Malagasy (Sprache)
Malagasy, deutsch auch Madagassisch, Madegassisch[1] (oder selten: Malagassi[2]) (französisch malgache), ist die Sprache der madagassischen Foko, der einheimischen Ethnien.
Malagasy | ||
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Gesprochen in |
Madagaskar, Komoren, Réunion | |
Sprecher | ca. 27.000.000 | |
Linguistische Klassifikation |
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Offizieller Status | ||
Amtssprache in | ![]() | |
Sprachcodes | ||
ISO 639-1 |
mg | |
ISO 639-2 |
mlg | |
ISO 639-3 |
mlg |
Es ist die westlichste Sprache der austronesischen Sprachfamilie und neben Französisch eine der Amtssprachen auf Madagaskar. Die am nächsten verwandten Sprachen außerhalb Madagaskars sind die Sprachen der Ost-Barito-Gruppe (darunter z. B. Ma'anyan) in der indonesischen Provinz Kalimantan Tengah im Süden der Insel Borneo, die fast 7000 km von Madagaskar entfernt liegt. Das Malagasy gelangte zusammen mit Einwanderern aus Südostasien nach Madagaskar. Unterschiedlichen Hypothesen zufolge fanden diese Wanderungsbewegungen entweder um 450 n. Chr. (Dahl 1951) oder im 7. Jahrhundert n. Chr. (Adelaar 1989) statt.
Grammatik
Die Sprache verfügt über fünf Vokal-Phoneme. Die Betonung liegt auf der vorletzten Silbe, es sei denn, das Wort endet auf ka, tra oder na. In diesem Fall wird es auf der drittletzten Silbe betont. Elision kommt bei unbetonten Silben oft vor.
Die Morphologie ist ausschließlich konkatenativ („verkettend“), und am Verb können bis zu fünf grammatische Kategorien ausgedrückt werden. Reduplikation ist ein produktiver Mechanismus in der Wortbildung. Im Malagasy gibt es kein Genus; der Plural wird nicht kodiert. Es gibt einen definiten, aber keinen indefiniten Artikel, das heißt, wenn kein Artikel vorkommt, hat die Nominalphrase indefinite Bedeutung. Das Malagasy kennt (wie viele austronesische Sprachen) eine Inklusiv-Exklusiv-Unterscheidung beim Personalpronomen für „wir“: isika (inklusiv), izahay (exklusiv).
Die Wortstellung im Malagasy ist vom Typ Verb-Objekt-Subjekt (VOS). Die Kasusmarkierung folgt (wie im Deutschen) dem akkusativischen Schema.
Im Laufe seiner Sprachgeschichte hat das Malagasy Lehnwörter aus Bantusprachen (insbesondere Swahili z. B. Vieh: ng'ombe→omby), dem Arabischen (z. B. Sonntag: الأحد al-ahad→alahady), dem Englischen (z. B. book→boky) und Französischen (savon→savony) übernommen.
Trigger und Genus verbi
Sätze im Malagasy enthalten eine strukturell und referenziell prominente DP-Konstituente, die als Trigger bezeichnet wird und die Form des Verbs bestimmt.[3] Sie befindet sich üblicherweise in satzfinaler Position. Vereinfacht formuliert drückt der Trigger aus, welchem Diskursteilnehmer ein Sprecher die größte referenzielle Prominenz zuweisen will. Teilweise wird diese Konstituente als Subjekt bezeichnet, da sie einige funktionale Eigenschaften mit Subjekten in anderen Sprachen teilt, doch sie hat auch Gemeinsamkeiten mit einem Topik, so dass diese Bezeichnung ungenau ist. Gelegentlich wird auch der Begriff "strukturelles Subjekt" verwendet, um auszudrücken, dass sich der Trigger an der Position befindet, an der der Nominativ geprüft wird.[3]
Grundsätzlich kann jede definite Nominalphrase als Trigger fungieren. Die grammatische Funktion des Triggers wird durch die Morphologie des Verbs (Genus verbi) ausgedrückt, während sich die Form des Triggers nicht verändert.
Diathese/Genus verbi unterscheidet sich von der Diathese im Deutschen, obwohl auch für das Malagasy häufig die Begriffe "Aktiv" und "Passiv" bzw. "Nicht-Aktiv" verwendet wurden. Etabliert hat sich allerdings eine andere Einteilung, die darauf basiert, welcher Diskursteilnehmer die Trigger-Funktion einnimmt:
- AT (für Actor-Topic/Trigger, früher auch Active bzw. Aktiv, Actor-Focus oder Actor-Voice): Agens als externes Argument in Trigger-Position
- TT (für Theme-Topic/Trigger, früher auch Passive bzw. Passiv, Goal-Focus, Patient Voice oder Object(ive)-Voice): Thema als internes Argument in Trigger-Position
- CT (für Circumstantial Topic/Trigger, früher auch X-Topic oder Relative-Voice): in der Triggerposition befindet sich ein Oblique, d. h. ein Nominal, das eine periphere Teilnehmerrolle ausdrückt (Instrument, Ort, Art und Weise, usw.) [3][4]
Je nach Art des Triggers nimmt das Verb unterschiedliche Formen an.
