Maryna Viazovska
Maryna Viazovska (ukrainisch Марина Сергіївна В’язовська/Maryna Serhijiwna Wjasowska; (* 2. November 1984 in Kiew)[1], Ukrainische SSR)[2] ist eine ukrainische Mathematikerin. 2016 erzielte sie einen wissenschaftlichen Durchbruch in der Theorie dichtester Kugelpackungen. Seit 2018 ist sie Professorin an der École polytechnique fédérale de Lausanne (EPFL) auf dem Lehrstuhl für Zahlentheorie.[3]
Karriere
Viazovska studierte an der Nationalen Taras-Schewtschenko-Universität Kiew mit dem Kandidatenabschluss 2010 (entsprechend einer Promotion). 2007 erhielt sie ihr Diplom an der Universität Kaiserslautern bei Gerhard Pfister (Berechnung der Weierstraß-Halbgruppe für Singularitäten von Raumkurven)[4] und wurde 2013 an der Universität Bonn bei Don Zagier zum Dr. rer. nat. promoviert (Modular functions and special cycles).[5] Als Post-Doktorandin war sie an der Humboldt-Universität Berlin. Ende 2016 wurde sie zur Assistenzprofessorin (tenure track) und 2018 erhielt sie eine volle Professur an der École polytechnique fédérale de Lausanne (EPFL) in Lausanne.[6][7] Hier hat sie den Lehrstuhl für Zahlentheorie[3] am Institut für Mathematik.
In ihrer Doktorarbeit befasste sie sich mit Modulformen und analytischer Zahlentheorie. Weitere Arbeitsgebiete sind Approximation von Funktionen und Diskrete Geometrie, sie veröffentlichte auch in Festkörperphysik (Supraleiter).
2013 bewies sie mit Andrij Bondarenko und Danylo Radchenko eine Vermutung von Jacob Korevaar und J. L. H. Meyers über die Existenz sphärischer t-Designs. 2013 erhielt Bondarenko dafür den Vasil-A.-Popov-Preis für Approximationstheorie.[8] Ein sphärischer t-Design ist eine Menge von N Punkten auf der Einheitssphäre in d Dimensionen, sodass der Mittelwert jedes Polynoms vom Grad auf den Punkten gleich dem Mittelwert des Polynoms auf der Einheitssphäre ist.
2016 kündigte sie einen Beweis an, dass die Packung zum Wurzelsystem der exzeptionellen Liegruppe die dichteste Kugelpackung (nicht nur unter Gitterpackungen, sondern auch unter Nicht-Gitterpackungen) in acht Dimensionen ist und bald darauf mit Kollegen einen ebensolchen Beweis für das Leech-Gitter in 24 Dimensionen. Nach dem Beweis war lange gesucht worden. Für die Vermutung, dass diese Gitter in ihren jeweiligen Dimensionen optimal waren, lag umfangreiche numerische Unterstützung vor, insbesondere durch obere Grenzen für optimale Kugelpackungen von Noam Elkies und Henry Cohn von 2003, die speziell für die Dimensionen 8 und 24 zeigten, dass die E8- bzw. Leech-Gitter den Schranken sehr nahe kommen, was durch numerische Rechnungen von Cohn und Abhinav Kumar weiter gestützt wurde.[9] Nach der Abschätzung von Elkies und Cohn suchte man nach geeigneten Hilfsfunktionen, aus deren Existenz ein Beweis folgen sollte. Der Beweis von Viazovska benutzt die Theorie der Modulformen und ist nach Aussage von Peter Sarnak überzeugend und erstaunlich einfach.[10]
2016 erhielt sie den französischen Salem-Preis und 2017 sowohl den Clay Research Award als auch den European Prize in Combinatorics und den SASTRA Ramanujan Prize (2019 war sie selbst in dessen Preiskomitee). Für 2018 erhielt sie einen New Horizons in Mathematics Prize und für 2019 sowohl den Ruth Lyttle Satter Prize als auch den Fermat-Preis. 2020 wurde sie zum Ehrenmitglied der London Mathematical Society gewählt.[11] Für 2020/21 erhielt sie den EMS-Preis (Vortrag: The magic of dimensions 8 and 24).[12] 2020 wurde ihr der Nationale Latsis-Preis des Schweizerischen Nationalfonds zugesprochen.[13] Im Juli 2021 hielt sie eine Gauß-Vorlesung.
Schriften
- Mit Andriy Bondarenko, Danylo Radchenko: Optimal asymptotic bounds for spherical designs. In: Annals of Mathematics. Second Series, Band 178, 2013, 443–452, Arxiv.
- The sphere packing problem in dimension 8., Annals of Mathematics, Band 185, 2017, S. 991–1015, Preprint 2016, Arxiv.
- Mit Henry Cohn, Abhinav Kumar, Stephen D. Miller, Danylo Radchenko: The sphere packing problem in dimension 24., Annals of Mathematics, Band 185, 2017, S. 1017–1033, Preprint 2016, Arxiv.
Weblinks
- Homepage Humboldt-Universität Berlin
- Blog von Gil Kalai zum Beweis von Viazovska
- David de Laat, Frank Vallentin: A Breakthrough in Sphere Packing: The Search for Magic Functions. Nieuw Archief voor Wiskunde, September 2016, Arxiv.
- Henry Cohn: A conceptual breakthrough in sphere packing. Notices AMS, Februar 2017, PDF.
- Clay Research Award 2017
Einzelnachweise
- Krishnaswami Alladi: Maryna Viazovska to Receive the 2017 Sastra Ramanujan Prize, EMS Newsletter, Dezember 2017
- Deutsche Digitale Bibliothek
- Chair of Number Theory
- Nil Şahin: Singularity theory and Arf rings. Dissertation, Middleast Technical University, 2012, S. 102 (Zitierung der Diplomarbeit von Viazovska), PDF.
- Maryna Viazovska im Mathematics Genealogy Project (englisch)
- 11 Professorinnen und Professoren an den beiden ETH ernannt. Schweizer Bildungsministerium, 9. Dezember 2016.
- Andrea Testa: Maryna Viazovska promoted to Full Professor. 1. August 2018 (epfl.ch [abgerufen am 12. August 2020]).
- 2013 – Seventh Prize Recipient. Andriy Bondarenko. (Memento vom 31. Oktober 2015 im Internet Archive)
- H. Cohn, N. Elkies: New upper bounds on sphere packings I. In: Annals of Mathematics. Band 157, 2003, S. 689–714, PDF.
- Erica Klarreich: Sphere Packing Solved in Higher Dimensions. A Ukrainian mathematician has solved the centuries-old sphere-packing problem in dimensions eight and 24. In: Quanta Magazine. 30. März 2016.
- London Mathematical Society Honorary Members. London Mathematical Society, abgerufen am 30. April 2021.
- EMS-Preis für Viazovska
- Nationaler Latsis Preis 2020