Marawi
Marawi, Filipino Lungsod Islamiko ng Marawi („Islamische Stadt Marawi“), Maranao-Sprache Inged san Marawi, ist die Hauptstadt der Provinz Lanao del Sur auf der Insel Mindanao im Süden der Philippinen. Die Stadt mit rund 202.000 Einwohnern im Jahr 2015 liegt am nördlichen Ufern des Lanao-Sees und gehört politisch dem Bezirk Autonomous Region in Muslim Mindanao an.
Marawi | |||
Lage von Marawi in der Provinz Lanao del Sur | |||
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Basisdaten | |||
Region: | Autonomous Region in Muslim Mindanao | ||
Provinz: | Lanao del Sur | ||
Barangays: | 96 | ||
Distrikt: | 1. Distrikt von Lanao del Sur | ||
PSGC: | 153617000 | ||
Einkommensklasse: | 4. Einkommensklasse | ||
Haushalte: | 20.375 Zensus 1. Mai 2000 | ||
Einwohnerzahl: | 201.785 Zensus 1. August 2015 | ||
Bevölkerungsdichte: | 8929 Einwohner je km² | ||
Fläche: | 22,6 km² | ||
Koordinaten: | 8° 0′ N, 124° 18′ O | ||
Postleitzahl: | 9700 | ||
Vorwahl: | +63 63 | ||
Bürgermeister: | Majul Gandamra | ||
Geographische Lage auf den Philippinen | |||
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Bei von Mai bis Oktober 2017 dauernden Kämpfen zwischen den islamistischen Gruppen Maute und Abu Sayyaf, die mit dem sogenannten Islamischen Staat (IS) verbunden sind, und der philippinischen Armee wurde die Innenstadt entvölkert und nahezu komplett zerstört. Vom geplanten Wiederaufbau war Mitte 2019 noch wenig erkennbar.[1] Nach Medienberichten ist den Bewohnern bisher eine Rückkehr nicht möglich.[2]
Namensherkunft
Der Name Marawi leitet sich ab von dem Wort rawi aus der Sprache der Volksgruppe der Maranao und heißt liegend, was sich auf eine Lilienart bezieht, die sich an den Ufern um den Mund des Agus River rankt.
Geographie
Die Stadt liegt im westlichen Teil von Mindanao und ist von den Gemeinden Marantao und Saguiaran im Westen, von Bubong und Ditsaan Ramain im Osten und von Kapai und Saguiran im Norden umgeben. Im Süden liegt der Lanao-See.
Die Stadt wurde am Ausfluss des Lanao-Sees, dem Agus River, gegründet. Stadt und See liegen in einer Höhe von 700 m über dem Meeresspiegel. Das Stadtgebiet ist hügelig, teilweise auch gebirgig.
Baranggays
Marawi ist politisch unterteilt in 96 Baranggays.
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Geschichte
Marawi war ursprünglich eine Gemeinde des Ortes Dansalan. Dansalan bedeutet „Bestimmungsort“. Der Ort wurde am 20. Mai 1907 gegründet und gehörte zu der damaligen Provinz Moro. Am 19. August 1940 wurde Danasalan durch den Commonwealth Act Nr. 592 zu einer beurkundeten Stadt, eine Einweihung fand jedoch wegen des Pazifikkrieges erst am 30. September 1950 statt. Am 16. Juni 1956 wurde Dansalan City durch eine Kongressverordnung, den Republic Act Nr. 1552, in Marawi umbenannt. Der Namenswechsel wurde zu Ehren der Marawi Sultanate Confederation (Bund der Marawi Sultanate) durchgeführt. Am 15. April 1980 wurde die Stadtbezeichnung durch die Council Resolution Nr. 19 erweitert, sie heißt seither „Islamic City of Marawi“, da sie die einzige Stadt auf den Philippinen ist, die mehrheitlich von Muslimen bewohnt wird; deren Anteil an der Bevölkerung beträgt 92 Prozent.
Als die Hauptstadt der Provinz Lanao del Sur ist Marawi eine Wirtschafts-, Bildungs-, Kultur- und Politikzentrale der Provinz und zudem das Islamische Zentrum des philippinischen Südens.
