Mariendistel
Die Mariendistel (Silybum marianum) – regional auch Christi Krone, Donnerdistel, Fieberdistel, Fechdistel, Frauendistel, Heilandsdistel, mit den Namen der Früchte Marienkörner oder Stechkörner – ist eine Pflanzenart, die zur Unterfamilie der Carduoideae gehört. Der Name der Mariendistel entstammt einer alten Legende, nach der die weißen Streifen auf ihren Blättern von der Milch der Jungfrau Maria stammen.
Mariendistel | ||||||||||||
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Mariendistel (Silybum marianum) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Silybum marianum | ||||||||||||
(L.) Gaertn. |
Beschreibung
Die Mariendistel ist eine ein- bis zweijährige Pflanze, die eine Wuchshöhe von 20 bis 150 cm[1] erreicht.[2] Der kahle oder leicht spinnwebig-flaumige, grüne[1] Stängel ist meist verzweigt und ungeflügelt.[2] Die grundständigen Laubblätter sind 25 bis 50 cm lang und 12 bis 25 cm breit.[1] Erstjahresrosetten der Mariendistel können im südwestlichen Mitteleuropa allerdings auch einen Durchmesser von 1,3 m erreichen. Die Grundblätter sind länglich bis elliptisch, buchtig fiederspaltig, gestielt,[1] kahl oder verkahlend, weiß marmoriert, glänzend,[2] am Rand mit gelblich-weißen, bis 8 mm langen Dornen. Die Stängelblätter sind kleiner, weniger tief geteilt, am Grund geöhrt-stängelumfassend und sitzend.[1]
Die Körbe sind 4 bis 5 cm lang und stehen einzeln[2] auf langen, aufrechten, manchmal mit wenigen kleinen Hochblättern besetzten Stielen.[1] Die Hüllblätter besitzen ein 8 bis 15 mm langes und 6 bis 10 mm breites,[1] dornig gezähntes Anhängsel, das in einen 2 bis 5[1] Zentimeter langen, kräftigen, zurückgebogenen, rinnigen[1] Dorn ausläuft.[2] Die purpurfarbene Krone ist tief fünfspaltig.[2] Die 6 bis 8 × 2,5 bis 4 mm großen Achänenfrüchte sind glänzend schwarz mit grauen Flecken und tragen an der Spitze einen 15 bis 20 mm langen Pappus.[1] Sie wiegen im Durchschnitt 32,4 mg.[3]
Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 34.[1]
Vorkommen
Die Mariendistel ist vor allem im Mittelmeerraum verbreitet, sie kommt aber auch auf den Kanaren, den Azoren und auf Madeira vor und reicht ostwärts bis Südrussland und Iran.[4] In Mitteleuropa ist sie mancherorts unbeständig verwildert. Sie ist in Nord- und Südamerika sowie in Südaustralien als invasive Pflanze eingebürgert.[4]
Als Standort werden Ruderalstandorte wie Schuttplätze, Wegränder, Viehweiden über meist trockenen, steinigen Böden bevorzugt. Die Mariendistel kommt im Mittelmeergebiet in Gesellschaften des Verbands Chenopodion murale vor.[5]
Verwendung
Anbau und Ernte
Für den medizinischen Gebrauch wird die Mariendistel auf großen Feldern in Österreich (Waldviertel), Ungarn, Deutschland (Westerwald), Argentinien, Venezuela und China angebaut. Die Früchte werden im Monat August reif und anschließend geschwadet (= geschnitten und abgelegt) und nach einigen Tagen mit herkömmlichen Mähdreschern geerntet. In einigen Ländern ist auch der Direktdrusch verbreitet. Nach der Ernte erfolgt die Reinigung der Früchte.
