Maćica Serbska
Die Maćica Serbska (; niedersorbisch Maśica Serbska, Abkürzung MS) ist eine wissenschaftliche Gesellschaft der Sorben. Ihre Ziele sind die Förderung sorbischer Wissenschaft und die Verbreitung von Kenntnissen über die Sorben und ihre Kultur. Die Maćica ist der älteste noch existierende sorbische Verein. Vorsitzende ist seit 2020 Anja Pohontsch.
Geschichte
Die Maćica Serbska wurde 1847 in Bautzen unter anderem von Handrij Zejler, Jan Arnošt Smoler, Korla Jan Smoler und Křesćan Bohuwěr Pful als Verein zur Herausgabe sorbischer Literatur gegründet. Sie entwickelte sich im Laufe der Jahre zum überkonfessionellen Mittelpunkt sorbischer kultureller und wissenschaftlicher Aktivitäten. Die Mitglieder der Gesellschaft pflegten Forschungen zur Sprachwissenschaft, Geschichte, Literaturgeschichte, Volkskunde und Demographie. Von 1848 bis 1937 gab die Gesellschaft eine eigene Zeitschrift heraus, das Časopis Maćicy Serbskeje (ČMS).[1]
Im Revolutionsjahr 1848 wandten sich die Vereinsmitglieder mit einer Petition an den sächsischen Hof; sie forderten darin eine Gleichstellung des Sorbischen mit der deutschen Sprache im Schulwesen und bei den lokalen Behörden. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts spielte die Maćica Serbska eine große Rolle bei der Schaffung einer einheitlichen obersorbischen Schriftsprache.
In Cottbus wurde 1880 die niedersorbische Abteilung des Vereins, die Maśica Serbska, mit Sitz in Cottbus unter maßgeblicher Aktivität von Hendrich Jordan und Kito Šwjela gegründet.
Mittels Spenden von sorbischen Bürgern und ausländischen Förderern erbaute die Maćica in Bautzen das Wendische Haus (eingeweiht 1904), welches das Museum, das Archiv und die Bibliothek der Gesellschaft sowie eine Bildergalerie beherbergte. Auch andere sorbische Vereine nutzten das Wendische Haus als Versammlungs- und Veranstaltungsstätte.
In den Jahren 1929 bis 1932 war die niedersorbische Maśica Serbska an der Organisation der damals jeweils Anfang August stattfindenden Spreewälder Volks- und Trachtenfeste in Vetschau beteiligt.[2] 1937 verboten die Nationalsozialisten alle öffentliche Aktivitäten des sorbischen Kulturvereins; 1941 wurde das Vereinsvermögen konfisziert und die Maćica Serbska zwangsweise aufgelöst. Das Wendische Haus wurde im Frühjahr 1945 bei den Kämpfen um Bautzen schwer getroffen und brannte vollständig aus.
Unmittelbar nach Kriegsende setzte die Gesellschaft ihre Tätigkeit besonders auf den Gebieten Sprachforschung und Geschichtswissenschaft fort. Auf Anordnung der sowjetischen Besatzungsmacht musste die Maćica Serbska ihre Selbstständigkeit aufgeben und sich in die Domowina eingliedern. Durch die Gründung des Instituts für sorbische Volksforschung im Jahr 1951 wurde die sorbische Wissenschaft auf neue institutionelle Grundlagen gestellt.
Nach der politischen Wende wurde die Maćica Serbska 1991 wiederbegründet und trat ein Jahr später der Domowina, dem Dachverband sorbischer Vereine bei.
Aktivitäten
Die Maćica veranstaltet Tagungen zur sorbischen Geschichte und Kultur. International tritt der Verein in den slawischen Nachbarländern als Mitveranstalter von wissenschaftlichen Konferenzen in Erscheinung. Die Maćica organisiert auch populärwissenschaftliche Vorträge in den Ortschaften des sorbischen Siedlungsgebiets. Der Verein pflegt und restauriert darüber hinaus sorbische Denkmale und initiierte auch die Errichtung neuer Denkmale zur sorbischen Kulturgeschichte.
Mit den Schwesternvereinen Matice slezská, Matice moravská, Matica slovenská, Matica srpska aber auch mit deutschen Vereinen unterhält die sorbische Vereinigung Arbeitskontakte. Alljährlich finden die Jahreshauptversammlungen – fast immer am Samstag nach Ostern – in Bautzen statt.
Der Verein hat derzeit (2014) 117 eingetragene Mitglieder, die sowohl in der Lausitz als auch in anderen Gegenden Deutschlands, in Russland, Polen, Tschechien, der Slowakei, England, Finnland und den Niederlanden beheimatet sind.
Bedeutende Mitglieder
- Ludvík Kuba, tschechischer Maler
- William Krause, deutscher Künstler
- Pětr Młónk, sorbischer Dichter
- Mjertyn Moń, niedersorbischer Lehrer und Sprachforscher
- Arnošt Muka, Sprachwissenschaftler und Sorabist
- Jan Arnošt Smoler, sorbischer Philologe, Schriftsteller und Verleger
- Bogumił Šwjela, evangelischer Geistlicher und Sprachforscher
- Georg Wuschanski, katholischer Bischof und Bibelübersetzer
Literatur
- Měrćin Völkel: Trać dyrbi Serbstwo. Ludowe Nakładnistwo Domowina, Budyšin 1997, ISBN 3-7420-1709-8 (Geschichte der Maćica Serbska in sorbischer Sprache)
- Siegmund Musiat: Sorbische/wendische Vereine. 1716–1937. (= Schriften des Sorbischen Instituts. 26). Domowina-Verlag, Bautzen 2001. ISBN 3-7420-1835-3
- Katalog serbskeho wotdźěla knihownje Maćicy Serbskeje. (dt. Katalog der Wendischen Abteilung der Bibliothek der Gesellschaft Maćica Serbska), bearbeitet und geordnet von Jacob Jatzwauk. Bautzen 1924.
Weblinks
- Webseite der Maćica Serbska auf domowina.de (deutsch/sorbisch)
Einzelnachweise
- Digitalisate der Jahrgänge 1848 bis 1915
- Bomenius: Wendische Trachtenumzüge in Vetschau – eine Ausstellung in der Wendischen Kirche. NIEDERLAUSITZ aktuell, 31. Juli 2011, abgerufen am 22. Januar 2015.