: Crisis in the Physics and Mathematics Community in Russia and in the West, in: AMS Translations, Band 212, 2004, pdf
  5. Michail Lawrentjew auf der offiziellen Website Russischen Akademie der Wissenschaften. Abgerufen am 20. Juni 2018 (russisch).
  6. Asteroid Lavrentina in der Small-Body Database des Jet Propulsion Laboratory der NASA bei dem California Institute of Technology, Pasadena, USA; abgerufen am 9. Dezember 2015
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