Medizinische Anwendung
Mariendistel wurde seit der Antike als Heilmittel eingesetzt, zum Beispiel empfahl Pedanios Dioskurides sie gegen Schlangenbisse und Plinius der Ältere zur „Gallenabfuhr“. Seit dem Mittelalter wird die Fechdistel (von althochdeutsch fehdistil zu fēh „ungleich, verschieden“, hier im Sinne von „fleckig“) bzw. Mariendistel (mittelhochdeutsch ab 1500 niederalemannisch auch unser vrouwen distel[6]) bei Leberleiden verordnet.[7] In moderner Zeit gibt es neben den getrockneten Pflanzen auch standardisierte Präparate mit dem Wirkstoffkomplex Silymarin bzw. dessen Hauptwirkstoff Silibinin als „leberschützendes“, entgiftendes Agens.[8][9] Alternativmediziner führen die leberschützende Wirkung auf antientzündliche und antifibrotische Flavonoide zurück; zu den modernen damit behandelten Diagnosen zählt deshalb vor allem die Leberzirrhose.[10] Die Ergebnisse von wissenschaftlichen Studien sind widersprüchlich, berichtete positive Wirkungen konnten nicht reproduziert werden, dabei scheint die Anwendung zumindest ungefährlich zu sein.[11] Allerdings enthält Silymarin einen starken Hemmstoff des Schilddrüsenhormon-Transporters MCT8.[12] Auch die Daten zu der erhofften krebshemmenden Wirkung sind sehr schwach.[13] Eine gewisse Bedeutung hat die Mariendistel als Gegengift gegen Amatoxinvergiftungen (das Gift der Knollenblätterpilze); Silymarin soll die Aufnahme des Giftstoffs in den Leberzellen kompetitiv hemmen.[14]
Weitere Wirkstoffe der Pflanze sind: Bitterstoffe, biogene Amine, Gerbstoff, Farbstoffe, in geringem Anteil auch ätherische Öle, unbekannte scharfe Substanzen und Harze.
Mariendistelfrüchte werden auch im Bereich der Nutztierfütterung eingesetzt, wobei hier vor allem die lebertherapeutische Wirkung im Vordergrund steht.
Aufgrund ihrer positiven Wirkungen in der Medizin wurde sie 2021 in Österreich zur Arzneipflanze des Jahres gekürt.[15]
Verunreinigung mit Schimmelpilzen
Mariendistelextrakte können mit Mykotoxinen belastet sein, bei einer 2015 veröffentlichten Untersuchung wurden bis zu 37 mg pro kg festgestellt.[16]
Bilder
- Blüte
- Aussehen (Habitus)
- Fruchtende Pflanze
- Grundblätter-Rosette
- Stängelblatt
- Früchte
- Anbau
Literatur
- Volker Fintelmann, Rudolf Fritz Weiss: Lehrbuch der Phytotherapie. Georg Thieme Verlag, 2006. ISBN 978-3-8304-5345-1. S. 114 ff.
- J. Hölzl: Bildung und [14C]-Markierung der Flavonolignane (Silymarin) bei Silybum marianum (Haller). In: Zeitschrift für Naturforschung C. 29, 1974, S. 82–83 (online).
- Heinz Schilcher: Leitfaden Phytotherapie. 3. Auflage, Elsevier, 2007. ISBN 978-3-437-55348-6. S. 174 f.
- Wolfgang Steglich, Burkhard Fugmann, Susanne Lang-Fugmann: Römpp Lexikon Naturstoffe. Georg Thieme Verlag, 2014. ISBN 978-3-13-179291-4. S. 590.
- Cardui mariae fructus. In: Max Wichtl: Herbal Drugs and Phytopharmaceuticals: A Handbook for Practice on a Scientific Basis. CRC Press, 2004. ISBN 978-0-8493-1961-7. S. 107 ff.
- Heinrich Marzell: Zur Geschichte der Mariendistel (Silybum Marianum Gärtn.) als Heilmittel. In: Sudhoffs Archiv. Band 32, 1939, S. 94–103.
Weblinks
- Silybum marianum (L.) Gaertn. In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 17. Juni 2016.
- Thomas Meyer: Datenblatt mit Bestimmungsschlüssel und Fotos bei Flora-de: Flora von Deutschland (alter Name der Webseite: Blumen in Schwaben)
- A–Z der Nutzpflanzen. Universität Hamburg.
- Mariendistel. Kooperation Phytopharmaka (ohne Datum).
