Mamikonjan (Adelsgeschlecht)
Mamikonjan (armenisch Մամիկոնյան) oder Mamikonean (klassisch Մամիկոնեան) war der Name einer Adelsfamilie, die die armenische Politik zwischen dem 4. und 8. Jahrhundert dominierte. Sie herrschten über die armenischen Regionen Taron, Sasun, Bagrevand und andere.
Legendärer Ursprung
Der Ursprung der Mamikonjan ist unklar. Im 5. Jahrhundert behauptete der Geschichtsschreiber Moses von Choren in seiner Geschichte Armeniens, dass drei Jahrhunderte früher zwei chinesische Adelsmänner namens Mamik und Konak sich gegen ihren Halbbruder Chenbakur, den Herrscher des Landes Chenk, auflehnten. Sie wurden besiegt und flohen zum König Parthiens, der sich dem Auslieferungswunsch des Herrschers widersetzte und beide nach Armenien schickte, wo Mamik der Vorfahre der Mamikonjan wurde.
Ein anderer armenischer Historiker des 5. Jahrhunderts, Pawstos Buzand unterstützte die Herkunftsgeschichte. In seiner Geschichte Armeniens erwähnt er zweimal, dass die Mamikonjan Nachfahren der Chenk sind und als solche nicht unter den arsakidischen Herrschern Armeniens standen. Der Name Chenk der historischen Quellen wurde von einigen Historikern mit China und der Han-Dynastie in Verbindung gebracht.
Die Abstammungslegende mag wohl ein Teil der Politik der Mamikonjan gewesen sein und diente dazu, ihrem Namen mehr Ansehen zu verschaffen. Obwohl die Legende an die Ansprüche der Bagratiden, die sich als Nachfahren Davids ansahen, und der Artsruni, die sich als Nachfahren Assyrischer Könige sahen, ähnelt, tendieren einige armenische Historiker dazu, darin mehr zu sehen als nur Mythologie.[1]
Eine Theorie aus den 1920ern postulierte, dass die Chenk aus den armenischen Quellen nicht die Chinesen, sondern eine ethnische Gruppe aus Transoxanien wie zum Beispiel die Tocharer waren.[2]
Edward Gibbon nahm in seinem Buch The History of the Decline and Fall of the Roman Empire an, dass der Gründer der Mamikonjan nicht ein Chinese, sondern nur aus dem Chinesischen Reich kam und dass Mamgon skythischen Ursprungs ist, da das Chinesische Reich im Westen bis nach Sogdien reichte.[3]
Heute sind einige Historiker der Meinung, dass die Mamikonjan Nachfahren der Häuptlinge der Tzans (im mittelalterlichen Armenisch: Chanik - Ճանիք/Ճենիք; Im mittelalterlichen Griechisch: Tzannoi) waren. Die Tzans waren ein Stamm, der einst die bergischen Regionen im Süden Trabzons bewohnten.[4] Die Historiker behaupten, dass die Tradition des chinesischen Ursprungs aus der Ähnlichkeit der Wörter Chanik und Chen-k (armenisch für China) erwuchs.[5]
Frühe Geschichte
Der erste bekannte Mamikonjanfürst (Nakhararq), über den etwas Sicheres bekannt ist, war ein gewisser Vatche Mamikonjan (fl. 330–339). Die Familie erscheint 355 wegen ihrer Besitztümer in der Region Tayk wieder in den Chroniken. Zu dem Zeitpunkt war Vasak Mamikonjan Führer der Familie. Er war ein Sparapet (Oberbefehlshaber) Armeniens. Später wurde das Amt des Sparapet nur noch innerhalb der Mamikonjan weitervererbt. Vasak Mamikonjan war für die Verteidigung der Armenier gegen Persien verantwortlich, wurde aber wahrscheinlich durch den Verrat des Marujan Ardzruni (ca. 367–368) besiegt.
Nach der Niederlage wechselten Vasaks Bruder Vahan Mamikonjan und viele andere Feudalherren auf die persische Seite. Aber Kaiser Valens mischte sich in innerarmenische Angelegenheiten ein und vergab das Amt des Sparapet 370 an Vasaks Sohn Muschegh Mamikonjan. Vier Jahre später bestätigte der neue König Varazdat Muschegh Mamikonjan im Amt. Mushegh aber wurde später auf Geheiß des Sembat Saharuni, der ihn als Sparapet ersetzte, ermordet.
Nach diesem Ereignis wurde das neue Familienoberhaupt der Bruder Musheghs Enmanuel Mamikonjan, der als Geisel in Persien war. Auf einmal revoltierten die Mamikonjan und spürten Varazdat and Saharuni in Karin auf. Enmanuel, zusammen mit seinen Söhnen Hemaiak und Artches nahm den König gefangen und sperrte ihn in eine Festung ein, aus der Varazdat aber floh. Zarmandukht, die Witwe des Vorgängers Varazdats, wurde zur Königin ausgerufen. Enmanuel konnte sich mit den mächtigen Sassaniden einigen, indem er seine Loyalität im Gegenzug für den Respekt der armenischen Autonomie und Gesetze anbot.
Nach dem Tod der Königin 384 wurde Enmanuel Mamikonjan zum Regenten Armeniens ausgerufen und verheiratete den minderjährigen Sohn der Verstorbenen und neuen König Arsaces III. mit seiner Tochter Vardandukh. Es war der Tod Enmanuels 385 der die Eroberung des Landes durch die Perser 386/387 auslöste.