Schlacht um Marawi 2017
Am 23. Mai 2017 wurden weite Teile der Stadt von rund 440 islamistischen Kämpfern[3] unter ihre Kontrolle gebracht, die der lokalen Maute-Gruppierung und der Abu Sayyaf zugerechnet werden. Der Überraschungsangriff erfolgte, nachdem zuvor die Behörden den vermeintlichen IS-Anführer Isnilon Hapilon zu verhaften versuchten. Die Maute-Gruppe hat dem Islamischen Staat die Treue geschworen, ist aber unabhängig von ihm organisiert.[4] Nach Ausbruch der Kämpfe brannten sie die Kirche St. Mary Auxillidaro und eine Schule nieder, stürmten das örtliche Gefängnis und befreiten dort Gefangene.[5]
Präsident Duterte rief anschließend den Ausnahmezustand für die Insel Mindanao aus. Armeeeinheiten rückten nach Marawi vor und Duterte wies die Soldaten an, alle angetroffenen Bewaffneten, die nicht von der Regierung ermächtigt seien, Waffen zu tragen, zu töten und „auszulöschen“.[6] Zehntausende Bewohner flüchteten vor den Kämpfen zwischen Islamisten und Regierungstruppen, innerhalb der ersten Woche wurden mindestens 140 Menschen bei den Kämpfen getötet.[7] Die islamistischen Kämpfer wurden schließlich von Armeeeinheiten zurückgedrängt und im Stadtzentrum, gemeinsam mit rund 2000 Zivilpersonen, eingeschlossen.[3] FA-50 Kampfflugzeuge der Regierung griffen das Stadtzentrum am 3. Juni mit Bomben an, Regierungsvertreter schätzten, dass zu dem Zeitpunkt noch 250 islamistische Kämpfer am Leben waren. Ein Versuch, den verbliebenen Zivilisten am 4. Juni während eines Waffenstillstandes den Abzug zu ermöglichen, scheiterte.[3]
Nach monatelangen Kämpfen wurden die beiden verbliebenen Anführer der Islamisten, Isnilon Hapilon und Omarkhayam ("Omar") Maute, am 16. Oktober 2017 nach einem Feuergefecht in Marawi tot aufgefunden.[8] Insgesamt starben bei den Kämpfen rund 1200 Menschen, darunter beinahe 90 Prozent Zivilisten. Die gesamte Innenstadt wurde fast völlig zerstört. Über 3000 Gebäude wurden komplett und weitere 2000 teilweise zerstört.[9] Das umkämpfte Gebiet ist seitdem eine Sperrzone.[10]
Sprache und Kultur
Die meisten Einwohner von Marawi sind Muslime. Der Dialekt Maranao ist die verbreitetste Sprache im Stadtgebiet (96,18 %) und wird sowohl von Muslimen wie auch von Christen verstanden. Danach folgen Bisaya/Binisaya mit 1,29 % und Cebuano mit 1,14 %. Andere ethnische Gruppen sprechen Tagalog (0,29 %) oder Hiligaynon/Ilonggo (0,14 %).
Ein Großteil der Studenten dieser Stadt beherrscht zudem die arabische Sprache in Wort und Schrift. Die meisten Schulen vermitteln zudem die Amtssprache Englisch.
Zu den traditionellen Tänzen zählt der Singkil, ein bekannter philippinischer Folkloretanz. Dabei werden zwei Paare von Bambusstangen kreuzweise angeordnet und rhythmisch abwechselnd dreimal auf den Boden und dann einmal aneinander geklopft. Der oder die Akteure tanzen elegant zwischen den Bambusstangen, solange sie auf den Boden geklopft werden, und heben ihre Füße, werden diese aneinandergeschlagen. Die Schlagfrequenz wird kontinuierlich erhöht und die Tänzer passen sich diesem Rhythmus an. Den Frauen ist es im Übrigen nicht erlaubt, mit Männern zu tanzen.
Ein weiterer Tanz ist der Kini-kini, eine spezielle artistische Art des Gehens der Maranao-Frauen wird in dem Tanz dramaturgisch dargestellt.
Wirtschaft
Die Hauptindustrie der Stadt ist ausgerichtet auf die Verarbeitung von verschiedenen Rohstoffen. So existieren viele Reis- und Getreidemühlen, Unternehmen zur Herstellung von Hohlbetonsteinen, Werkstätten der Goldschmiedekunst und eine Anzahl von Sägewerke. Kleinere und große Firmen produzieren aus Baumwolle Kleider, Fußmatten und einheimische Gewänder, wie den malong.
Daneben sind in der Stadt die Weidmannskunst, die Erstellung von Messingwaren und das klassische Schmiedehandwerk vertreten.
Klima
In dem hoch gelegenen Stadtgebiet ist das Wetter für tropische Verhältnisse kühl und angenehm, unterbrochen von gelegentlichen Regenfällen, die das ganze Jahr über auftreten können.
Sehenswürdigkeiten
- Aga Khan Museum
- Gebirgs- und Hügellandschaft, wie den Signal Hill, den Arumpac Hill und den Mt. Mupo.
- Lanao-See
- Bagang Beach in Caloocan.
- Agus-Fluss zwischen den Stadtteilen Saduc und Lilod
- Mindanao State University
Einzelnachweise
- War-torn Marawi rebuild 'painfully slow': Red Cross chief. ABS-CBN, 5. Juni 2019
- Stand Januar 2020, siehe Christoph Hein: Marawi - die vergessene Stadt, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung 8. Januar 2020
- "Gunfire during ceasefire stops civilians fleeing fighting in Philippines" The Guardian com 4. Juni 2017
- Philippinen: Zahlreiche Tote im Kampf um die Großstadt Marawi. In: Die Zeit. 28. Mai 2017, abgerufen am 28. Mai 2017.
- "Battle for Marawi" Reuters vom 2. Juni 2017
- Anna Schaverien: Death toll nears 100 on sixth day of violence in Philippines. The Telegraph vom 28. Mai 2017
- "Philippinische Soldaten von eigener Luftwaffe getötet" Deutsche Welle vom 1. Juni 2017
- Philippine troops kill remaining leaders of pro-Isis siege in Marawi – officials. The Guardian vom 16. Oktober 2017
- Fabian Sommavilla: Nach IS-Terrorherrschaft: Schwierige Rückkehr nach Marawi. Der Standard, 4. April 2018
- Faszinierende Drohnenaufnahmen. Dschungel schluckt zerstörte Stadt. Spiegel Online, 28. Juni 2019