- Mariendistel als Heilpflanze
Einzelnachweise
- J. do Amaral Franco: Silybum. In: T. G. Tutin, V. H. Heywood, N. A. Burges, D. M. Moore, D. H. Valentine, S. M. Walters, D. A. Webb (Hrsg.): Flora Europaea. Volume 4: Plantaginaceae to Compositae (and Rubiaceae). Cambridge University Press, Cambridge 1976, ISBN 0-521-08717-1, S. 249 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Mariendistel. FloraWeb.de, abgerufen am 11. Februar 2013.
- BiolFlor (Memento des Originals vom 4. März 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , abgerufen am 11. Februar 2013.
- Gerhard Wagenitz (Hrsg.): Illustrierte Flora von Mitteleuropa. Pteridophyta, Spermatophyta. Begründet von Gustav Hegi. 2. überarbeitete und erweiterte Auflage. Band VI. Teil 4: Angiospermae, Dicotyledones 4 (Compositae 2, Matricaria – Hieracium). Paul Parey, Berlin/Hamburg 1987, ISBN 3-489-86020-9, S. 917–919, 1401–1402 (revidierter Nachdruck der 1. Auflage (Band VI/2 von 1929) mit Nachtrag).
- Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S. 967.
- Matthias Kreienkamp: Das St. Georgener Rezeptar. Ein alemannisches Arzneibuch des 14. Jahrhunderts aus dem Karlsruher Kodex St. Georgen 73, Teil II: Kommentar (A) und textkritischer Vergleich, Medizinische Dissertation Würzburg 1992, S. 77 f. (Bauchwassersucht)
- Paul M. Coates,Marc Blackman: Encyclopedia of Dietary Supplements (Print). CRC Press, 29. Dezember 2004, ISBN 978-0-8247-5504-1, S. 467.
- F. Fiebrich, H. Koch: Silymarin, an inhibitor of lipoxygenase. In: Experientia. Band 35, Nr. 12, 1979, S. 1548–1550, PMID 118048, doi:10.1007/BF01953184.
- F. Fiebrich, H. Koch: Silymarin, an inhibitor of prostaglandin synthetase. In: Experientia. Band 35, Nr. 12, 1979, S. 1550–1552, PMID 118049, doi:10.1007/BF01953185.
- Leah Hechtman: Clinical Naturopathic Medicine - E-Book. Elsevier Health Sciences, 31. Oktober 2012, ISBN 0-7295-8151-9, S. 267.
- F. Rainone: Milk thistle. In: American family physician. Band 72, Nummer 7, Oktober 2005, S. 1285–1288, PMID 16225032 (Review).
- Jörg Johannes, Roopa Jayarama-Naidu, Franziska Meyer, Eva Katrin Wirth, Ulrich Schweizer: Silychristin, a Flavonolignan Derived From the Milk Thistle, Is a Potent Inhibitor of the Thyroid Hormone Transporter MCT8. In: Endocrinology. Band 157, Nr. 4, April 2016, ISSN 1945-7170, S. 1694–1701, doi:10.1210/en.2015-1933, PMID 26910310.
- PDQ Cancer Information Summaries: Milk Thistle (Patient Version). 5. Januar 2007
- U. Mengs, R. T. Pohl, T. Mitchell: Legalon® SIL: the antidote of choice in patients with acute hepatotoxicity from amatoxin poisoning. In: Current pharmaceutical biotechnology. Band 13, Nummer 10, August 2012, S. 1964–1970, PMID 22352731, PMC 3414726 (freier Volltext) (Review; die Autoren sind Mitarbeiter der Herstellerfirma)
- Mariendistel zur Arzneipflanze des Jahres in Österreich gekürt in den Salzburger Nachrichten vom 27. Jänner 2021 abgerufen am 27. Jänner 2021
- Veprikova Z, Zachariasova M, Dzuman Z, Zachariasova A, Fenclova M, Slavikova P, Vaclavikova M, Mastovska K, Hengst D, Hajslova J: Mycotoxins in Plant-Based Dietary Supplements: Hidden Health Risk for Consumers. In: Journal of Agricultural and Food Chemistry. 63, Nr. 29, 2015, S. 6633–43. doi:10.1021/acs.jafc.5b02105. PMID 26168136. „The highest mycotoxin concentrations were found in milk thistle-based supplements (up to 37 mg/kg in the sum).“