Vartan Mamikonian
Hamazasp Mamikonjan ist als Familienführer im Jahr 393 dokumentiert. Seine Frau Sahakanoush war das einzige Kind des Isaaks des Großen und eine Nachfahrin der arsakidischen Könige. Ihr Sohn Vartan Mamikonjan galt als einer der größten militärischen und spirituellen Führer des alten Armenien. Durch diese Hochzeit stiegen die Mamikonjan zu den größten Landbesitzern in ganz Armenien auf.
Nachdem Vartan 432 Sparapet wurde, beorderten ihn die Perser nach Seleukia-Ktesiphon und zwangen ihn, zum Zoroastrismus überzutreten. Nach seiner Rückkehr in die Heimat 450 verwarf er die persische Religion und löste einen großen armenischen Aufstand gegen die sassanidischen Oberherrn aus. Er fiel in der Schlacht von Avarayr 451. Weil er sein Leben für die Verteidigung seines christlichen Glaubens und seines Volkes hergab, sprach ihn die armenische Kirche als Sankt Vartan heilig. In Jerewan wurde Vartan ein Reiterdenkmal errichtet.
Vartans Neffe Vahan Mamikonjan führt den Freiheitskampf weiter. Im Vertrag von Nvarsak wurde im Jahre 484 die armenische Autonomie wiederhergestellt. Der Vertrag garantierte den Fortbestand der armenischen Staatlichkeit in den kommenden Jahrhunderten.
Nach der Unterwerfung des Landes durch die Perser stellten sich die Mamikonjan auf die Seite des Römischen Reiches und viele ihrer Familienmitglieder traten in byzantinischen Dienst. Sie stiegen nicht nur zu höchsten Ämtern in Konstantinopel auf, sondern auch einige Kaiser wie Leo V. and Basileios I. könnten ihre Nachfahren sein. Theodora II. und ihre Brüder Bardas und Petronas der Patrizier waren auch Mitglieder der Mamikonjan.
Frühes Mittelalter
Die Geschichte der Mamikonjan im frühen Mittelalter ist nicht gesichert. In der Periode zwischen 655 und 750 gibt es keine Dokumente über die Mamikonjan. Die folgende Nachfahrentafel für die Zeit zwischen dem 5. und 7. Jahrhundert wurde rekonstruiert. Grigor Mamikonjan (reg. 662–685) ließ an seinem Hauptsitz Arutsch einen Palast und eine Kirche erbauen.
Hamazasp I. Mamikonjan | Sahankanoysh von Armenien | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Hamazaspian | Vardan I. † 451 | Hmayeak I † 452 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Sankt Shushanik † 472 | Vahan | Vasak | Artaches | Vard | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Vard | Tochter Name unbekannt | Enmanuel Sohn | Vardan II. Sohn | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Musel II. † ca. 592 | Gaghik | Mamak (fl. 590) | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Kahan Gail (fl. 592–604) | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Smbat der Tapfere (fl. 604) | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Musel III. † 640 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Grigor I. (fl. 650) | Hamazasp II. (fl. 655) | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Die letzten Mamikonjan
In 750 verloren die Mamikonjan Taron, Ahlat und Muş an die Bagratiden. In den 770ern wurde die Familie von Artavizd Mamikonjan, dann von Musel IV. († 772) und von Samuel II. geführt. Letzterer verheiratete seine Tochter mit Smbat VII Bagratuni. Sein Enkel Smbat Msaker (dt.: Der Fleischfresser) wurde der Urvater der Bagratidenherrscher von Armenien und Taron.
Die Mamikonjan führten eine nationale Rebellion gegen das abbasidische Kalifat in den Jahren 774–775. Nachdem die Rebellen geschlagen worden sind, ging die Oberherrschaft der Mamikonjan in Armenien zu Ende. Sogar in ihrem Heimatland Tayk wurden sie von den Bagratiden verdrängt. Kurdik Mamikonjan wurde ca. 800 wieder Herr über Sasun. Ein halbes Jahrhundert später verlor Grigor Mamikonjan Bagrevand an die Moslems, eroberte er in den frühen 860ern zurück und verlor es diesmal an die Bagratiden. Danach verschwanden die Mamikonjan aus der Geschichte.
Nach ihrem desaströsen Aufstand 774 wanderten einige Prinzen nach Georgien aus. Die späteren georgischen Adelsfamilien der Liparitids-Orbeliani und der Tumanishvili werden manchmal als deren Nachfahren angesehen.[6]
Einzelnachweise
- Robert Bedrosian: China and the Chinese according to 5–13th Century Classical Armenian Sources.
- H. Skold, "L'Origine des Mamiconiens", Revue des etudes armeniennes (1925) S. 134–35.
- Edward Gibbon,The History of the Decline and Fall of the Roman Empire:Chapter XIII, Part II, Reign of Diocletian and This Three Associates. (Memento des Originals vom 31. Juli 2001 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Bryer, Antony. People and settlement in Anatolia and the Caucasus. Variorum Reprints, London. 1988, P. 187.
- Hewsen, Robert H. (2001). Armenia: A Historical Atlas. The University of Chicago Press, S. 95. ISBN 0-226-33228-4
- Toumanoff, Cyril. "The Mamikonids and the Liparitids", Armeniaca (Venice, 1969), pp. 125–137.
Weblinks
- Mamikonjan (Adelsgeschlecht). In: Ehsan Yarshater (Hrsg.): Encyclopædia Iranica. (englisch, iranicaonline.org – inkl. Literaturangaben).
- Resources for adults and children from Diocese of Armenian Church of America
- John Mamikonean's History of Taron