Tempus
Hinzu kommen Tempus-Morpheme, die als Affixe realisiert werden, wobei m- für das Präsens, n- für die Vergangenheit und h- für Futur steht. Das m-Präfix kommt nur in AT-Konstruktionen vor, wohingegen n- und h- auch in TT und CT-Konstruktionen auftreten können.[4]
Genus verbi | Tempus | Malagasy | Übersetzung |
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AT | Präsens | Mamono ny akoho amin’ny antsy ny mpamboly [3]
AT.kill Det chicken with-Det knife Det farmer |
"Der Farmer tötet die Hühner mit dem Messer" |
TT | Präsens | Vonoin’ ny mpamboly amin’ny antsy ny akoho
TT.kill Det farmer with-Det knife Det chicken |
"Die Hühner, der Farmer tötet (sie) mit dem Messer" |
CT | Präsens | Amonoan’ ny mpamboly ny akoho ny antsy
CT.kill Det farmer Det chicken Det knife |
"Das Messer, der Farmer tötet die Hühner (damit)" |
AT | Vergangenheit | Nanapaka ity hazo ity tamin’ny antsy i Sahondra [5]
pst.AT.cut this tree this pst.P.gen.det knife Sahondra |
"Sahondra fällte diesen Baum mit dem Messer" |
TT | Vergangenheit | Notapahin’i Sahondra tamin’ny antsy ity hazo ity
pst.TT.cut.gen.Sahondra pst.P.gen.det knife this tree this |
"Dieser Baum wurde von Sahondra mit dem Messer gefällt" |
CT | Vergangenheit | Nanapahan’i Sahondra ity hazo ity ny antsy
pst.CT.cut.gen.Sahondra this tree this det knife |
"Dieses Messer wurde von Sahondra verwendet, um den Baum zu fällen" |
Orthografie
Das madagassische Alphabet besteht aus 21 lateinischen Buchstaben: A, B, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, R, S, T, V, Y, Z. Dabei können auf die fünf Vokale (A, E, I, O, Y) noch Akzente (accent grave) gesetzt werden, die Betonungen anzeigen, die von den Grundregeln abweichen.
In der sehr regelmäßigen Orthografie wird i immer wie /i/ ausgesprochen und am Wortende als y geschrieben. y kann also nur am Wortende vorkommen (Ausnahme: Eigennamen) und i nur in der Wortmitte (Ausnahme: das Wort „i“, Artikel vor Eigennamen). o wird wie /u/ ausgesprochen, oa wie /o/ und j wie /ds/ (IPA: [dz]). Das h ist stumm. Das s ist wie ein deutsches stimmloses /s/, das z ist ein stimmhaftes /s/ (IPA: [z]). Unbetonte Vokale, insbesondere am Ende, werden oft weggelassen (elidiert), sodass olona „Mensch“ wie [uln] ausgesprochen wird und Malagasy in einigen Dialekten wie seine französische Transkription Malgache [mal'gaʃ] klingt – in den meisten Dialekten wird das Wort jedoch [mala'gas(i)] ausgesprochen (oder zu gasy ['gas(i)] gekürzt).
Literatur
- K. A. Adelaar: Malay influence on Malagasy: linguistic and culture-historical implications. In: Oceanic Linguistics. Bd. 28/1, 1989, S. 1–46.
- O. Chr. Dahl: Malgache et Maanjan. Egede Instituttet, Oslo 1951.
- Martin Haspelmath et al. (Hrsg.): The World Atlas of Language Structures. Oxford University Press, 2005.
- John Alden Houlder: Ohabolana, ou proverbes malgaches. Imprimerie Luthérienne, Tananarive 1960.
- Waruno Mahdi: Morphophonologische Besonderheiten und historische Phonologie des Malagasy. Dietrich Reimer, Berlin und Hamburg 1988.
Grammatiken
- G. W. Parker: A concise grammar of the Malagasy language. Trübner, London 1883.
Lehrbücher
- Joseph Biddulph: An introduction to Malagasy. Biddulph, Pontypridd (Wales) 1997.
- Janie Rasoloson: Lehrbuch der madagassischen Sprache: mit Übungen und Lösungen. Buske, Hamburg 1997.
Sprachführer
- Ludmilla Kartaschowa: Gesprächsbuch Deutsch-Madagassisch/Resadresaka tsotra Alemana-Malagasy. Verlag Enzyklopädie, Leipzig 1990. (aus dem Russischen übersetzt)
- Janie Rasoloson: Sprachführer Madagassisch. Buske, Hamburg 2000.
- Janie Rasoloson: Malagasy-English, English-Malagasy Dictionary and Phrasebook. Hippocrene Books 2001.
- Helena Ravoson Voahanginirina: Madagassisch für Globetrotter. Rump, Bielefeld 1989.
- Rasoanaivo Hanitrarivo: Malagasy Basics. F.M.S. Publications, London 1992. (Mit Kassette).
Wörterbücher
- Henning Bergenholtz: Deutsch-Madagassisches Wörterbuch. Tsipika, Antananarivo und Aragon, Moers 1994.
- Henning Bergenholtz, Suzy Rajaonarivo, Rolande Ramasomanana, Baovola Radanielina, Jürgen Richter-Johanningmeier, Eckehart Olszowski, Volker Zeiss: Madagassisch-Deutsches Wörterbuch. Tsipika, Antananarivo und Aragon, Moers 1991.
- Étienne de Flacourt u. Gabriel Ferrand: Dictionnaire de la langue de Madagascar: d'après l'édition de 1658 et l'Histoire de la grande Isle Madagascar de 1661. Leroux, Paris 1905.
Weblinks
Einzelnachweise
- madegassisch. Duden, abgerufen am 30. Januar 2021.
- Malagassi. Duden, abgerufen am 23. September 2014.
- Matthew Pearson: The Malagasy Subject/Topic as an A′-Element. In: Natural Language & Linguistic Theory. Springer, 2005, doi:10.1007/s11049-004-1582-7.
- Ileana M. Paul: Malagasy clause structure. Department of Linguistics McGill University Montreal, 2000.
- Ileana M. Paul: Malagasy clause structure. Department of Linguistics McGill University Montreal, 2000, S. 4.