Marie L. Yovanovitch
Marie Louise Yovanovitch (auch Maria Jowanowitsch; * 11. November 1958 in Montreal, Kanada[1]) ist eine US-amerikanische Diplomatin. Yovanovitch war ab 2016 Botschafterin der Vereinigten Staaten in der Ukraine, bis sie 2019 im Vorfeld der Ukraine-Affäre vorzeitig abberufen wurde.
Leben
Marie Yovanovitch wuchs in Connecticut auf und studierte Russisch und Geschichte an der Princeton University. Einen Master-Abschluss erwarb sie an der National Defense University.[2]
Im auswärtigen Dienst der USA ist sie seit 1986 beschäftigt und war dort unter anderem in Mogadischu (Somalia), London (UK), Moskau (Russland) und Ottawa (Kanada) tätig.[1]
Von 2001 bis 2004 war sie stellvertretende Leiterin der US-Botschaft in Kiew.[3] 2002 führten Anschuldigungen von ihr gegen die Ukraine im Zusammenhang mit einer Lieferung des ukrainischen Radarsystems Koltschuga an Saddam Hussein zu einer deutlichen Verschlechterung der amerikanisch-ukrainischen Beziehungen.[1]
Von 2004 bis 2005 arbeitete sie im Stab des Staatssekretärs für politische Angelegenheiten.[4]
Als außerordentliche und bevollmächtigte Botschafterin war sie von 4. Februar 2005 bis 4. Februar 2008 in Kirgisistan und anschließend vom 4. August 2008 bis 9. Juni 2011 in Armenien tätig.[5]
Im Mai 2016 nominierte Präsident Obama sie als Botschafterin für die Ukraine[6] und schon im August 2016 trat sie die Nachfolge von Geoffrey R. Pyatt an als außerordentliche und bevollmächtigte Botschafterin der USA in Kiew.[3]
Auf Bitte von David Hale verlängerte sie ihre Amtszeit in Kiew,[7] und wurde dann überraschend im April 2019, zwei Monate vor dem regulären Ende, als Botschafterin abberufen, nachdem ihr der Generalstaatsanwalt der Ukraine, Jurij Luzenko, in einem Interview vorgeworfen hatte, sie habe ihm bei ihrem ersten Treffen eine Liste von Leuten vorgelegt, gegen welche die Staatsanwaltschaft nicht ermitteln solle.[8][9] Das US-Außenministerium dementierte den Bericht.[10] Die Abberufung der Berufs-Diplomatin gilt als „Kollateralschaden“ der Bemühungen Trumps und seines Anwalts Rudy Giuliani, mit Hilfe der Ukraine und Verschwörungstheorien das Ansehen von Joe Biden zu beschädigen.[11]
Im Zuge von Vorermittlungen für ein mögliches Amtsenthebungsverfahren (Impeachment inquiry) gegen Trump aufgrund der Ukraine-Affäre sagte Yovanovitch am 11. Oktober 2019 zunächst nichtöffentlich vor drei Ausschüssen (House Permanent Select Committee on Intelligence, House Committee on Oversight and Reform und House Committee on Foreign Affairs) des US-Kongresses aus. Teile ihrer nichtöffentlichen Aussage wurden am 4. November 2019 veröffentlicht.[12][13] Am 15. November 2019 sagte sie vor dem House Permanent Select Committee on Intelligence dann auch öffentlich in der Ukraine-Affäre aus. Bei der Befragung äußerte sie sich besorgt über die Einmischung der Trump-Administration in die US-Außenpolitik: "Diplomaten werden herabgesetzt und untergraben, das Außenministerium wird von innen ausgehöhlt", sagte sie.[14] Während dieser Verhandlung setzte Trump einen Tweet gegen Yovanovitch auf, den sie, noch in der Anhörung dazu befragt, als „einschüchternd“ bezeichnete.[15]
Am 25. Januar 2020 wurde ein Video publik, das im April 2018 bei einem Abendessen Trumps mit Spendern aufgenommen wurde. Trump fordert darin nachdrücklich, Yovanovitch als US-Botschafterin in Kiew zu entlassen („Get rid of her!“).[16][17]
Weblinks
Einzelnachweise
- Profil Marie L. Yovanovitch. 2000.ua, 20. Mai 2016 (russisch); abgerufen am 31. Oktober 2016
- Offizieller Lebenslauf von 2016. state.gov
- Neuer US-Botschafter wird nächste Woche in Kiew erwartet. Unian.info, 20. August 2016; abgerufen am 31. Oktober 2016 (ukrainisch)
- Offizieller Lebenslauf von 2009
- Profil Marie L. Yovanovitch. history.state.gov; abgerufen am 31. Oktober 2016 (englisch)
- ua.usembassy.gov
- theatlantic.com
- Top Ukrainian justice official says US ambassador gave him a do not prosecute list. The Hill; abgerufen am 26. September 2019
- U.S. Ambassador to Ukraine Recalled in ‘Political Hit Job,’ Lawmakers Say. foreignpolicy.com, 7. Mai 2019; abgerufen am 26. September 2019
- Amtsenthebung: Trump muss Aussage von Diplomaten fürchten. FAZ, 1. Oktober 2019; abgerufen am 3. Oktober 2019
- Trump Said Ukraine Envoy Would ‘Go Through Some Things.’ She Has Already. New York Times, 26. September 2019; abgerufen am 3. Oktober 2019
- Frühere US-Botschafterin in Kiew fühlte sich durch Trumps Worte bedroht. Spiegel Online, 5. November 2019
- Excerpts from Joint Deposition (PDF; 284 kB) intelligence.house.gov
- Alan Cassidy: Impeachment - „Allen hier sollten diese Ereignisse Sorgen machen“. In: SZ.de. Süddeutsche Zeitung, 16. November 2019, abgerufen am 20. November 2019.
- Ex-Botschafterin Yovanovitch: Die perfekte Zeugin. In: spiegel.de. 15. November 2019, abgerufen am 15. November 2019.
- Tape Made Public of Trump Discussing Ukraine With Donors. nytimes.com
- Leiter des Anklageteams wertet Trump-Tweet als Drohung. Spiegel Online, 26. Januar 2020