Max Bodenstein
Max Ernst August Bodenstein (* 15. Juli 1871 in Magdeburg; † 3. September 1942 in Berlin) war ein deutscher Physikochemiker.
Leben
Max Bodenstein wurde am 15. Juli 1871 als ältester Sohn des Magdeburger Kaufmanns und Besitzers der Brauerei Bodenstein, Franz Bodenstein (1834–1885), und dessen erster Ehefrau Elise Meissner (1846–1876) in Magdeburg geboren.
Bodenstein studierte ab 1889 in Wiesbaden bei Carl Remigius Fresenius und an der Universität Heidelberg, wo er 1893 bei Victor Meyer mit dem Thema: Zersetzung des Jodwasserstoffes in der Hitze zum Dr. phil. nat. promoviert wurde.[1] Nach Studien auf den Gebieten der organischen Chemie bei Karl Liebermann an der Technischen Universität Berlin-Charlottenburg sowie der physikalischen Chemie bei Walther Nernst an der Universität Göttingen habilitierte er sich 1899 an der Universität Heidelberg mit dem Thema: Gasreaktionen in der chemischen Kinetik.
1896 heiratete er in Heidelberg Marie Nebel (1862–1944), Tochter des Rechtsanwalts Friedrich Nebel und der Maria Busch. Aus der Ehe sind zwei Töchter hervorgegangen: Hilde (* 1897) und Elsbeth (* 1901), später verehelichte Michaelis.
Im Jahre 1900 ging Bodenstein ans physikochemische Institut von Wilhelm Ostwald an der Universität Leipzig, wurde dort 1904 Titularprofessor, bevor er schließlich im Jahr 1906 außerordentlicher Professor an der Universität Berlin und Abteilungsleiter am physikochemischen Institut von Walther Nernst wurde. 1908 nahm er das Angebot wahr, ordentlicher Professor an der TH Hannover und Direktor des elektrochemischen Instituts zu werden. Im Jahre 1923 kehrte er nach Berlin zurück und wurde Nachfolger Walther Nernsts am Physikochemischen Institut. Hermann Braune wurde 1924 Nachfolger im Elektrochemischen Institut in Hannover.
Max Bodenstein war Mitarbeiter in der Deutschen Atomgewichtskommission, Mitherausgeber der Zeitschrift für physikalische Chemie sowie korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen sowie der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, ab 1925 ordentliches Mitglied der Königlich-Preußischen Akademie der Wissenschaften und seit 1933 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Für seine langjährigen Verdienste erhielt Bodenstein bei seiner Emeritierung 1936 von der Deutschen chemischen Gesellschaft die August-Wilhelm-von-Hofmann-Denkmünze. Darüber hinaus wurde er zum Dr. sc. h. c. der Universität Princeton sowie zum Dr. Ing e. h. ernannt.
Die Grabstätte von Max Bodenstein befindet sich auf dem evangelischen Kirchhof Nikolassee im Feld E. Eine Gedenktafel am Gebäude des ehemaligen Physikalisch-Chemischen Instituts in der Bunsenstraße in Berlin-Mitte erinnert an das Wirken von Max Bodenstein und Walther Nernst in diesem Haus. Bodenstein wurde 1936 emeritiert.
Leistungen
Bodenstein gilt als Begründer der chemischen Kinetik. Besonders intensiv erforschte er den Reaktionsmechanismus der Chlorknallgas-Reaktion.[2] Mit diesen Forschungen trug er zum Verständnis lichtinduzierter chemischer Kettenreaktionen bei und leistete damit einen Beitrag zur Photochemie.
Nach ihm benannt ist das Bodensteinsche Quasistationaritätsprinzip:[3] Man nimmt bei aufeinanderfolgenden Reaktionen an, dass ein reaktives Intermediat in einer quasikonstanten (quasistationären) Konzentration vorliegt:
A → B → C
[B]=~ const. bzw. d[B]/dt =~ 0
Reaktive Intermediate können z. B. sein: Radikale, Carbeniumionen, Moleküle im angeregten Zustand etc.
Victor Henri schrieb 1902: „M. Bodenstein, dem ich viele wertvolle Ratschläge verdanke“[4], insbesondere bezüglich der kinetischen Beschreibung des Enzyms Invertase. Auf diese Weise hat Bodenstein zur frühen Forschung in der Enzymkinetik beigetragen. Laut Henri und einem späteren Artikel von Bodenstein selbst[5] hat er um 1901/02 die enzymkinetische Gleichung v = V S / (mS + nP) vorgeschlagen. Henri hat das korrigiert zu v = V S / (1 + mS + nP) (beides in moderner Notation geschrieben; S: Substratkonzentration, P: Produktkonzentration).
Siehe auch
Werke
- Chemische Kinetik. Ergebnisse der exakten Naturwissenschaften, Bd. 1, S. 197–209, Berlin, 1922
- Photochemie. Ergebnisse der exakten Naturwissenschaften Bd. 1, S. 210–227, Berlin, 1922
- Vollständiger Literaturnachweis in der Akademiebibliothek der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften: (PDF; 109 kB)
Literatur
- Max von Laue: Bodenstein, Max. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 2, Duncker & Humblot, Berlin 1955, ISBN 3-428-00183-4, S. 357 f. (Digitalisat).
- Paul Trommsdorff: Der Lehrkörper der Technischen Hochschule Hannover 1831–1931. Hannover, 1931, S. 20–21.
- Hans Werchan: Bodenstein, Max Ernst August. In: Guido Heinrich, Gunter Schandera (Hrsg.): Magdeburger Biographisches Lexikon 19. und 20. Jahrhundert. Biographisches Lexikon für die Landeshauptstadt Magdeburg und die Landkreise Bördekreis, Jerichower Land, Ohrekreis und Schönebeck. Scriptum, Magdeburg 2002, ISBN 3-933046-49-1, S. 69 (Artikel online).
Einzelnachweise
- Lebensdaten, Publikationen und Akademischer Stammbaum von Max Ernst August Bodenstein bei academictree.org, abgerufen am 7. Januar 2018.
- Bodenstein, M., Dux, W. (1913) Photochemische Kinetik des Chlorknallgases. Z. Phys. Chemie 85, 297-328.
- Bodenstein, M. (1913) Eine Theorie der photochemischen Reaktionsgeschwindigkeiten, Z. Phys. Chem. 85, 390–421.
- Henri, V. (1902) Théorie générale de l’action de quelques diastases, C. R. Hebd. Seances Acad. Sci. 135, 916–919.
- Bodenstein, M. (1909) Reaktionsgeschwindigkeit und Katalyse im Jahre 1908, Z. Elektrochem. 15, 329–397.
Weblinks
- Literatur von und über Max Bodenstein im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Gemeinsamer Verbundkatalog: Bodenstein, Max
- Max Bodenstein im Professorenkatalog der Universität Leipzig
- Übersicht der Lehrveranstaltungen von Max Bodenstein an der Universität Leipzig (Wintersemester 1900 bis Wintersemester 1906)
- Max Bodenstein
- BBAW: Ernst August Max Bodenstein
- Max Bodenstein: Robert Wilhelm Bunsens Stellung zur organischen Chemie. In: Naturwissenschaften, 27. März 1936, Volume 24, Issue 13, pp 193-196 doi:10.1007/BF01491303 (seine bedeutsamsten Erlebnisse)